Verfahren zum Gentransfer in Pflanzen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Gentransfer in Pflanzen mittels isolier¬ ter, unreifer und in vitro kultivierter Pollenkörner sowie daraus hergestelltes Saatgut und Vermehrungsprodukte desselben.
Es existieren schon verschiedene Techniken des Gentransfers in Pflanzen. Jede hat ihre Vorteile und Nachteile (Goodman et al, Science 236: 48-53, 1987). Agro- bacterium tumefaciens ist derzeit der gebräuchlichste Vektor. Er ist jedoch begrenzt auf einen bestimmten Wirtsbereich. Immer noch hängt die Verwendung von A. tumefaciens als Vektor von der Regeneration in vitro kultivierter soma- tischer Zellen ab, um transgenische Pflanzen zu produzieren, die in der Lage sind, transgenische Nachkommen zu bilden. Direkter Gentransfer durch Elektroporation, Liposomen, Mikroinjektion und andere physikalisch-chemische Methoden hängt weithin von der Verwendung von Protopiästen als Zielzellen ab. Regeneration aus Protopiasten ist jedoch schwierig und sogar bei vieien Arten noch unmöglich.
Ais eine Alternative zu diesen Gentransfermethoden wurde eine andere Zielzeile vorgeschlagen, das Poilenkorn. Nach Hess D., Plenum Press, New York, 519-537 (1975), ist es dem reifen Pollen möglich, Fremd-DNA aufzunehmen und als "Supervektor" diese Fremd-DNA in die Eizelle mit Hilfe natürlicher Bestäubung und Befruchtung einzubringen. Auf ähnliche Weise soll röntgenbestrahlter Pollen in der Lage sein, Bruchstücke des bestrahlten Genoms in die Eizelle zu transportieren (Pandey, Nature 256: 310-313, 1975). DeWet (WO 85/01856) berichtet, daß Mais- poilen, der mit exogener DNA behandelt wurde, diese DNA bei der Keimung aufnimmt und nach Bestäubung in die Eizelle transportiert.
Trotz der potentiellen grossen Bedeutung des Gentransfers in und durch Pollen gelang es bislang noch in keinem Fall, die Ergebnisse von Hess, Pandey und DeWet in anderen Labors zu reproduzieren. So konnte zum Beispiel Engvild (Theor Appl. Genet 69: 457-461, 1985) die Versuche von Pandey nicht reproduzieren. Bei den Versuchen von Hess (1975) und von DeWet ist die Aufnahme exogener DNA in das
Pollenkorn und der genetische und molekulare Nachweis der transferierten DNA der kritische Punkt der Beweisführung. Phänotypischer und physiologischer Nach¬ weis reichen nicht aus (Hess in: Genetic manipulation in plant breeding, de Gruyter, Berlin, New York 803-811, 1986). Auch die Versuche von Sanford et al (Biotech- noiogy and ecology of poilen (Mulcahy D, ed.), Springer, Heidelberg, New York, 71- 75, 1968) zeigten, daß Kokultivierung von reifen Nicotiana langsdorfii-Pollen mit Agrobakterien zu keinem Gentransfer in Pollen führte. In umfangreichen Versuchen von Negrutiu, Heberle-Bors und Potrykus (ebendort 65-70, 1986) gelang es nicht, das Neomycinphosphotransferase-Gen, das Resistenz gegen Kanamycin verleiht, (Shillito et al, Biotechnology 3: 1099-1103, 1985) in reife Pollen zu übertragen. Mit Methoden, die dem neuesten Stand der Technik entsprachen, war es also nicht möglich, die Behauptungen von Hess und DeWet zu bestätigen. Daß die Ergebnisse von Hess und DeWet nicht nachvollziehbar sind, kann dadurch erklärt werden, daß reife Pollenkörner sofort mit der Bildung eines Pollenschlauches beginnen, sobald sie in ein für den Gentransfer notwendiges wäßriges Milieu gelangen. Offenbar sind sie dann nicht mehr befruchtungsfähig, bzw. es ist die Zeit, die für den Gentransfer zur Verfügung steht, zu kurz.
Pareddy et al beschreiben in Planta 170: 141-143 (1987), die Kultivierung und Reifung unreifer Maisfahnen ("tasseis", männl. Blütenstände) in vitro. Mit dem isolierten reifen Pollen wurde bestäubt, und aus den bestäubten Pflanzen wurden Samen gewonnen. Ein mittels genetischer Markierung geführter Beweis für er¬ folgreiche Befruchtung konnte nicht erbracht werden.
