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Baumwolle-Streckwerk zum Verspinnen langer und überlanger Fasern Die
Erfindung bezieht sich auf ein Baumwolle-Streckwerk zum Verspinnen langer und überlanger
Fasern unter Beibehaltung der üblichen Walzenabstände und der daraus sich ergebenden
Streckwerks- und Maschinentiefen.
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Mit dem Aufkommen der .synthetischen Fasern ist erstmals auch für
die Baumwollspinnerei die Frage der Verarbeitung von Fasern aufgetreten, deren Länge
wesentlich -größer als die der Baumwollfasern ist. Diese sogenannten Langfaserzellwollen
hatten Längen von 5o mm aufwärts und erreichten im Höchstfalle eine Länge, :die
der geraden Streckfeldtiefe zwischen zwei Klemmwalzenpaaren bei den vorhandenen
Streckwerken entspricht. Daraus ergaben sich Schnittlängen für die lange Faser von
50, 6o bis höchstens roo mm Länge für die Verarbeitung auf Baumwoll-Streckwerken.
Größere Faserlängen konnten aber auch aus anderen Gründen nicht gut in Frage kommen,
weil die Vorhereitungsmaschinen der Baumwollspinnerei, insbesondere die Schlagmaschinen
und die Karden, längere Fasern nicht verarbeiten können, ohne daß dieselben d abei
erheblich beschädigt werden. Nachdem es den Zellwolle-Herstellern gelungen ist,
das Anliefern der Zellwolle im sogenannten Spinnband vorzunehmen, wodurch die Spinnerei
dieses Band unter Umgehen der Öffner, Schlagmaschinen und Karden gleich den Strecken
oder Grobflyern vorleben kann, steht dem Verarbeiten von beliebig langen Faserlängen
nichts mehr im Wege, sofern
die vorhandenen Streckwerke auf, den
Strecken, Flyern und Ringspinnmaschinen ein Verarbeiten der betreffenden Faserlängen
zulassen. Zu diesem Zweck wäre es notwendig, die Entfernung zweier benachbarter
Kl-emmwalzenpaare voneinander mindestens ebenso -groß wie die Länge des zu verarbeitenden
Fasermaterials zu machen. Eine solche Maßnahme bedingt aber langwierige und kostspielige
Streckwerksumbauten und würde überdies zu Maschinentiefen führen, bei denen mit
:dem in bestehenden Spinnereien vorhandenen Raum nicht mehr auszukommen wäre. Außerdem
würde die Bedienung wesentlich erschwert, wenn nicht überhaupt ganz unmöglich gemacht
werden.
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Die bei Baumwolle-Spinnmaschinen bekannten Streckwerke schließen aus
diesen Gründen die Anwendung von Faserlängen, die weit über ioioi mm hinausgehen,
also etwa i50, Zoo, 300 und mehr .'.Millimeter betragen, aus.
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Es besteht aber für die Baumwollspinnerei aus mehrfachen Gründen die
Veranlassung, sich der Verarbeitung von so langen Fasern zuzuwenden. Einer dieser
Gründe ist, daß :dem Verarbeiten von Bastfasern, insbesondere von Flachs und Hanf,
in Deutschland eine immer größere Bedeutung zukommt. Die Kapazität der in Deutschland
vorhandenen Hanf- und Leinenspinnereien reicht für die Verarbeitung der aus dem
ständig vergrößerten Anbau gewonnenen Fasermengen bzw. zum Erzeugen der benötigten
Garnmengen nicht aus. Das Verarbeiten von Langfasermaterial, das in den Hanf- und
Flachsrösten gewonnen wird:, zu sogenanntem Flockenbast, .um diesen dann als Kurzfasermaterial
der Baumwollspinnerei zuführen zu können, ist weder wirtschaftlich noch können auf
diesem Wege die gewünschten Garn- und Gewebequalitäten erreicht werden.
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Wenn Baumwolle-Spinnmaschinen, die wegen Baumwollmangels stilliegen,
für die Verarbeitung von langen Bastfasern mit eingesetzt werden sollen, so kann
das nur geschehen, wenn es gelingt, die auf ,diesen Maschinen vorhandenen Streckwerke
ahne große und kostspielige Umbauten so einzurichten, daß jenes lange Fasermaterial
auf ihnen verarbeitet werden kann.
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Aber auch für,das Verarbeiten von Zellwolle, geschnittener Kunstseide
und anderer synthetischer Fasern ist es wünschenswert, auf Baumwolle-Spinnmaschinen
Faserlängen verarbeiten zu können, die sehr viel größer sind als die Streckfeldtiefen
der üblichen Baumwolle-Streckwerke und bis zu einem Mehrfachen der letzteren betragen.
