Cyanidentfernung aus Prozeßwasser
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Entfernung von Cyaniden aus Prozeßwasser, welches bei der Lebensmittelherstellung anfällt.
Bei Cyaniden handelt es sich um die Salze der Blausäure HCN. Sie enthalten das farblose, giftige Anion CN'. Aufgrund der hohen Giftigkeit des Cyanids kommt dessen Entfernung und Zerstörung besondere Bedeutung zu, wenn es im Rahmen von industriellen Produktionsprozessen oder in Form von Altlasten anfällt. Im Stand der Technik sind daher verschiedene Verfahren zur Zerstörung der Cyanide bzw. zur ihrer Extraktion aus einem Trägermaterial bekannt.
Für die Zerstörung von Cyaniden lassen sich biologische und chemische Verfahren einsetzen. Bei der technischen Anwendung werden insbesondere die chemischen Verfahren wie die oxidative Zerstörung (mit Wasserstoffperoxid, Ozon, Hypochlorit oder durch alkalische Chlorierung), die elektrochemische Spaltung, die Zerstörung durch ionisierende Strahlung und eine chemische Umwandlung mit Aldehyden und nachfolgender Hydrolyse beschrieben.
Die oxidative Zerstörung von Cyaniden mit dem Chlor- oder Hypochloritverfahren ist ein weitverbreitetes Verfahren. Durch den Einsatz von Hypochloritsalzen wird Cyanid zunächst in Cyanat und dann weiter in Stickstoff sowie parallel in Ammonium umgewandelt. Aufgrund problematischer Nebenreaktionen (Absorbierbare Organische Halogenverbindungen: AOX-Bildung) und auftretenden Zwischenprodukten (z.B. Chlorcyan) wurde zunehmend nach Alternativen gesucht.
Eine solche Alternative besteht in dem Einsatz von Wasserstoffperoxid. Dieser löst die Probleme des Hypochloritverfahrens. Durch eine Verfahrenskombination mit Monopersulfat lassen sich sehr geringe Restkonzentrationen und die Zerstörung von Cyanidkomplexen erreichen. Die Reaktion verläuft zunächst zum Cyanat, das mit überschüssigem Oxidationsmittel zu Stickstoff und Kohlendioxid weiterreagiert. Durch den Einsatz von UV-Licht kann die Reaktion des Wasserstoffperoxids so optimiert werden, daß die Geschwindigkeit höher und der Oxidationsmittelverbrauch geringer ist. Die Reaktion läuft unter Zusatz des Oxidationsmittels bei pH-Werten um 10 in batchweise geführten Reaktionskesseln innerhalb weniger Minuten ab.
Cyanide können auch in der Luft in Gegenwart von Katalysatoren wie Kupfer oder Aktivkohle und Sauerstoff als Reaktionspartner effektiv in Stickstoff und Kohlendioxid umgewandelt werden. Eine andere Möglichkeit bietet die Kombination Aldehyde/Wasserstoffperoxid. Durch die Reaktion mit Aldehyden wird das Cyanid in entsprechende Nitrile umgewandelt. Beschrieben wird insbesondere der Einsatz von Formaldehyd. Bei der Reaktion entsteht zunächst Glykonitril, das langsam hydrolytisch gespalten wird. Die Reaktion wird durch Wasserstoffperoxid beschleunigt, und es entsteht Formiat und Ammonium.
Die oxidative Cyanidzerstörung ist z.B. beschrieben in DE-42 14 974 (Cyanidzerstörung mit Wasserstoffperoxid und UV-Aktivierung), US-5 246 598 (Katalytische Oxidation mit Peroxiden), US-3 920 547 (Oxidation von Cyaniden mit Ozon), US-3 617 567 (Oxidation von Cyaniden mit Wasserstoffperoxid und einem Kupferkatalysator).
Bei bestimmten Anwendungen ist auch die elektrochemische Cyanidzerstörung möglich. Dabei erfolgt eine Elektrolyse der cyanidhaltigen Metallkomplexe im Abwasser und eine damit verbundene Zerstörung der Cyanide zu CO2 und N2 an der Anode und eine Metallabscheidung an der Kathode. Grundsätzlich ist der Einsatz des Verfahrens jedoch nur in der Metallverarbeitung oder bei Galvaniken interessant, da die wiedergewonnenen Metalle den Prozeß kostengünstig gestalten. Derartige Verfahren werden z.B. beschrieben in US-4 145 268 und US-3 756 932.
