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Verfahren zur Gewinnung stabiler, hochgereinigter y-Globulin-Präparate
Es sind Verfahren bekanntgeworden, die es ermöglichen, die infolge ihres Gehaltes
an Antikörpern für die Therapie wichtigen y-Globuline des menschlichen oder tierischen
Serums durch fraktionierteAmmonsulfatfällung (C oh n, M c M e ek i n, Oncley, Newell
und Hughes, J.Amer.Chem. Soc., 62 [194o], 3386) zu isolieren und zu konzentrieren.
Da die auf diese Weise erhaltenen y-Globulinpräparate hinsichtlich ihres durch quantitative
Elektrophorese bestimmten Reinheitsgrades nicht befriedigten, ist man später dazu
übergegangen, die y-Globulin-Fraktion des Serums oder Plasmas durch Alkohol bei
genau definierten pH-Werten und Ionenstärken abzuscheiden (Cohn und Mitarbeiter,
USA.-Patentschrift 2390074, Williams und Deutsch, USA. - Patentschriften
2 437 oho, 2 543 215). Dies auf der Verwendung von Alkohol oder anderen organischen,
wasserlöslichen Flüssigkeiten basierenden Eiweißfraktionierungsverfahren liefern
zwar reine y-Globulinfraktionen, erfordern aber erhebliche technische Einrichtungen,
weil sie infolge der bei normalen Raumtemperaturen stattfindenden Eiweißdenaturierung
nur in tiefgekühlten Arbeitsräumen durchführbar sind. Außerdem hat sich gezeigt,
daß selbst bei Temperaturen unter o° eine gewisse Schädigung der wertvollen y-Globuline
durchAlkohol und- ähnlich zusammengesetzteEiweißfällungsmittel eintritt, die mit.
einer in der Ultrazentrifuge leicht nachweisbaren Zunahme der Molekülgröße einhergeht,
nicht zu vermeiden ist.
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Es wurde gefunden, daß man die antikörperhaltige y-Globulin-Fraktion
des Serums in ihrer natürlichen Struktur als eine in der Ultrazentrifuge einheitlich
sedimentierende Eiweißkomponente durch ein Verfahren isolieren kann, daß die Verwendung
denaturierender Fällungsmittel wie
Alkohol ausschließt und dessen
Durchführung daher auch nicht an kostspielige kältetechnische Einrichtungen gebunden
ist. Das neue Fraktionierungsverfahren beruht auf der kombinierten Anwendung von
Neutralsalzen, verdünnterSäure undAluminiumhydroxydgel in bestimmter Reihenfolge
und unter genau definierten Bedingungen.
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Zunächst wird in bekannter Weise die rohe Globulinfraktion durch Halbsättigung
mit Ammonsulfat aus verdünntem Serum bei neutraler bis schwach alkalischer Reaktion
abgeschieden, wobei je nach Herkunft des Serums der Sättigungsgrad zwischen 45 und
55 % und die Eiweißkonzentration zwischen 3 und 4,5 % schwanken kann. Als erster
Verfahrensschritt ist die Entfernung der ß-Globulin-Fraktion vorgesehen. Sie wird
von den a- und 7-Globulinen durch Ausfällung der Ionenstärke o,o7 ± o,o2
und pH 5,3 +_ o,o5 in wäßrigem Milieu bei einer Eiweißkonzentration von 3 bis 5
% abgetrennt. Zur Einstellung auf die gewünschte Ionenstärke kann Natriumchlorid,
Natriumacetat oder ein anderes Neutralsalz zur Einstellung auf PH 5,3 Essigsäure
oder eine andere schwache Säure verwandt werden. Hierauf folgt die Ausscheidung
der a-Globulin-Fraktion bei PH 5,0 ± 0,05, einer unter etwa o,ooi liegenden Ionenstärke
und einer Eiweißkonzentration von 2 ± 0,5 %. Die unter diesen Bedingungen in Lösung-
verbleibenden ;-Globuline werden von den ihnen noch anhaftenden a- und ß-Globulin-Verunreinigungen
durch Behandlung mit der notwendigen, zweckmäßigerweise durch einen Vorversuch ermittelten
Menge Aluminiumhydroxydgel, das beispielsweise nach W i 11 s t ä t t e r und Kraut,
Ber. dtsch. chem. Ges. 56 (1g23), 1117, hergestellt werden kann, befreit und können
dann für die Anwendung beim Menschen in der üblichen Weise auf den gewünschten Eiweißgehalt,
auf physiologisches pli und blutisotonischen Salzgehalt gebracht, entkeimt, gegebenenfalls
auch in gefrorenem Zustand getrocknet werden.