Unerwarteterweise wurde gefunden, daß die Kultivierung unreifer Pollenkörner ohne das diese umhüllende natürliche Nährgewebe möglich ist, daß weiters in diese isolierten unreifen Pollenkörner während verschiedener Stadien der Reifung Fremdgene eingebracht werden können, und daß mit den ausgereiften Pollenkörnern Pflanzen bestäubt, befruchtet, zur normalen Samenbildung, zur Keimung und zur Vermehrung gebracht werden können.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist demnach ein Verfahren zum Gen¬ transfer in Pflanzen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man a) aus Staubgefäßen unreife Pollenkörner in Nährlösung entnimmt und das umgebende Gewebe entfernt,
b) die isolierten unreifen Pollenkörner in einer Nährlösung kultiviert c) in die Pollenkörner während der in vitro-Kuitivierung und Reifung fremdes Genmaterial überträgt d) die transformierten Poilenkörner in vitro zur vollständigen Reifung bringt e) mit den transformierten Pollenkörnern Empfängerpflanzen bestäubt und aus diesen Samen gewinnt.
Durch den Gentransfer in isolierte, unreife Poilenkörner, die in vitro-Reifung und die Verwendung von Pollen als universellen Supervektor wird eine völlig neue Strategie des Gentransfers in Pflanzen eröffnet. Im Vergleich zu anderen Methoden ist sie wesentlich vereinfacht, da die Zellkulturphase stark verkürzt wird und die Regeneration mit der unangenehmen Begleiterscheinung der somaklonalen Varia¬ tion wegfällt. Mit dieser neuen Methode können auch Pflanzen transformiert werden, die einem erfolgreichen Gentransfer bisher nicht zugänglich waren: So sind z. B. viele Arten von Getreiden, Leguminosen und Bäumen nicht aus Einzelzellen oder Pro.topiasten regenerierbar.
Der potentielle Nutzen aus der Gentransfertechnik ist von grossem wirtschaftli¬ chen, ökologischen und sozialen Wert. Es wird angestrebt, Pflanzen so genetisch zu verändern, daß der Ertrag erhöht wird, daß die Pflanzen resistent gegen Krank¬ heiten und Schädlinge werden, daß sie gegen Kälte, Hitze, Trockenheit, Versalzung, Nährstoffmangel tolerant werden, daß sie eine größere Ernährungsqualität erlan¬ gen, daß sie neuartige Industrierohstoffe produzieren, oder daß sie ihren eigenen Stickstoff fixieren oder auf andere Weise von Düngern unabhängig werden.
Wesentlich für die Erfindung ist, daß Poilenkörner ohne das sie umhüllende Gewebe, also isoliert, kultiviert werden, sodaß das zu übertragende Genmaterial in an einen Vektor gekoppelter oder in nackter Form direkten Kontakt zum Pollenkorn hat. Wird nämlich der komplette männliche Blütenstand kultiviert, ist es wegen der Behinderung durch das umfangreiche umhüllende Gewebe nicht möglich, mit Hilfe gängiger Transfermethoden (A. tumefaciens, Elektroporation, Mikroinjektion und dergleichen) Gene so in die Pollenkörner zu transferieren.
Ein weiteres wesentliches Erfindungsmerkmal ist die Verwendung unreifer Poi¬ lenkörner. Dadurch steht die gesamte Zeit der in vitro-Reifung zum Gentransfer
zur Verfügung. Die Übertragung in das unreife Pollkorn kann in verschiedenen Reifestadien, abhängig von der Pflanzenart erfolgen. Insbesondere beim Gen¬ transfer mit Vektoren kommt es darauf an, daß das Genmateriai möglichst wenig Zellwände überwinden muß, um in das Genom der Spermakerne zu gelangen und bei Befruchtung Teil des Zygotengenoms zu werden. Die Übertragung erfolgt bevorzugt be einkernigen Mikrosporen, kann aber auch während der ersten Pollenmitose, im frühen zweikernigen Stadium, solange die generative Zeile noch an der Poiienwand haftet, oder auch zusätzlich bei jenen Pflanzen, die im Reifestadium dreikernige Pollen aufweisen (Getreide), im Stadium kurz vor oder während der zweiten Pollenmitose erfolgen.