Solche überlangen Fasern geben dem Garn und damit auch dem Gewebe einen besonderen
C'hara'kter, der durch keine anderen Maßnahmen erreicht werden kann. Vor allem erlauben
sie aber .die. Anwendung eines sehr niedrigen Drehungskoeffizienten und damit bei
gleichbleibender Spindel- bzw. Ringläufer-Geschwindi.gkeit das' Erzielen sehr viel
größerer Liefergeschwindigkeiten. Damit aber steigert sich im gleichen Verhältnis
die Leistung der Maschine pro Spindelstunde. Da ferner auch die Fadenbruchzahlen
bei Anwendung so großer Stapellängen gegenüber Kurz- und Mittelstapel stärk zurückgehen,
können von einer Arbeitskraft entsprechend mehr Spindeln bedient werden. Diesen
beiden Momenten kommt aber für die textile Erzeugung eine außerordentliche Bedeutung
zu, um mit einem möglichst geringen Aufwand an Arbeitskräften und Maschinen ein
Maximum an Garnerzeugung zu erzielen.
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Durch die Erfindung werden Mittel und Wege gezeigt, wie die auf Baumwolle-Spinnmaschinen
vorhandenen Streckwerke ohne die Bautiefen dieser Maschinen zu verändern und ohne
die Einsatzfähigkeit dieser Maschinen für das Verspinnen von Baumwolle aufzuheben,
durch Anbringen kleiner zusätzlicher Einrichtungen für die Verarbeitung von überlangem
Fasermaterial geeignet gemacht werden können.
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Der neue technologische Grundsatz, der dabei angewendet wird, besteht
darin, daß für den Verzugsvorgang neben den beiden bisher schon bekannten Methoden
der Faserrückhaltung, nämlich a) im Klemmdruckverfahren und b) im freien Durchzugverfahren,
als dritte Methode c) die Kombination von Durchzug mit vorgeschalteter Seilreibung
angewendet wird.
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Der Durchzug mit vorgeschalteter Seilreibung hat zur Voraussetzung
eine Faserlänge, die vom abziehenden Klemmwalzenpaar über die benachbarte Durchzugwalze
und :um einen Teil des Um-@fangs .derselben und eventuell auch noch um einen Teilumfang
einer zweiten, auf :der letzteren ruhenden oder dieser sonst in der Faserlauf.richtung
vorgeschalteten Durchzugwalze herumreicht. Die Größe des Umschlingungsbogens, in
dem die Faser dabei auf diesen Walzen aufliegt, ist neben der Ober= flächenbeschaffenheit
derselben maßgebend für die entstehende Seilreibung, d. h. - in diesem Fall für
diejenige Faserrückhaltung, die zusätzlich zu der im freien Durchzug aus dem Verhältnis
von Luntenstärke zu Durchzugquerschnitt sich ergebenden Faserrückhaltung hinzukommt.
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Von grundsätzlicher Bedeutung ist dabei eine solche Anordnung bzw.
Ausführung der Durchzugwalzen, bei der die durch die Faserlänge und durch die Luntenführung
entstehende Seilzugwirkung nicht in der Lage ist, die teilweise umschlungenen Durchzugwalzen.
von den darunterliegenden Gegenwalzen abzuheben und dadurch die zwischen beiden
bestehenden freien Durchzugquerschnitte zu vergrößern. Es müssen also :diejenigen
Durchzug walzen, bei denen der Umschlingungs-bogen einen nach oben gerichteten Seilzug
ergibt, entweder durch ihr Eigengewicht oder durch die übliche Sattelbelastung entgegen
dem Seilzug mit ausreichender Sicherheit auf der Unterwalze festgehalten werden.
Bei denjenigen Durchzugwalzen, auf denen der Umschlingurngsbogen ider Lunte eine
nach unten gerichtete Seilzugwirkung ergibt, ist das Walzengewicht lediglich darnach
zu bemessen, daß der Faserdurchzulg zwischen Ober- und Unterwalze stattfinden kann.