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Die nach diesem Verfahren gewonnenen ;,-Globuline erweisen sich bei
der Elektrophorese in der Tiseliusapparatur als frei von Aluminium, a- und ß-Globulinen
und verhalten sich in der Ultrazentrifuge wie ein monodisperser Eiweißkörper mit
der Sedimentationskonstanten S2o = 6,1. Unterzieht man jedoch ein verfahrensgemäß
isoliertes y-Globulin-Präparat nachträglich einer Alkoholfällung bei -5° nach einer
der anfänglich zitierten, bisher üblichen Aufarbeitungsmethoden, so beobachtet man
nun in der Ultrazentrifuge dasselbe Denaturierungsprodukt von der Sedimentationskonstanten
S2o = g-lo, das regelmäßig bei mit Alkohol gewonnenen y-Globulin-Präparaten aufzutreten
pflegt (vgl. Abb. i und 2). Die erfindungsgemäß hergestellten y-Globulin-Präparate
sind frei von proteolytischen Fermenten (Plasmin, Fibrinolysin) und daher stabil.
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Die Einzelheiten des neuen Verfahrens, das sich unter Zuhilfenahme
bekannter Modifikationen auch für menschliches oder tierisches Plasma anwenden läßt,
können nachstehenden Beispielen entnommen werden. Beispiel i lo 1 menschliches Serum
werden mit 7,1 1 Wasser auf 3,81/o Gesamteiweiß verdünnt und nach Einstellung mit
Alkalihydroxyd auf pH o,8 unter Rühren langsam mit 13,9 1 gesättigter Ammonsulfatlösung
von gleichem pH versetzt. Der entstandene Niederschlag enthält neben a- und ß-Globulinen
praktisch die Gesamtmenge der im Serum vorkommenden y-Globuline und nur sehr wenig
Albumin. Er wird durch Zusatz von 1,5 1 Wasser und 23 ccm lo%iger Natriumbicarbonatlösung
in Lösung gebracht und das erhaltene Konzentrat zweckmäßigerweise durch Zentrifugieren
oder Filtrieren von etwa vorhandenen Trübbestandteilen befreit. Hierauf wird das
in die Lösung eingeschleppte Ammonsulfat durch Dialyse gegen schwach alkalisches
Außenwasser auf unter o,o5 % gesenkt und das Dialysat durch Hinzufügen von Natriumchlorid
und Wasser auf 3,8% Eiweiß und o,4% NaCI eingestellt. Hierdurch wird eine Ionenstärke
von 0,07 erreicht. Nun wird unter Rühren auf PH 5,3 ± o,5 angesäuert, wozu
go ccm 2%iger Essigsäure erforderlich sind. Es bildet sich eine in der Hauptsache
aus ß-Globulinen bestehende Fällung, die in einer hochtourigen Zentrifuge entfernt
wird. Der Abguß wird mit 9o ccm lo%iger Natriumbicarbonatlösung auf PH 7,2 ± 0,1
eingestellt und durch Dialyse gegen destilliertes Wasser, das durch eine Spur Natronlauge
auf PH 7,2 gehalten wird, von Chlorionen befreit. Die Ionenstärke liegt dann unterhalb
von o,ooi. Sodann wird der Abguß mit destilliertem Wasser auf einen Eiweißgehalt
von 21/o verdünnt und unter Rühren mit 140 ccm 2%iger Essigsäure versetzt, wodurch
ein für die Abscheidung der a-Globuline optimaler PH-Wert von 5,0 ± o,5 erreicht
wird. Die entstandene Fällung wird durch Zentrifugieren entfernt und die im Zentrifugat
von 6,2 1 verbliebenen geringen Restmengen von a- und ß-Globulinen durch Adsorption
an Aluminiumhy droxyd entfernt. Zu diesem Zweck wird die Menge von 62o ccm 2%iges
Aluminiumhydroxydgel, von der durch einen Vorversuch ermittelt wurde, daß sie den
Gehalt an gelöstem 7-Globulin nicht vermindert, in das Zentrifugat eingerührt. NachAbtrennung
desAluminiumeiweißadsorbats durch Dekantieren, Filtrieren oder Zentrifugieren erhält
man eine klare, farblose Lösung von 6,51 mit i,15 % Eiweiß, das nur aus ,-Globulinen
besteht. Da das als Ausgangsmaterial benutzte normale Humanserum 6,5% Gesamteiweiß
enthielt, das auf Grund der elektrophoretischen Analyse zu 15 % aus y-Globulinen
bestand, ergibt sich eine Ausbeute an y-Globulin von 851/o und ein Konzentrationsfaktor
von g.