Eine weitere Variante ist die hydrolytische Zerstörung von Cyaniden. Sie verläuft über eine Wasseranlagerung zu den Produkten Formiat und Ammonium. Die Reaktion wird durch Temperatur, Druck oder einen geeigneten pH-Wert (> 10) beschleunigt. Bei einer Temperatur von ca. 190°C und dem entsprechendem Sättigungsdruck von ca. 30 bar in einem Autoklaven werden die Cyanide in kurzer Zeit vollständig verseift. Durch eine effektive Wärmerückführung kann eine kostengünstige Alternative zu den Oxidationprozessen erreicht werden.
Ein ähnlicher Prozeß zur Cyanidzerstörung wird bei der hydrothermischen Zerstörung eingesetzt. Die Cyanide werden zunächst bei Temperaturen um 200°C mit Sauerstoff aus ihren Metallkomplexen oxidativ freigesetzt und anschließend hydrolytisch gespalten. Die Methode ist insbesondere bei der Behandlung von Eisen-Cyanid Komplexen interessant.
Biologische Verfahren mit Mikroorganismen befinden sich z.Zt. noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Als Einsatzgebiete zeichnen sich eher Abwässer oder verunreinigte Feststoffe ab, bei denen die Cyanide als rein organische Kontaminationen vorliegen. Eine Ausnahme bilden die enzymatischen Verfahren, bei denen zumindestens teilweise metall- bzw. komplexhaltige Wässer mit Cyaniden dekontaminiert werden können.
Bei der Behandlung von Cyaniden tritt in der Praxis häufig das Problem auf, daß die Cyanide in einem Trägermedium verteilt sind, das nicht direkt der chemischen oder sonstigen Behandlung zur Cyanidzerstörung unterzogen werden kann. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Vorhandensein von Cyaniden in Altlasten im Boden. Hierbei kann nicht der gesamte Boden den entsprechenden Oxidationsmitteln ausgesetzt werden. In diesen Fällen können sogenannte Stripping-Verfahren angewendet werden, bei denen ein - in der Regel gasförmiges - Stripping-Fluid durch die cyanidbelastete Probe geleitet wird, wobei es zu einem Übertritt (Lösung) der Cyanide in das Stripping-Fluid kommt.
Stripping wird für die Entfernung einer Reihe von leichtflüchtigen Substanzen wie Ammoniak, Cyanid, Chlorkohlenwasserstoff (CKW), Benzol/Toluol/Xylol (BTX) und Schwefelwasserstoff eingesetzt. Insbesondere Verfahren für die Grundwassersanierung, Bodenluftabsaugung und für die Elimination von Ammonium-Stickstoff werden bereits großtechnisch angewendet.
97/25277 PC17EP97/00086
Ein Beispiel hierfür ist das Luftstripping der BTX aus Abwasser und anschließende Oxidation mit einem hydrophoben Katalysator bei 90 - 150°C direkt im Luftstrom. Beim Luftstripping der CKW aus dem Abwasser werden die ausgetragenen CKW i.d.R. an Aktivkohle adsorbiert und damit angereichert. Es werden auch Modelle mit Strippingkaskaden für den Einsatz leichtflüchtiger Kontaminationen vorgeschlagen.
Durch Stripping lassen sich auch unerwünschte Geruchs- oder Geschmacksstoffe entfernen, die anschließend an Aktivkohle adsorbiert oder mittels Oxidation zerstört werden.
Der Einsatz des Grundwasserstrippings erfolgt meist bei leichtflüchtigen CKW- und BTX-Kontaminationen. Die Verfahrenstechnik besteht bei allen ex situ-Ansätzen aus einer Füllkörperkolonne, in der durch einen intensiven Kontakt mit Luft die Schadstoffe ausgetrieben werden, und einer nachgeschalteten Aktivkohleadsorption.
Eine in situ-Reinigung des Grundwassers ist auch durch eine Bodenluftabsaugung (Bodenstripping) möglich, wobei dem Boden die flüchtigen Kontaminationen entzogen und aus dem Grundwasser nachgelöst werden. Damit wird neben der Bodenreinigung auch eine Grundwassersanierung erzielt.
Eine weitere Anwendung ist das Stripping von Ammonium-Stickstoff. Ammonium ist insbesondere in den Abwässern der Lebensmittelindustrie
(Pflanzeninhaltsstoffe, Düngemittelreste) ein Problemstoff, da der vorgeschriebene
Grenzwert (Direkteinleiter VO) von 10 mg/1 häufig überschritten wird. Für die
Elimination ist ein Stripping mit Luft oder Dampf gut geeignet und mehrfach in der
Literatur beschrieben. Grundsätzlich kann dabei der Ammonium-Stickstoff aus basischen Flüssigkeiten (pH 10-11) als leichtflüchtiger Ammoniak ausgetrieben werden. Dazu ist sowohl Luft als auch Dampf im Einsatz. Dampf ist aufgrund des kleineren Mengenverhältnisses (ca. 100 kg/m3 Abwasser) gegenüber Luft (1000 m3/m3 Abwasser) zwar vorteilhaft, aber energetisch aufwendiger. Der Ammoniak wird in den einzelnen Verfahren entweder katalytisch oxidiert (N2 + Wasser), kondensiert oder in Säure aufgefangen und ggf. als Wertstoff gewonnen (Dünger).
