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Mälzverfahren In den Mälzereien werden Samen verschiedener Art, insbesondere
Gerste und Weizen, zum Keimen gebracht, um in ihnen Enzyme zu bilden, welche die
Zellwände auflösen, den Abbau der unvergärbaren Stärke in vergärbaren Zucker vorbereiten
bzw. durchführen, Eiweiß und andere Inhaltsstoffe abbauen oder dazu dienen, in ungekeimtem
stärke- und eiweißhaltigem Material, dem die gekeimten Samen später zugesetzt werden,
die gleichen Vorgänge zu bewirken. Die Dauer des Mälzverfalirens sowie die Ausbeute
und die Qualität des erhaltenen Malzes hängen in jedem Fall sehr wesentlich von
der Qualität des verwendeten Samenmaterials ab, und zwar insbesondere von dessen
Kennfähigkeit und Keimenergie. Je nachdem vol1zieltt sich die Keimung und damit
die Enzymbildung und damit wieder die Auflösung des Kornes mehr oder weniger schnell,
einheitlich und vollkommen.
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Die vorliegende Erfindung bezweckt, die Keimfähigkeit und Keimenergie
der Samen so zu erhöhen, daß ihre Auflösung schneller, einheitlicher und vollkommener
verläuft und damit eine wesentliche Verkürzung der Mälzdauer, eine Erhöhung der
Extraktausbeute und eine bessere Qualität des Malzes mit allen sich hieraus ergebenden
Vorteilen für die späteren Verarbeitungsstufen und das Endprodukt selbst erzielt
werden.
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Dieser Zweck wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß man die Samen
mit bestimmten Mikroorganismen, die `'Fuchs- und Wirkstoffe und bzw. oder Reizstoffe
bilden, behandelt. Die Behandlung kann durch Infektion der Samen mit den lebenden
Organismen, durch abgetötete Organismen oder
durch Anwendung von
Extrakten solcher Organismen, die Wuchs- und Wirkstoffe und bzw. oder Reizstoffe
bilden, erfolgen. Solche Mikroorganismen können Bakterien, z. B. der Acotobacteraä;
' Actinomvceten, z. B. Act. griseus, oder Pilze, z. B. der Aspergillusart, sein,
die in der Natur an vielen Stellen vorkommen und nach den in der Biologie allgemein
bekannten Methoden isoliert und vermehrt bzw. mit Lösungsmitteln, wie z. B. Äther
oder Alkohol, zu Extrakten verarbeitet werden können. Je nach der Natur der Wuchs-,
Wirk- oder Reizstoffe hat hierbei die Extraktion oder Konzentration bei bestimmten
PH-Werten und bzw. oder in Verbindung mit dem Zusatz reduzierender Stoffe, z. B.
Zinnchlorür, oder Puffersubstanzen zu erfolgen bzw. muß die Dauerwirkung der al)-getöteten
Mikroorganismen oder der Extrakte durch die Beigabe reduzierender Stoffe und bzw.
oder Puffersubstanzen erhalten oder gesteigert werden.
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Nach der Behandlung' der Samen dringen die Wuchs-. Wirk- oder Reizstoffe
durch die Samenschale und inbesondere durch die Keimwurzeln in das Innere des Kornes
ein und regen, in Verbindung mit dem Wasser, eine erhöhte Keimung an. Der Keimungsvorgang
wird auch bei solchen Samen noch ausgelöst und stimuliert, bei denen die Keimfähigkeit
oder die Keimenergie geschwächt oder geschädigt ist.
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Im Fall der Anwendung von lebenden Mikroorganismen der gekennzeichneten
Art besteht eine besondere Verbesserung des erfindungsgemäßen Malzverfahrens darin,
daß man diesen leicht resorbierbares, energetisches Material und unentbehrliche
Mineralsalze zur Verfügung stellt, damit sie sich schon während der ersten Zeit
kräftig entwickeln können, ehe die Versorgung der Mikroorganismen mit Nährstoffen
in Form von Wurzelausscheidungen oder durch den keimenden Samen selbst einsetzt.
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Bei bestimmten Samen, welche antibiotische Stoffe bei der Keimung
ausscheiden, kann es zweckmäßig sein, die lebenden Organismen erst nach Beginn des
Malzverfahrens dem Grünmalz zuzusetzen.
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Anwendungsbeispiel dargestellt bei der Herstellung von Malz aus Gerste
für Brauzwecke Nachdem die Gerste aus der Luft-Wasser-Weiche gekommen ist, wird
sie wie üblich auf der Tenne ausgebreitet, damit das entbehrliche Wasser ablaufen
kann. Dann wird das Material. in Naßhaufen auf der Tenne aufgeschüttet oder in Malztrommeln
eingefüllt. Vor, während oder nach dem Aufschichten bzw. Einfüllen wird das Material
mit Mikroorganismen genannter Art oder mit Extrakten, Suspenmionen oder Lösungen,
welche ihre Wuchs-, Wirk- oder Reizstoffe enthalten, behandelt und durch Umwenden
für eine gleichmäßige Verteilung der wirksamen Substanzen gesorgt.
