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Verfahren zur Herstellung von gefärbten Modifikationen des Polyvinylalkohols
und seiner Derivate Herrmann und H a e h n e 1 (Berichte der Deutschen Chemischen
Gesellschaft, Jahrg.6o [1g27], S. 1958 ff.) haben bei ihrer Synthese des Polyviiiylalkohols
die Existenz auch einer schwarzen Modifikation des Polyvinylalkohols festgestellt.
Sie erhielten diese durch Erhitzen einer wäßrigen Polyvinylalkohollösung mit Salzsäure
und Reinigung des hierbei entstehenden gallertigen Produkts im Dialysator (a. a.
O., S. 166o) und aus den Halogenadditionsprodukten des Polyvinylalkohols durch Kochen
mit Wasser oder mit Alkali (a. a. O., S. 1662). Bei diesen Verfahren fällt die schwarze
Modifikation des Polyvinylalkohols in amorpher Form an, die infolge ihrer Unlöslichkeit,
Unschmelzbarkeit und mangelnden Thermoplastizität für eine technische Verwertung,
insbesondere auch zur Überführung in geformte Gebilde schlecht geeignet ist. Dennoch
besteht ein Bedürfnis, u. a. gerade auch geformten Gebilden die guten Eigenschaften
der schwarzen Modifikation zu verleihen. Es ist ferner von technischem Interesse,
die photochemischen bzw. optischen Eigenschaften z. B. von Polyvinylalkoholfilmen
abzuwandeln bzw. zu ergänzen und auch optisch verschiedenartige Filme, u. a. solche
mit differenzierten Lichtdurchlässigkeiten, herstellen zu können.
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Es bleibt im übrigen vorläufig noch dahingestellt, worauf die Bildung
der schwarzen Modifikation zurückzuführen ist, ob auf eine geringfügige, elementaranalytisch
nicht erfaßbare chemische Um-
Wandlung in der Richtung einer Polyäthinbildung
oder Ausscheidung von Kohlenstoff oder ob nur auf eine bloße physikalische Zustandsänderung
des Molekulargefüges oder auf beide Ursachen.
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Es wurde nun ein bequemer Weg gefunden, der gestattet, auch geformte
Gebilde in abgewandelte Modifikationen des Polyvinylalkohols, darunter auch in die
schwarze Modifikation, überzuführen. Dies geschieht durch Einwirkung von Halogenwasserstoff,
und zwar von trockenem gasförmigem, oder auch von wasserhaltigen Säuredämpfen. Hierdurch
gelingt es, auch die vorgebildete Form z. B. von Filmen, Schläuchen, Fäden, Bändern,
Riemen, Kapseln usw. bei der Umwandlung zu erhalten.
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Bei solcher Einwirkung von Halogenwasserstoff tritt eine Verfärbung
des Polyvinylalkohols auf. die den gewählten Bedingungen entsprechend mehr oder
minder rasch über eine leichte Tönung und gute Durchsichtigkeit hinweg verschiedene
Farbstufen bis zur tiefen Schwarzfärbung und Undurchsichtigkeit fürs Auge durchläuft.
Diese Veränderung des Polyvinylalkohols läßt sich durch Wärme oder Licht begünstigen.
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Auf solche Weise erhaltene Massen, z. B. in Form von Filmen, zeigen
neben der Verfärbung eine mehr oder minder stabile kautschukartige Elastizität.
Mit zunehmender Einwirkungsdauer und verstärkter Konzentration des Halogenwasserstoffs
büßt ferner der Polyvinylalkohol an seiner Löslichkeit bzw. Quellbarkeit in Wasser
ein.
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Werden nun im Anschluß an die Behandlung mit Halogenwasserstoff der
Polyvinylalkohol bzw. die Polyvinylalkoholgebilde einer thermischen Behandlung unterworfen,
so verändert sich die Verfärbung manchmal in der Richtung einer gewissen Aufhellung,
meist, bei genügender Säureeinwirkung, aber einer Farbvertiefung. Nach Maßgabe der
Zeit und Intensität der thermischen Behandlung geht das durch die Einwirkung der
Säure, vor allem der feuchten Säuredämpfe entstandene mehr oder minder guttaperchaähnliche
in ein zähes bis hartes Gefüge über. Bei dieser zusätzlichen thermischen Behandlung
werden also durch die Wahl der thermischen Bedingungen verschiedene Stufen (optisch
von durchscheinend bis fürs Auge undurchsichtig; mechanisch von elastisch, festnervig
bis hart und spröde; wasserquellbar bis wasserindifferent) durchlaufen und können
auch dem jeweiligen Zweck entsprechend durch rechtzeitiges Abbrechen fixiert werden.
