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Verwendung von Körperelektroden in hydroelektrischen Vollbädern
Bei
der Anwendung der Elektrizität zu Heilzwecken ist das hauptsächliche technische
Problem die Übertragung der Elektrizität auf den menschlichen Körper durch die Elektrode.
Scheinbar wurde dieses Problem gelöst durch die besonderen Elektroden der Kurzwellenapparate,
die die Übertragung durch die Kleidung hindurch und ohne Rücksicht auf den Hauptwiderstand
und das verschiedene Leitungsvermögen der einzelnen Körperbestandteile gestatten.
Doch wird hier hochfrequente Elektrizität angewandt, die keine Reizwirkung mehr
hat und lediglich Widerstandswärme erzeugt; daher wird die Kurzwellenbehandlung
heute als reine Wärmebehandlung gebraucht und hat ihre Besonderheit als Elektrotherapie
verloren.
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Der mit der Anwendung der Elektrizität einhergehende Reiz beruht
auf den Veränderungen, die der Stromdurchgang durch den Körper, der nur mittels
Ionenwanderung erfolgen kann, hervorruft. Dieser elektrophysiologische Reiz wird
daher vor allem vom galvanischen Gleichstrom ausgeübt. Er beruht auf der Ionenwanderung
und den dadurch bedingten substantiellen Veränderungen im Organismus. Hinzu kommt
eine spezifische Wirkung, die der Kathode einen erregenden, der Anode einen beruhigenden
Einfluß auf den Organismus, speziell das Nervensystem, verleiht (Elektrotonus).
Zu dieser elektrophysiologischen Wirkung tritt als sich selbständig auswirkende
Teilerscheinung der Ionenwanderung die Einführung von Substanzen, die sonst die
Haut nicht durchdringen würden, mit Hilfe des galvanischen Stromes in den Organismus:
die Elektrophorese.
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Diese elektrophoretische Wirkung überwiegt an der Anode, während die
elektrophysiologische Reiz-
wirkung an der Kathode, und zwar je
kleiner diese ist, um so mehr hervortritt.
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Die technische Entwicklung der Anwendung des galvanischen Stromes
ging von aufgebundenen Plattenelektroden (außerhalb eines Bades) über Arm- und Fußbadewannen
(Zwei- bis Vierzellenbäder) bis zur Stromübertragung im hydroelektrischen Vollbad.
Das Stangerbad als gebräuchlichste Form des letzteren ermöglicht durch Elektroden
in großen Teilen der Badewannenwand Einsatzelektroden im Badewasser und durch einen
die Leitfähigkeit des Wassers erhöhenden Gerbstoffzusatz intensive Stromwirkung
durch Anwendung relativ großer Milliamperezahlen.
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Es erweitert den Anwendungsbereich des nur Längsdurchströmung ermöglichenden
Zwei- bis Vierzellenbades durch zusätzliche Querdurchströmung und gestattet vor
allem Behandlung des ganzen Körpers oder größerer Körperbezirke. Dagegen ist mit
dem Stangerbad genau umschriebene örtliche Teilbehandlung nicht möglich, weil der
Strom, der von in Abstand vom Körper befindlichen Elektroden durch das Wasser übertragen
wird, nicht genau lokalisiert werden kann und gerade bei Teildurchströmung an beiden
Polen (die örtlich zu behandelnde Stelle liegt zumeist im Bereich nur eines Pols),
der Anode wie der Kathode, Reizwirkungen auftreten. Um diesem Mangel abzuhelfen,
wurde versucht, die Kathode als Pol vornehmlich elektrophysiologischer Reizwirkung
in der elektrischen Bürste und im Salzwasserstrahl des kataphoretischen Bades als
differente Elektrode direkt am Körper zur Einwirkung zu bringen; indifferente Elektrode
war das die Anodenwirkung übertragende gesamte Badewasser. Doch ist bei beiden Methoden
eine bestimmte Stelle der Körperoberfläche nur für Sekunden der direkt und örtlich
einwirkenden Elektrode ausgesetzt. Bei dem kataphoretischen Bad muß sich die behandelte
Stelle sogar außerhalb des Badewassers befinden, so daß, da der Patient während
der Anwendung des Salzwasserstrahles als Elektrode in der Badewanne steht oder auf
einem Hocker sitzt, diese Art Bad als ein Notbehelf gekennzeichnet ist, abgesehen
davon, daß die Salzionen das Badewasser zu gut leitfähig und daher für ein anschließendes
hydroelektrisches Vollbad ungeeignet machen.
