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Verfahren und Vorrichtung zum Beschicken von großen Siemens-Martin-Öfen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Beschicken von großen
Siemens-Martin-Öfen. Das erfinderische und neue Merkmal des Verfahrens besteht darin,
daß das ganze Beschickungsgut oder ein erheblicher Teil desselben auf einmal in
den Ofen aufgegeben wird, wobei der Beschickungsbehälter zusammen mit dem Beschickungsgut
wä=hrend des Beschickungsvorganges die Ofentür abdichtet.
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Eine zweckmäßigeVorrichtung zurDurchführung des Verfahrens ist ein
den Ofentüren angepaßter fahrbarer großer Beschickungsbehälter, der mit einer selbständigen,
fahrbaren Ausstoßvorrichtung gekuppelt ist.
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Zum Beschicken von Schmelzöfen, insbesondere Siemens-Martin-Öfen,
benutzt man bisher fast ausschließlich die sogenanntenC'hargierkrane (Einsetzmaschinen).
Es sind dies Laufkräne mit einer an der Laufkatze hängenden Chargiermaschine. Diese
ist um eine senkrechte Säule drehbar und besitzt einen drehbaren, heb- und .senkbaren,
waagerechten Ausleger, mit dem die das Einsatzgut enthaltenden Mulden gefahren,
gehoben, gekippt und geschwenkt werden können. Das Einsetzen erfolgt dabei in der
in Abb. i dargestellten Weise. Die mit Schrott gefüllten Mulden i stehen zwischen
Ofenbühne und Schrottplatz auf der Muldenbank 2. Sie besitzen am Kopf eine Aussparung.
In diese wird das Ende des Auslegers 3 der Einsetzmaschine 4 hineingesenkt und mittels
der Festhaltevorrichtung verankert. Alsdann wird die Mulde angehoben, zurückgezogen
und um iSo° geschwenkt, so daß sie nach
der Ofenseite zu gerichtet
ist, bis zum Ofen 5 hin, in diesen hineingefahren und durchDrehen desAuslegers auf
den Herd entleert. Schließlich wird durch ein Rückdrehen rdes Auslegers die Mulde
wieder aufgerichtet, auf die gleiche umständliche Art zur Muldenbank zurückgefahren
und abgehängt. Dieses Verfahren hat schwerwiegende technische und wirtschaftliche
Nachteile.
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Wie die Zeichnung (s. Abb. z) ergibt, wirkt die beladene, am Ausleger
'hängende Mulde an einem sehr langen Hebelarm, und dadurch werden der Ausleger und
die Eisenkonstruktion sehr umgünstig und stark beansprucht, so d'aß häufige Störungen
eintreten, zumal Überbelastungen beider geringen Tragfähigkeit nicht immer zu vermeiden
sind. Aus diesen Gründen können,die Mulden nur einen verhältnismäßig geringen:Inhalt
haben. Im allgemeinen haben sie nur eine Größe von r5oo X 6oo X 6oo mm und, fassen
je nach Art des Schrottes. meist nicht mehr als -einige hundert Kilo Einsatzgut.
Ihre Größe und Belastungsmöglichkeit erfordern daher oft eine Zerkleinerung des
Beschickungsgutes, wenn dieses .größere Stücke enthält, und stehen vor allem in
keinem angemessenen Verhältnis zur Größe und ,dem Gewicht der gesamten Krananlage.
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Die Muldengröße ist aber auch unzureichend im Verhältnis zu den heute
benutzten. Ofengrößen. Zu der Zeit, als die Beschickungsmaschine geschaffen wunde,
benutzte man Öfen von wenigen Tonnen Fassungsvermögen. Diese konnte man mit wenigen
Mulden in etwa i/2 Stunde beschicken. In neuerer Zeit werden jedoch Öfen mit einem
Fassungsvermögen von 50 bis z5o t und darüber verwendet. Das ergibt die Notwendigkeit,
für eine einzige Ofenbeschickung bis zu roo und mehr Mulden, je nach Beschaffenheit
des Schrottes, welche sehr viel Platz beanspruchen, in der beschriebenen umständlichen
Art in den Ofen einzufahren.. Dabei steigen dann die Beschickungszeiten je nach
der Ofengröße und der Beschaffenheit .des Schrottes auf etwa 3 bis 8 Stunden, und
die durch das häufige Einfahren und - Öffnen -der großen Ofentüren eintretenden
Wärmeverluste, die sich sowohl als Gasverluste wie auch als Strahlungsverluste bemerkbar
machen, sind: sehr groß. Dies ist für die Betriebe eine untragbare wirtschaftliche
Belastung. Während bei jedem Öffnen der Tür aus der oberen Hälfte heiße Rauchgase
und verbrannte Gasreste entweichen, zieht durch die unteren Teile der Ofentüren
kalte Frischluft in den Ofenraum hinein. Dadurch werden die Flammentemperatur und
die Rauchgastemperatur erheblich erniedrigt: Das hat zur Folge, -daß die in den
Regenerativkammern erzielbareVorwärmetemperatur von Gas und Luft zurückgeht, so
daß dem Ofen im entscheidenden Zeitabschnitt, nämlich während des Einschmelzens
des eingesetzten Einsatzgutes, nicht .die erforderlichen hohen Temperaturen angeboten
werden können.