In der Literatur werden auch zwei Verfahren beschrieben, bei denen Cyanide durch Stripping ausgetragen und anschließend zerstört werden.
Bei dem Cyan-CAT Prozeß (Jola, Plating and Surface Finishing, 42-44, 1976) werden die Cyanide unter Zugabe von Schwefelsäure (pH 3-4 bei freien und pH 1- 3 bei komplexgebundenen Cyaniden) mittels Luft ausgestrippt und durch einen Katalysator bei 300 bis 400°C direkt in der Strippingluft oxidiert. Der Katalysator enthält eine Komposition aus Edelmetallen, die nicht näher beschrieben werden. Die stark exotherme Reaktion erhält sich über eine Wärmerückführung nahezu selbst, so daß nur die initiale Erwärmung mit einem Brennstoff erzeugt werden muß. Die behandelten Cyanidlösungen stammen in der Regel aus Galvanikanlagen oder liegen als Abwässer vor und haben eine sehr hohe Cyanidkonzentration (typischerweise 20 g/l).
Bei dem Cyanidstripping mit CO2/Luft (Müller-Erlwein, Angerer, Chem.-Ing.-Tech. 65, 747-749, 1993) wird durch ein Stripping mit einem CO2/Luft-Gemisch (1 :1) das Cyanid aus Böden oder - versuchsweise - aus Lösungen abgetrennt und gleichzeitig durch den Luftsauerstoff bei Raumtemperatur oxidiert. Das Verfahren ist für die in situ-Behandlung von kontaminierten Böden entwickelt worden. Die Reduzierung einer Anfangskonzentration von 1000 mg/l auf 5 mg/l erforderte ein mehrstündiges Stripping der Versuchslösung. Die Verringerung des Cyanidgehaltes zeigte eine starke Abhängigkeit von der vorliegenden Bindungsart des CN -Ions (leicht freisetzbar vs. komplex) und wurde daher durch zusätzliche Maßnahmen wie eine Kühlung beschleunigt.
Ein weiteres Anwendungsgebiet für die Cyanidentfernung stellt die Lebensmitteltechnologie dar. Hierbei entstehen cyanidhaltige Abwässer insbesondere bei der Entbitterung von Rohstoffen. So sind z.B. bei der Herstellung von Persipan-Rohmasse Aprikosenkerne zu entbittern. Diese werden dabei mit Wasser versetzt, um die Cyanide - und damit den bitteren Geschmack - auszulaugen. Dabei entstehen hohe Gehalte an Cyaniden im Wasser. Die Konzentrationen können zwischen 20 und 300 mg/l CN" variieren. Bei Anlagen nach dem Stand der Technik (MVM Konsult AB, Solna, Schweden; Marcia Engineering A/S, Noerre Aaby, Dänemark) wird das für die Entbitterung der Kerne verwendete Wasser nach Abschluß des Auslaugens als Abwasser verworfen. Dabei ist es aufgrund des hohen Cyanidgehaltes zunächst zu entgiften. Dies
geschieht durch oxidative Zerstörung des Cyanids. Nachteilig bei diesem Verfahren nach dem Stand der Technik ist es, daß dabei das große Mengen von Prozeßwasser verbraucht werden. Diese müssen zudem soweit gereinigt werden, daß sie in allen chemischen Parametern den gesetzlichen Vorschriften für die Abwassereinleitung entsprechen. Die Cyanidkonzentration sollte dabei auf unter 1 mg/l (ATV-Richtlinien) gesenkt werden.
