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Verfahren zur Herstellung von Po-lyurethanen und deren Derivaten Es
wurde gefunden, daß man in schneller Reaktion und unter sehr milden Bedingungen
zu linearen, einheitlich gebauten Polyurethanen von mittlerem bis hohem Molekulargewicht
gelangt, wenn man flüssige oder in indifferenten organischen Lösungsmitteln gelöste
Salze von Chlorameisensäureaminoalkylestern der allgemeinen Formel
in welcher R einen zweiwertigen, gegebenenfalls durch Heteroatome und bzw. oder
-gruppen unterbrochenen Kohlenwasserstoffrest, R' Wasserstoff, Alkyl oder indifferent
substituiertes Alkyl, X Sauerstoff oder Schwefel und Y das Anion einer starken Säure
bedeuten, unter intensiver mechanischer Durchmischung in wäßrige, zweckmäßig gekühlte
Lösungen säurebindender Stoffe einfließen läßt. Geeignete säurebindende Stoffe sind
z. B. Alkalihydroxyde, Alkalicarbonate, Alkaliphosphate, ferner tertiäre Amine,
wie Tetramethyläthylendiamin. Am besten verwendet man wäßrige Lösungen von hohem
Elektrolytgehalt, die auf die frei werdenden Aminoalkylchlorameisensäureester eine
aussalzende Wirkung ausüben.
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Es ist überraschend, daß die Ausgangsstoffe, obwohl sie in Wasser
nur unter Zersetzung löslich sind, unter günstig gewählten Arbeitsbedingungen hinsichtlich
Temperatur und Konzentration nur in untergeordnetem Maße der Verseifung anheimfallen,
so daß es möglich ist, lineare Polyurethane von so hohem Molekulargewicht zu erhalten,
daß die Schmelzen zu Fäden versponnen werden können, die sich durch Reckung verfestigen
lassen. Zur Gewinnung hochmolekularer
Stoffe läßt man die Umsetzung
zweckmäßig bei niederer Temperatur, z. B. zwischen - 25 und + 5°, verlaufen. Bei
höherer Temperatur, z. B. zwischen -l- io und -t- 50°, entstehen gewöhnlich niedrigerpolymere
Stoffe, die aber ebenfalls technischen Wert besitzen.
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Für das Verfahren geeignete Chlorameisensäureaminoalkylester können
sich beispielsweise von folgenden Aminoalkoholen ableiten: 4-Aminobutanol-(i), 5-Aminopentanol-(i),
N-Methyi-5-aminopentanol-(i), 6-Aminohexanol-(i), 3-Methyl-6-aminohexanol-(i), 5-Aminohexanol-(i),
4-Aminocyclohexanol, 4-Aininobutylmercaptan, 6-Aminohexylmercaptan, 4-[3-Aminopropyl-oxy]-butanol-(i),
6-Aminohexyl-5-oxyamylsulfid, N-@3-Aminopropylsulfonyl]-5-aminopentanol-(i) (durch
Umsetzen von 3-Chlorpropylsulfochlorid mit Aminopentanol und Ersatz des Halogens
durch die Aminogruppe).
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Primäre Aminoalkohole sind im allgemeinen wegen ihrer leichten Reaktionsfähigkeit
bevorzugt. Sekundäre Aminoalkohole geben Polyurethane von verhältnismäßig niedrigem
Schmelzpunkt und mit erhöhter Löslichkeit in organischen Lösungsmitteln. Selbstverständlich
können auch Mischungen von Chlorameisensäureestersalzen aus verschiedenen Aminoalkoholen
benutzt werden.
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Die Chlorameisensäureester können als Salze mit beliebigen starken
Säuren verwendet werden, z. B. mit Halogenwasserstoffsäuren, insbesondere Chlorwasserstoff,
Trichloressigsäure, Sulfonsäuren und Sulfoestersäuren, z. B. Isopropylsulfonsäure,
Butansulfonsäuren, Hexansulfonsäuren, Cyclohexansulfonsäure und Butylschwefelsäure.
Besonders gut geeignet sind die billigen Sulfonsäuren, die durch @ Umsetzen der
niedrigen Kohlenwasserstoffe mit Chlor und Schwefeldioxyd im Licht und nachfolgende
Verseifung der Chloride erhalten werden. Säuren mit lipoid löslichen Resten geben
entweder flüssige oder in organischen Lösungsmitteln sehr leicht lösliche Salze.
Meist sind aber auch die Hydrochloride in bestimmten Lösungsmitteln löslich. Fallweise
geeignet sind z. B. folgende Lösungsmittel: Methylenchlorid, Chloroform, Äthylenchlorid,
Benzol, Tetrahydrofuran, Methylal. Zweckmäßig wählt man möglichst konzentrierte
Lösungen. Während der Reaktion kann erforderlichenfalls ein Teil des Lösungsmittels
verdampft werden, z. B. mit Hilfe eines Luftstromes oder durch Anlegen von Unterdruck.
Wegen der großen Reaktionsgeschwindigkeit kann das Verfahren ohne weiteres auch
im kontinuierlichen Fluß durchgeführt werden.
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Zur Regelung der Kettenlänge kann man den wäßrigen Flüssigkeiten noch
Aminoverbindungen mit einer oder zwei acylierbaren Aminogruppen auf einmal oder,
meist besser, allmählich im gleichmäßigen Verhältnis mit dem Chlorid zusetzen, z.