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Ferner findet durch diesen Falschlufteintritt eine unerwünschte Oxydation
des Einsatzes statt, deren Beseitigung wiederum Wärme erfordert. Eine wesentliche
Herabsetzung ,der Beschickungszeit und die Abdichtung .des Ofens beim Beschicken
zur Vermeidung von Wärmeverlusten würden also schon wärmewirtschaftlich einen. entscheidenden
Fortschritt herbeiführen und bilden für -sich allein eine dringend zu lösende Aufgabe
für alle Ofenbetriebe.
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Hinzu kommt folgendes: Maßgebend für die wirtschaftliche Ausnutzung
eines Stahlwerkes ist die für die Durchführung einer Schmelze erforderliche Gesamtzeit,
die Schmelzdauer. Je kürzer diese isst, desto mehr Schmelzen können an einem Arbeitstag
durchgeführt werden. Nun ist die Gesamtschmelzdauer von ider Beschickungsdauer und
der Ausnutzung .der Wärme abhängig, @d. h. um einen bei der Beschickungszeit erzielbaren
Zeitgewinn verkürzt sich in der Regel die Gesamtschmelzdauer, und zwar um so mehr,
je geringer die Wärmeverluste sind. Diese Sch.melzdauerverkürzung ist aber von größtem
volkswirtschaftlichem Nutzen, denn sie steigert nicht nur die Jahresigesamterzeugung,
sondern ,mit ihr sinken natürlich auch die auf die Tonne Erzeugung bezogenen Generalunkosten,
insbesondere die Wandverluste des Ofens, welche durch Ausstrahlung von Wärme aus
dem Mauerwerk entstehen. Darüber hinaus ergeben sich durch die Verkürzung der Beschickungszeit
noch wesentliche Vorteile wärmewirtschaftlicher, metallurgischer und technologischer
Art: Als metallurgischer Vorteil ist vor allem die Vermeidung der Oxydation des
Einsatzes hervorzuheben. Durch das beider üblichen Beschickungsweise außerordentlich
häufige Öffnender Türen gelangen, wie bereits erwähnt, erhebliche Falschluftmengen
in den. Ofen hinein. Neben der schon berücksichtigten Temperaturerniedrigung findet
daher eine starke Oxydation des Einsatzes :statt. Dadurch wind der Kohlenstoffgehalt
des eingesetzten Roheisens zu zeitig verbraucht, @so daß -die Schmelzen mit einem
zu niedrigen C-Gehalt einlaufen und unter Umständen nicht für die gewünschte Stahlgüte
verwendet werden können. Um diesem Nachteil zu entgehen, muß man also mehrRohei.sen,
als. gerade notwendig, einsetzen. Dadurch wächst aber wiederum die zur Beseitigung
der Verunreinigungen des Roheisens erforderliche Schlackenmenge, welche durch einen
erhöhten Kalk- und Flußmittelzusatz sichergestellt wenden muß. Obendrein kann man.
den Umfang des Falschlufteintrittes auch nicht annähernd abschätzen, <so daß
die angeführten vorbeugenden Maßnahmen nur mit größter Urisicherheit zu treffen
sind.
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Schließlich ist hervorzuheben, daß die vergrößerte Schlackenmenge
ein ;schlechteres Ausbringen an gutem Stahl zur Folge hat, weil sich eine größere
Menge von Eisen und dem volkswirtschaftlich sehr wichtigen Mangan in der Schlacke
ansammelt und damit verloren ist.
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Eine Herabsetzung,der Beschickungszeit und die Abdichtung des Ofens
während der Beschickung würden durch Beseitigung dieser genannten Nachteile eine
nennenswerte Ersparnis an Kohle, Roheisen, Mangan, Kalk, Flußmitteln und auch an
Arbeitsstunden erbringen sowie eine wesentliche ,sichere Schmelzwirkung ermöglichen.
Auch die
Lösung dieser Aufgaben ist von größter Dringlichkeit.