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Eine nachträgliche Behandlung der mit Halogenwasserstoff direkt oder
anschließend thermisch behandelten Gebilde mit Wasser vermag, soweit nicht eine
schwarze undurchsichtige Endform erreicht ist, bis zu einem gewissen Grade eine
Art Rückführung in eine Vorstufe zu bewirken. So kann die Färbung eines in der Aufsicht
schwarzen, harten Films durch Wässern in ein dunkles bis helleres Braun aufgehellt
und dadurch eine größere Lichtdurchlässigkeit wieder erzielt werden und die feste
Struktur in eine weichere bzw. elastischere übergeführt werden. Durch Einverleibung
von löslichen oder dispergierbaren Stoffen oder dank der kolloidalen Eigenschaften
des Polyvinylalkohols leicht kolloidal in ihm verteilbaren Metallen oder Metallverbindungen
lassen sich hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften, insbesondere aber der optischen,
zusätzlich abgewandelte Gebilde, z. B. Filme, herstellen.
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Eine Abwandlung der Eigenschaften im gekennzeichneten Sinne läßt sich
durch die angegebenen Methoden auch bei Derivaten des Polyvinylalkohols, z. B. bei
seinen Estern und Acetaten, erreichen.
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Gebilde aus Polyvinylalkohol selbst oder aus seinen Derivaten können
mit Beimengungen, auch mit Weichmacherzusatz, der erfindungsgemäßen Behandlung unterworfen
werden; in einer Längsrichtung ausgeformte Gebilde, wie Filme, Folien, Bänder, Fäden
u. a., auch in vorher gestrecktem Zustand. Beispiel i Ein gegossener Film aus hochmolekularem
Polyvinylalkohol, etwa o, i mm stark, wurde in einem geschlossenen Glasgefäß im
diffusen Tageslicht über die Dämpfe von konzentrierter Salzsäure eingehängt. Nach
3 Tagen war der Film etwas verfärbt und tappig geworden. Anschließend wurde dieser
Film im Trockenschrank auf iiö° erhitzt. Schon nach wenigen Minuten begann dabei
eine weitere Verfärbung, nach weiteren 15 Minuten war der Film dunkel braunschwarz,
aber noch durchscheinend, nach weiteren 45 Minuten in der Aufsicht schwarz und für
das Auge nicht mehr durchscheinend. Die Filmstruktur war hart und zäh. Wurde dieser
Film gewässert, so hellte er im Verlauf von einigen Stunden seine Farbe zu Braun
auf, wurde durchscheinend und war nach dem Trocknen wiederum hart und zäh. Beispiel
e Ein gleiches Filmstück wie im Beispiel i wurde im Glasgefäß über konzentrierter
Salzsäure bei direkter Sonnenbestrahlung bereits nach einer Einwirkungsdauer von
q. Stunden Tappig, leicht getönt und beim anschließenden Erhitzen auf i io° nach
etwa i Stunde schwarz und undurchsichtig. Beispiel 3 Ein Polyvinylalkoholfilm von
o,- -mm Stärke wurde während 5 Tagen im verschlossenen Glasgefäß meist bei Sonnenschein
der Einwirkung von Salzsäuredämpfen unterworfen. Der Film war dann sehr weich tappig
und bereits matt braun gefärbt. Beim anschließenden Erhitzen auf iio' während etwa
1l/2 Stunden wurde er schwarz, undurchsichtig, nervig hart und behielt auch beim
nachträglichen Wässern während mehrerer Tage seine tiefschwarze Undurchsichtigkeit.
Gegen kaltes und kochendes Wasser war dieser Film völlig indifferent geworden.
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Beispiel q.