Die vorliegende Erfindung hat sich gegenüber dem geschilderten Stand der Technik die Aufgabe gestellt, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, mit denen cyanidbelastete Prozeßwässer, welche bei der Lebensmittelherstellung anfallen, auf einfache und kostengünstige Weise vom Cyanid befreit werden können. Dabei sollen als Ausgangsprodukte des Reinigungsprozesses verringerte Mengen von Abwasser und Abluft anfallen. Ferner soll die Keimfreiheit des Wassers garantiert werden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gelöst, bei welchem
A) das Prozeßwasser im Kreislauf zwischen Anwendungsprozeß und Cyanidentfernung geführt wird,
B) das Prozeßwasser physikalisch aufbereitet wird, C) das Prozeßwasser in einer Stripping-Kolonne von Strippinggasen durchströmt wird, in welchen sich die Cyanide anreichern, und D) ggfs. das Prozeßwasser in einem Unterkreislauf mehrfach den Behandlungsschritten B) und/oder C) unterworfen wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich zunächst dadurch aus, daß das Prozeßwasser in einem Kreislauf geführt wird. Es steht daher dem zugrundeliegenden Anwendungsprozeß, z.B. einer Entbitterung bei der Persipan- Herstellung, wiederholt zur Verfügung. Im Gegensatz zum Stand der Technik fällt eine Charge Prozeßwasser daher nicht komplett als Abwasser an, nachdem eine Entbitterung einmal durchgeführt ist. Damit das Prozeßwasser seine Aufgabe im Anwendungsprozeß erfüllen kann, muß es bei der Kreislaufführung jedoch fortlaufend von den Substanzen gereinigt werden, die aus dem Anwendungsprozeß stammen und sich im Prozeßwasser anreichern. Dabei kann es sich z.B. um Feststoffe handeln, die sich im Verfahrensschritt B) physikalisch abtrennen lassen. Insbesondere müssen jedoch die Cyanide aus dem Prozeßwasser entfernt werden. Dies geschieht bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren im Schritt C) durch ein Ausstrippen der Cyanide mit geeigneten Stripppinggasen. Hierdurch wird der Cyanidgehalt im Prozeßwasser auf schnelle und äußerst einfache Weise auf Werte gesenkt, die das Prozeßwasser für einen erneuten Einsatz im Anwendungsprozeß brauchbar machen. Es ist dabei insbesondere nicht nötig, den Cyanidgehalt durch einen unverhältnismäßigen Aufwand auf Werte zu senken, die eine Einleitung des Prozeßwassers gemäß den gesetzlichen Vorschriften in das Abwasser erlauben würden. Trotzdem kann eine Reinigung des Prozeßwassers auf Konzentrationen von unter 20 mg/l CN" durch das Stripping innerhalb kurzer Zeit erreicht werden. Mit dem Stripping-Verfahren ist eine gezielte Abtrennung des Cyanids (mit anschließender Konzentrierung und Zerstörung) möglich, ohne daß Begleitstoffe des Prozeßwassers behandelt werden müssen oder chemische oder biologische Nebenreaktionen stattfinden und Rückstände von Reagenzien bleiben. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kann daher der Aufwand für die Cyanidzerstörung im Prozeßwasser gegenüber den Verfahren nach dem Stand der Technik erheblich vereinfacht werden. Im Bereich der Lebensmittelherstellung ist es ferner unvezichtbar, daß das Prozeßwasser keimfrei ist. Dieses wird beim erfindungsgemäßen Verfahren durch die rein physikalischen Behandlungsmaßnahmen gewährleistet. Dabei gewährleistet die Trennung von Cyanidentfernung und -Zerstörung beim erfindungsgemäßen Verfahren auch, daß das Prozeßwasser nicht mit für die Lebensmittelherstellung schädlichen Substanzen belastet wird.
In einer bevorzugten Form des Verfahrens werden die cyanidbeladenen Strippinggase einem weiteren Behandlungsschritt zur Zerstörung der Cyanide unterworfen.
Das Prozeßwasser kann in einem Unterkreislauf mehrfach den Behandlungsschritten B) und/oder C) unterworfen werden. Dies geschieht, indem es unter Umgehung des Anwendungsprozesses im Kreis geführt wird. Ein derartiger Unterkreislauf kann erforderlich sein, wenn der Anwendungsprozeß unterbrochen ist oder zeitweilig weniger Prozeßwasser benötigt. In diesem Fall kann der Stripping-Prozeß jedoch kontinuierlich weitergeführt werden.
Die Cyanide, die sich in den Strippinggasen angereichert haben, werden erfindungsgemäß in einem weiteren Behandlungsschritt zerstört. Hierbei macht sich vorteilhaft bemerkbar, daß die zu zerstörenden Cyanide in einem Gas
vorliegen, und nicht in einer großen Mengen von Prozeßwasser zusammen mit verschiedensten anderen Begleitstoffen.
Als im Rahmen der Erfindung geeignete Strippinggase werden Luft, insbesondere Druckluft, Kohlendioxid und/oder Stickstoff angegeben. Diese Gase sind zum einen technisch unproblematisch und kostengünstig verfügbar, zum anderen haben sie eine ausreichende Aufnahmekapazität für gasförmige Cyanide.