Im einzelnen wird das Verfahren wie folgt durchgeführt, wobei als Modeilsystem Tabak (Nicotiana tabacum) verwendet wurde. Das System ist auf alle durch Bestäu¬ bung vermehrbaren Pflanzen anwendbar, insbesondere auf ein- und zweikeim- blättrϊge Kulturpflanzen wie Weizen, Mais, Reis, Leguminosen, Ölsaaten, Gemüse¬ pflanzen, Obst- und Forstpflanzen.
In einem Vorversuch wird das Entwicklungsstadium der Pollen der gewünschten Pflanze in üblicher Weise durch Isolierung von einer Anthere, Herstellung eines Quetschpräparates und Beobachtung im Mikroskop nach Zusatz von z. B. Karmin¬ essigsäure bestimmt.
Haben die Poilen das gewünschte Stadium erreicht, werden die Poilenkörner unter aseptischen Bedingungen isoliert, indem man sie in einem Nährmedium aus den Antheren ausquetscht, durch ein Sieb passiert, wäscht, abzentrifugiert und re¬ suspendiert.
Die Zelldichte soll für Poilenkörner im jüngeren Entwicklungsstadium höher sein, als für Poilenkörner im älteren Entwicklungsstadium. Sie beträgt beim Tabak von 2kernigen Pollenkörnern etwa 10-Yml, für einkernige Mikrosporen ist sie etwa doppelt so hoch.
Das verwendete Nährmedium enthält alle für die Kultivierung und Aufrechter- haltuήg der Reifungsfähigkeit der Pollenkörner essentiellen Nähr- und Wuchsstoffe. Je nach Pflanze können sich dabei unterschiedliche Zusammensetzungen ergeben,
sodaß es die Funktion des Nährgewebes (Tapetum) erfüllt. Als Hauptbestandteile enthält das Nährmedium dabei Zucker, Nährstoffe, Mineralsalze und Vitamine, wobei der pH-Wert etwa 6,5 bis 7,5 beträgt.
Im Falle von einkernigen Mikrosporen erfolgt die Kultivierung bis zum Zweikern¬ stadium in einem an Zucker z. B. Saccharose und weiteren Nährstoffen wesentlich angereicherten Medium. Beispielweise können die zusätzlichen Nährstoffe in Form von Kokosnußwasser zugeführt werden. Haben die Pollenkörner das zweikernige Stadium erreicht, können sie in ein weniger nährstoffreiches Medium überführt werden.
Nach beendeter in vitro-Reifung werden die Poilenkörner für die Bestäubung gewonnen. Dazu werden sie abzentrifugiert, gewaschen und in einem wäßrigen Medium oder getrocknet auf Blüten, aus denen vorher die Antheren entfernt wurden, zur Bestäubung aufgebracht. Aus den mit den in vitro gereiften Polien- körnern bestäubten Pflanzen können auf allgemein übliche Art Samen gewonnen werden, weiche keimungsfähig sind.
Zum Gentransfer während der in vitro-KuItivierung kann das zu übertragende fremde Genmaterial in Verbindung mit einem üblichen Vektor, wie z. B. A. tumefaciens oder als nackte DNA durch Direkttransfer mittels Elektroporation, Mikroinjektion oder andere physikalisch-chemische Methoden in die Pollenkörner eingebracht werden. Der Ausdruck "fremdes Genmaterial" bedeutet jedes außerhalb des zu transformierenden Pollenkorns entstandene Genmaterial. Nach erfolgter Reifung werden die Pollenkörner in der oben beschriebenen Weise zur Bestäubung gewonnen.
Als Beweis für die erfolgreiche in vitro-Reifung wurden Poilenkörner einer Tabakpflanze mit 2 Markergenen (KAN^, NOS) in vitro gereift und mit diesen Poilenkörnern normale Wildtyppfianzen bestäubt. Die gewonnenen Samen wurden sterilisiert und in einem kanamycinhältigen Keimungsmedium zur Keimung ge¬ bracht. Die Mendei'sche Segregation der Markergene wurde durch Auszählung der Keimlinge im selektiven Medium nachgewiesen. Keimlinge, die auf kanamycin- freiem Medium gekeimt wurden, zeigten nach Nopalin-Nachweis in der Hochspan- nungspapiereiektrophorese ebenfalls eine Mendei'sche Segregation des NOS-Gens.