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Ein gegossener weichmacherfreier Film aus mittelviskosem Polyvinylacetat
von etwa o,3 mm
Stärke wurde mehrere Tage der Salzsäureeinwirkung
unterworfen. Er bräunte sich langsam und wurde Tappig. Er erhielt beim nachträglichen
Erhitzen auf i io°' eine gewisse Elastizität und verfärbte sich.
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Beispiel s Ein aus einem Block geschnittener Film aus Polyvinylalkoholformaldehydacetal,
wie er als Zwischenfolie für Verbundsicherheitsglas dient, etwa o,4 mm stark, wurde
über konzentrierter Salzsäure im Sonnenlicht nach 2 Tagen guttaperchabraun und Tappig.
Beim Erhitzen auf i io° während i Stunde verlor der Film seine Lappigkeit, bekam
seine ursprüngliche Steife und Festigkeit, doch trat eine weitere Dunkelfärbung
nicht ein. Blieb ein solcher Film 14 Tage der Salzsäureeinwirkung bei wechselnder
Tagesbelichtung ausgesetzt, so verfärbte er sich zu Dunkelbraunschwarz und wurde
beim istündigen Erhitzen auf iio' tiefschwarz und praktisch undurchsichtig, hart
und nervig und in den üblichen Lösungsmitteln unlöslich. Beispiel 6 Ein gleiches
Filmstück wie im Beispiel 5 war bei klarem Sonnenschein bereits nach 24 Stunden
verfärbt und nach weiteren 4. Tagen, bei wechselnder Bewölkung, in der Aufsicht
schwarz, in der Durchsicht tiefbläulichschwarz. Beispiel ? Ein aus einem Block geschnittener
Film von Polyvinylalkoholbutyraldehydacetal mit 300/0 Weichmachergehalt, etwa 0,4
mm stark, wie er zur Herstellung von Sicherheitsglas benutzt wird, etwa 24 Stunden
in die Dämpfe konzentrierter Salzsäure in diffusem Tageslicht gehängt, war wenig
verfärbt, dunkelte bei anschließender thermischer Behandlung, auch nach 4stündigem
Erhitzen auf i io°, nur bis zu einem durchsichtigen Braun nach und blieb in seinen
sonstigen mechanischen Eigenschaften unverändert. Beispiel 8 Ein Film wie im Beispiel
7 wurde der Einwirkung von luftverdünntem Bromwasserstoffgas ausgesetzt. Trotz diffusem
Tageslicht wurde er nach 2 Tagen bereits braun gefärbt. Beim anschließenden Erhitzen
bis auf 70° war der Film nach io Minuten dunkler verfärbt, in der Durchsicht von
einem grünlichen Braunrot. Nach 2o Minuten Erhitzen auf 70° wurde er in der Aufsicht
schwarz und fast undurchsichtig bei Erhaltung der ursprünglichen Weichheit. Beim
Wässern dieses thermisch nachbehandelten Films trat weder in Farbe noch Gefüge eine
sichtbare Veränderung ein. Wurde an die Bromwasserstoffbehandlung anschließend der
Film i Stunde lang gewässert, wobei keinerlei merkliche Veränderung ersichtlich
war, und der gewässerte Film dann im Trockenschrank auf i io° erhitzt, so war er
nach i Stunde farbverändert, nämlich in der Aufsicht schwarz, in der Durchsicht
bräunlichrot geworden, in seiner ursprünglichen Weichheit nahezu erhalten.
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Beispiel 9 Ein gleicher Polyvinylalkoholfilm wie im Beispiel 3 wurde
der Einwirkung von luftverdünntem Bromwasserstoffgas bei bedecktem Himmel ausgesetzt.
Schon nach einigen Stunden trat leichte Verfärbung ein, die nach weiteren 24 Stunden
zu einem Lichtbraun fortgeschritten war. Beim anschließenden Erhitzen im Trockenschrank
auf 70° veränderte sich die Farbe bereits nach einer knappen '/2 Stunde zu einem
in Aufsicht und Durchsicht satten Braun. Der Film war nervig. Beispiel io Ein gleicher
Film aus Polyvinylalkoholformaldehydacetal wie im Beispiel 5 wurde in einem geschlossenen
