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Verfahren und Vorrichtung zur maßhaltigen Oberflächenbearbeitung und
Glättung von Zylinderbohrungen Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur maßlichen Oberflächenbearbeitung und Glättung zwecks Erzielung besserer Verschleißfestigkeit
von Lagern, Bohrungen oder Führungen, insbesondere von Zylinderbohrungen der Kolbenkraft-
oder Arbeitsmaschinen, bei denen durch gleitende Reibung ein hoher Verschleiß zu
erwarten ist, sowie ein Werkzeug zur Durchführung dieses Verfahrens.
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Das Glattwalzen von Eisen und Metallen wird zur Erreichung zweier
verschiedener Zwecke angewandt. Einmal, um eine Verfestigung der Oberfläche zur
Vermeidung von Schwingungsbrüchen zu erzielen, z. B. bei Torsionsfedern, Kurbelzapfen
usw., zum anderen, um eine Oberfläche geringster Rauhtiefe zu erzeugen, z. B. für
Lagerzapfen und Lager. Während im ersten Fall mit großen Verformungskräften bearbeitet
werden muß, um eine wirksame Tiefenwirkung der Kaltverformung zu erreichen, dürfen
die Verformungskräfte im zweiten Fall nur klein sein, da für die Verbesserung einer
Lageroberfläche neben der Rauhtiefe auch die genaue geometrische Form von Zapfen
und Lager sowie ihr Zusammenspiel, kurz, der Traganteil entscheidend sind und weder
die Formgenauigkeit noch die Maßhaltigkeit bei großen Verformungskräften gewährleistet
werden kann.
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Dieses Glattwalzen von Oberflächen ist seit langem bekannt und ist
unter dem Begriff des Prägepolierens für den Techniker mit der Vorstellung feinstbearbeiteter,
hochglänzender Flächen verbunden, denen man auch ihre gefügemäßige Verdichtung durch
den Walzdruck bereits ansieht. Diese Flächen bestechen beim ersten Anblick und weisen
auch bei näherer Prüfung und Messung eine geringste Rauhtiefe auf. Für die Güte
einer Oberfläche ist aber die Rauhtiefe allein nicht entscheidend, .sondern auch
die Genauigkeit der geomefrischen
Form und ihre Maßhaltigkeit.
Die beiden letzten Bedingungen sind beim Prägepolieren nach den bisherigen Verfahren
nicht immer einzuhalten.
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Beim Glattwalzen- von Außendurchmessern aus Eisen und Stahl, also
bei Materialien mit einer ausgesprochenen Fließgrenze, wird der Werkstoff unter
den Walzen oder Rollen über die Fließgrenze hinaus beansprucht und das so belastete
Material vom nacheilenden Schenkel der Glattwalzrolle geglättet, wobei die Rauhtiefe
der Oberfläche der Glattwalzrolle auf den zu glättenden Werkstoff kopiert wird.
Die Glattwalzrolle rotiert um sich selbst und um das Werkstück; während der Vorschub
senkrecht zu dieser Bewegung wirkt und an sich den Glattwalzvorgang stört, indem
vor der Wälze eine Materialstauchung entsteht, die wie .eine Bugwelle vor der Glattwalzrolle
'herläuft. Zur Einebnung dieser Bugwelle muß der Werkstoff plastisch verformt werden.
Hierzu sind erhebliche Kräfte aufzuwenden.
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Dagegen können spröde und beinahe als plastisch anzusehende Werkstoffe,
wie z. B. Gußeisen und Bronze, insbesondere Bleibronze, auf diese Weise nicht bearbeitet
werden, weil sie j a keine Fließgrenze aufzuweisen haben. Hier ist also das Glattwalzen
nur möglich, wenn ohne Vorschub gearbeitet wird, d. h. wenn die Polierrollen über
die ganze Länge der glattzuwalzenden Bohrung gehen und sich nach Art eines Nadellagers
an Gegenrolle und Werkstück abwälzen.
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Ein weiterer Unterschied ist es, ob Außendurchmesser oder Innendurchmesser
glattzuwalzen sind. Bei ersteren hat das Glattwalzen eine Verkleinerung des Durchmessers
und damit der Oberfläche zur Folge; es treten Spannungen auf, in erster Linie Schubspannungen,
die durch eine Ausbuchtung der Randzone an der Stirnseite feststellbar sind. Bei
letzteren wird durch das Glattwalzen die Oberfläche vergrößert, die auftretenden
Spannungen sind nur gering. Immer aber sind die zur Verbesserung der Oberfläche
durch das Glattwalzen erforderlichen Drücke sehr erheblich, und es besteht bei Bohrungen,
insbesondere bei dünnwandigen Werkstücken, leicht die Gefahr, das Werkstück selbst
zu deformieren und damit zwar eine glatte Bohrung, aber auch eine unrunde zu erzeugen.
