DE9110054U1 - Wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde - Google Patents

Wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde

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Description

BESCHREIBUNG
Die Erfindung betrifft ein wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde auf Basis eines in einer wäßrigen Phase dispergierten selbstvernetzenden Emulsionspolymerisats mit einem Gehalt an Einheiten des N-Methylol-acrylamids bzw. methacrylamids und eines in der wäßrigen Phase gelösten amidgruppenhaltigen Polymerisats.
Nach Untersuchungen von A. Zosel, W. Heckmann, G. Ley und W. Mächtle (Makromol.Chem., Macromol.Symp.35/36, 1990, S.423-446) wird bei der Emulsionspolymerisation von einer Mischung von Monomeren unterschiedlicher Hydrophilie in Wasser ein Teil der stärker wasserlöslichen Monomeren zu einem in der wäßrigen Phase gelösten Polymerisat polymerisiert. Bei der Herstellung selbstvernetzender Dispersionen unter Mitverwendung von N-Methylolacrylamid oder -methacrylamid, gegebenenfalls zusammen mit freiem Acrylamid oder Methacrylamid, entstehen demnach gelöste Polymerisate dieser Monomere. Ihre Menge dürfte stets unter 5 Gew.-%, bezogen auf das dispergierte Emulsionspolymerisat, liegen.
Stand der Technik
Die N-Methylol-Gruppen in den selbstvernetzenden Dispersionen zum Verfestigen von textlien Flächengebilden bilden kovalente Vernetzungsbrücken zu den Hydroxyl- oder Amidgruppen des Bindemittels oder der Fasern des textlien Flächengebildes aus. Um eine stärkere Vernetzung zu erreichen, werden derartigen Bindemitteln in manchen Fällen in der wäßrigen Phase lösliche Polymerisate, wie wasserlösliche Aminoplastharze, zugesetzt.
Gemäß der DE-A 25 23 051 wird die Lagerungs- und Scherstabilität einer wäßrigen Dispersion eines Acryl-oder Butadien-Polymerisats für verschiedene technische Zwecke, beispielsweise zur Textilausrüstung, durch den Zusatz eines wasserlöslichen polymeren Materials verbessert. Als wasserlösliches polymeres Material kann beispielsweise teilweise oder völlig hydrolysiertes Polyvinylacetat, Stärke, verätherte Cellulose, Polyethylenglykol, Polyvinylpyrrolidon, Alkali-polyacrylat oder Polyacrylamid verwendet werden. Zur Stabilisierung einer selbstvernetzenden Acrylpolymerdispersion wurden Polyvinylalkohol und ein wasserlösliches Aminoplastharz als wasserlösliche Polymere zugesetzt.
In der DE-A 25 27 804 wird ein Bindemittel zur Verfestigung eines Zellwollgewebes beschrieben, das neben einer überwiegenden Menge eines wasserlöslichen Aminoplastharzes kleinere Mengen eines Emulsionspolymerisats mit einem Gehalt an N-Methylolmethacrylamid sowie eines Lösungspolymerisats aus Acryl- und Methacrylamid und Ethylacrylat enthält. Für die festen Harzkomponenten läßt sich ein Gesamtgehalt an gebundenem Formaldehyd von 29 Gew.-% errechnen, der sich zu mehr als 99 % in dem Aminoplastharz befindet. Beim Kondensieren in der Wärme setzen derartige Bindemittel erhebliche Mengen an Formaldehyd frei.
Aus der EP-A 326 298 sind formaldehydfreie Textilbinder für Cellulosefaservliese bekannt, die aus einem filmbildenden, schnell härtenden Emulsionspolymerisat mit einem Gehalt an nicht Formaldehyd abspaltenden reaktiven Monomereinheiten und aus einem Amidgruppen enthaltenden wasserlöslichen Polymerisat zusammengesetzt sind. Als reaktive
Monomereinheiten des Emulsionspolymerisats werden Acrylamidoglykolat-methylether (MAGME) und Isobutoxymethylacrylamid genannt, während N-Methylolacrylamid wegen seiner Fähigkeit zur Abspaltung von latent gebundenem Formaldehyd als ungeeignet bezeichnet wird. Anscheinend bewirkt das stark hydrophile Lösungspolymerisat eine Verfestigung des Faservlieses, die auf Wasserstoffbrücken zwischen hydrophilen Gruppen der Cellulose und des Polymerisats beruht. Ein Nachteil dieser Bindemittel ist der verhältnismäßig hohe Preis der verwendeten reaktiven Monomeren, der für manche Anwendungsfälle, wie zur Verfestigung von Dachbahnvliesen, nicht tragbar ist. Die Binderfestigkeit bei hohen Temperaturen ist nicht befriedigend.