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Die Behandlung der Samen mit den Mikroorganismen oder den die wirksamen
Substanzen enthaltenden Extrakten, Suspensionen oder U-sungen kann auch in der Weise
erfolgen, daß man diese bereits bei der Weiche der Samen, am besten -diese letzten
Stadium, zusetzt. Dadurch wird ebenfalls eine gleichmäßige Behandlung aller Samen
sowie ein gutes Eindringen der wirksamen Substanzen in die Samen gewährleistet.
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.Mehrere unter betriebsüblichen Bedingungen durchgeführte Großversuche
unter Behandlung von 25o bis 2ooo,kg Braugerste haben ergeben: a) Die Malzdauer
wird um durchschnittlich 25 % verkürzt; b) die Keimenergie erhöht sich um 7 bis
g0/0; c) der Mälzungsschwund geht von durchschnittlich i i % auf durchschnittlich
7'/o zurück; d) die Extraktausbeute erhöht sich um durchschnittlich 3 bis 4%.
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Eine genau gleich große 'Menge des unbehandelten und 'des nach dem
erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten :Malzes wurde in einer Brauerei zur Herstellung
von je ioo 111 @N'ürze getrennt verwendet, um Untersuchungen über die Auswirkung
der unterschiedlichen Nlalz<lualität auf die Bierherstellung und die Bierbeschaffenheit
zu ermöglichen. Das daraus hergestellte Bier wurde 12 Wochen unter üblichen Bedingungen
in der Brauerei gelagert und anschließend untersucht. Hierbei ergab sich: Das aus
dem erfindungsgemäß behandelten Malz hergestellte Bier ergab eine um 0,46% höhere
Stammwürze. Der Endvergärungsgrad war bereits während der Hauptgärung vollständig
erreicht, während (las aus unbehandeltem Malz hergestellte Bier bei der Prüfung
auf den Endvergärungsgrad noch =/1o° an Extraktgehalt verloren hat. Der Gehalt an
nicht abgebauten Eiweißstoffen war bei dem Bier aus behandeltem Malz geringer.
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Die Großversuche haben gezeigt, daß die Anwendung der Erfindung bei
der Herstellung von Malz aus Gerste für Brauzwecke inbesondere folgende Vorteile
ergibt: i. Wesentliche Verkürzung der Malzdauer; 2. Erhöhung der Keimfähigkeit und
Keimenergie; 3. schnellere und einheitlichere Auflösung der Körner; .4. verringerter
Mälzungsschwund; 5. erhöhte Extraktausbeute; 6. bessere Qualität des Bieres, insbesondere
hinsichtlich a) höherem Gehalt an Stammwürze; b) höherer Endvergärung und damit
besserer Haltbarkeit; c) verringertem Gehalt an ausfallbarem Eiweiß.
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Das vorstehend für die Behandlung von Gerste für Brauzwecke geschilderte
Verfahren kann in gleicher oder entsprechender Weise angewendet werden bei allen
anderen Verfahren, bei denen es darauf ankommt, die Inhaltsstoffe von Samen oder
Früchten durch Enzyme, die sich bei der Keimung bilden, freizulegen, umzuwandeln
oder abzubauen, so z. B. bei der Herstellung von Malz aus Weizen, Roggen, Hafer,
Mais, Hirse, Reis oder anderen Samen oder Früchten, bei der Herstellung von Malz
für die Spiritus-, Alkohol- oder Trinkbranntweinfabrikation, bei der Fabrikation
von Kaffee-Ersatzprodukten (Malzkaffee u. a.), bei der Herstellung von Malz für
die Hefeindustrie und
andere Gärungsindustrien, für das Bäckereigewerbe
usw.
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Für die Behandlung von i t Gerste oder anderem Samenmaterial verwendet
man 21 einer konzentrierten Suspension von lebenden oder abgetöteten Mikroorganismen
oder deren Extrakte, wenn man die Gerste u. dgl. beim oder nach dem Ausweichen behandelt,
und etwa to 1, wenn man die Behandlung in der \\'eiche vornimmt.
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Gerste und andere zu %-ermälzende Samen mit Mikroorganismen zu behandeln,
ist an sich nicht neu. So ist es bereits bekannt, die Gerste mit Milchsäurebakterien
zu behandeln mit dem Ziel, einen genügenden Säuregrad im Malz herzustellen. und
den Eiweißabbau zu fördern. Die Aufgabe, die den :@7ilclisäurel)akterien hier zufällt,
ist eine grundlegend verschiedene von der Aufgabe, die den Mikroorganismen bzw.
deren Extrakten nach der Erfindung zufällt. Säure ist im Sinn der vorliegenden Erfindung
nicht günstig.
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Bei der Pilzmalzherstellung kommen Schimmelpilze zur Anwendung, die
durch ihre Fermente die Stärke von Gerste u. d.gl. unmittelbar -4rzuckern sollen.
Die entsprechenden Schimmelpilze werden auf festen Nährböden, z. B. auf Kleie, gezogen,
die dann als Diastaseträger an Stelle von Malz ver-,vendet werden. Beim Pilzmalzverfahren
handelt es sich also, im Gegensatz zur vorliegenden Erfindung, nicht um ein Mälzverfahren,
sondern um die Herstellung eines Malzsurrogates.