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In dem in bekannter Weise auf neutrale Reaktion, physiologischen Salzgehalt
und einen Eiweißgehalt von 16% gebrachten Verfahrensendprodukt sind die im Ausgangsserum
vorhandenen natürlichen Diphtherieantitoxine auf das zwanzigfache angereichert.
Außerdem enthält das Konzentrat gegenüber Masern, Hepatitis epedemica und anderen
Infektionskrankheiten wirksame Schutzstoffe.
Der hohe Reinheitsgrad
des nach vorstehendem Verfahren gewonnenen menschlichen y-Globulin-Präparats wird
durch die nachstehend abgebildeten Ultrazentrifugier- und Elektrophoresediagramme
belegt (Abb. i und 6 unten). Gleichartige Untersuchungen von verschiedenen, nach
der zuvor zitierten Alkoholmethode hergestellten, handelsüblichen y-Globulin-Konzentration
zeigen in der Ultrazentrifuge (Abb. 3, 4 und 5) das Vorhandensein eines Denaturierungsproduktes
von der Sedimentationskonstanten 9-i0, das auch dann auftritt, wenn das Verfahrensprodukt
nachträglich nach einem der bisher üblichen Verfahren mit Alkohol bei -50 ausgefällt
und wieder gelöst wird (Abb. 2). Auch hinsichtlich seiner elektrophoretischen Beweglichkeit
in der Apparatur von T i s e 1 i u s unterscheidet sich das erfindungsgemäß gewonnene
Produkt deutlich von den anderen Präparaten (Abb. 6).
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Erläuterung der Abbildungen: Abb. i Verhalten von erfindungsgemäß
gewonnenem y-Globulin in der Ultrazentrifuge, Abb.2 Verhalten von erfindungsgemäß
gewonnenem y-Globulin, nachträglich bei -5° mit Alkohol behandelt, in der Ultrazentrifuge,
Abb. 3 und 4 Verhalten von unter Verwendung von Alkohol gewonnenem y-Globulin in
der Ultrazentrifuge, Abb. 5 Verhalten von unter Verwendung von Alkohol gewonnenem
,-Globulin in der Ultrazentrifuge, Abb.6 Elektrophoretisches Verhalten von unter
Verwendung von Alkohol gewonnenem y-Globulin (oben), erfindungsgemäß hergestelltem
y-Globulin (unten). Beispiel e io 1 Diphtherieserum vom Rind, das ioooAE im Kubikzentimeter,
9,06% Gesamteiweiß und q.,410/0 7-Globulin enthält, wird mit 13,841 Wasser und 23,841
gesättigter Ammonsulfatlösung unter Rühren bei PH 8,o versetzt. Der gefällte Globulinniederschlag
wird auf einer Nutsche gesammelt. Er hat ein Feuchtgewicht von 1,5 kg mit 648 g
Eiweiß = 71,6 % der Ausgangsmenge. Die Entfernung der in ihm enthaltenen ß-Globuline
erfolgt gemäß Beispiel i nach Dialyse und Verdünnen auf ein Volumen von 17,021 bei
einer Ionenstärke von 0,07 = 0,4 % Na Cl und einem pH-Wert von 5,3, zu dessen Einstellung
380 ccm 2%iger Essigsäure benötigt werden. In Lösung verbleiben 521 g Eiweiß = 57,5
% der Ausgangsmenge. Zur Abseheidung der a-Globuline wird die Ionenstärke durch
Dialysieren auf etwa o,ooi herabgesetzt, durch Zugabe von destilliertem Wasser das
Volumen auf 26,o6 1 und durch Einrühren von 52o ccm Essigsäure das pH auf 5,o eingestellt.