Aufgabe und Lösung
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde zur Verfügung zu stellen, das bei der Ausrüstung von nicht-cellulosischen Faserprodukten auch bei hohen Temperaturen hohe Festigkeitswerte ergibt. Diese Eigenschaft hat z.B. bei der Imprägnierung von verfestigten Faserbahnen mit geschmolzenem Bitumen, das eine Temperatur von 1800C haben kann, technische Bedeutung. Gleichzeitig soll das Bindemittel nicht mehr als 5 Gew.-% an freiem und latent gebundenem Formaldehyd enthalten und bei der Verarbeitung möglichst wenig Formaldehyd abgeben. Aus diesem Grunde kam eine Lösung der Aufgabe durch Zusatz von formaldehydreichen Aminoplastharzen nicht in Betracht.
Die erwünschten Festigkeitswerte lassen sich mit üblichen selbstvernetzenden Kunststoffdispersionen allein nicht
erreichen, da sich ihr Gehalt an vernetzungsfähigen N-Methylolamidgruppen ohne Gefährung der kolloidchemischen Stabilität nicht beliebig erhöhen läßt. Zwar ließe sich die Binderfestigkeit durch den Zusatz von Aminoplastharzen steigern, jedoch nur um den Preis einer drastischen Zunahme der Formaldehydemission.
Die Aufgabe bestand deshalb im engeren Sinne darin, ein hohes Niveau der Hochtemperatur-Binderfestigkeit von selbstvernetzenden Kunststoffdispersionen zu erreichen, ohne zur Lösung dieser Aufgabe teure Reaktivmonomere oder Aminoplastharze einzusetzen oder eine Steigerung der Formaldehydemission in Kauf zu nehmen.
Es wurde gefunden, daß dieses Ziel durch die Kombination einer wäßrigen Binderdispersion, die latent gebundenen Formaldehyd enthält, mit einem zusätzlich in der wäßrigen Phase gelösten, Amidgruppen enthaltenden Polymer erreicht werden kann. Gegenstand der Erfindung ist ein wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde enthaltend
A) eine wäßrige Dispersion eines filmbildenden, selbstvernetzenden Emulsionspolymerisats und
B) ein in der wäßrigen Phase des Bindemittels gelöstes Polymer, das zu 10 bis 100 Gew.-% aus Acryl- und/oder Methacrylamid aufgebaut ist,
wobei das Gewichtsverhältnis von A zu B als Trockensubstanzen 95 : 5 bis 70 : 30 beträgt. In diesem Gewichtsverhältnis werden die bei der Emulsionspolymerisation entstehenden wasserlöslichen Polymeren mitgerechnet, da sie sich bei der Erfassung der löslichen Polymeren in der abzentrifugierten Wasserphase des wäßrigen Bindemittels von dem zusätzlich mitverwendeten Polymer B nicht leicht unterscheiden lassen.
Erfindungsgemäß wird zusammen mit dem gelösten Polymer B ein Emulsionspolymerisat A eingesetzt, das 1 bis 15 Gew.-% an
Einheiten des N-Methylol-acrylamids oder/und -methacrylamids enthält. Überraschenderweise ergibt gerade diese Kombination von Polymeren A und B Textilausrüstungen mit hohen
Festigkeitseigenschaften bei deutlich verminderter
Formaldehydfreisetzung.
Würden solche Dispersionen allein oder in Kombination mit
Aminoplastharzen angewendet, so gäben sie bei der Ausrüstung von Textilien merkliche Mengen an Formaldehyd an die
Atmosphäre ab. Das träfe manchmal sogar für die
ausgerüsteten Textilien selbst zu. Das amidhaltige Polymer B hat nun die überraschende Fähigkeit, einerseits mit dem
Emulsionspolymerisat A ähnlich wie ein Aminoplastharz zu
kondensieren und andererseits bei der Verarbeitung
freiwerdenden Formaldehyd zu binden. Diese Fähigkeit sollte
zwar dem wasserlöslichen Polymer, das während der
Emulsionspolymerisation entsteht, in entsprechender Weise zu eigen sein, jedoch ist seine Wirkung durch die
verhältnismäßig geringe Menge beschränkt. Jedenfalls zeigt
sich die Wirkung des zusätzlich verwendeten Polymers B bei
der Ausrüstung textiler Flächengebilde in vorteilhafter
Weise.
