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Verfahren und Vorrichtung zum Aufschließen von pflanzlichen Stoffen,
wie Samen, Stengeln, Rinden, Wurzeln o. dgl., sowie Halbfabrikaten aus diesen Die
Erfindung bezieht sich zunächst auf ein Verfahren zum Genußfähigmachen von vorbereitungsbedürftigen
pflanzlichen Naturprodukten mit höher organisiertem Zellgefüge, wie Samen, Stengeln,
Rinden, Wurzeln o. dgl., sowie Halbfabrikaten aus diesen, bei dem die Naturprodukte
einer Wasserdampfbehandlung ausgesetzt werden.
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Die meisten pflanzlichen Naturprodukte müssen, um sie der menschlichen
Ernährung zugänglich zu machen, einer vorbereitenden Aufschließungsbehandlung unterworfen
werden, um z. B. eine Entbitterung, Entgiftung oder eine andere Geschmacksverbesserung
oder auch eine Steigerung der Löslichkeit der wasserlöslichen Substanzen zu erreichen.
Das ist in besonders hohem Maße notwendig bei allen Getreidearten, Hülsenfrüchten,
Kakao- und Kaffeebohnen sowie gewissen Wurzeln und Rinden. Bei den bisher angewendeten
Verfahren wurde der Wasserdampf mehr oder weniger unkontrolliert lediglich als Präparationsmittel
verwendet, um die harte Schale bzw. den Keim des Behandlungsguts weich und besser
ablösbar zu machen. Die für die Aufschließung des Behandlungsguts notwendige Durchdringung
des Kerns der Naturprodukte, z. B. des Früchtekerns, erfolgte allerdings auch nur
unvollkommen erst mit Hilfe von Heißwalzen, über die das Behandlungsgut in einem
möglichst dünnen Film geleitet wurde. Um überhaupt wenigstens eine gewisse Aufschließung
zu erreichen, muß diese Heißwalzenbehandlung über einen längeren Zeitraum anhalten.
Das hatte aber eine weitgehende Zerstörung der wichtigen Vitamine, eine Einbuße
an Quellfähigkeit und Wasserlöslichkeit der Inhaltsstoffe sowie eine starke Beeinträchtigung
des natürlichen Aromastoffgehalts zur unvermeidlichen Folge.
Die
vorliegende Erfindung vermeidet nun diesen schwerwiegenden Mangel dadurch, daß das
Behandlungsgut variablen beschußartigen Dampfstößen von nur wenigen Minuten Dauer
und von hoher kinetischer Energie ausgesetzt wird. Diese'beschuBartige Einwirkung
des Wasserdampfs auf das Behandlungsgut ermöglicht eine so 'weitgehende zeitliche
Herabsetzung der Dampfeinwirkung, daß eine schädigende Wirkung auf die Vitamin-
und Aromasubstanz nicht eintreten kann.
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Trotz der kurzen Einwirkungsdauer erfolgt gegenüber der bekannten
Verfahrensweise eine viel weitergehendere Aufschließung deswegen, weil infolge der
beschußartigen Anwendung des Wasserdampfs die einzelnen Wasserdampfmoleküle reit
großer kinetischer Energie beladen in das interzellulare Gefüge des Behandlungsguts
eindringen und dort ihre Energie für die Aufschließungsarbeit in erheblich größerem
Umfange abgeben können, als das bisher möglich war. So wird die erforderliche Aufschließung
in kurzer Zeit ohne Substanzverlust und andere Einbußen in einem beliebig kontrollierbaren
Maße erreicht. Das auf diese Weise aufgeschlossene Behandlungsgut ist als Ernährungsmittel
biologisch wertvoller als die nach dem bisherigen Verfahren aufgeschlossenen Produkte.
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Das Verfahren nach der Erfindung wird zweckmäßig in der Weise angewendet,
daß der dem Beschuß dienende Wasserdampf vor dem Auftreffen auf dem Be-_, handlungsgut
in Wirbelung versetzt wird. Auf diese Weise wird erreicht, daß der Wasserdampf mit
größerer Sicherheit in das interzellulare Gefüge des Behandlungsguts eindringen
kann.
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Eine besonders erprobte Abwandlung hat das neue Verfahren dadurch
erhalten, daß der zum Beschuß verwendete Wasserdampf mit einer Überschallgeschwindigkeit
und einem Druck von mehr als 4 atü auf das Behandlungsgut geschleudert wird. Besonders
gute Ergebnisse werden erzielt, wenn die Überschallgeschwindigkeit des Wasserdampfs
bei etwa 8oo m/ Sek. und sein Druck bei etwa 8 atü liegen.