Der Abguß von 26,1 1 enthält eine Eiweißmenge von 470 g, die 51,8% der Ausgangsmenge
entspricht. Die ebenfalls gemäß Beispiel i durchgeführte Behandlung mit 2,61 12%igem
Aluminiumhydroxydgel bei pH 5,o ergibt eine reine y-Globulinlösung, die in 28,23
1 353 g Eiweiß = 39% der Ausgangsmenge enthält. Die Ausbeute an y-Globulin beträgt
8o %. Nach Neutralisation mit Natriumbicarbonatlösung wird die von Albuminen, a-
und ß-Globulinen befreite Flüssigkeit bei niederer Temperatur eingefroren und im
Hochvakuum getrocknet. Das y-Globulin-Trockenprodukt löst sich schnell und vollkommen
klar in physiologischer Kochsalzlösung und ergibt im Tierversuch bei einem Eiweißgehalt
von äo % eine Wirksamkeit von 5ooo AE Diphtherieantitoxin im Kubikzentimeter. Der
bei der Aufarbeitung eingetretene Antikörperverlust liegt somit unter i50/0.
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Beispiel 3 io 1 Tetanusplasma vom Pferd, das 85o AE (neuer internationaler
Standart) im Kubikzentimeter, 7,69% Gesamteiweiß, davon 30/9 T- und y-Globuline,
enthält, werden mit i0,2 1 Wasser und 5 1 gesättigter Ammonsulfatlösung bei pH 8,o
unter Rühren versetzt. Das im gefällten Rückstand hauptsächlich enthaltene Fibrinogen
wird abgesaugt, das Filtrat mit weiteren 5 1 Ammonsulfat bei pH 8,o auf Halbsättigung
gebracht. Der gefällte Globulinniederschlag wird auf einer Nutsche gesammelt. Er
hat ein Feuchtgewicht von 1,3 kg mit 46i,4 g Eiweiß = 60% der Ausgangsmenge. Die
in ihm enthaltenen ß-Globuline werden nach Dialyse wie in dem Beispiel für Menschenserum
durch Verdünnen auf ein Volumen von 12,1 1 bei einer Ionenstärke von 0,07
= 0,q.0/0 Na Cl und bei einem pH-Wert von 5,3, zu dessen Einstellung 340 ccm 2%iger
Essigsäure benötigt werden, entfernt. In Lösung verbleiben 419,1 g Eiweiß = 54,5%
der Ausgangsmenge. Zur Abscheidung der a-Globuline wird die Ionenstärke durch Dialysieren
auf etwa o,ooi herabgesetzt, durch Zugabe von destilliertem Wasser das Volumen auf
2o,91 und durch Einrühren von 320 ccm 2%iger Essigsäure das PH auf 5,o eingestellt.
Die Entfernung letzter Spuren Fibrinogen erfolgt in dem 20,9 1 betragenden Abguß
mit 5ooo E Thrombin bei PH 7,0. (Die notwendige Thrombinmenge wird durch einen Vorversuch
bestimmt.) Nach Filtration enthalten diese 20,9 1 eine Eiweißmenge von 356,8 g,
die 46,411/o der Ausgangsmenge entspricht. Die ebenfalls wie in den anderen Beispielen
durchgeführte Behandlung mit 2,09 1 2%igem Aluminiumhydroxydgel bei PH
5,0 ergibt eine reine, die T-Komponente enthaltende y-Globulinlösung, die
in 21,5 1 269 g Eiweiß = 35 % der Ausgangsmenge enthält. Die Ausbeute an y-Globulin
beträgt 9o %. Nach Neutralisation mit Natriumbicarbonatlösung wird die von Albuminen,
a- und ,B-Globulinen befreite Flüssigkeit lyophil getrocknet. Der Tierversuch ergibt
bei einem Eiweißgehalt von 20% eine Wirksamkeit von 5ooo AE Tetanusantitoxin in
Kubikzentimetern (25 ooo AE/g Protein). Der Antikörperverlust bei der Aufarbeitung
liegt somit bei 20%. Der Konzentrationsfaktor berechnet sich zu 2,3.