Die physikalische Aufbereitung des Prozeßwassers in Behandlungsschritt B) kann z.B. darin bestehen, daß schwere und/oder feste Bestandteile in einer Zentrifuge abzentrifugiert werden. Im Rahmen der Persipan-Herstellung ist eine derartige physikalische Aufbereitung z.B. nötig, um enthaltene Schwebeteilchen oder
Mikroorganismen abzutrennen.
Eine weitere erfindungsgemäße physikalische Aufbereitung kann durch Filtration, vorzugsweise Mikro-, Ultra- und/oder Nanofiltration stattfinden. Ferner kann das
Prozeßwasser mit UV-Licht bestrahlt werden, insbesondere als Nachbehandlung einer Zentrifugation, um eine verstärkte Entkeimung des Prozeßwassers zu erzielen. Diese Behandlungsmethoden können wahlweise nach Bedarf miteinander kombiniert werden.
Die Zerstörung der Cyanide in den Strippinggasen erfolgt vorzugsweise auf chemischem Wege. Insbesondere wird erfindungsgemäß ein dreistufiges
Verfahren angewendet, bestehend aus den Schritten
E1) Auswaschen der Cyanide aus dem Strippinggas durch Wäsche des Gases mit Lauge, vorzugsweise Natronlauge NaOH,
E2) Behandlung des in der Lauge angereicherten Cyanids mit Wasserstoffperoxid im basischen Milieu,
E3) Oxidation des behandelten Cyanids zu Stickstoff und Kohlendioxid durch Zugabe von Wasserstoffperoxid und/oder Monopersulfat bei Reaktion zunächst im basischen Milieu und anschließender Endreaktion im sauren
Milieu und/oder durch Zusatz von Ozon als Oxidationsmittel.
Durch diese Art der Prozeßführung können große Mengen Prozeßwasser entgiftet werden, und das Cyanid wird in einer geringen Menge Lauge gesammelt.
Vorzugsweise findet der Behandlungsschritt E2) bei einem pH-Wert größer 10 statt und der Behandlungsschritt E3) zunächst bei einem pH-Wert größer 10 und anschließend bei einem pH-Wert von ca. 6. Es ist möglich, die Oxidationsreaktionen mit Wasserstoffperoxid in den Behandlungsstufen E2), E3) durch die Bestrahlung mit UV-Licht zu beschleunigen.
Vorzugsweise wird bei der beschriebenen Zerstörung der Cyanide aus der Stripping-Luft die Waschlauge in einem Kreislauf geführt. Mit dem erfindungsgemäßen Vorgehen ist eine effiziente und kostengünstige Zerstörung der Cyanide möglich. Insbesondere ist gewährleistet, daß die Strippinggase soweit von Cyanid befreit werden, daß sie als gereinigte Abluft die Anlage verlassen können.
Durch die Kreislaufführung der Waschlauge wird auch hier erreicht, daß die Menge des anfallenden Abwassers minimiert wird.
Für die Zerstörung der Cyanide im Strippinggas im Verfahrensschritt E) sind neben dem oben beschriebenen Vorgehen auch sämtliche anderen aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren möglich. Insbesondere kann eine Oxidation der Cyanide mit Sauerstoff erfolgen, wobei vorzugsweise Kupfer oder Aktivkohle als Katalysator eingesetzt werden. Ebenso kann zunächst eine Umwandlung der Cyanide mit Aldehyden, vorzugsweise mit Formaldehyd stattfinden, wobei die Umwandlungsprodukte anschließend hydrolysiert werden. Dabei kann ein zusätzlicher Einsatz von Wasserstoffperoxid von Vorteil sein.
Das Strippinggas kann die Stripping-Kolonne im Verfahrensschritt C) ein- oder mehrmals durchlaufen. In der Regel wird es danach jedoch noch nicht mit Cyaniden gesättigt sein. Es ist daher möglich, das Strippinggas durch ein zweites, mit Cyaniden belastetes Fluid zu leiten, und hieraus weitere Cyanide zu extrahieren. Bei dem zweiten Fluid kann es sich dabei insbesondere um eine Menge handeln, die nicht mehr in einem Prozeßkreislauf eingesetzt wird, sondern lediglich möglichst weit von Cyaniden befreit werden soll, z.B. um anschließend in das Abwasser eingeleitet werden zu können. Dabei kann es sinnvoll sein, die Entfernung der Cyanide durch das Stripping nur bis zu einem bestimmten Cyanidgehalt durchzuführen und die Restcyanide anschließend mit den oben beschriebenen Verfahren, z.B. einer chemischen Oxidation, durchzuführen.