Vorteilhafte Eigenschaften der Erfindung
Im Vergleich zu herkömmlichen selbstvernetzenden
Dispersionen zeichnen sich die erfindungsgemäßen Bindemittel dadurch aus, daß sie einem damit ausgerüsteten textlien
Flächengebilde eine erhöhte Festigkeit verleihen. Trotz des
Gehalts an latent gebundenem Formaldehyd in dem erfindungsgemäßen Bindemittel ist nur eine geringe Formaldehydemission bei der Verfestigung von textlien Flächenprodukten festzustellen.
Die vorteilhafte Eigenschaftskombination von hoher Binderfestigkeit, namentlich in der Wärme, und geringer Formaldehydemission, die durch den Zusatz des wasserlöslichen Acryl- und/oder Methacrylamid-Polymers erreicht wird, geht aus den nachfolgend beschriebenen Vergleichsversuchen hervor. Eine handelsübliche selbstvernetzende Polyacrylatdispersion Al ist - neben Methylmethacrylat und Butylacrylat (im Gewichtsverhältnis 60 : 40) als Hauptkomponenten - zu 3 Gew.-% aus N-Methylolmethacrylamid und zu 5 Gew.-% aus Methacrylamid aufgebaut. Sie gibt bei alleiniger Verwendung beim Erhitzen auf 1600C innerhalb 5 Minuten 300 ppm Formaldehyd ab; die bei dieser Prüfung freigesetzte Menge wird als "abspaltbarer Formaldehyd" bezeichnet. Wenn die Gehalte an N-Methylolmethacrylamid auf 4 Gew.-% und an Methacrylamid auf 6 Gew.-% erhöht werden, steigt der abspaltbare Formaldehyd auf 1130 ppm. Trotz des gesteigerten Gehalts an vernetzungsfähigen Gruppen sind die mit dieser Polyacrylatdispersion A2 erreichbaren Festigkeitswerte nur mäßig erhöht, wie aus der nachfolgenden Tabelle 1 hervorgeht. Die Tabelle zeigt auch den drastischen Anstieg der Formaldehydemission, wenn zur Verbesserung der Binderfestigkeit 10 % (bezogen auf ges. Bindergewicht) eines wasserlöslichen Aminoplastharzes B2 (Cassurit MT ® ) zugesetzt werden.
Eine deutliche Verbesserung der Festigkeitswerte, namentlich bei hohen Temperaturen, wird erfindungsgemäß durch die Kombination der Polyacrylatdispersion A2 mit einem Lösungpolymerisat Bl aus 60 Gew.-% Acrylamid, 30 Gew.-% Methacrylamid und 10 Gew.-% Hydroxyethyl-methacrylat erreicht. Das Gewichtsverhältnis A2 : Bl ist 9:1.
Die nachfolgende Tabelle enthält für eine Reihe von mit 33 Gew.-% Binderharz imprägnierten und bei 1800C unter saurer Katalyse kondensierten Polyesterfaservliesen mit einem Flächengewicht von 125 g/qm (Lutradur® H1015) die gemessenen Werte des Bruchwiderstandes (Fmax) und des Bruchdehnungswertes (DFmax), jeweils für 200C und 1800C.
Tabelle 1
Imprägnier- Fmax[N] DFmax[%] Fmax[N] DFmax[%] abspaltb. harz Temp.(0C): 20 20 180 180 Formaldeh.
Al 439 34,0 187 64,1 300
A2 501 36,5 231 93,0 1130
A2 H 500 35,6 289 111 750
A2 - 510 25,6 325 117 6730
l· Bl
I- B2
Die an ausgerüsteten Textilien feststellbaren Bruchwiderstände und Bruchdehnungswerte werden mit der Vernetzungsdichte des verwendeten Kunststoffes in Verbindung gebracht. Die in dem Emulsionspolymerisat enthaltenen N-Methylolamidgruppen reagieren entweder untereinander unter Abspaltung von Formaldehyd oder mit zusätzlich eingebauten primären Amidgruppen zu N,N1-Methylen-bis-amid-Brücken. Nach
herrschender Auffassung bleibt die Zahl der Vernetzungsbrücken bei der Kondensation des selbstvernetzenden Emulsionspolymerisats allein unter dem theoretischen Wert, der sich aus der vollständigen Umsetzung aller reaktiven Gruppen ergeben würde. Dadurch bleiben N-Methylolamidgruppen zurück, die unter allmählicher Zersetzung Formaldehyd abspalten können.