B. Ammoniak, Hydrazin, n-Butylamin, Cyclohexylamin, 5-Aminopentanol-(i), 6-Aminohexylmercaptan-(i),
E-Aminocapronsäuremethylester, Tetramethylendiamin, Hexamethylendiamin, o-Aminohexylcarbamidsäuremethylester.
Es kann auch vorteilhaft sein, derartige Stoffe erst zuzusetzen, nachdem die Reaktion
im wesentlichen beendet ist, die Umsetzungserzeugnisse aber noch endständige Chlorameisensäureestergruppen
enthalten. Besonders wertvoll sind bifunktionelle Regler und Stabilisatoren, wie
Aminoalkohole, Aminomercaptane, Aminocarbonsäuren und Diamine, welche Polymere liefern,
die noch zwei umsetzungsfähige Endgruppen, z. B. NH2 und COOR bzw. COOH, NH2 und
OH oder SH, N H, und N H, bzw. NI-IR aufweisen und deshalb Verkettungsreaktionen,
z. B. mit Diacylierungsmitteln, wie Säuredichloriden, Diisocyanaten, Disenfölen,
Dicarbonsäureestern, zugänglich sind.
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Die Verfahrenserzeugnisse können wie die auf anderen Wegen hergestellten
Polyurethanverbindungen je nach ihren physikalischen Eigenschaften, z. B. hinsichtlich
Schmelzpunkt, Löslichkeit, Molekulargemzcht, für verschiedenartige technische Zwecke
verwendet werden, z. B. zur Herstellung von Fasern, Borsten, Folien, Überzügen und
dreidimensionalen Formlingen. Werden besonders hochmolekulare Stoffe gewünscht,
so kann man, wie bereits oben angedeutet, die noch reaktionsfähige Endgruppen enthaltenden
Polyurethane, die z. B. durch geeignete Regler auf ein niedriges oder mittleres
Molekulargewicht stabilisiert sein können, durch Erhitzen, insbesondere Schmelzen
mit Diacylierungsmitteln, insbesondere Diisocyanaten oder wie solche sich umsetzenden
Stoffe, z. B. Diaziden, zu höhermolekularen Stoffen weiterverketten. Besonders geeignet
sind schwerflüchtige Diisocyanate, wie Dicyclohexylmethan-4, 4'-diisocyanat. Verwendet
man polyfunktionelle Acylierungsmittel, z. B. drei- und mehrwertige Isocyanate,
so entstehen umschmelzbare Endstoffe. Die Herstellung von solchen kann in Verbindung
mit einem Preß- oder Spritzvorgang erfolgen.
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Aus den wäßrigen Mutterlaugen können wertvolle Säuren in verschiedener
Weise wiedergewonnen werden, z. B. durch Neutralisieren, Umsetzen mit Aminoalkoholen
und Ausziehen der lipophilen Salze mit organischen Lösungsmitteln. Beispiel i In
eine überschüssige, auf o° gehaltene 2o°/oige Lösung von Kaliumcarbonat läßt man
eine 3o°/oige Lösung von butan-i-sulfonsaurem Chlorameisensäuree-aminoamylester
(schwachgelblich-zähes Öl) in Chloroform unter heftigem Rühren einfließen. Nach
beendigtem Zutropfen wird noch 1/2 Stunde bei von o° bis auf 30° allmählich ansteigender
Temperatur weitergerührt. Das ausgefallene, fast farblose Polyurethan wird gründlich
erst mit kaltem, dann mit heißem Wasser gewaschen und bei 6o° getrocknet. Es schmilzt
bei 147 bis i49°. Das Polyurethan läßt sich aus der Schmelze zu Fäden verspinnen,
die durch Reckung verfestigt werden können. Die Fäden sind wasserkochbeständig.
Beispiel 2 Eine 3o°/oige Lösung von salzsaurem Chlorarneisensäure-E-aminoamylester
(Schmelzpunkt 7o bis 75° und Zersetzung) in trockenem Methylenchlorid tropft man
unter heftigem Turbinieren in eine auf - io° gehaltene 25°/oige wäßrige Lösung von
Kaliumcarbonat ein. Anschließend wird bei allmählich auf -f- io° ansteigender Temperatur
noch 1/2 Stunde nachgerührt und
dann die Hauptmenge des Methylenchlorids
durch einen Luftstrom entfernt. Man saugt ab und wäscht das Polyurethan gründlich
mit heißem Wasser salzfrei.
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Das Polyurethan schmilzt wie das nach Beispiel 1 hergestellte bei
147 bis 1q.9° und läßt sich aus der Schmelze zu Fäden verspinnen. Die mechanischen
Eigenschaften dieser Fäden sind besonders gut, wenn man beim Aufschmelzen eine geringe
Menge, je nach Polymerisationsgrad z. B. 1/21o bis 1/5o Mol Dicyclohexylmethan-q.,
4'-diisocyanat, bezogen auf ein Grammäquivalent Stickstoff im Polyurethan, zufügt.
Beispiel 3 Eine Lösung von 1Mol N-Methyl-5-aminopentanol-(1) in 3 Teilen Methylenchlorid
läßt man unter Rühren allmählich in eine 3oloige wäßrige, auf o° gekühlte Lösung
von 2 Mol Kaliumcarbonat einfließen und rührt nach beendigter Zugabe noch 1,I2 Stunde
bei o bis 1o° nach. Dann saugt man vom ausgeschiedenen Kaliumchlorid ab und wäscht
mit wenig Methylenchlorid nach. Beim Abdunsten der Methvlenchloridschicht hinterbleibt
das Polyurethan als viskoses, fadenziehendes Harz.