Glasgefäß der Einwirkung von luftverdünntem Bromwasserstoffgas überlassen. Nach
2 Tagen war eine grünlichbraune Verfärbung bei Erhaltung der Durchsichtigkeit eingetreten.
Steifheit und Festigkeit waren geblieben. Beim anschließenden Erhitzen, also ohne
vorherige Wässerung, auf 70° wurde der Film bereits nach 25 Minuten in der Aufsicht
schwarz, in der Durchsicht dunkelviolett, hatte seine ursprüngliche Härte und Nervigkeit
behalten, jedoch seine Löslichkeit eingebüßt. Wurde nach der Bromwasserstoffeinwirkung
der Film erst i Stunde lang gewässert (hierbei trat eine Farbaufhellung zu Hellviolett
ein) und dann i Stunde lang auf i io° erhitzt, so erfolgte eine Nachdunkelung zu
einem braunvioletten Farbton. Beispiel ii Ein Polyvinylalkoholfilm wie im Beispiel
3 wurde in einem entsprechenden Glasgefäß der Einwirkung von durch Schwefelsäure
und Chlorcalzium getrocknetem Chlorwasserstoff ausgesetzt. Nach 2 Tagen hatte sich
der Film in seiner Farbe nur wenig verändert. In seinem Gefüge war er etwas elastischer
geworden. Beim anschließendenErhitzen im Trockenschrank auf i io'° wurde er bereits
nach 25 Minuten in der Aufsicht und Durchsicht schwarz, hart, nervig und war weder
in kaltem noch in kochendem Wasser quellbar oder löslich. Beispiel 12 Ein Polyvinylalkoholfilm
wie im Beispie13 wurde der Einwirkung von Dämpfen von konzentrierter Salzsäure in
einem Glasgefäß unter Sonnenbelichtung ausgesetzt und in einem Parallelversuch unter
völligem Abschluß von Tageslicht. Hierbei zeigte sich, daß der während des Tages
gleichzeitig der Sonnenbestrahlung ausgesetzte Film schon nach einigen Stunden ein
Tappiges Gefüge und nach 24 Stunden Braunfärbung angenommen hatte, während der im
Dunkelraum verbliebene Film noch fast unverfärbt und ziemlich steif geblieben war.
Dementsprechend trat im ersten Fall beim anschließenden Erhitzen auf i io° eine
Verfärbung
zu Schwarz bereits nach 2o Minuten ein, während im anderen
Fall die Verfärbung nur bis zu einem Tiefbraun ging.
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Beispiel 13 Es wurde ein Schlauch aus Polyvinylalkohol, der unter
Zusatz von etwas Glycerin als Weichmacher hergestellt war, 15 mm im Durchmesser
und 2 mm wandstark, der Einwirkung von Salzsäuredämpfen im Glasgefäß unterworfen.
Der zur Anwendung kommende Schlauch war hell getönt und nahezu hart. Nach mehreren
Tagen der Salzsäureeinwirkung verwandelte sich die Farbe in Grauschwarz und der
Schlauch erhielt ein gummiartiges Gefüge. Ein Schlauch von 7 mm Außendurchmesser
und nur i mm Wandstärke wurde bereits nach 2tägigem Verweilen im Dampfraum über
konzentrierter Salzsäure gummiartig und schwarz.
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Unter entsprechenden Bedingungen behandelte Fäden, Bänder u. dgl.
aus Polyvinylalkohol, Kapseln aus Polyv inylformaldehydacetal durchliefen elastische
Zwischenformen und wurden beim anschließenden Erhitzen in mehr oder minder schwarze,
feste, steife Gebilde übergeführt.
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Das vorliegende Verfahren ermöglicht in einfacher und billiger Weise,
Polyvinylverbindungen auch in Form fertiger Gebilde nicht nur abgestufte Eigenschaften,
beispielsweise hinsichtlich Löslichkeit und Quellbarkeit, mechanischer Struktur,
Färbung usw., zu verleihen und ihnen dadurch neue Verwendungsgebiete zu erschließen,
sondern speziell auch ihre optischen Eigenschaften wesentlich zu verändern, z. B.
hinsichtlich einer selektiven Durchlässigkeit von Licht, und sie auf diese Weise
für Spezialzwecke brauchbar zu machen. Sie können zur Erzeugung von Linsen, von
Lichtfiltern, von Verbundgläsern aller Art, für Sicherheitsgläser, u. a. auch für
Blendschutzvorrichtungen, und andere optische Zwecke dienen.