Dies ist der Beweis, daß es die in vitro-gereiften Poilenkörner waren, die die Befruchtung durchführten und nicht irgendwelche Pollenkontaminationen von ande¬ ren Pflanzen.
Als Beweis für die Expression des durch Tranformation während der in vitro- Kuitivierung eingebrachten Fremdgens wurde in einem Enzymtest die Chloram- phenicolacetyitransferase-Aktivität (CAT-Aktivität) in einem Homogenat aus den transformierten Poilenkörner nachgewiesen.
Zusätzlich zum CAT-Gen wurde auch ein cytochemisch nachweisbares Gen, das beta-Glucuronidase-Gen (GUS-Gen) verwendet. Dabei wurden die Agrobakterien nach der Kokultivierung mit den Pollen durch tägliches Waschen mit dem Anti¬ biotikum Claforan entfernt oder abgetötet. Im cytochemlschen Test (Blaufärbung der Pollen) konnten über 50 % blaue, in vitro gereifte Pollen nachgewiesen werden. Nicht infizierte Poilen, oder Pollen, die mit Agrobakterien ohne, bzw. mit nicht funktionellem GUS-Gen infiziert wurden, zeigten nach Substratzugabe keine Blau¬ färbung. Ein fluorimetrischer Test zeigte starke GUS-Aktivität in GUS-transfor- mierten Poilen, wie auch in Pollen von GUS-transformierten Pflanzen, die als positive Kontrolle dienten. Pollen, die nicht oder mit GUS-Gen-freien Agrobakte¬ rien infiziert wurden, zeigten keine GUS-Aktivität. Auch Infektion mit Agrobakte¬ rien ohne Infektionsgene, aber mit komplettem GUS-Gen in der T-DNA führte zu keiner GUS-Aktivität in den Poilen (cytochemisch wie fluorimetrisch).
Daraus ist zu schließen, daß der Gentransfer fri die Pollen durch Agrobakterium tumefaciens erfolgte. Ein weiterer Hinweis für erfolgreichen Gentransfer in die Pollen ist die erkennbare Anheftung von Agrobakterien an die Pollenoberfläche mit Bildung von Zeiluiosefibriilen (elektronenmikroskopische Aufnahmen).
Beispiel 1: Bestimmung des Poiienentwicklungsstadiums
Tabakblüten wurden in verschiedenen Längen geerntet, die Antheren aseptisch isoliert, eine der fünf Antheren zusammen mit einem Tropfen Karminessigsäure (4 % Karmin in 45 % Essigsäure) auf einen Objektträger gebracht und ein Quetschpräparat hergestellt. Das Entwicklungsstadium der Pollenkörner wurde nach einer halben Stunde unter dem Mikroskop bestimmt.
Beispiel 2: Isolierung der Pollenkörner
Die Tabakpollenkörner wurden isoliert, indem Antheren unter aseptischen Bedin¬ gungen in AMGLU-Medium (1) vorsichtig mit Glasstab und Mikroskopiernapf ausgequetscht, und die resultierende Pollensuspension durch ein 75-μm-Sieb pas¬ siert und zweimal in AMGLU-Medium gewaschen wurde. Zuletzt wurde die Pollensuspension bei 6500 U/min in einer Eppendorf Zentrifuge abzentrifugiert.
Beispiel 3: Pollenkultur zur Reifung früh zweikerniger Poilenkörner
Früh zweikernige Tabakpollenkörner wurden isoliert und die Zelldichte in AMGLU-Medium auf 10-Vml eigesteilt. Ein ml der Poliensuspension wurde in 35- mm-Petrischaien bei 25 °C in Dunkelheit kultiviert. Nach 2 bis 5 Tagen, abhängig vom genauen Entwicklungsstadium der Pollenkörner, waren die Poilen¬ körner reif und konnten geerntet werden.
Beispiel 4: Pollenkultur zur Reifung einkerniger Mikrosporen
Einkernige Tabakmikrosporen wurden in MR24-Medium (2) bei einer Zelldichte von 2.10-Vml kultiviert. Sobald die Poilenkörner das zweikernige Stadium er¬ reicht hatten (nach 2 bis 5 Tagen abhängig vom genauen Alter), wurden sie abzentrifugiert und in MIS-Medium (3) weiterkultiviert, bis die Reifung vollendet war.