Bei dem zweiten, mit dem Strippinggas gereinigten Fluid, kann es sich insbesondere um zu entsorgendes Prozeßkreislaufwasser aus dem eigentlichen Anwendungsprozeß nach Behandlungsstufe A) handeln. Denn es ist möglich, daß dieses Prozeßwasser von Zeit zu Zeit komplett erneuert werden muß. Es ist dann im Hinblick auf seine chemische Belastung auf Werte zu reinigen, die eine Einleitung in das Abwasser erlauben. Mit dem beschriebenen Vorgehen kann derartiges, zu entsorgendes Prozeßwasser quasi nebenbei von den ohnehin eingesetzten Strippinggasen durchlaufen und dabei von Cyaniden befreit werden. Eine derartige Entsorgung läßt sich ohne besonderen verfahrenstechnischen Aufwand oder weiteren Materialeinsatz in die vorhandene Anlage integrieren.
Die Erfindung betrifft auch eine Vorrichtung zur Durchführung des oben beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens. Diese Vorrichtung ist dadurch charakterisiert, daß im Kreislauf des Prozeßwassers verschiedene Komponenten angeordnet sind, welche vom Prozeßwasser durchströmt werden. Zu diesen Komponenten gehören:
a) eine Anlage zur Durchführung des Anwendungsprozesses, b) ggfs. ein oder mehrere Pufferbehälter für das Prozeßwasser, c) eine Zentrifuge und/oder ein Filter, vorzugsweise ein Mikro-, Ultra- und/oder Nanofilter, und/oder eine UV-Bestrahlungsstation zur Entkeimung, d) eine Stripping-Kolonne mit einer Zuleitung für Strippinggas, e) eine Umlaufpumpe, f) ggfs. ein regelbarer Bypass zur Umgehung des Anwendungsprozesses.
Diese erfindungsgemäße Vorrichtung erlaubt mit relativ wenigen und einfachen Komponenten die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens und die Erzielung der damit verbundenen Vorteile. So kommt es durch den Kreislaufprozeß insbesondere zu einer erheblichen Einsparung an Prozeßwasser.
Die Erfindung betrifft auch eine Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Zerstörung der Cyanide in den Strippinggasen. Diese Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet, daß
a) sie einen Abtuftwascher enthält, dem die cyanidbelasteten Strippinggase zugeführt werden und den gereinigte Abluft verläßt, und der einen Zu- und Ablauf für die Waschlauge enthält, b) hinter dem besagten Ablauf der Waschlauge ein Behandlungsbehalter für die Zerstörung des Cyanids angeordnet ist, c) der Behandlungsbehälter mit Chemikahenbehältern verbunden ist, und d) ggfs der Ausfluß des Behandlungsbehälters in einem Kreislauf mit dem Waschlaugenzulauf des Abluftwaschers verbunden ist
Vorzugsweise kann der Behandlungsbehälter mit einem Neutralisationsreaktor verbunden sein, welcher seinerseits an Chemikalienbehälter (Saure, Lauge) angeschlossen ist. Der Neutralisationsreaktor hat dabei einen Ausgang für gereinigtes Abwasser, welches ihn nach Abschluß der Neutralisationsreaktion verlaßt Durch die Nachschaltung dieses Reaktors hinter den Behandlungsbehälter ist es möglich, falls notig die Waschlauge zu entsorgen Diese Lauge kann nicht direkt in das Abwasser eingeleitet werden, da sie zu stark alkalisch ist Ihr pH-Wert muß daher auf geregelte Weise in dem Neutralisationsreaktor auf einen pH- Wert zwischen 5 und 6 eingestellt werden.
Die beschriebene erfindungsgemäße Vorrichtung zur Zerstörung der Cyanide in den Strippinggasen erreicht mit relativ wenigen und einfachen Komponenten eine effiziente Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens Sie erzielt damit die mit dem Verfahren verbundenen Vorteile Insbesondere ist es durch die Kreislauffuhrung der Waschlauge auch hier möglich, die anfallende Abwassermenge zu minimieren
In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung kann das der Vorrichtung zur Zerstörung der Cyanide zugeleitete Strippinggas zunächst durch eine weitere Stnpping-Kolonne geleitet werden, bevor es in den Abluftwascher gelangt Diese Stripping-Kolonne kann vorzugsweise mit Chemikalienvorratsbehältern verbunden sein, die eine definierte Einstellung verschiedener chemischer Parameter wie z.B des pH-Wertes erlauben. Der Vorteil der Anordnung einer weiteren Stripping- Kolonne ist, daß sich hierin ein cyanidbelastetes Fluid befinden kann, welches durch das durchströmende Strippinggas gereinigt wird. Dieses Strippinggas kann zwar im Falle der Nutzung in einer vorhengen Prozeßstufe bereits cyanidbelastet sein, jedoch hat es in der Regel die Sättigungsgrenze für Cyanide bei weitem noch
nicht erreicht, so daß es auch in der weiteren Stipping-Kolonne Cyanide extrahieren kann. Im Rahmen der Erfindung ist es auch möglich, der zweiten Stipping-Kolonne ein unbelastetes Strippinggas zuzuführen.