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Demgegenüber sieht die Erfindung eine Verwendung von Körperelektroden,
insbesondere von plastisch biegsamen plattenförmigen Elektroden, welche als Körperelektroden
sich dem Körper dicht anschmiegen können, in hydroelektrischen Vollbädern derart
vor, daß die am Körper anliegende, zur Behandlung auf Dauer an örtlich umschriebener
Stelle dienende, vorzugsweise biegsame Körperelektrode als Anode und die z. B. in
oder an der Wandung der Wanne angeordnete, über das Badewasser auf den übrigen Körper
wirkende und somit eine Ganzbehandlung des Körpers ermöglichende Elektrode oder
Elektroden als Kathode verwendet wird bzw. werden. Die Verwendung der insbesondere
biegsamen Körperelektroden, als Anode geschaltet, gestattet längerdauernde (Io bis
20 Minuten) örtliche Behandlung, die bequem und technisch einfach bei dem im Bad
liegenden Patienten durchzuführen ist. Die elektrophysiologische, speziell die elektrotonische
Wirkung kommt ebenso wie die elektrophoretische viel stärker zur Geltung als bei
den bisher üblichen Elektroden und Schaltungen. Bei der erfindungsgemäß vorgesehenen
Anwendung der Anode als örtlich umschrieben wirksame Elektrode, im Gegensatz zu
der bisher üblichen Anwendung der Kathode an der zu beeinflussenden Stelle, kommt
die auf Krankheitsprozesse und Nervensystem beruhigende Wirkung der Anode, intensive,
mit Durchblutungssteigerung einhergehende Hautrötung, verbunden mit Wärmegefühl
für 24 Stunden hervorrufend, stark zur Geltung; dabei ist auch die elektrophoretische
Wirkung, die bei dem Gerbstoffgehalt, der bei dem Stangerbad üblich ist, an der
Anode auftritt, mitbeteiligt. Die Körperelektrode im hydroelektrischen Vollbad kann
daher auch zur örtlich umschriebenen Einführung von Arzneisubstanzen (Histamin,
Forapin, Bryonia und anderen homöopathischen Medikamenten) benutzt werden.
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Eine derartige Einführung von Medikamenten war bisher als Iontophorese
nur außerhalb eines Bades bekannt und mit der technisch schwierigen Anbringung der
Elektroden belastet. Die elektrophoretische Wirkung der bisher üblichen Elektroden
eignet sich nicht zu einer derartigen praktisch bedeutungsvollen Anwendung, da die
Arzneisubstanzen in das gesamte Badewasser gebracht werden müßten, wodurch der Verbrauch
sehr groß und der Ort der Einwirkung nicht scharf zu bestimmen sein würde.
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Die bei einem hydroelektrischen Bad angestrebte Kombination zwischen
vorangehender Ganz- und nachfolgender Teilbehandlung läßt sich bei Anwendung der
Erfindung in einem hydroelektrischen Bad (am gebräuchlichsten ist das Stangerbad)
in sehr geeigneter Weise durchführen. Darüber hinaus gestattet die Schaltung der
Körperelektrode als Anode gleichzeitige Teil- und Ganzbehandlung. Die Anode hat
durch ihren elektrotonisch beruhigenden und elektrophoretischen Einfluß örtliche
Wirkung, die mit deutlichem Wärmegefühl einhergeht, während über das Badewasser
die Kathode ihren elektrotonisch die Körpersubstanz und speziell das Nervensystem
erregenden Einfluß auf den gesamten übrigen Körper ausübt, und zwar bei der großen
Ausdehnung der Kathode in geringer, optimaler Intensität. Gerade diese Möglichkeit
bedeutet eine erhebliche Bereicherung der bisherigen Behandlungsmöglichkeiten durch
das hydroelektrische Bad.