Ohne die Erfindung auf eine bestimmte Theorie festlegen zu wollen, wird vermutet, daß sich das in der wäßrigen Phase des Bindemittels gelöste Polymer B bevorzugt mit den N-Methylolgruppen des Emulsionspolymerisats umsetzt. Dies ist schon aus der dichteren Stellung der Amidgruppen erklärlich. Die Umsetzung der N-Methylolamidgruppen scheint vollständiger als in Abwesenheit des Polymeren B abzulaufen. Auch wenn nur ein Teil der Amidgruppen des Polymeren B mit N-Methylolgruppen reagiert, so führt dennoch jeder solche Umsetzungsschritt zu einer wirksamen Vernetzungsbrücke zwischen den Polymeren A und B. Übrig bleibende Amidgruppen können darüberhinaus als Formaldehydfänger wirken und dadurch sogar zusätzliche Vernetzungsbrücken erzeugen. Infolge einer hohen Vernetzungsdichte werden hohe Festigkeitseigenschaften bei einem niedrigen Gehalt an abspaltbarem Formaldehyd erreicht.
Ausführung der Erfindung
Als wäßrige Dispersion A kann jede für die Textilausrüstung geeignete selbstvernetzende Kunststoffdispersion mit vernetzungsfähigen N-Methylolamidgruppen verwendet werden.
Ihr Gehalt an Formaldehyd in freier und latent gebundener Form, bezogen auf reines Binderharz, soll möglichst nicht mehr als 5 Gew.-% betragen; das ist bei der Mehrzahl der für die Textilausrüstung hergestellten Kunststoffdispersionen der Fall. Wenn auch im Interesse einer hohen Vernetzungsdichte ihr Gehalt an N-Methylolacrylamid und methacrylamid-Einheiten verhältnismäßig hoch liegen sollte und bis zu 15 Gew.-% betragen kann, ergeben auch Kunststoffdispersionen mit einem Gehalt von wenigstens 1 Gew.-% an N-Methylolacrylamid und -methacrylamid-Einheiten in Verbindung mit der Komponente B höhere Binderfestigkeiten als Bindemittel ohne die Komponente B. In der Regel ist das Emulsionspolymerisat A zu 3 bis 10 Gew.-% aus Einheiten des N-Methylol-acrylamids und/oder -methacrylamids und bis zu 10 Gew.-% aus Einheiten des Acryl- und/oder Methacrylamids aufgebaut.
Je nach den erwünschten Eigenschaften der ausgerüsteten textlien Flächengebilde können die erfindungsgemäßen Bindemittel so aufgebaut sein, daß der aus dem Bindemittel beim Trocknen und Kondensieren entstehende Film hart, spröde und trocken oder weich und klebrig ist oder eine zwischen diesen Extremen liegende Beschaffenheit hat. Bekanntlich hängen diese Eigenschaften von der dynamischen Einfriertemperatur (T-lambda-max nach DIN 53 445) des Films ab, die vorzugsweise im Bereich von 10 bis 800C, insbesondere 20 bis 600C liegt. Diese Größe wird in an sich bekannter Weise weitgehend durch den Aufbau des Emulsionspolymerisats bestimmt.
Bevorzugt ist das Emulsionspolymerisat A zu 60 bis 97 Gew.-% aus Alkylestern der Acryl- und/oder Methacrylsäure mit 1 bis
8 Kohlenstoffatomen im Alkylrest aufgebaut. Bevorzugte Alkylester der Acrylsäure sind Methyl-, Ethyl-, Propyl-, Isopropyl-, &eegr;-Butyl-, Isobutyl- und 2-Ethyl-hexyl-acrylat. Bevorzugte Alkylester der Methacrylsäure sind Methyl-, Ethyl-, Propyl-, Isopropyl-, &eegr;-Butyl- und Isobutylmethacrylat. Die Alky!methacrylate können ganz oder zum Teil durch Styrol oder polymerisierbare Derivate des Styrols, wie Vinyltoluol oder alpha-Methylstyrol, ersetzt sein. Bekanntlich werden Weichheit und Dehnbarkeit des Polymerisats durch Alkylester der Acrylsäure, Härte und Sprödigkeit durch niedere Alkylester der Methacrylsäure oder durch Styrole gefördert. Typische Polyacrylatdispersionen für die Zwecke der Erfindung enthalten daher vorzugsweise Einheiten dieser beiden Gruppen von Monomeren im Gewichtsverhältnis von etwa 70 : 30 bis 20 : 80.
