-
Die technische Herstellung von Isocyantaten erfolgt vielfach durch
Umsetzung von Aminen mit Phosgen in Gegenwart von organischen Lösungsmitteln in
zwei getrennten Verfahrensstufen (vgl.
-
5 W. Siefken, Liebigs Annalen der Chemie 562 [I949], S. 96). In der
ersten Verfahrensstufe, der sogenannten »Kaltphosgenierung«, läßt man die Basenlösung,
die Aufschlämmung der Base oder ihr Carbonisierungsprodukt mit Phosgen oder mit
lo einer Lösung von Phosgen in einem inerten Lösungsmittel reagieren. In der zweiten
Stufe, der sogenannten » Heißphosgenierung «, wird bei höherer Temperatur so lange
Phosgen eingeleitet, bis die Reaktion beendet ist Die Kaltphosgenierung kann in
verschiedener Weise ausgeführt werden. Man kann z B. eine Lösung von Phosgen in
einem inerten Lösungsmittel vorlegen und eine Lösung des Amins unter guter Rührung
eintragen. Bei dieser Arbeitsweise kann der Zulauf der Aminlösung nur langsam erfolgen,
da eine nicht unerhebliche Reaktionswärme auftritt, die durch die Wandungen des
Kessels abgeführt werden muß. Eine andere Möglichkeit besteht gemäß Patent 876 238
darin, die Basenlösung mit Kohlensäure zu sättigen und die Carbonisierungssohlempe
mit Phosgen zuslammenzubringen. In diesem Fall kann man entweder die Carbonisierungsschlempe
in eine Phosgenauflösung
unter Rühren einlaufen lassen, oder man
kann auch in die Carbonisierungsschlempe Phosgen einkondensieren oder flüssiges
Phosgen zulaufen lassen. Diese Arbeitsweise besitzt den Nachteil, daß sie zwei getrennte
Operationen erfordert.
-
Es wurde nun gefunden, daß man die langedeuteten Nachteile der bisher
bekanntgewordenen Verfahren vermeiden kann, wenn man eine Lösung oder Aufschlämmung
der Base in einem inerten Lösungsmittel mit flüssigem Phosgen oder einer Auflösung
von Phosgen in einem inerten Lösungsmittel kontinuierlich und ohne Außenkühlung
in einer Mischvorrichtung unter intensivem Rühren zusammenbringt und dann das so
erhaltene Reaktionsgemisch in üblicher Weise der Heißphosgenierung unterwirft.
-
Als Mischvorrichtung für das neue Verfahren kommen alle Arten von
Mischeinrichtungen in Frage, die durch mechanisch bewegte Teile eine intensive Durchmischung
sicherstellen. Unter diesen sind besonders Turbomischer und alle Arten von Kreiselpumpen
zu nennen. Letztere verbinden mit dem Mischeffekt noch den Vorteil, die Förderung
der Reaktionsmasse in die nachgeschaltete Heißphosgenierungsstufe vorzunehmen. Die
Verweilzeit in den Milschvorrichtungen ist sehr gering; normalerweise liegt sie
zwischen wenigen Sekunden und einer Minute.
-
Die genannten Turbomischer und Kreiselpumpen besitzen eine Umdrehungsgeschwindigkeit
der mechanisch bewegten Teile von mehr als 1000 Umdrehungen pro Minute. Der Befund
ist überraschend, daß bei derartig hohen Rührgeschwindigkeiten die bisher für die
Kaltphosgenierung bestehende Temperaturgrenze von etwa +600 ohne Nachteile für die
Ausbeute und die Reinheit der Verfahrensprodukte überschritten werden kann.
-
Dies bedeutet eine wesentliche Ersparnis an Energie, denn bisher hat
man bei der Phosgenierung die Komponenten, Aminlösung und Phosgen, unter starker
Kühlung miteinander vereinigt. Hierzu waren beim Arbeiten im technischen Maßstab
erhebliche Energiebeträge erforderlich.
-
Nach dem beanspruchten Verfahren können die Komponenten jedoch ohne
Kühlung miteinander vereinigt werden, wodurch eine erhebliche Vereinfachung in technischer
Hinsicht und eine beträchtliche Ersparnis an Energie erzielt werden.
