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Verfahren zur Behandlung von Catgut
Für die erforderliche Entkeimung
des Catguts bzw. seiner Ausgangsstoffe steht bisher trotz vielfacher Versuche kein
voll befriedigendes Verfahren zur Verfügung, weil die bekannten Methoden entweder
technische Nachteile mit sich bringen oder in der Durchführung unwirtschaftlich
sind.
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Einwandfreies Catgut muß steril und frei von Fremdstoffen sein, die
den Heilprozeß ungünstig beeinflussen könnten. Zugleich muß es gute Knüpf-und Näheigenschaften
haben, reißfest sein und gut resorbierbar bleiben. Derartige Voraussetzungen lassen
sich bei der üblichen Sterilisation mit Jod-Jodkalium, Brom, Sublimat od. dgl. nur
bedingt schaffen, da die Chemikalien mit dem Eiweiß der Darmsubstanz Verbindungen
eingehen, die Fremdstoffe bilden, den Faden erhärten und schlecht resorbierbarmachen.
Wenigernachteilig ist in dieser Beziehung die Sterilisation mittels Wasserstoffsuperoxyd,
da dieses bei der Reaktion zerfällt.
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Trotzdem hat sich aber gerade diese Methode bisher nicht durchsetzen
können. Def Grund dafür lag wohl in dem Umstand, daß das Catgut bei der Sterilisation
infolge Quellung und Netzung gewisse Anteile an Sterilisationsmittellösung aufnimmt,
die durch eine über den eigentlichen Entkeimungsprozeß hinausdauernde Oxydation
die Reißfestigkeit des Fadens vermindern und daher durch intensive Waschungen entfernt
werden müssen, zu denen große Mengen an Waschflüssigkeit erforderlich sind.
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In welchem Umfange bei der bekannten Sterilisation von Catgut mittels
Wasserstoffsuperoxyd Lösungs- und Waschflüssigkeiten benötigt werden, zeigt folgendes
Beispiel: 360 g Rohdarm werden in
5,4 1 einer 3 0/oigen alkoholischen
H2 02-Lösung keimfrei gemacht. Nach der Sterilisation weist die Lösung noch einen
112 02-Gehalt von 2,7 0/o auf.
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Mit dieser Lösungskonzentration ist der Darm gequollen und benetzt
und muß nun auf einen unschädlichen H2 02-Gehalt gebracht werden. Eine erste Waschung
erfolgt mit 41 Alkohol, der hierbei eine H202-Konzentration von 0,56% annimmt. Bei
einer zweiten Waschung mit 3,4 1 Alkohol zeigt sich eine Konzentration von 0,14
0/o H2 02. Durch eine dritte Waschung in 3,4 1 Alkohol wird der Darm und der ihn
umgebende Alkohol auf 0,05 % H2 02 gebracht.
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Dies besagt also, daß zur Entkeimung und Waschung von 360 g Rohdarm
insgesamt I6,2 1 Alkohol erforderlich sind, von denen 10,81 als Waschflüssigkeit
dienen. Während nun die alkoholische Sterilisationslösung durch Wiederherstellung
der ursprünglichen H2O2-Konzentration einige Male wiederverwendet werden kann, ist
dies bei der ersten und zweiten Waschlösung nicht der Fall.
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Lediglich die dritte Waschflüssigkeit könnte noch einmal zur ersten
Waschung neu sterilisierter Darmsubstanz verwendet werden.
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Es ergibt sich, daß auf I kg Rohdarm rund 301 Waschflüssigkeit aufzubringen
sind, was demnach bei einem Unternehmen, das täglich 25 kg Rohdarm verarbeitet,
einen täglichen Verbrauch von 7501 Alkohol bedingen würde, von dem noch nicht einmal
ein Drittel wiederverwendet werden könnte.
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Da andererseits durch fraktionierte Destillation eine wirtschaftliche
Trennung der Lösungsgemische nicht möglich ist, erschien bisher die Anwendung des
an sich aussichtsreichen Sterilisationsverfahrens mittels H2 02 der Industrie verschlossen.