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Die Erfindung bezieht sich auch auf eine Vorrichtung zur Durchführung
des neuen- Verfahrens, und zwar betrifft sie solche Vorrichtungen, bei denen das
Behandlungsgut mit Hilfe eines Transportmittels laufend an der Einwirkungsstelle
des Wasserdampfs vorbeigeführt wird. Nach der Erfindung ist eine solche Vorrichtung
dadurch weiter ausgestaltet, daß nahe dem Transportmittel Düsen angeordnet sind,
durch die hindurch der Wasserdampf das in dem Transportmittel wandernde Behandlungsgut
beschußartig beaufschlagt. Das Transportmittel ist dabei zweckmäßig in an sich bebekannter
Weise als Schnecke ausgebildet, die in einem mit dem Behandlungsgut beschickten
Trog angeordnet ist und über der die Dampfdüsen verteilt sind.
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Bei einer weiteren Ausführungsform der Erfindung ist das Transportmittel
in Form eines an sich bekannten Rührwerks oberhalb eines das Behandlungsgut durchlassenden
Siebs angeordnet, während die Dampfdüsen unterhalb des Siebs vorgesehen sind. Diese
Ausgestaltung hat den Vorteil besonderer Einfachheit und Wirksamkeit, sie gibt auch
die Gewähr dafür, daß der Wasserdampf alle Teile des Behandlungsguts von allen Seiten
in ganz kurzer Zeit trifft. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn mehrere:
Bearbeitungsaggregate dieser Art hintereinandergeschaltet sind, so-daß das Behandlungsgut
von einem Aggregat auf ein nächstes und wenn erforderlich, auch noch auf weitere
Aggregate geleitet werden kann.
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In der Zeichnung sind eine Mikroskizze sowie einige Ausführungsformen
der bei dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten Vorrichtung dargestellt: Fig.
i zeigt eine Mikroskizze des molekularen Gefüges eines Früchtekerns ; Fig. 2 ist
eine schematische Anordnung einer Sprüheinrichtung; Fig. 3 zeigt in schematischer
Form einen Längsschnitt durch eine Ausführungsform der Vorrichtung; Fig. 4 ist gleichfalls
in schematischer Form ein Querschnitt durch eine weitere Ausführungsform der Vorrichtung.
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Es gibt eine große Anzahl von pflanzlichen Naturprodukten, die, bevor
sie der menschlichen Ernährung zugänglich gemacht werden, einer aufschließenden
und stabilisierenden Vorbehandlung unterzogen werden. Das Ziel ist dabei, eine Entbitterung
herbeizuführen, den oft vorhandenen legumenosen Beigeschmack zu beseitigen sowie
die Löslichkeit der wasserlöslichen Substanz zu erhöhen, um damit die Quellfähigkeit
zu steigern. Weiterhin ist man bestrebt, die Gesamtsubstanz zu stabilisieren, wozu
auch eine Fettstabilisierung mit Einschluß des Keimfetts gehört. Es soll also eine
biologische Aufwertung der Inhaltsstoffe in weitestgehendem Maße erreicht werden,
um die Verdaulichkeit zu erhöhen. Die Lösung dieses ernährungsbiologischen Problems
ist bisher nur unvollkommen gelungen, weil man nicht in der Lage war, gleichzeitig
eine Zerstörung der wichtigen Vitamine sowie auch eine weitgehende Beeinträchtigung
der natürlichen Aromastoffe zu vermeiden.
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Man hatte wohl erkannt, daß als Mittel für die Aktivierung der Inhaltstoffe
Wasserdampf besonders geeignet ist. Indessen war man nicht in der Lage, den Wasserdampf
so anzusetzen, daß gleichzeitig seine schädigenden Wirkurigen ausblieben. Bekanntlich
führt jede längere Hitzeeinwirkung auf das Behandlungsgut zur Zerstörung der Vitamine
sowie der natürlichen Aroma- . stoffe. Man hat sich aus diesem Grunde bisher auch
damit begnügt, den Wasserdampf gewissermaßen nur oberflächlich auf die harte Schale
des Behandlungsguts einwirken zu lassen, wo es gelang; ein Weichwerden und leichtes
Ablösen der Schale sowie des Keims vom Kern zu erreichen; die tiefere Einwirkung
des Dampfes auf das innere Kerngefüge blieb aber aus. Es gelang somit nicht, eine
weitergehende Beeinflussung der Inhaltsstoffe im Kerngefüge auf diese Weise zu ermöglichen.