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Sind die Verformungskräfte schon bei Außendurchmessern sehr groß,
so steigern sie sich noch bei der Bearbeitung von Innendurchmessern, da hier durch
die gleiche Krümmungsrichtung von Werkstück und Glattwalzrolle die gegenseitige
Flächenberührung viel größer wird und infolgedessen viel größere Kräfte erforderlich
sind. Beim Glattwalzen von Außendurchmessern ist die Krümmung von Werkzeug und Werkstück
an der Berührungsstelle entgegengesetzt, die gegenseitige Flächenberührung also
viel kleiner. Trotzdem sind schon hier die auftretenden Kräfte so groß, daß eine
Maßhaltigkeit nicht gewährleistet werden kann. Diese Maßhaltigkeit in Verbindung
mit einer Oberfläche geringster Rauhtiefe ist aber entscheidend wichtig, weil in
jeder Fertigung mit bestimmten Fertigungstoleranzen gearbeitet werden muß, um wirtschaftlich
und austauschbar produzieren zu können.
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Nach den bekannten Verfahren des. Glattwalzens mit umlaufenden Rollen
und gleichzeitiger Vorschubbewegung senkrecht zur Walzbahn bildet sich vor der Walzrolle
eine Materialanstauchung. Handelt es sich bei der Bearbeitung um sprödes Material,
insbesondere um Gußeisen, so bewirkt der Vorschub eine -Biegebeanspruchung der nach
dem Feinbohren oder Feindrehen noch immer vorhandenen feinen Gewindegänge. Durch
diese Biegebeanspruchung kann das Material aus seinem molekularen Verband gelockert
werden und zum Ausbrechen neigen, entweder gleich beim Glattwalzen oder erst später
im Betrieb. Durch die Art dieses Verfahrens sind die auftretenden Kräfte sehr groß,
so daß eine Maßhaltigkeit innerhalb bestimmter Fertigungstoleranzen nicht erzielt
werden kann.
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Demgegenüber arbeitet das Verfahren nach der Erfindung mit umlaufendem
punktförmigem Wälzdruck, wobei insbesondere bei der Bearbeitung von Gußeisen die
genannten Gewindegänge nicht mehr auf Biegung beansprucht, sondern einwandfrei gestaucht
werden, weil sich hier keine Bugwelle vor den Druckkörpern bildet. Die umlaufenden
Kugeln wälzen sich außen an der Innenfläche der zu bearbeitenden Bohrung, innen
aber gegen einen Spannkegel ab. Dadurch erhalten sie außer ihrer reinen Abwälzbewegung
noch einen zusätzlichen Drall, der ein Auflaufen der Kugeln auf das zu glättende
Material in Vorschubrichtung bewirkt.
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In Erkenntnis der Ursachen des Zylinderverschleißes wird das Verfahren
nach der Erfindung bei der Bearbeitung von Zylinderbohrungen der Verbrennungskraftmaschinen
vorteilhaft angewandt.
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Eine nach diesem Verfahren bearbeitete Zylinderbohrung weist eine
geringere Rauhtiefe auf, als alle bisher bekannten Bearbeitungsverfahren, insbesondere
die spanabhebendern, herzustellen vermögen, die .Oberfläche selbst ist durch Druckeinwirkung
der Wälzkörper kaltverformt und damit. verfestigt innerhalb der sehr geringen, durch
die mittlere Rauhtiefe bestimmten Grenzen, so daß aus diesem Grund die Schabwirkung
der Kolbenringkanten unwirksam wird und kein Metallabrieb mehr erfolgt. Die für
den Angriff der chemischen Korrosion entscheidenden Poren sind glattgewalzt, die
so bearbeiteten Zylinder sind daher korrosionsfester.