Die erstgenannten Durchzugwalzen mit nach oben gerichteter Seilzugwirkung müssen
deshalb so eingerichtet sein, daß sie mit
ihrer Unterwalze zusammen
längs der durch die Luntenführung (Lunten-Changierung zur Hinundherführung,der Lunte
zwecks Vermei@dens des Einlaufens einer Rille auf dem Lederbelag des Lieferzylinders)
begrenzten Arbeitsbreite den freien Durchzugquerschnitt behalten, jedoch beiderseits
neben demselben unter Druck auf dem zugehörigen Unterzylinder aufliegen. Dieser
Druck kann durch ein genügend großes Eigengewicht oder durch eine Sattelbelastung
der Durchzugwalzenkerne erzielt werden. Es können hierbei für die betreffenden Unterwalzen
mit nach oben gerichteter Seilzugwirkung Walzen verwendet werden, die mit erhöhten
Seitenbunden auf denU-nterwalzen aufliegen und im Bereich des luntenführenden Mittelstückes
auf einen etwas geringeren Durchmesser abgedreht sind, oder es können Durchzugwalzen
verwendet werden, deren Kernachse mit den Seitenbunden auf der Unterwalze aufliegt,
während zwischen den Bunden eine leichte Durchzughülse aufgeschoben wird, derenBohrung
größer ist als der Durchmesser der Kernachse. so daß die Hülse in vertikaler Richtung
sich heben und senken kann und nur mit ihrem Eigengewicht auf der zu verziehenden
Lunte aufruht. Diese Hülse wird dann unter der Seilzugwirkung der Fasern schräg
nach oben an die Kernachse gepreßt, und zwar nach einer Resultierenden, die sich
aus dem Seilzug -der Lunte einerseits und -dem Eigengewicht der Loshülse anderseits
ergibt. Die Loshülse wird zwecks sicherer Mitnahme und zwecks Vermeidens eines falschen
Drehimpulses in der Drehrichtung durch einen Stift mit der Kernachse gekuppelt.
Eine solche sichere Mitnahme sowie das Vermeiden eine falschen Drehungsimpulses
sind beim Verarbeiten langer Fasern besonders notwendig.
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Soll die dem nach oben gerichteten Seilzug entgegenwirkende Gewichtskomponente
der Loshülse verstärkt werden, so kann über dieser Durchzugwalze eine weitere, in
ihrem Gewicht entsprechend bemesseneDurchzugwalze aufgelegt werden, bei der die
von der Lunte ausgeübte Seilzugwirkung nach unten gerichtet ist. Auf diese Weise
hat man es in der Hand, je nach Länge und Beschaffenheit des Fasermaterials die
im freien Durchzugquerschnitt der erstgenannten Durchzugwalze ausgeübte Faserrückhaltung
nach Bedarf zu verändern. Im übrigen wird die Faserrückhaltung an den Durchzug-walzen
infolge der Größe der Umschlingungsbögen, d. h. infolge der dort erzeugten Faserreibung,
eingestellt, was durch Verändern der Durchmesser oder der Lage der ebenfalls mit
Durchzug arbeitenden leichten Umlenkwalzen -geschieht, die den Grund-,valzenpaaren
-des Streckwerkes, die in der vom Einzug-und Lieferzylinderpaar gebildeten Ebene
liegen, zugeordnet sind. Diese leichten Umlenkwalzen können zweckmäßig in aufklappbaren
Walzenhaltern gelagert werden, die, ebenso wie die Oberzylinderhalter, nach hinten
oben ausschwingbar sind., wodurch bei Luntenbruch das Einführen der Lunte in das
Streckwerk erleichtert wird-.
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Der weiter oben erörterte technologisch neue Grundsatz kann Anwendung
auf die Streckwerke sämtlicher iNIasch-inen, also auf die Streckwerke von Strecken,
Vor- und Ringspinnmaschinen, finden. An allen diesen Maschinen werden,die gleichen
Vorteile erreicht.
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Der Gegenstand der Erfindung ist in den Zeichnungen durch.Nusführungsbeispiele
veranschaulicht. Es stellt dar Fig. i die Anordnung bei einem Unterriemchendurchzugstreckwerk,
Fig. 2, 3, 4. schematische Erläuterungsskizzen, Fig. 5 und 6 die Anordnung bei einer
Strecke, Fig. 7 und 8 die Anordnung bei einem Flyer, Fi.g. 9 eine bauliche Variante,
Fig. io und i i Durchzugwalzen.