Um wenigstens einen Teilerfolg in dieser Hinsicht zu haben, leitete man bisher-
das aufgedämpfte Behandlungsgut in einem dünnen Film über Heißwalzen. Dabei trat
aber unvermeidlich die schädigende Wirkung einer längeren Hitzeeinwirkung auf das
Behandlungsgut ein.
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Der Erfindung liegt nun die Erkenntnis zugrunde, daß eine ins Gewicht
fallende schädigende Wirkung auf die Inhaltsstoffe des Behandlungsguts dann nicht
eintritt, wenn der Wasserdampf mit hoher kinetischer Energie geladen nur ganz kurze
Zeit auf das Behandlungsgut
einwirkt. Demgemäß wird im Sinne der
Erfindung vorgeschlagen, auf das Behandlungsgut nur ganz kurze Dampfstöße von wenigen
Minuten Dauer beschußartig einwirken zu lassen. Dabei werden die Dampfmoleküle in
der nötigen Größenanordnung, nämlich möglichst klein, mit hoher Energie auf das
Behandlungsgut geschossen. Sie werden auf diese Weise durch das interzellulare Gefüge
des Kerns hindurchgedrückt. Es wird somit beispielsweise bei einem Getreidekorn
das ganze Gefüge des Kerns von den Wasserdampfmolekülen restlos durchsetzt. Da sie
mit hoher kinetischer Energie beladen sind, sind sie in der Lage, im Innern des
Gefüges eine verhältnismäßig große Menge von Energie abzugeben. Es ist gerade diese
Energie, welche die gewünschte Umwandlung der Inhaltsstoffe zur Folge hat. Diejenigen
Wasserdampf-,' moleküle, die ihre Energie im Kerninnern abgegeben haben, werden
von den nachfolgenden noch mit stärkerer Energie geladenen Molekülen wieder verdrängt
und nach außen befördert. Dabei werden infolge der hydrolytischen Reaktionen die
Umsetzungsstoffe der Bitter-: stoffe, leguminosen Geschmacksstoffe usw. zum Teili
von den austretenden Dampfmolekülen mitgeführt. Die verbleibenden Bestandteile werden
stabilisiert.
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In Fig. i bezeichnen die Pfeile x die Eindringrichtung der energiebeladenen
Wasserdampfmoleküle. Ihre Verlängerungen bezeichnen den Weg dieser Was-' serdampfmoleküle
durch das interzellulare Kerngefüge bis in dessen innersten Kern. Die Pfeile y bezeichnen
den Weg der austretenden Moleküle, die ihre Energie abgegeben haben und mit den
Spaltprodukten behaftet sind.
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Es ist weiter gefunden worden, daß die geschilderte Einwirkung der
Dampfmoleküle auf das Behandlungsgut um so intensiver ist, je mehr die Dampfmoleküle
Wirbelbewegungen ausgesetzt sind. Zu erklären ist dieser Vorgang damit, daß durch
diese Wirbelbewegungen das Eindringen der kleinen Dampfmoleküle in das interzellulare
Gefüge erleichtert wird. Um diese Wirbelung zu erreichen, sind nach der Erfindung
Düsen vorgesehen, durch die der Wasserdampf unter hohem Druck hindurchgepreßt wird.
In Fig. 2 ist eine solche Düsenanordnung schematisch dargestellt. An dem Dampfrohr
i sind mehrere Düsenöffnungen 2 vorgesehen, an die sich Führungstrichter 3 anschließen.
Diese Führungstrichter sind so gewählt, daß der aus den Düsenöffnungen 2 austretende
Wasserdampf in Wirbelungen versetzt wird, wie es in Fig. 2 dargestellt ist. Dieser
wirbelnde Wasserdampf beaufschlagt dann das auf einer wandernden Unterlage 4 ruhende
Behandlungsgut 5.
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Es ist gefunden worden, daß die Einwirkung des Wasserdampfs dann besonders
günstig ist, wenn er mit Überschallgeschwindigkeit zweckmäßig mit 8oo m pro Sekunde
auf das Behandlungsgut geschossen wird. Sein Druck liegt dabei etwa bei 8 atü. Diese
Zahlen stellen aber nur ausgewählte Beispiele dar.