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Weitere nicht weniger beachtliche Nachteile des Arbeitens mit der
üblichen Beschickungsmaschine liegen darin, daß beim Entleeren -der vielen ,Mulden,
die man mit der umfangreichen unhandlichen Maschine nicht immer an die richtigen
Stellen des Ofeninnern führen kann, im Ofen einzelne hohe Schrotthaufen gebildet
werden, die das Einfahren weiterer Mulden behindern und: zu Beschädigungen der Ofenwandungen
und des Gewölbes führen. Insbesondere ist hier die Beschädigung der Türpfeiler und
der wassergekühlten Türrahmen zu erwähnen, deren Haltbarkeit und einwandfreier Zustand
für die Benutzungsdauer der Öfen von ausschlaggebender Bedeutung .sind. Ihre durch
das häufige Einfahren mit sperrigem Schrott beladener Mulden unvermeidliche Beschädigung
führt zu zählreichen Instandsetzungsarbeiten und damit zu einem vorzeitigen Zubruchgehen
des Ofens. Schließlich wird durch die einzelnen Schrotthaufen im Ofenraum und durch
das Hineinfahren mit der Schrottmulde der freie Weg der Gasflamme behindert, so
daß ein Teil derselben aus dem Ofen austritt und verlorengeht, ein anderer Teil
Stichflammen bildet, durch die Gewölbe und Köpfe zerstört werden.
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Alle diese Nachteile werden jedoch durch die Erfindung gänzlich behoben.
Sie liegt, wie schon gesagt, im wesentlichen in dem Arbeitsverfahren und in der
Benutzung großer Beschickungsbehälter, etwa vom Ouerschnitt der Türöffnungen des
Ofens, deren Ladung durch eine Ausstoßvorrichtung schnell in den Ofen gedrückt wird.
Besonders wesentlich ist, daß hierbei die Türöffnung zur Vermeidung der geschilderten
Wärmeverluste durch den Beschickungsbehälter und deren Inhalt abgedichtet wird.
Das Ausmaß des Behälters .ist derart, daß er das ganze oder einen erheblichen Teil
des Beschickungsgutes aufnehmen kann. Die Behälter können somit auch große Stücke
bis zur Länge der Ofenbreite aufnehmen. Die heute notwendigen Zerkleinerungskosten
-werden also erspart. Die bekannten Schwierigkeiten beim Verarbeiten der in großen
Mengen anfallenden voluminösen Späne sind ebenfalls behoben.
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Ein Ausführungsbeispiel einer Beschickungsvorrichtung nach der Erfindung
ist durch die Abb. 2 schematisch dargestellt. Sie .zeigt eine Seitenansicht der
Vorrichtung.
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Der mit einer Ausstoßvorrichtung gekuppelte Beschickungsbehälter 6
ruht auf einem Wagen 7. Die Ausstoßvorrichtung besteht aus dem Zylinder 8, der durch
die Leitung g mit Preßluft oder einer beliebigen Preßflüssigkeit gefüllt -werden
kann. Er enthält einen Kolben, der mittels einer Stange To einen in den Beschickungsbehälter
6 hineinragenden Stempel ii bewegt. Sobald der Wagen vor d.ie Beschickungstür des
Ofens gefahren ist, wird diese geöffnet, durch Einlassen der Preßluft oder -flüssigkeit
der Stempel vorgetrieben und das Beschikkungsgut in den Ofen hineingedrückt, wobei
der Beschickungsbehälter zusammen mit dem Beschikkungsgut die Ofentür abdichtet.
Alsdann wird der Beschickungsbehälter wieder auf den Schrottplatz zurückgefahren
und neu gefüllt. Der Beschickungsbehälter kann an .seiner Vorderseite durch eine
Klappe 15 ganz oder zum Teil _geschlossen sein. Die Klappe kann vordem Heranfahren
der Vorrichtung an den Ofen tierabgeschwenkt oder nach dem Heranfahren auf die Schaffplatte
aufgelegt und als Gleitfläche für das Gut benutzt werden.
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In Abänderung des beschriebenen Ausführungsbeispiels kann die Vorrichtung
auch statt als Wagen für die Beförderung durch eine Krananlage ausgebildet sein.
Da sie im Schwerpunkt erfaßt werden kann, die Last des Beschickungsgutes also nicht
an einem langen Hebelarm wirkt, kann die Krananlage in. einem wirtschaftlich richtigen
Größenverhältnis zu der zu befördernden Last stehen.
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Statt :hydraulisch kann die Ausstoßvorrichtung auch in beliebiger
anderer Art angetrieben werden. Unter Umständen kann sie fortfallen, wenn dafür
der Beschickungsbehälter ankippbar gelagert ist, so daß das Gut durch eigene Schwere
in den Ofen gleitet.
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Die oben geschilderten Vorteile des neuen Verfahrens ergeben ohne
weiteres den großen Fortschritt der so ausgerüsteten Werke.
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Von ganz besonderer Bedeutung .ist dabei die Tatsache, daß jedes Werk
auf die Anwendung des neuen Verfahrens ohne nennenswerte Unkosten umgestellt werden
kann.