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Das Un:terriemchenstreckwerk besteht aus dem Einzugwalzenpaar I, i
und aus dem Liefer-,valzenpaar IV, q.. Zwischen diesen Walzenpaaren ist das Mittelwalzenpaar
1I, 2.gel@agert, über dessen Unterzylinder II das Riemchen 5 läuft. Zwischen dem
Mittelwalzenpaar 1I, 2 und dem Lieferwalzenpaar IV, q. sind die Umlenkschiene III
und die Schlupfwalze 3 vorgesehen. Zwischen dem Mittelwalzenpaar 1I, 2 und dem Einzugwalzenpaar
I, i ist über diesen eine Umlenkwalze 6 auf einem Lager 7 geführt. Diese Umlenkwalze
6 kann um .die Einzugoberwalze i verschwenk:t werden; sie kann auch in waagerechter
oder senkrechter Ebene gehoben und gesenkt werden, wodurch nicht nur die Länge der
Verzugstrecke zwischen Einzugwalzenpaar I, i und Lieferwalzenpaar IV, q., sondern
auch die Größe,des Umschlingungsbogens geändert werden. Die mittlere Oberwalze 2
ist mit Randwülsten versehen und wird auf den Unterzylinder II aufgepreßt. Dadurch
wird eine gute Mitnahme des Unterriemchens 5 gewährleistet, andererseits ein Durchzug
erlaubt. Die Lunte legt sich in die so gebildete Rille dieser Oberwalze 2 ein und
erfährt hier einen Durchzug nach Maßgabe der Luntenstärke, der Rillentiefe und -breite
sowie der Seilreibung. Bei einem Streckwerk, das vom Einzugzylinderpaar bis zum
Lieferzylinderpaar eine Streckfeldtiefe von 14 cm besitzt, wird durch diese Einrichtung
eine Vergrößerung der Streckfeldtiefe auf 35 cm und mehr erreicht.
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In Fig. 2 ist dargestellt, wie die Oberwalze 6 durch Verändern ihres
Durchmessers und durch Lageveränderung infolge Verschiebens ihrer Führung 7 im Sinne
des Pfeiles T eine Änderung der Streckfeldtiefe und des Umschlingungs.bogens bewirkt.
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In Fig. 3 ist veranschaulicht, wie durch horizontale Verlagerung der
Oberwalze 6 die Seilreibung, beeinflußt werden kann.
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In Fig. 4. ist veranschaulicht, wie durch Veränderndes Durchmessers
der Oberwalze und .durch Verlagern dieser Oberwalze um .die Einzugoberwalze im Sinne
des Pfeiles A die Streckfeldtiefe verändert wird.
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In Fig.5 und 6 ist die Anordnung bei einer Strecke gezeigt. Hierbei
bedeuten I, i das Einzugzylinderpaar, 1I, 2 das Mittelzylinderpaar, 11I, 3 das dritte
Zylinderpaar und IV, q. das Lieferzylinderpaar. Über den Mittelzylinderpaaren II,
2 und: 11I, 3 sind die Umlenlcwalzen 6 angeordnet, die, wie im
Fall
der Fig. 6, auch auf dem Einzugzylinderpaar I, i und auf dem Mittelzylinderpaar
11I, 3 ruhen können. Die Wahl ist in Idas Ermessen des Spinners begeben und richtet
sich vornehmlich nach der Länge des zu verarbeitenden Rohstoffes.
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Bei den Flyern nach Fig. 7 und 8 ist das Einzugzylinderpaar mit I,
i und das Lieferzylinderpaar mit 11I, 3 bezeichnet. Auch hier kann wahlweise der
zusätzlich angeordnete Oberzylinder 6 entweder auf der oberen Mittelwalze oder auf
dem oberen Einzu-Zylinder angeordnet werden. Es kann ferner .die Anordnung so getroffen
werden, daß -die Umlenkwalze 6 gleichzeitig auf den Oberwalzen zweier benachbarter
Zylinderpaare (Fig. g) ruht, und zwar dann, wenn die aufeinanderfolgenden Walzenpaare
des Streckwerkes -mit gleichen Umfangsgeschwindigkeiten, also ohne Zwischenverzug,
arbeiten.
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Fig. io zeigt eine Ausführungsform einer Durchzugwalze (Oberwalze),
die mit erhöhten Seitenbunden auf dem Unterzylinder aufliegt und> im Bereich des
lnntenführenden Mittelstückes auf einen etwas geringeren Durchmesser abgedreht ist.
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Fig. i i zeigt eine Durchzugwalze, die ebenfalls mit erhöhten Seitenbunden
auf dem Unterzylinder aufliegt, wobei jedoch zwischen den Burnden eine leichte Durchzughülse
(Loshülse) aufgeschoben ist, ,deren Bohrung größer ist als der Durchmesser der Kernachse,
so daß die Hülse sich in vertikaler Richtung heben und senken kann und nur mit ihrem
Eigengewicht auf der zu verziehenden Lunte aufruht.