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Entsprechend den z. B. für Zylinderlaufflächen meist verwendeten harten
und spröden Werkstoffen, insbesondere Gußeisen und Schleuderguß, ist es für die
Anwendung des Verfahrens nach der Erfindung wichtig, daß der Verformungswiderstand
beim Glattwalzen gering gehalten wird. Größere Kräfte können eine Deformierung des
Zylinders zur Folge haben, wodurch die Maßhaltigkeit der geglätteten Bohrung in
Frage gestellt wird. Es ist deshalb für die Anwendung des Verfahrens nach der Erfindung
wichtig, daß der Walzdruck punktförmig auf die zu glättende Oberfläche einwirkt.
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Wichtig ist ferner, daß die Wälzkörper sich an der Zylinderwand abwälzen,
so daß keine gleitende Reibung entsteht, und daß zwischen den diametral
gegenüberliegenden
Kugeln Kraftschluß besteht, so daß sich der beiderseits gleiche Verformungsdruck
aufhebt und sich das Werkzeug selbst in der Zylinderbohrung zentriert: Nur durch
die kraftschlüssige Verformung ist ein maßhaltiges Verfestigen und Glätten einer
Bohrungsoberfläche möglich.
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Bei dem Verfahren der Oberflächenverfestigung und Glättung von Bohrungen
und Zylindern durch mechanischen Wälzdruck nach der Erfindung wird nur eine ganz
geringe plastische Materialverformung vorgenommen, und zwar werden nur die Spitzen
der Rauhigkeit auf den mittleren Durchmesser der Rauhtiefe zurückgedrückt. Diese
Materialverformung wird durch diametral gegenüberliegende, umlaufende Kugeln vorgenommen,
die sich einerseits an der Zylinderwandung, andererseits an einem umlaufenden Kegel
abwälzen und in einem zum Kegel entgegengesetzt umlaufenden Käfig geführt werden,
so daß jedes Gleiten vermieden wird und nur rollende Reibung auftritt. Zur wirksameren
Durchführung des Verfahrens gelangen mehrere in einer Ebene liegende Kugeln zur
Anwendung. Die Neigung des erwähnten Innenkegels ist dem Verformungswiderstand über
die Kugeln entgegengesetzt, so daß die Kugeln einen Drall in Vorschubrichtung erhalten
und immer das Bestreben haben, auf das Material aufzulaufen, aber auch auf den Kegel,
woran sie durch die Spanneinrichtung gehindert werden. Der angetriebene Kegel kann
zur Lage der Kugeln verstellt werden, wodurch eine Vergrößerung des Arbeitsbereiches
eines solchen Werkzeuges innerhalb der durch Kugelgröße gegebenen Grenzen ermöglicht
wird. Zwischen dem Spannkegel und dem entgegengesetzt umlaufenden Kugelkäfig ist
zur Verminderung der Reibung und zur Aufnahme der Spannkräfte ein Druckkugel- oder
Rollenlager eingeschaltet, da der Kugelkäfig in seiner Drehung nicht besonders angetrieben,
sondern nur von den Kugeln mitgenommen werden soll. Es ist selbstverständlich, daß
in anderer Ausführungsform des Erfindungsgegenstandes auch der Kugelkäfig allein
angetrieben werden kann oder auch beide, Spannkegel und Kugelkäfig, zwangläufigen
Antrieb erhalten können.
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Die Spannung und Verstellung des Glattwalzgerätes erfolgt über eine
zweiseitig geschlitzte Einstellschraube sowie über ein Druckkugel- oder Kegelrollenlager,
das zwischen dem Antrieb und dem frei umlaufenden Kugelkäfig sitzt. Die Kugeln als
Druckmittelkörper befinden sich in Führungsbuchsen, die so ausgebildet sind, daß
sich in ihrer Bohrung vorn ein Schleifansatz befindet, der die Kugeln am Herausfallen
hindert. Der Spannkegel wird von der Spindel einer Bearbeitungsmaschine direkt angetrieben.
Die Kugeln wälzen sich zwischen ihm und der Innenwand der zu bearbeitenden Bohrung
ab, wobei der Kugelkäfig als Steg eines Umlaufgetriebes wirkt und sich in entgegengesetzter
Richtung wie der Spannkegel dreht sowie mit verminderter Drehzahl entsprechend dem
Untersetzungsverhältnis zwischen Bohrung und Spannkegeldurchmesser. In der Mutterbohrung
für die Einstellschraube befindet sich gegen Drehung gesichert, ein Skalaring, der
auf dem Innendurchmesser eine Teilung trägt, die sich gegen eine auf der Stirnseite
der Einstellschraube angebrachte Nullmarke verstellen läßt. Die Einstellung des
Gerätes erfolgt zweckmäßigerweise über einen handelsüblichen Lehrring, kann aber
auch in der feinstbearbeiteten Bohrung selbst erfolgen, wobei die Zustellung des
Gerätes an dem Skalaring abgelesen wird.