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Die Erfindung zeigt einen Weg, auf dem Catgut und seine Vorstufen
oder Ausgangsstoffe mittels H2 °2 in technisch und wirtschaftlich gleich einwandfreier
Weise sterilisiert werden können. Es geschieht dies dadurch, daß den Flüssigkeiten,
in denen das Gut nach der Entkeimung zwecks Entfernung schädlicher 112 02-Reste
behandelt wird, H2 02-zerstörende Stoffe beigegeben werden, von denen es an sich
bekannt ist, daß sie 112 02 zersetzen.
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Durch diese ebenso einfache wie zuverlässige und wirksame Methode
wird in doppelter Hinsicht ein bedeutsamer Erfolg erzielt; auf der einen Seite wird
das sterilisierte Catgut mit Sicherheit rasch von schädlichen H2 02-Resten befreit;
andererseits ist eine sparsame Verwendung der Waschflüssigkeit sichergestellt und
dabei die Möglichkeit gegehen, gewisse Kreisprozesse zu schaffen, in denen sich
112 02-Lösung bzw. Waschflüssigkeit bewegen lassen.
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Zur Waschung des mittels einer 112 O2-Lösung sterilisierten Catguts
bzw. seiner Vorstufen lassen sich in erster Linie nichtwässerige Flüssigkeiten,
z. B. Alkohol, bzw. geeignete Kohlenwasserstoffe, wie Benzin, Benzol, Petroläther
usw., oder auch Mischungen dieser Flüssigkeiten untereinander oder mit Wasser verwenden.
Man kann aber die 112, O2-zersetzenden Substanzen auch einer dem üblichen Prozeß
der Catgutherstellung angehörenden Flüssigkeit zusetzen oder gar so verfahren, daß
die zersetzenden Substanzen der zur Sterilisation verwendeten 112 02-Lösung selbst
beigegeben werden, und zwar entweder nach der Keimfreimachung des Catguts oder auch
schon vor Ablauf der Entkeimung. Letzteres in solcher Menge, daß die Zerstörung
des 112 02-Gehaltes frühestens mit dem Eintritt der Sterilität endigt, also der
Ablauf der Entkeimung sichergestellt ist, ehe das zur Entkeimung erforderliche H2
02 ganz zersetzt wird.
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Zur Zerstörung des Wasserstoffsuperoxyds eignen sich, wie bekannt,
in erster Linie Katalysatoren, z. B. Kohle, Silber, Kupfer, Platinschwarz, Metallsalze,
wie Silberoxyd, kolloidale Metallösungen, etwa kolloidales Platin nach Bredig, kolloidales
Osmium usw. Ferner kann man zur Zerstörung des H2O2 Substanzen verwenden, beispielsweise
Aktivkohle, die zugleich reinigend wirken ; Auch lassen sich zur 11202-Zersetzung
Enzyme oder Fermente, z. B. katalase und Peroxydase, anwenden oder auch Stoffe,
die weder katalytische und fermentative Eigenschaften haben, sondern lediglich durch
ihre Reaktion mit dem H2O2 den Rest dieses Chemikals aus den Lösungen verbrauchen.
Es eignen sich dazu insbesondere reaktionsfähige, großoberfläcllige Stoffe, wie
Cellulose, Baumwolle usw., aber auch Stoffe tierischen Ursprungs, z. B.
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Rohseide. Schließlich wäre es möglich, daß als H202-zersetzende Substanzen
Lösungen dienen, die im Sinne einer reziproken Katalyse wirken, wie etwa angesäuerte
Permanganatlösung oder Chromsaure.
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Der Zusatz der H2O2-zerstörenden Substanzen zur Waschflüssigkeit
(in dem weiteren oben angegebenen Sinne) erfolgt in der Regel während des Wascll-bzw.
Entgiftungsprozesses selbst, d. h. also, solange Catgut und Flüssigkeit in Berührung
sind. Man könnte aber naturgemäß auch so vorgehen, daß die Waschflüssigkeit getrennt
vom Catgut behandelt und dann erneut zur Waschung verwendet wird. In einen derartigen
Kreislauf könnte man dann gegebenenfalls eine die Waschflüssigkeit reinigende, von
Trübstoffen befreiende Filtration einschalten. Umgekehrt ließe sich andererseits
ein Kreislauf auch in der Weise gestalten, daß die Waschflüssigkeit in Gegenwart
des Catguts behandelt und nach Ahschluß des Verfahrens, also nach Trennung vom Behandlungsgut,
durch Zugabe von H,O, in Entkeimungslösungen umgewandelt wird.