-
Die Konzentration beider Lösungen und die in der Zeiteinheit zulaufenden
Mengen werden erfindungsgemäß so aufeinander abgestimmt, daß die Phosgenmenge auf
alle Fälle für die Reaktion ausreicht. Man kann aber auch einen Überschuß an Phosgenlösung
zur Anwendung bringen. Bei der Mischung der beiden Lösungen tritt eine erhebliche
Wärmetönung auf, die sich in einem erheblichen Temperaturanstieg bemerkbar macht.
Eine Erwärmung auf höhere Temperaturen (u 600) bei der Kaltphosgenierung wurde bisher
immer als schädlich bezeichnet. Bei Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
tritt aber der überraschende Effekt ein, daß die Ausbeuten höher liegen als bei
der üblichen Arbeitsweise. Neben der Verbesserung der Ausbeute wird auch eine kürzere
Zeit für die nachfolgende Heißphosgenierung erreicht.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren kann z. B. in der Weise ausgeführt
werden, daß Basenlösung und Phosgenlösung kontinuierlich einer Mischkammer zugeführt
werden, von wo sie in den Kessel gelangen, in dem die Heißphosgenierung vorgenommen
wird. Dabei erweist es sich als vorteilhaft, daß die mechanisch angetriebenen Mischeinrichtungen
in sehr weiten Grenzen belastbar sind, ohne für den vorgesehenen Zweck an Wirksamkeit
zu verlieren.
-
Den Kessel für die Heißphosgenierung kann man von Anfang an auf die
erforderliche Temperatur einstellen und so den Reaktionsablauf der Heißphosgenierung
bereits während des Zulaufes der Reaktionsmischung aus der Kaltphosgenierung zum
Anlaufen bringen. Man kann aber auch warten, bis der Kessel mit dem Gemisch aus
der Kaltphosgenierung gefüllt ist, und dann die Heißphosgenierung chargenweise vornehmen.
-
Die Vorteile der Erfindung kommen aber nur bei vollkontinuierlichem
Betrieb restlos zur Geltung.
-
Hier kann nämlich von der Tatsache Gebrauch gemacht werden, daß die
für die Heißphosgenierung erforderliche Zeit kürzer ist als bei den bekannten Methoden,
wodurch eine Steigerung des Durchsatzes in der Heißphosgenierungsstufe ermöglicht
wird.
-
Das neue Verfahren läßt sich auf breiter Basis für sehr viele Amine
anwenden. Neben Monoaminen können auch Diamine und Polyamine umgesetzt werden.
-
Beispiel I Aus entsprechenden Vorratsgefäßen werden eine Lösung von
30 Gewichtsprozent Phosgen in Chlorbenzol und eine Lösung von 35 Gewichtsprozent
a-Naphthylamin in Chlorbenzol kontinuierlich zu gleichen Teilen über Flüssigkeitsmesser
einem Turbomischer zugeführt. Im Turbomischer erfolgt die innige Vermischung der
beiden Lösungen, wobei sich die Temperatur der Mischung auf 650 erhöht.
-
Das Reaktioasprodukt, das die Konsistenz eines Breies hat, wird hintereinander
durch zwei stehende Rohre von unten, nach oben geführt, wobei unter Einleiten von
Phosgen die Temperatur auf II50 gehalten wird. Die gesamte Verweilzeit in diesen
Rohren (Heißphosgenierung) beträgt 20 Minuten.
-
Nach Ausblasen des gelösten Phosgens resultiert eine klare, bräunlich
gefärbte Lösung. Durch Abdestillieren des Chlorbenzols erhält man ìals Rückstand
ein rohes a-Naphthylisocyanat, das nur durch geringe Mengen hochsiedender Nebenreaktionsprodukte
verunreinigt ist. Bei der Destillation dieses Rohproduktes verbleiben lediglich
2 °/1 als Destillationsrückstand. Etwa 98 O/o des eingesetzten Naphthylamins sind
in das Isocyanat übergeführt worden.
-
Legt man hingegen in einem Rührkessel eine 300/obige Phosgenlösung
vor und führt unter Kühlung und guter Rührung die gleiche Gewichtsmenge einer 350/oigen
Naphthylaminlösung ein, so resul-
tiert ebenfalls ein dicker Brei.