Damit in der oben beschriebenen vorgeschalteten Stripping-Kolonne z.B. die Entsorgung des Prozeßkreislaufwassers aus dem Anwendungsprozeß von Zeit zu Zeit erfolgen kann, besteht vorzugsweise eine zu öffnende und zu schließende Verbindung von diesem Anwendungsprozeß zur Stripping-Kolonne.
Eine bevorzugte Anwendung findet das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße Vorrichtung in der Lebensmittelindustrie insbesondere im Zusammenhang mit Entbitterungsverfahren, wie sie vor allem bei der Entbitterung von Kernen bei der Persipan-Herstellung anfallen. Obwohl die Erfindung für die Lebensmittelindustrie optimiert ist, kann sie natürlich auch zur Entgiftung anderer industrieller Prozeßwässer angewendet werden. In diesem Falle kann das Verfahren bei Bedarf dahingehend abgewandelt werden, daß die physikalische Behandlung (Schritt C)) entfallen kann.
Im folgenden wird die Erfindung anhand der Figuren beispielhaft erläutert.
Figur 1 zeigt schematisch eine Prozeßwasseraufbereitungs- und -reinigungsanlage für die Persipan-Produktion.
Figur 2 zeigt das Funktionsprinzip des Cyanid-Strippings.
Die Extraktion der Cyanide aus dem zu behandeinen Lebensmittel wird in einer Behälterkaskade durchgeführt. Stellvertretend dafür ist in der Figur 1 ein Behälter der Kaskade 1 dargestellt, aus dem das anfallende Extraktionswasser zunächst in einen Pufferbehälter 4' gelangt. Über diese Pufferung des Wassers können die nachfolgenden kontinuierlich arbeitenden Behandlungsschritte der Prozeßwasseraufbereitung gleichmäßig mit dem Wasser beaufschlagt werden. Auswirkungen von Störungen des Produktionsprozesses werden somit in der Aufbereitungsanlage unterbunden oder zumindestens abgemildert.
Ausgehend von diesem Pufferbehälter wird das cyanid- und feststoffhaltige Wasser einer Zentrifuge 2, bzw. einer Filtration und/oder UV-Entkeimung gleichmäßig zugeführt. Im Zentrifugalfeld findet eine Abtrennung der Feststoffe
aus dem Wasser statt. Gleichzeitig mit der Feststoffabtrennung werden auftretende Mikroorganismen abgeschieden bzw. in ihrer Anzahl stark reduziert. Die Organismen werden sowohl assoziiert mit dem Feststoff als auch bei ausreichender Eigengröße direkt abgetrennt. Die Feststoffe werden zusammen mit anderen Abfällen des Lebensmittels einer Kompostierung zugeführt.
Durch diesen Verfahrensschritt werden neben der Feststoffentfernung auch die hygienischen Eigenschaften des Prozeßwassers kontrolliert.
Der zweite wichtige Aufbereitungschritt ist die nachfolgende Stripping-Kolonne 3. Hierin wird eine intensive Durchmischung des cyanidhaltigen Wassers mit Druckluft aus einer Zufuhr 3c erzeugt und der damit verbundene Stoffaustausch zwischen der flüssigen und gasförmigen Phase sorgt für einen Austrag des freien Cyanids in Form der Blausäure mit der Abluft. Die Verhältnisse sind übersichtlich in der Figur 2 dargestellt.
Figur 2 zeigt das Funktionsprinzip des Cyanid-Strippings im Detail. Der Stripping- Kolonne 3 wird auf der einen Seite 3e über die Zuleitung 3a das Prozeßwasser zugeführt. Dieses verläßt die Stripping-Kolonne über den Abfluß 3b. Im Gegenstrom hierzu wird über die Zuleitung 3c das Strippinggas, vorzugsweise Druckluft, zugeführt. Dieses wandert als Gasphase 3f im Gegenstrom parallel zur Flüssigphase 3e (Prozeßwasser) des Prozeßwassers und verläßt die Stripping- Kolonne am Ausgang 3d wieder. Innerhalb der Stripping-Kolonne bildet sich durch Umkehrung der Dissoziationsreaktion das gasförmige Cyanid HCN und tritt in das Strippinggas über. Da das Gas an Cyanid nicht gesättigt ist, handelt es sich dabei um ein Ungleichgewicht, so daß ständig undissoziiertes Cyanid in der Flüssigphase gebildet wird, welches in die Gasphase übertritt.