Sehr gute Ergebnisse wurden auch bei Kultivierung in MR26-Medium (2') erzielt. Sobald die Poilenkörner das zweikernige Stadium erreicht hatten (nach 3 Tagen), wurde dasselbe Volumen M2S-Medium dazugegeben. Nach einem weiteren Tag wurden die Pollenkörner abzentrifugiert und in M2S-Medium (30 bei einer Zeildichte von 10-Vml weiterkuitiviert, bis die Reifung vollendet war (ein Tag).
Beispiel 5: Bestäubung und Nachweis der Befruchtung
Die Tabakpollenkörner wurden abzentrifugiert, in BK-Mεdium (Brewbaker und Kwack 1963) gewaschen und die Zeildichte auf 1.25.10^/ml eingestellt. Aus Blüten, die sich gerade öffneten (rote Blütenspitze) wurden die noch geschlosse¬ nen Antheren entfernt. Sobald die Blüte sich geöffnet hatte, wurde ein 4-μl- Tropfen der Poilensuspension mit Hilfe einer 20-μl-Pipette so auf die Narbe der Blüte aufgebracht, dass die Narbe komplett mit Poilensuspension bedeckt war. Diese Operationen wurden bei Bedingungen ohne Luftbewegung und von anderen Pflanzen derselben Art entfernt, durchgeführt. Sobald der Tropfen auf der Narbe angetrocknet war, wurden Narbe und Griffel mit einem 4 cm langen Strohhalm bedeckt, um Fremdbefruchtung zu verhindern. Die Pflanzen wurden dann ins Glashaus zurückgebracht.
Beispiel 6: Samenernte, Samenkeimung und genetischer Test
Als Beweis, daß die in vitro maturierten Pollenkörner die Bestäubung und Befruchtung durchgeführt hatten, wurden Poilenkörner einer transgenischen Pflanze in vitro maturiert und mit diesen Pollenkörnern normale Wildtyppflanzen bestäubt. Ais Markergen enthielt die transgenische Pflanze das Neomyciπ- Phospho-Transferase-Gen (Resistenz gegen Kanamycin) und das Nopalinsynthase- Gen. Selbstbefruchtungen und die reziproke Kreuzung mit in vitro gereiften Wildtyppoilen wurden ebenfalls durchgeführt.
Die nach Beispiel 5 erhaltenen reifen Samenkapseln (braun und trocken) wurden geerntet und die Samen isoliert, indem die Spitze der Kapsel abgeschnitten und
die Samenkörner direkt in ein Eppendorfhütchen eingefüllt wurden. Die Samen wurden in einer NaOCl-Lösung (3 % freies Chlor) 5 min lang oberflächensterili¬ siert, zweimal mit sterilem Wasser gewaschen und auf ein Samenkeimungsme¬ dium mit Kanamycin (4) aufgelegt. Nach vier Wochen wurde die Zahl an Kan^ und Kan-*> Keimlingen gezählt. Bei obigem Kreuzungsversuch ergaben die beiden reziproken Kreuzungen eine Segregation von Kan^ : Kan^ = 1 : 1. Keimlinge, die ohne Kanamycin aufwuchsen, zeigten nach einem Nopaiintest durch Hochspan¬ nungspapierelektrophorese eine Segregation von Nos+ : Nos" = 1 : 1. Die Selbstbefruchtung mit in vitro gereiften Wiidtypen ergab wie erwartet eine 0 : 1 Segregation für beide Markergene. Die Selbstbefruchtung mit in vitro gereiften Pollen der transgenischen Pflanze ergab eine 3 : 1 Segregation.
Beispiel 7: Transiente Expression des CAT-Gens
Agrobakterien (A. tumefaciens ohne Tumorgene, mit CAT-Gen gekoppelt an 35S- Promotor) wurden in Luria-broth einen Tag vorinkubiert. Pollenkörner im früh zweikernigen Stadium wurden isoliert und in AMGLU-Medium kultiviert. Die Bakteriensuspension wurde mit AMGLU-Medium auf eine OD58O von 0.2 einge¬ stellt. Nach einer weiteren Verdünnung mit AMGLU-Medium von 1 : 10 wurden 20 μl der Bakteriensuspension zu 1 mi der Pollensuspension gegeben. Nach 24 Stunden Kokuitivierung wurde zur Abtötung der Agrobakterien 1 μl Claforan (lg/2 ml) pro ml zugegeben. Nach zwei weiteren Tagen wurden die Poilenkörner geerntet und ein Extrakt hergestellt. Dazu wurden pro mi Poilensuspension 1.5 mi Calcium-Waschlösung (5), pH-Wert 5.6 zugegeben, bei 4000 U/min 5 min zentrifugiert und mit einem Tris-Puffer (0.25 M, pH 7.8) gewaschen. Nach Zentrifugation wurde das Pollenpeilet mit 200 μl Tris-Puffer versetzt, und durch Ultraschall (3 x 15 sec) auf Eis homogenisiert. Nach 10 min auf Eis wurde abzentrifugiert und der Überstand bei -20 °C aufbewahrt.