Beim nachfolgenden Heißphosgenieren muß man 3 bis 4 Stunden lang bei 115° Phosgen
einleiten, um eine klare Lösung zu erhalten. Die nachfolgende Destillation zeigt,
daß 22 °/o hochsiedender Rückstand entstanden sind.
-
Nur 78% des Naphthylamins wurden in das Isocyanat übergeführt.
-
Beisliel 2 Gleiche Teile einer Phosgenlösung (I Teil Phosgen und
6 Teile o-Dichlorbenzol) und einer Auflösung von I Teil 4, 4'-Diaminodievelohexylmethan
in 8 Teilen o-Dichlorbenzol werden kontinuierlich einer Kreiselpumpe zugeführt.
Die Mischung der beiden Komponenten erfolgt erst in der Kreiselpumpe selbst. Die
Mischung erwärmt sich als Folge der Reaktionswärme in der Kreiselpumpe auf 600.
Die Reaktionsmischung gelangt aus der Kreiselpumpe in einen Rührkessel aus säurefestem
Stahl, in welchem bei I500 3 Stunden lang Phosgen eingeleitet wird. Der Phosgenstrom
beträgt I Gewichtsteil Phosgen auf 50 Gewichtsteile Beschikkung je Stunde. Es resultiert
eine klare Lösung.
-
Nach Ausblasen des Phosgens wird die klare Lösung destilliert. Man
erhält zu 95 0/o der Theorie Dicyclohexylmethan-4, 4'-diisocyanat vom Kp.0,9 = 1790.
Lediglich 4% erscheinen als hochsiedender Destillationsrückstand.
-
Legt man hingegen eine Phosgenlösung gleicher Konzentration wie oben
angeführt vor und läßt die Lösung des Diamins langsam unter Rühren zulaufen, so
erhält man nur 800/0 der Theorie als Diisocyanat; I80/o erscheinen als hochsiedender
Destillationsrückstand.
-
Beispiel 3 In der Zeiteinheit werden Lösungen von 26,9 Teilen Stearylamin
in 70 Teilen Chlorbenzol und 12 Teile Phosgen in 70 Teilen Chlorbenzol kontinuierlich
durch getrennte Leitungen in den Saugstutzen einer Kreiselpumpe eingeleitet. In
der Kreiselpumpe treten Mischung und Reaktion ein, wobei die Temperatur auf etwa
700 ansteigt. Die aus der Kreiselpumpe austretende Mischung wird in einen Kessel
eingedrückt, in welchem bei 110 bis I20° unter Einleiten von gasförmigem Phosgen
die Reaktion zu Ende geführt wird. Es resultiert eine klare, bräulich gefärbte Lösung.
Nach Abdestillieren des Chlorbenzols destilliert das Stearylis cyanat bei 3 mm Hg
zwischen I50 und I700 über.
-
4 0/o verbleiben als hochsiedender Rückstand in der Destillationsblase.
96 0/o des Stearylamins sind in Stearylisocyanat übergegangen.
-
Beispiel 4 In der Zeiteinheit werden I7 Teile einer 50%igen Lösung
von p-Phenetidin in Chlorbenzol mit 25 Teilen einer 40%igen Phosgenlösung in Chlorbenzol
in getrennten Strängen in den Saugstutzen einer Kreiselpumpe eingeführt. In der
Pumpe erfolgt die innige Durchmischung und unter starker Wärmetönung Reaktion, wobei
die Temperatur auf 65 über 800 in der Pumpe ansteigt.
-
Die aus der Pumpe austretende Reaktionslösung wird in einem nachgeschalteten
Reaktionsgefäß bei I00° mit Phosgen begast. Nach kurzer Zeit entsteht eine klare
Lösung. Nachdem das gelöste 70 Phosgen mit trockenem Stickstoff ausgeblasen wurde,
kann man Lösungsmittel und Isocyanat leicht durch. Destillation trennen.
-
Das entstandene p-Äthoxyphenylisocyanat destilliert unter 50 mm Hg
bei I420 als. wasserklare 75 Flüssigkeit. 30/0 des angewandten p-Phenetidins gehen
in hochsiedende Nebenprodukte über, 97% werden als reinstes Isocyanat erhalten.