Geeignete selbstvernetzende Dispersionen lassen sich nach bekannten Verfahren der Emulsionspolymerisation mit einem Feststoffgehalt zwischen 30 und 65 Gew.-% herstellen, werden aber zur Herstellung einer Imprägnierflotte im allgemeinen mit Wasser bzw. mit der wäßrigen Lösung des Polymeren B auf 15 bis 45 Gew.-% verdünnt. In der Regel sind sie durch anionische oder/und nichtionische Emulgatoren stabilisiert.
Das zusätzlich verwendete Polymer B kann allein aus Acrylamid oder Methacrylamid oder deren Mischung aufgebaut sein. Vorzugsweise ist es frei von Formaldehyd abgebenden Monomereinheiten, wie N-Methylolacrylamid und methacrylamid; zumindest sollte der Anteil derartiger Monomereinheiten 10 Gew.-% (bez. auf B) nicht überschreiten.
Um gute Wasserlöslichkeit zu gewährleisten, beträgt der Anteil des Acryl- und/oder Methacrylamids nicht weniger als 10 Gew.-% und vorzugsweise mindestens 50 Gew.-%. Daneben können andere ethylenisch ungesättigte, radikalisch polymerisierbare Monomere an ihrem Aufbau beteiligt sein. Comonomere, die selbst wasserlöslich sind oder wenigstens wasserlösliche Homopolymerisate bilden, wie niedere Hydroxyalkylester der Acryl- und/oder Methacrylsäure, können einen Anteil bis zu 90 Gew.-% des Polymeren B bilden, während der Anteil nicht oder schwer wasserlöslicher Comonomerer stets so begrenzt sein muß, daß das Polymer B als ganzes in der wäßrigen Phase des Bindemittels ausreichend löslich ist. Er übersteigt selten 30 Gew.-%. Bevorzugte Polymere B sind zu 50 bis 95 Gew.-% aus Acryl- und/oder Methacrylamid, zu 5 bis 50 Gew.-% aus wasserlöslichen bzw. wasserlösliche Homopolymerisate bildenden, äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren und zu höchstens 20 Gew.-% aus nicht wasserlöslichen äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren aufgebaut. Latent gebundenen Formaldehyd enthaltende Monomere sind in den bevorzugten Polymeren B nicht enthalten.
Das Copolymer B kann auf einfache Weise hergestellt werden, indem man die entprechenden Monomeren in einer Konzentration von beispielsweise 10 bis 40 Gew.-% in Wasser löst und nach Zusatz eines wasserlöslichen radikalbildenden Initiators, wie Alkali- oder Ammonium-peroxodisulfat, bei Temperaturen von 60 bis 900C die Polymerisation auslöst. Das Molekulargewicht liegt vorzugsweise im Bereich von 1.000 bis 200.000 (Gewichtsmittelwert) und läßt sich während der Polymerisation gegebenenfalls durch Zusatz eines
Kettenübertragungsmittels wie Thioglykolsäure auf einen Wert in diesem Bereich einstellen.
Die wäßrige Polymerisatlösung wird vorzugsweise ohne Isolierung des Polymeren B unmittelbar mit der Kunststoffdispersion A vermischt. Es ist jedoch auch möglich, das Polymer B in reiner Form herzustellen oder zu isolieren und als Pulver in der wäßrigen Phase der Dispersion zu lösen. Vorzugsweise beträgt der Anteil des Polymers B 5 bis 15 Gew.-%, bezogen auf das Emulsionspolymerisat A.
Das Bindemittel kann eine Viskosität im Bereich von 20 bis 10.000 mPa s haben. Es kann mit weiteren Zusätzen, wie Bakteriziden, Fungiziden, Entschäumern, sauren Härtungskatalysatoren, Thermosensibilisierungsmitteln, Puffersubstanzen, Tensiden, Weichmachern, Filmbildungshilfsmitteln, Flammschutzmitteln u.a. je nach den Erfordernissen des Anwendungsfalles konfektioniert werden.