Der CAT-Test erfolgte wie von Sleigh (Anal. Biochem., 56: 251 - 256, 1986) beschrieben. 30 μl des Extrakts wurden mit 20 μl Chloramphenicol (8mM), 30 μi Tris-Puffer und 20 μi 14C-markiertes Acetyl-CoA (5 uCi/ml in 0.5 mM kaite Acetyl-CoA) vermischt. Nach Inkubation bei 37 °C für 1 Stunde wurde das acetylierte Chloramphenicol durch Äthyiacetat ausgeschütteit (2 x 100 μl) und die Radioaktivität im Szintillationszähler gemessen.
IG
Radioaktivität (cpm) im CAT-Test von Extrakten aus Tabakpoilen nach Kokuiti- vierung mit A. tumefaciens
cpm Poilen in AMGLU-Medium 400
Poilen mit Agrobakterien in AMGLU-Medium 6 000
Poilen mit Acetosyringon-aktivierten Agrobakterien in AMGLU-Medium 6 000 nur Agrobakterien in AMGLU-Medium 500 nur Acetosyringon-aktivierte Agrobakterien in AMGLU-Medium 500
Das starke Radioaktivitätssignal zeigt, daß die Agrobakterien die Poilenkörner erfolgreich infiziert haben und die T-DNA zur Expression (Transkription) in den Zeilkern der wachsenden Zelle gelangt sein muß.
Als weitere Kontrolle, um zu zeigen, daß die Agrobakterien selbst keine CAT- Aktivität hatten, zeigte eine Agrobakterienkuitur in Luria-broth über einen kompletten Wachstumszykius keine CAT-Aktivität.
Beispiel 8: Expression des GUS-Gens in Tabakpollen
Agrobakterien des Stammes LBA 4404 (A. tumefaciens, disarmed, mit beta- Glucuronidase (GUS-) Gen, gekoppelt an 35S-Promotor und Terminator, (Matzke und Matzke in Plant Moiecuiar Biology 7 : 357 - 365 (1986)), wurden in Luria- broth einen Tag vorinkubiert. Poilenkörner im spät einkernigen Stadium wurden isoliert und in MR26-Medium auf eine OD58Q von 0.2 eingestellt. Nach einer weiteren Verdünnung mit MR26-Medium von 1 : 10 wurden 20 μl der Bakterien¬ suspension zu 1 mi der Pollensuspension gegeben. Nach 14 - 20 Stunden Kokultivlerung wurde abzentrifugiert und die Poilen dreimal mit claforan- hältigem (1 g/2 ml) MR26-Medϊum gewaschen und weiterkuitiviert. Bis zur Reifung der Poilen wurde jeden Tag das claforanhältige Medium ausgewechselt. 40 μi des letzten Mediums (M2S mit Claforan) wurden zu einem Luria-broth gegeben. Es entwickelte sich kein Bakterienwachstum.
Die gereiften Pollen wurden abzentrifugiert und ein Teii in MR26-Medium aufgenommen. Nach Zugabe von X-Glu (5-Bromo-4-chloro-3-indolyl-Glucuronid)
auf eine Endkonzentration von 1 mM und Inkubation bei 37 °C für 4 - 12 Stunden (Jefferson in Plant Moiecular Biology Reporter, Voi. 5, Nr. 4, 387 - 405, (1987)) konnte die Bildung von Indigo (Produkt der beta-Giucuronidase aus X-Glu) anhand der Blaufärbung der Pollen im Lichtmikroskop nachgewiesen werden. Mehr als 50 % der lebenden, gereiften Poilen zeigte Blaufärbung.
Ein zweiter Teil der kokuitivierten und in vitro gereiften Pollen wurde in GK- Medium (wie BK-Medium, aber doppelte Konzentration an Borsäure) gekeimt. In den Pollenschläuchen der gekeimten Poilen konnte ebenfalls GUS-Aktivität nachgewiesen werden.