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Alle diese Wirkungen lassen sich durch eine plastisch biegsame Plattenelektrode,
z. B. aus Zinnblech od. dgl., welche der Körperform angepaßt werden kann, in besonders
vorteilhafter Weise erreichen. Zweckmäßig ist diese mit dem Überzug z. B. aus Frottierstoff
oder Molton versehen, welcher ein angenehmes Anliegen am Körper gestattet und zugleich
eine feuchte Berührungsfläche gewährleistet. Die Medikamente können diesem Überzug
oder einer entsprechenden Packung beigegeben werden.
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Die Erfindung sei an Hand der Zeichnung noch näher erläutert. Diese
zeigt in Abb. I die Anordnung des Bades mit einem Schaltschema, in
Abb.
2 eine Körperelektrode in perspektivischer Darstellung und in Abb. 3 eine mit einer
Umhüllung versehene Körperelektrode in Kantenansicht.
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In Abb. I ist a die z. B. bei dem bekannten Stangerbad aus Holz bestehende
Wanne, welche so weit mit einer leitfähigen Badeflüssigkeit, z. B. einem Gerbstoffzusatz
enthaltenden, etwa körperwarmen Wasser (zweckmäßig 34 bis 37° C) gefüllt wird, daß
der Körper der zu behandelnden Person möglichst vollständig in Wasser getaucht ist.
Die Wandungen der Wanne oder ein je nach Art der Behandlung zweckmäßiger Teil derselben
(im Schema nach Abb. 1 die beiden Seitenwandungen der Wanne) sind mit plattenförmigen
Elektroden bl, b2, z. B. aus Graphitkohle, versehen. Als Gegenelektrode, insbesondere
Anode, wird die biegsame, plastische Körperelektrode c, z. B. aus Zinnblech, verwendet
(s. auch Abb. 2), welche z. B. durch ein isoliertes Kabel d mit dem Pluspol der
Stromquelle in Verbindung steht. Als Stromquelle dient wie bei dem bekannten Stangerbad
z. B. ein aus Elektromotor und Dynamo bestehender Umformer, der den z. B. aus dem
Stadtnetz entnommenen Strom auf Gleichstrom von zweckmäßig maximal etwa 40 Volt
bei einer maximalen Stromstärke von ungefähr I bis I,5 Ampere umformt.
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Durch eine Regelvorrichtung kann in an sich bekannter Weise die Stromstärke
geregelt werden.
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Die biegsame Körperelektrode c wird auf die örtlich zu behandelnde
Stelle des Körpers aufgelegt, wobei sie z. B. auch durch Schnüre oder durch einen
entsprechend ausgebildeten Halter am Körper befestigt werden kann. An Stelle einer
einzigen biegsamen Körperelektrode können auch deren zwei oder mehrere gleichpolig
verwendet werden. Die Zeitdauer einer Behandlung beträgt z. B. Io bis 20 Minuten.
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Die Körperelektrode kann, wie z. B. in Abb. 3 dargestellt, mit einem
Überzug g, z. B. aus Frottierstoff oder Molton, versehen sein, der z. B. mittels
Bändern, Druckknöpfcn od. dgl. auf der Elektrode zu befestigen ist und leicht entfernt
und gereinigt werden kann. Der Elektrode oder dem Überzug bzw. der Umhüllung können
als Packung oder durch geeignete Imprägnierung Badezusätze, die durch Elektrophorese
wirksam werden sollen, beigefügt werden. Auch können solche Zusätze der Badeflüssigkeit
beigegeben werden. Als solche kommen z. B. Medikamente wie Histamin, Forapin, Bryonia
od. dgl. in Betracht.
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PATENTANSPR1;CHE: I. Verwendung von Körperelektroden, insbesondere
zum Anliegen am Körper bestimmte biegsame plattenförmige Elektroden, z. B. aus Zinnblech
od. dgl., in hydroelektrischen Vollbädern mit Verwendung eines zu Heilzwecken durch
das Bad hindurchgeleiteten elektrischen Stromes, dadurch gekennzeichnet, daß die
am Körper anliegende, zur Behandlung auf Dauer an örtlich umschriebener Stelle dienende,
vorzugsweise biegsame Körperelektrode als Anode und die über das Badewasser auf
den übrigen Körper wirkende, z. B. in oder an der Wandung der Wanne angeordnete
Elektrode oder Elektroden als Kathode verwendet wird bzw. werden.