Anwendung des Bindemittels
Die erfindungsgemäßen Bindemittel sind zur Filmbildung bei Temperaturen zwischen 0 und 1000C befähigt. Um die Filmbildung zu erleichtern, können dem Bindemittel übliche Filmbildungshilfsmittel, wie flüchtige Lösemittel oder schwer flüchtige Weichmacher für das Emulsionspolymerisat, zugesetzt werden. Das Bindemittel kann ebenso wie herkömmliche filmbildende, selbstvernetzende wäßrige Kunststoffdispersionen zum Ausrüsten von textlien Flächengebilden eingesetzt werden. Unter textlien
Flächengebilden sind Gewebe, Gewirke und Faservliese aus natürlichen oder synthetischen Fasern, insbesondere aus Baumwolle, Zellwolle, Viskose, Celluloseacetat, Polyester, Polyamid, Polyacrylnitril, Polypropylen oder aus Gemischen solcher Fasern oder aus Glasfasern zu verstehen. Sie können ein Flächengewicht von 50 bis 500 g/qm haben. Faservliese aus Polyesterfasern sind bevorzugt. Das Bindemittel wird beispielsweise durch Tauchen, Sprühen, Pflatschen, Rakeln oder Drucken in einer Menge von beispielsweise 5 bis 100 Gew.-%, berechnet als Trockenprodukt und bezogen auf das Fasergewicht, auf das textlien Flächengebilde aufgebracht. Es kann dazu mit sauren Katalysatoren, wie p-Toluolsulfonsäure, Citronensäure, Phosphorsäure oder Ammoniumphosphat, mit Farbstoffen oder Pigmenten versetzt, mit Wasser oder Verdickungsmitteln auf die anwendungstechnisch erforderliche Viskosität eingestellt und gegebenenfalls geschäumt werden. Nach dem Trocknen wird die erhaltene Imprägnierung bei Temperaturen von 100 bis 1800C innerhalb von 180 bis 30 see vernetzt. Man erhält auf diese Weise verfestigte textile Flächengebilde mit einer hervorragenden Beständigkeit gegen Lösemittel und gegen Weichmacher.
Durch die Kondensation wird das Bindemittel unlöslich und unschmelzbar. Es verleiht daher dem damit ausgerüsteten textlien Flächengebilde erhöhte mechanische Festigkeit, insbesondere Zugfestigkeit. Die bemerkenswert hohe Festigkeit bei erhöhter Temperatur ist von besonderer Bedeutung bei der Imprägnierung von Faservliesbahnen, vorzugsweise aus Polyesterfasern, mit geschmolzenem Bitumen zur Herstellung von Dachbahnen. Das Bitumen hat bei der
Imprägnierung eine Temperatur von 150 bis 200 Grad C. Bei dieser Temperatur darf die Vliesbahn beim Transport durch das Imprägnierbad auch bei hoher Geschwindigkeit weder reißen noch stark gedehnt werden.
BEISPIELE
A. Herstellung von Kunststoffdispersionen A
In einem 1-Liter- Rundkolben mit Rührwerk, Rückflußkühler und Zulaufgefäß werden 120 Teile Wasser und 0,02 Teile Na-Laurylsulfat vorgelegt, auf 800C erhitzt und mit 0,1 Teil Ammoniumperoxodisulfat versetzt. Bei dieser Temperatur wird innerhalb von 4 Stunden eine Emulsion aus 250,0 Teilen Wasser
12,0 Teilen einer 10%igen wäßr.Lösung von Na-
laurylsulfat,
10,0 Teilen einer 10%igen wäßr.Lösung von Ammoniumperoxodisulfat,
4 00,0 Teilen einer Monomermischung gemäß Tabelle 2 zugesetzt. Man erhält etwa 50-%ige wäßrige Dispersionen.
Tabelle 2
Zusammensetzung der Monomermischungen zur Herstellung der Kunststoffdispersionen Al bis A9 in Gew.-%, bez. auf das Gesamtgewicht der Monomeren
Bezeichnung Monomerkomponenten
MMA EA BA MMAM MAM MAA
Al 55 — 37 3 5 —
A2 53 - 36 4 6 1
A3 44 45 - 4 6 1
A4 60 38 2 — —
A5 57 - 37 6 — —
A6 54 - 36 10 — —
A7 52 - 36 12 — —
A8 47 45 — 8 — —
A9 45 45 10 _ _
BA MAGME MAM MAA
36 4 6 1
36 9 _ 1
Vergleichsdispersionen MMA
Vl 53
V2 54
Bedeutung der Kurzbezeichnungen:
MMA - Methylmethacrylat
EA - Ethylacrylat
BA - n-Butylacrylat
MMAM - N-Methylol-methacrylamid
MAM - Methacrylamid
MAA - Methacrylsäure
MAGME - Methylacrylamidoglykolat-methylether
B. Herstellung von gelösten Polymeren Bl und B3
Zur Herstellung des Polymers Bl werden 590 Teile Wasser von 85°C mit einer Lösung von 2,5 Teilen Ammoniumperoxodisulfat in 8 Teilen Wasser versetzt. Innerhalb von 2 Stunden wird eine Lösung von 144 Teilen Acrylamid, 25 Teilen Methacrylamid und 25 Teilen 2-Hydroxyethylmethacrylat in Teilen Wasser zudosiert und 2 Stunden nachpolymerisiert. Es wird eine etwa 25-%ige wäßrige Lösung mit einer Viskosität von 420 mPa s erhalten.