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Die H202-zerstörenden Substanzen lassen sich allein oder gemischt
anwenden; sie können, wie etwa die erwähnte Chromsäure, als echte Lösungen unmittelbar
in die Waschflüssigkeit eingeführt werden, lassen sich aber auch in gas- und flüssigkeitsdurchlässige
Hüllen einsetzen und können von Fall zu Fall entweder in der Waschflüssigkeit belassen
oder aus ihr während bzw. nach dem Reaktionsablauf entfernt werden.
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Neben solchen Verfahren, bei denen das Catgut sterilisiert, in der
angegebenen Weise mittels Waschflüssigkeit nachbehandelt und schließlich ver-
kaufsfertig
verpackt wird, sieht die Erfindung Methoden vor, bei denen die Stufe der H2O2-Zerstörung
in die verkaufsfertige Aufbewahrung des Catguts verlegt wird, sei es, daß das Catgut
nach der Sterilisation bis zum Verbrauch in der vom H2 02-Gehalt ganz oder teilweise
befreiten Waschflüssigkeit verbleibt, sei es, daß schon die Entkeinmung und Waschung
in der verbrauchspackung erfolgt. In letzterem Falle kann man die H2O2-zerstörenden
Stoffe z. B. in undurchlässigen Hüllen, wie Glasröhrchen, unterbringen und zusammeln
mit der entkeimenden Lösung in die Verbrauchspackung des Behandlungsgutes einsetzen,
in der sie durch Zertrümmerung ihrer Umhüllung zur Wirkung gebracht werden. Daneben
lassen sich auch Anordnungen gtreffen, bei denen die Verbrauchspackung des Catguts
Einrichtungen zur Einführung und Entnahme der H2O2-zerstörenden Substanzen sowie
zur Ableitung der durch sie freigemachten Gase aufweist. Es ist jedoch hierbei immer
darauf zu achten, daß die Endkonzentration an H2O2 in der Aufbewahrungsflüssigkeit
unterhall> der Schädlichkeitsgrenze liegt.
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Nachstehend ist ein Ausführungsheispiel der Erfindung beschrieben.
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Rohdarm wird in einer 30/oigen wässerigen H202-Lösung entkeimt und
dann in 96%igen Alkohol gebracht, dem pro Liter 20 g Platinasbest zugesetzt sind.
Es erfolgt dann unter Gasbildung ein fortlaufender Zerfall des H2 02-Restes in der
Waschflüssigkeit. die hierdurch immer wieder ein neues Lösungsgefälle für die in
den Darm aufgenommene H2O2-Lösung hoher Konzentration bietet, bis schließlich sowhol
die den Darm umgebende Lösung als der im Darm enthaltene Flüssigkeitsanteil von
seinem H2O2-Gehalt völlig befreit oder auf einen Wert, z. B. 0,05% H2O2, gebracht
wurde, weleller für die Darmsubstanz nicht mehr schädlich erscheint.
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Der Versuch zeigt hierbei, daß der Alkohol, der durch die dem Darm
anhaftende Sterilisationslösung eine Konzentration von 0,61% 112 02 angeiiommen
hatte. nach sedisstündiger Waschung auf 0,062% abfiel, während nach 24 Stunden durch
die Kalium-Permanganatprobe in der Lösung kein Ii, O@-Rest mehr nachweisbar ist.
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Nach der vorerwähnten Sterilisation und Waschung des Darms wird dieser
in bekannter Weise zum Nähfaden geformt und fertiggestellt; daliei ist er einer
neuen, wenn auch meist harmlosen Infektion ausgesetzt. die beispielsweise durch
eine 1%ige alkoholische Wasserstoffsuperoxydlösung beseitigt werden kann, wonach
erfindungsgemäß wiederum eine Zerstörung des H2O2-Restes in der Lösung und im Faden
erfolg.
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Nach einer anderen Ausführungsform der Erfindung konnte man den Catgutfaden
unsteril fertigstellen. ihn dann beispielsweise in einer alkoholischen Wasserstoffsuperoxydlösung
keimfrei machen und ihn dann mehrmals mit Alkohol oder Benzol unter Gegenwart von
Aktivkohle waschen.
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Eine schnelle tiiid sichere Zerstörung des 112 O2-Restes wird dabei
erreicht, indem man der Waschflüssigkeit pro Liter etwa 100 g Aktivkohle beigibt.