In einem Kontroiiversuch wurden Poilen mit einem Agrobakterienstamm von LBA4404 infiziert, der in seiner T-DNA das GUS-Gen ohne Promotor enthielt (von Drs. Matzke, Salzburg, zur Verfügung gestellt). Diese Pollen zeigten nach in vitro Reifung und X-Giu Zugabe keine Blaufärbung. Auch Agrobakterien, die kein GUS-Gen, sondern das KAN35s-Gen enthielten, zeigten nach Kokultivierung mit Pollen und X-Glu-Zugabe keine Blaufärbung. Auch Pollen, die nicht mit Agrobakterien infiziert wurden, zeigten nach X-Glu-Zugabe keine Blaufärbung.
Poilen von einer GUS35s-transformierten 'Pflanze (durch leaf-disk), die als positive Kontrolie dienten, zeigten Blaufärbung. Ein anderer Agrobakterien¬ stamm, der zwar ein funktioneiles GUS35g-Gen in der T-DNA enthielt, aber in seiner Virulenzfunktion gestört war (binary vektor ohne Ti-Plasmid), zeigte keine GUS-Aktivität in den Poilen.
Von einem dritten Teil der Poilen wurde ein Extrakt hergestellt. Dazu wurden jeweils 4.10--' Pollen abzentrifugiert und in Extraktionspuffer (6) aufgenommen. Die Poilen wurden mit Glaskugeln und gleichzeitiger Ultraschallbehandlung aufgebrochen. Der fiuorimetrische GUS-Test erfolgte wie von Jefferson be¬ schrieben. 50 μl Extrakt wurden mit Extraktionspuffer auf 1 ml aufgefüllt und mit MUG (4-Methyi-Umbelliferyl-Glucuronid) auf eine Endkonzentration von 1 mM versetzt. Alle 10 oder 30 sec wurden 200 μl Aliquote entnommen und die Enzymreaktion mit 800 μl Na2Cθ3 (0,2 M) gestoppt. In einem Fluorimeter wurde die Extinktion bei 455 nm nach Anregung mit 365 nm gemessen und in Konzentrationen in μM/ml anhand von Standardlösungen an MUG umgerechnet.
Fluorimetrisch gemessene Enzymaktivität in μM/ml nach 10, 20 und 30 Minuten der beta-Glucuronidase aus Tabakpoilenextrakten nach Kokuitivierung mit A. tumefaciens:
10 min 20 min 30 min
Standard 1
Standard 2
Poilen ohne Agrobakterien
Poiien mit GUS355 Agrobakterien kokultiviert
Poilen mit KAN355 Agrobakterien kokultiviert
Pollen mit GUS355 mit "binary vektor" ohne Tl-Plasmid
Poiien von traπsgenischer GUS+ Pfianze
Kulturmedien:
(1) AMGLU-Medium
Miiler Macrosalze MS Microsalze Saccharose (0.25 M) Glutamin (440 mg/1 pH 7
(2) MR24-Medium
MS Macrosalze MS Microsalze Saccharose (0.5 M) Glutamin (440 mg/i) Cocosnusswasser (2 Voi%) Lactalbumin Hydrolysat (200 mg/1) Inositoi (100 mg/i) pH 7
(2') MR26-Medium wie MR24-Medium, aber Lactalbumin-Hydrolysat (1 g/1)
(3) MIS-Medium
Miller Macrosalze MS Microsalze FeEDTA (10"4 M) Saccharose (0.25 M) pH 7
(30 M2S-Medium
Kyo und Harada Salze (in Planta 186: 427-432 (1986)) Saccharose (0,25 M) pH 7
(4) Samenkeimungsmedium
MS Macrosaize MS Microsalze FeEDTA (10-4 M) Saccharose (1 Gew%) Agar (0.8 Gew%) Kanamycin.S04 (50 mg/i) pH 5.5
(5) Caicium-Waschlösung
CaCi2.2H20 (0,16 M) MES-Puffer (0,5 Gew%) pH 5.6
(6) Extraktionspuffer
NaP04 (50 mM, pH 7) 2-Mercaptoäthanol (10 mM) Na2EDTA (10 mM) Natrium-Lauryl-Sarcosin (0,1 %) Triton X-100 (0,1 %)