Zur Herstellung des Polymers B3 wird ebenso verfahren, jedoch eine Monomerenmischung aus 185 Teilen Methacrylamid, 45 Teilen Acrylamid sowie 12 Teile Thioglykolsäure als Regler zugesetzt. Die Polymerisatlösung hat bei einem Feststoffgehalt von etwa 26 Gew.-% eine Viskosität von 350 mPa s.
Bl: Zusammensetzung 60 Gew.-% Acrylamid
30 Gew.-% Methacrylamid
10 Gew.-% Hydroxyethyl-methacrylat
B3: Zusammensetzung 80 Gew.-% Methacrylamid
20 Gew.-% Acrylamid
B2: Für Vergleichszwecke wird als lösliches Polymer B2 ein handelsübliches Melamin-Formaldehyd-Kondensationsharz in Form einer 75-%igen wäßrigen Lösung (Handelsbezeichnung Cassurit MT ®, Cassella AG) verwendet.
Die Mengenangaben beziehen sich auf Feststoff.
C. Imprägnierung von Faservliesen
Wäßrige Bindemittel werden aus den in Tabelle 3 angegebenen prozentualen Mengenverhältnissen (Feststoff) der
Dispersionen A und der Polymerlösungen B zusammengesetzt und mit Wasser auf einen Feststoffgehalt von 25 Gew.-% verdünnt. Der jeweils angegebene pH-Wert wird - soweit erforderlich mit p-Toluolsulfonsäure eingestellt. Thermisch
vorverfestigte Spinnvliese aus Polyesterfasern mit einem
Flächengewicht von 125 g/m2 (Lutradur <& H1015, BASF) werden mit den wäßrigen Bindemitteln so imprägniert und
abgequetscht, daß die Binderauflage nach dem Trocknen und
Kondensieren bei 1800C (10 min) 33 - 35 Gew.-% beträgt.
D. Bestimmung des Bruchwiderstandes
Der Bruchwiderstand der imprägnierten Vliesstoffe wird im Streifenzugversuch nach DIN 53 857, Teil 2 mittels einer Zugprüfmaschine gemäß DIN 53 112 an 5 cm breiten Streifen bestimmt. In Tabelle 3 werden der Bruchwiderstand Fmax in N/5 cm und die Bruchdehnung in % der Prüfstreifenlänge angegeben.
E. Bestimmung des abspaltbaren Formaldehyds Fa
Eine Probe des wäßrigen Bindemittels wird auf Quarzsand eingewogen und 5 Minuten auf 1600C erhitzt. Der freigesetzte Formaldehyd wird aufgefangen und photometrisch nach der Acetylaceton-Methode (Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren des BGA, § 35 LMBG B 82.02-1, Juni 1985) bestimmt und in Teilen pro Million Teile (ppm) auf die eingesetzte Menge des Bindemittels bezogen.