Der Ablauf der H2O2-Zerstörung erfolgt hierbei so, daß die Waschflüssigkeit zunächst
eine Konzentration von 0,59% H2 02 annimmt, nacli Zugabe des Katalysators innerhalb
6 Stunden auf 0,14% H2O2 fällt und nach 24 Stunden noch 0,0085% H2O2 enthält.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann mit verschiedenen Abwandlungen
durchgeführt werden.
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Eine vorteilhafte Ausführungsform würde bei spielsweise darin bestehen,
daß man als Katalysator eine oligodynamisch wirksame Substanz, also z. B.
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Silber oder ein Metallsalz, verwendet, eine Maßnahme, die sich insbesondere
für den Fall eignet, daß das entkeinmte Catgut in der Waschflüssgkeit bis zum Verbrauch
aufbewahrt wird.
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Sodann wäre es möglich, daß das Catgut der Reihe nach verschiedenartigen
Behandlungsflüssigkeiten ausgesetzt wird. So könnte man etwa den Rohdarm mit einer
wässerigen H2O2-Lösung entkeinen und dann mit Wasser waschen, in welchem der H2O2-Rest
erfindungsgemäß zerstört wird, während nach der Fertigstellung des Fadens eine Schlußsterilisation
und Waschung in alkoholischer Lösung bzw. in Alkohol erfolgt. Grundsätzlich kann
Sterilisation und Waschung in allen geeigneten Flüssigkeiten und Flüssigkeitsgemischen
vorgenommen werden, in welchen Wasserstoffsuperoxyd löslich ist. Man hat es dabei
in der Hand. das erfindungsgemäße Verfahren nach Lage des Falles einmal oder mehrmals
anzuwenden.
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Der zeitliche Ablauf der H2O2-Zerstörung richtet sich einerseits
nach der vorhandenen H@ O2-Konzentration, andererseits nach der Menge bzw. nach
der oberfläche der H2O2-zerstörenden Subganz. Dabei verläuft die Realition in Wasser
oder wässerigen Gemischen schneller als in nichtwässerigen. Man hat es demgemäß
in der Hand, im Verhältnis zu einer gegebenen H2O2-Konzentration durch Wahl des
Waschflüssigkeitskatalysators. der Oberflächengröße des letzteren usw. das erfindungsgemäße
Verfahren in bestimmter Weise zu lenken, wobei Catgut und Waschflüssigkeit zur Steigerung
der Waschwirkung gegeneinander bewegt werden können. Dabei läßt sich dann, falls
dies erwünscht ist, die ursprüngliche Entkeimungslösung nach Verarmung bzw. Zerstörung
ihres H2O2-Gehaltes später als Waschflüssigkeit und umgekehrt die ursprüngliche
Waschflüssigkeit, die heim Waschen H2O2 aufnimmt, nach entsprechender Einstellung
der Konzentration und gegebenenfalls Entfernung des Katalysators als Sterilisationslösung
verwenden.
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Eine wertvolle Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens würde
endlich auch darin bestehen, daß zwecks Herstellung von Trockencatgut der Faden
sich beispielsweise in einer Hülle aus Filterpapier befindet, in welcher er in die
Sterilisationslösung und anschließend in die Waschflüssigkeit gelangt, worauf er
dann als sterile Trockenpackung zum Verkauf gelangt.
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Eine snngemäße Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens, das auch
für anderes chir-
urgisches Nähmaterial aus tierischen Rohstoffen
als aus Catgut brauchbar wäre, bestünde darin, daß man als Sterilisationsmittel
nicht H2 02> sondern Persalzlösungen, z. B. Ammoniumpersulfat, Natriumperborat
u. dgl., oder auch Persäuren mit organischem oder anorganischem Säurerest und als
diese Stoffe zerstörende Substanzen nicht Katalysatoren oder Enzyme, sondern oxydable,
vorzugsweise großoberflächige Stoffe wählt.
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PATENTANSPRI) CHE I. Verfahren zur Behandlung von Catgut, das durch
H2O2-Lösungen entkeimt wurde, mittels Waschflüssigkeiten, dadurch gekennzeichnet,
daß den Waschflüssigkeiten 112 O2 zerstörende, an sich bekannte Stoffe beigegeben
werden.