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Der Kraftfluß im Gerät verläuft einmal von der Kugel über den Spannkegel
auf die diametral gegenüberliegende Kugel, zum anderen von der Kugel über Kugelkäfig,
Kugelführung, Einstellschraube, Kegelrollenlager auf den Einspannschaft.
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Die Zeichnung zeigt ein Ausführungsbeispiel eines Werkzeuges zur Durchführung
des Verfahrens nach der Erfindung, und zwar ist Fig. I links ein Längsschnitt, rechts
die Ansicht eines Glattwalzgerätes, Fig. 2 die Aufsicht zu Fig. I, Fig. 3 ein Querschnitt
durch die Kugelebene. Die in einer Ebene liegenden Kugeln I sind über die Führungsbuchsen
2 in dem Kugelkäfig 3 gelagert und werden vom Spannkegel 4 nach außen gegen die
Zylinderwand 5 gedrückt. Die Führungsbuchsen 2 weisen an ihrem äußeren Rand Ansätze
6 auf, die die Kugeln am Herausfallen hindern. Im Kugelkäfig 3 läßt sich über ein
Gewinde die Einstellschraube 7 bewegen, die über das Kegelrollenlager 8 den Spannkegel
4 axial verstellt und damit die Kugeln I nach außen drückt. Am unteren Ende des
Kugelkäfigs 3 ist eine Führungsbuchse 9 befestigt, die in einer Bohrung Io des Spannkegels
4 geführt wird. In der Einstellschraube 7 liegt das Kegelrollenlager 8, das über
den Verschlußdeckel i2 und einen Ansatz des Einspannschaftes 13 wirkt. Die Einstellschraube
7 erhält radiale Schrägschlitze 14, die über die Schrauben 15 zusammengeklemmt werden
können, wodurch die Einstellschraube 7 gegen weitere Drehung gesichert wird. Im
Muttergewinde für die Einstellschraube 7 im Kugelkäfig 3 befindet sich eine Nut
16, in die ein Stift 17 des Skalaringes 18 hineingreift, so daß dieser gegen Drehung
gesichert ist, doch axial beweglich mit dem Kugelkäfig 3 verbunden bleibt. Der Skalaring
18 trägt an seiner Innenwand eine Teilung i9, gegen die die Nullmarke 2o verstellt
werden kann, die auf der Stirnfläche der Einstellschraube 7 angebracht ist. Die
Einstellschraube 7 kann mit einem Rohrwerkzeug durch die stirnseitigen Bohrungen
verstellt werden.
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Die Arbeitsweise eines Werkzeuges nach der Erfindung ist folgende:
Das Werkzeug wird mit dem Konus 13 in der Spindel eines Feinbohrwerkes befestigt,
von der sowohl die Dreh- als auch die Vorschubbewegung ausgeführt wird. Durch Drehen
der Einstellschraube 7 werden die Kugeln i über den Spannkegel 4 nach außen gedrückt,
bis sie an der Zylinderwand anliegen, danach wird die Einstellschraube 7 um ein
oder zwei Teilstriche der Skala i9 weitergedreht, wobei die Nullmarke 2o als Festpunkt
dient. Das Werkzeug ist jetzt auf den Fertigdurchmesser
eingestellt,
der im Bereich der mittleren Rauhtiefe liegt. Das Maß der Zustellung ist durch die
Erfahrung festgestellt und vom Material und auch von der Oberflächengüte der vorherigen
Bearbeitung abhängig; wobei eine gewisse elastische Nachwirkung des Werkstoffes
und auch eine gewisse Federwirkung des Gerätes selbst berücksichtigt ist. Die Einstellung
kann auch über einen handelsüblichen Lehrring erfolgen. Der angetriebene Spannkegel
4 ruft Bewegungen entsprechend den in Fig. 3 eingezeichneten Pfeilrichtungen hervor,
wobei alle Teile sich gegeneinander abwälzen und zusammen ein Umlaufgetriebe bilden
mit feststehendem Innenrad (Zylinderwand) und umlaufendem Steg (Kugelkäfig 3). Der
mit hoher Geschwindigkeit umlaufende Walzdruck gibt der Zylinderoberfläche ein spiegelblankes
Aussehen und verbürgt beste Laufeigenschaften.