Tabelle 3 - Beispiele 1 bis 9 und Vergleichsversuche Nr.10 u.11
Bruchwiderstände bei 2 0 und 18 00C und Formaldehydfreisetzung bei 1600C
Bei- Binde- pH Fa spiel mittel ppm
Nr. Gew.-%
100% Al 2,5 300 439 34,0 187 64,1
Fmax DFmax Fmax DFmax
200C 2 00C 1800C 1800C
[N] [%] [N] r%]
Bei- Binde Gew.-% A2 pH
spiel mittel 100% A2
Nr. 90% Bl
2a +10% A2 5,6
2b 90% B2
+ 10% A3 5,6
2c 100% A3
90% Bl 5,6
3a +10% A3 5,5
3b 90% B2
+10% A4 5,4
3c 100% A4
90% Bl 5,7
4a +10% A4 2,5
4b 90% B2
+10% A5 2,5
4c 100% A5
90% Bl 2,5
5a +10% A5 2,5
5b 80% Bl
+20% A5 2,5
5c 70% Bl
+30% 2,5
5d
2,5
ppm
501
Fmax DFmax Fmax DFmax
200C 200C 1800C 1800C
[N] [%] [N] r%]
487
511
485
533
500
441
483
483
517
512
36,5 231 500 35,6 289 510 25,6 325
35,8 160
36,4 224
34,8 203
39
34
26
35
33
36
35
138
195
232
133
171
209
213
93,0
111
117
65,9
78,6
77,5
53
70
79
47
55
71
70
Bei- Binde- pH
spiel mittel
Nr. Gew.-%
ppm
Fmax DFmax Fmax DFmax
200C 200C 1800C 1800C
[N] [%] [N] [%]
6a 100% A6 2,5
6b 90% A6
+10% Bl 2,5
7a 100% A7 2,5
7b 90% A7
+10% Bl 2,5
Ic 90% A7
+10% B3 2,5
460 29
481 28
472 31
467 27
445 26
187
294
210
271
264
65
84
68
88
76
8a 100% A8 2,5 8b 90% A8
+10% Bl 2,5 486
31
180
240
60
69
9a 100% A9 2,5 9b 90% A9
+10% Bl 2,5 193
225
72
10a 100% Vl 5,0 10b 90% Vl
+10% Bl 5,6 496
505
35
35
191
242
90
98
11a 100% V2 5,2 11b 90% V2
+10% Bl 5,7 507
513
32
34
175
234
70
90

Claims (10)

SCHUTZANSPRUCHE
1. Wäßriges Bindemittel für textile Flächengebilde, enthaltend
A) eine wäßrige Dispersion eines fumbildenden, selbstvernetzenden Emulsionspolymerisats und
B) ein in der wäßrigen Phase des Bindemittels gelöstes Polymer, das zu 10 bis 100 Gew.-% aus Acryl- und/oder Methacrylamid aufgebaut ist,
wobei das Gewichtsverhältnis von A zu B 95 : 5 bis 70 : 3 0 beträgt,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Emulsionspolymerisat A 1 bis 15 Gew.- % an Einheiten des N-Methylol-acrylamids oder/und methacrylamids enthält.
2. Wäßriges Bindemittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das gelöste Polymer B zu höchstens 10 Gew.-% aus N-Methylolacryl- und/oder methacrylamid aufgebaut ist.
3. Wäßriges Bindemittel nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das gelöste Polymer B zu 10 bis Gew.-% aus Acryl- und/oder Methacrylamid, zu 0 bis Gew.-% aus wasserlöslichen, äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren und zu höchstens 30 Gew.-% aus nicht wasserlöslichen äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren aufgebaut ist.
4. Wäßriges Bindemittel nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das gelöste Polymer B zu 50 bis Gew.-% aus Acryl- und/oder Methacrylamid, zu 5 bis Gew.-% aus wasserlöslichen, äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren und zu höchstens 20 Gew.-% aus nicht wasserlöslichen äthylenisch ungesättigten, radikalisch polymerisierbaren Monomeren aufgebaut ist.
5. Wäßriges Bindemittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das gelöste Polymer B Einheiten eines Hydroxyalkylesters der Acryl- und/oder Methacrylsäure enthält.
6. Wäßriges Bindemittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Emulsionspolymerisat A zu 60 bis 97 Gew.-% aus Alkylestern der Acryl- und/oder Methacrylsäure mit bis 8 Kohlenstoffatomen im Alkylrest aufgebaut ist.
7. Wäßriges Bindemittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Emulsionspolymerisat A zu 3 bis 10 Gew.-% aus Einheiten des N-Methylol-acrylamids und/oder -methacrylamids und bis zu 10 Gew.-% aus Einheiten des Acryl- und/oder Methacrylamids aufgebaut ist.
8. Wäßriges Bindemittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß es einen Gehalt von nicht mehr als 5 Gew.-% an reaktionsfähigem Formaldehyd in freier und latent gebundener Form, bezogen auf reines Binderharz, hat.
9. Verwendung des wäßrigen Bindemittels nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8 zum Verfestigen von textlien Flächengebilden.
10. Verwendung des wäßrigen Bindemittels gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß als textiles Flächengebilde ein Vlies aus Polyesterfasern eingesetzt wird.
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