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Für die erfindungsgemäße Vorbehandlung kommen alle pflanzlichen Naturprodukte
im ursprünglichen oder schon teilverarbeiteten Zustande in Betracht, sofern sie
über ein organisiertes Zellgefüge verfügen, das in der Lage ist, dem bei der erfindungsgemäßen
Behandlung auftretenden Druck zu widerstehen. In erster Linie kommen alle Getreidearten,
wie Roggen, Weizen, Mais, Reis usw., in Betracht. In der gleichere Weise können
Hülsenfrüchte, wie Bohnen, Erbsen, Sojabohnen, behandelt werden. Es können auch
Naturprodukte, die bereits vorbehandelt sind, wie Kaffeebohnen, dem erfindungsgemäßen
Aufschließungs- und Stabilisierungsverfahren unterworfen werden, desgleichen auch
Ölfrüchte in ihrer ursprünglichen Form und auch in zerquetschterForm, z. B. alsOlkuchen
von Raps o. dgl. Ferner können alle Arten von Rinden und Wurzeln, die für die menschliche
Ernährung und für Heilzwecke in Betracht kommen, erfindungsmäß behandelt werden.
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Bei der in Fig. 3 dargestellten Vorrichtung zur Durch= führung des
neuen Verfahrens wird ein Trog 6 verwendet, der von einem Heizmantel ? umgeben ist.
Im Innern des Trogs ist eine Transportschnecke 8 angeordnet, die beispielsweise
von einer Riemenscheibe g aus antreibbar ist. Oberhalb der Transportschnecke 8 sind
eine oder mehrere Dampfleitungen io mit Düsenöffnungen ii vorgesehen. Am linken
Ende ist ein Stutzen 12 angeordnet, in den das Behandlungsgut eingefüllt wird. Der
Wasserdampf, zweckmäßig in gesättigter Form, tritt bei 13 in den Trog 6 ein. Am
rechten Ende des Trogs ist eine Öffnung 14 vorgesehen, aus der der Dampfwrasen wieder
austritt. Er wird dort von einem Trichter 15 aufgefangen und nach außen geleitet.
Das fertig behandelte Gut wird laufend am rechten Ende des Trogs 6 abgeführt und
zum Beispiel in einem Aufnahmebehälter 16 gesammelt, der von Zeit zu Zeit geleert
wird.
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Bei der in Fig. 4 dargestellten Ausführungsform ist eine stehende
Anordnung vorgesehen. Hier ist ein stehender Kessel 17 vorgesehen, in dem sich eine
stehende Welle 18 befindet, die von unten angetrieben wird. Auf der Welle 18 sitzen
übereinander angeordnet drei Rührwerke i9. Unterhalb dieser Rührwerke sind Siebe
2o angeordnet. Am unteren Teil des Behälters 17 sind mehrere Dampfleitungsringe
21 vorgesehen, dig von einer Dampfleitung 22 gespeist werden. Die Dampfleitungsringe
21 sind nach oben hin mit Düsen 21° versehen, aus denen der Wasserdampf, unter hohem
Druck austritt. Im Deckel des Behälters 17 ist der Einlaß 23 für das Behandlungsgut
angeordnet. Auf der anderen Seite des Deckels befindet sich ein Stutzen 24, der
zum Abzug der Dampfwrasen dient. Der Behälter 17 ist noch mit einem Mantel 25 umgeben,
der zur Heizung des Behälterinnern dient. Der Heizdampf tritt oben bei 26 ein und
bei 27 aus.
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Die beschriebene Vorrichtung wirkt wie folgt Die Welle 18 mit den
Rührwerken i9 befindet sich in ständiger Umdrehung, das Behandlungsgut, beispielsweise
Sojabohnen, wird durch den Einlaß 23 eingefüllt und dann auf dem obersten Sieb 20
mit Hilfe des darüber befindlichen Rührwerks i9 verteilt. Die Lochung des Siebs
ist so gewählt, daß das Behandlungsgut durch die Löcher hindurchfällt, um auf das
darunterliegende zweite Sieb zu gelangen. Dort wird es mit Hilfe des zweiten Rührwerks
wiederum durch die Löcher dieses Siebs hindurchgedrückt, um auf das letzte dritte
Sieb zu fallen. Von hieraus gelangt das Behandlungsgut auf den Boden des Behälters,
wo es in beliebiger Form abgezogen wird. Während dieser ganzen Zeit steigt aus
den
Düsen 2111 Wasserdampf unter hohem Druck nach oben, und zwar im Gegenstrom
zu dem fallenden Behandlungsgut. Die Falldauer des Behandlungsguts beträgt nur wenige
Sekunden, so daß die Wasserdampfstrahlen nur kurz beschußartig auf das Behandlungsgut
einwirken. Dabei wird die Intensität der Einwirkung durch die Gegenstrombewegung
erhöht. Während der freien Fallbewegung tritt die oben geschilderte Einwirkung des
Wasserdampfs auf das Kerngefüge des Behandlungsguts ein. Die verbrauchten Dampfwrasen
ziehen bei 24 aus dem Behälter 25 ab. Während der Behandlung im Behälterinnern wird
für ausreichende Heizung des Behälters gesorgt.