Das aufbereitete Prozeßwasser wird in ein weiteres Puffergefäß 4 geleitet und steht als Vorrat dem Produktionsprozeß zu Verfügung. Über eine Pumpe 5 kann das Prozeßwasser nun entweder in die Extraktionsbehälter 1 oder aber über einen Bypass 6 in den Zentrifugenpuffer 4' gefördert werden. Durch den Kurzschluß über den Bypass 6 ist eine kontinuierliche Behandlung des Wassers möglich, auch wenn die Produktion zum Stillstand gelangt. Die interne Kreislaufführung trägt insbesondere den hygienischen Anforderungen Rechnung, da eine stetige
Abtrennung eventuell anwachsender Mikroorganismen in der Zentrifuge erzielt wird.
Zusammenfassend läßt sich die Prozeßwasseraufbereitung mit einem Wasserwerk vergleichen, dem je nach Anforderungen des Produktionsprozesses Wasser entnommen und zur Aufbereitung zugeführt werden kann.
Prozeßbedingte Wasserverluste und Verdunstungsdefizite beim Stripping werden über eine Regelung im Vorratspuffer 4 mit Frischwasser ausgeglichen.
Mittels der Multifunktionspumpe 5 kann bei Bedarf das gesamte Kreislaufwasser in den Nachreinigungsteil der Anlage gefördert und der Aufbereitungskreislauf nach einer Reinigung mit Frischwasser gefüllt werden. Das Wasser gelangt dabei in den Behälter 8 und wird dort abschließend behandelt. Dazu erfolgt in dem als Strippingkolonne betriebenen Behälter ein Stripping der Restcyanide mit Druckluft. In einer Behandlungszeit von 10 bis 24 h wird der Cyanidgehalt auf ein Minimum reduziert.
Nach Abschluß dieser Behandlung kann eine Nachdosierung geringer Oxidationsmittelmengen und die Dosierung von Natronlauge zur pH-Einstellung notwendig sein, um noch vorhandene Cyanidreste vollständig zu zerstören. Zu diesem Zweck ist der Behälter 8 mit entsprechenden Chemikalienbehältern 11a, 11b verbunden. Die eingesetzte Stripping-Luft ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sowohl in der Prozeßwasseraufbereitung (Stripping-Kolonne 3) als auch in der Nachreinigung (Behälter 8) zu nutzen, da die Sättigungsgrenze für Cyanid bei den verwendeten Luftmengen nicht erreicht wird.
Das nachgereinigte Abwasser wird über eine Neutralisationsstation 12 geführt und nach Einstellung eines geeigneten pH-Wertes in das kommunale Abwassernetz eingeleitet (Indirekteinleitung). Die vorgegebenen Grenzwerte werden in der Abwasserreinigungsanlage 8 eingestellt bzw. unterschritten.
Die cyanidangereicherte Stripping-Luft wird einer Laugewäsche mit integrierter Cyanidzerstörung zugeführt. Bei der Laugewäsche, bestehend aus einem Vorrats¬ und Dosierbehälter 10 und einer Waschkolonnenkaskade 9, wird ebenfalls eine konsequente Kreislaufführung eingesetzt. Die chemische Zerstörungsreaktion läßt sich wie folgt definieren:
I Reaktion der Laugewäsche (Abluftreinigung)
Das Cyanid (in Form der Blausäure) wird in der Natronlaugewäsche aus der Stripping-Luft eliminiert und chemisch gebunden:
HCN + NaOH > NaCN + H20
(Blausäure) (Natronlauge) (Natriumcyanid)
Durch die Reaktion verbraucht sich die Natronlauge und das Oxidationsmittel und muß entsprechend aus den Chemikalienbehältern 11a,b nachdosiert werden.
II. Oxidationsreaktion des Natriumcvanids im Basischen
In der weiteren Reaktion wird das in der Lauge angereicherte Natriumcyanid mit Wasserstoffperoxid zerstört:
ρH > 10
NaCN + H202 > NaOCN + H20 (Natriumcyanid) (Wasserstoffperoxid) (Natriumcyanat)
III. Oxidationsreaktion des Cvanats im Sauren
In einer weiteren Reaktion im leicht sauren Milieu und einem Oxidationsmittelgemisch aus Wasserstoffperoxid und Monopersulfat wird das Cyanat vollständig zerstört. Die Zugabe von Monopersulfat optimiert die Reaktion und sorgt für einen minimalen Oxidationsmitteleinsatz.
pH ca. 6 Cyanat + H202/Monopersulfat > N2 + CO2 + H20
Die entstehenden Endprodukte Stickstoff (N2) und Kohlendioxid (CO2) sind völlig ungefährlich und verlassen als Gase die Zerstörungsanlage.