-
Beispiel 5 so Eine feine Suspension von 30 Teilen 4, 4,-D-iaminodiphenylmethan
in 70 Teilen o-Dichlorblenzol wird in einer Mischkammer kontinuierlich mit dem gleichen
Volumens 3o0/oig;er Phosgennslösung in o-D-i- 85 chlorbenzol innig gemischt. Die
Reaktionsmischung wird kontinuierlich einem Roher zugeführt, in welchem bei 1300
die weitere Begasung mit Phosgen erfolgt. Auch diese Begasung (Heißphosgenierung)
erfolgt kontinuierlich mit einer mittleren Verweil-go zeit von 4 Stunden.
-
Nach dem Ausblasen des Phosgens und Abldestillieren des Lösungsmittels
läßt sich unter sehr gutem Vakuum das Diphenylmethan- 4, 4'-diise cyanat überdestillieren.
Kp.1 = 170°. Ausbeute 95 90% der Theorie.
-
Beispiel 6 Eine 20%ige Lösung von 1,4-Diaminocyclohexan 100 in Chlorbenzol
wird mit gleichen Teilen einer 40%igen Phosgenlösung in Chlorbenzol in einer Mischkammer
kontinuierlich zusammengeführt und zur Reaktion gebracht. In die heiß austretende
Reaktionslösung wird bei I200 so lange Phosgen 105 eingeleitet, bis eine klare Lösung
entstanden ist.
-
Bei der Aufarbeitung erhält man zu 85 % das. erwartete Cyclohexan-1,
4-diisocyanat.
-
Beispiel 7 110 Gleiche Gewichtsteile einer 220/oigen Lösung von Cyclohexylamin
und einer 220/oigen Lösung von Phosgen in Chlorbenzol werden in einer Mischkammer
kontinuierlich vereinigt. In die Reaktions- 115 masse wird bei 110° 1/2 Stunde lang
Phosgen einr geleitet und dann aufgearbeitet.
-
Über 90% des Cyclohexylamins gehen in Cyclohexylisocyanat über.
-
120 Beispiel 8 Eine feine Suspension von 20 Teilen eines technisches
Gemisches von 2,4- und 2, 6-Toluylendiamin in 100 Teilen o-Dichlorbenzol wird mit
gleichen 125 Teilen einer Lösung von 50 Teilen Phosgen in
Ion teilen
o-Dichlorbenzol in einer Kreiselpumpe innig vermischt. Die Reaktionslösung wird
unter Einleiten von weiterem Phosgen blis auf I400 aufgeheizt und bei 140° so lange
mit Phosgen bebandelt, bis eine klare REaktionslösung entstanden ist.
-
Bei der Aufarbeitung erhält man ein Gemisch von 2,4- und 2,6-Toluylendiisocyanat
in einer Ausbeste von etwa 85 °/o.
-
Beispiel g 400 Teile Hexamethylendiamin werden in 3000 Teilen o-Dichlorbenzol
gelöst. Diese Lösung wird in einem Vorratsbehälter bei 350 gehalten. Durch Auflösung
von I000 Teilen Phosgen in 3000 Teilen o-Dichlorbenzol wird eine Phosgenlösung hergestellt,
die bei 100 in einem Vorratsbehälter gestapelt ist. Gleiche Teile dieser Lösungen
werden kontinuierlich einer Kreiselpumpe zugeführt, in der die Reaktion des Diamins
mit dem Phosgen (Vorphosgenierung) unter erheblicher Wärmeentwicklung vor sich geht.
Die Temperatur des Reaktionsgemisches steigt in der Pumpe auf 95 bis 1000 an.
-
Das Reaktionsgemisch wird in einen Rührkessel geleitet. In diesem
Kessel wird durch Einleiten von Phosgen bei 1700 in etwa 10 Stunden die Reaktion
zu Ende geführt. Es resultiert eine klare Lösung, die durch Destillation in einer
gut wirksamen Kolonne aufgearbeitet wird. Die Ausbeute an Hexamethylendiisocyanat
beträgt 86 % der Theorie.
-
Etwa 0,5 °/o des Diamins sind bei der Phosgenie rune in Chlorhexlisocyanat
übergeführt worden.