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Verfahren zur Herstellung von Verpackungsmaterialien aus Vinylpolymeren
Zur Herstellung von Hohlgegenständen beliebiger Form, die als Behälter oder Verpakkung
für die verschiedenartigsten Erzeugnisse des menschlichen Bedarfs, wie Nahrungs-und
Genußmittel, Arzneimittel, kosmetische Erzeugnisse, Schuh-, Leder- oder Lackpflegemittel
usw., dienen, wurden bisher in ùblerwiegendem Maße Papier, Karton oder Metall als
Rohmaterial verwendet. Das in sicherer Weise einen luftdichten Abschluß gewährleistende
Metall gelangte fast ausschließlich in Form von Weißblech zur Verarbeitung.
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Der nicht in jeder Hinsicht allen Anforderungen genügenden Beständigkeit
des Weißblechs gegenüber den Angriffen korrodierender Bestandteile des Inhalts der
Schachteln, Büchsen, Dosen usw. mußte man dadurch begegnen, daß man das Weißblech
noch mit einem Lacküberzug versah. Aber auch dann genügte die Korrosionsfestigkeit
noch nicht allen Anforderungen, so daß Verformungen sehr häufig den Gebrauchswert
von beispielsweise Konserven stark einschränkten. Die Ursachen dieser Korrosion
mögen teilweise in der mangelnden chemischen Widerstandsfähigkeit des Lackrohstoffs
an sich begründet sein, überwiegend haben sie wohl ihre Ursache darin. daß beim
Verformen des lackierten Blechs auf den entsprechenden Stanzmaschinen eine Verletzung
der Lackschicht eintritt. Während die Verarbeitung des Weiß blechs zu Schachteln,
Dosen, Büchsen usw. ohne besondere Envärmung des Blechs.
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Prägestempels oder der Matritze vorgenommen werden kann, lassen sich
Papier oder Karton speziell zur Herstellung runder oder ovaler Schachteln oder eckiger
Dosen und Büchsen mit aus einem Stück gearbeiteten Böden und Seitenwänden nur im
Wege der Heißpressung verarbeiten, wobei meist Prägestempel und/oder Matrize der
Maschine erwärmt werden mussen. In vielen Fällen ist außerdem die Erwärmung des
Materials selbst notwendig. Dies gilt vor allem dann, wenn an Stelle des Papiers
oder Kartons Celluloid als Rohmaterial für die Schachtelherstellung tritt. Die plastischen
Eigenschaften des Celluloids machen es erforderlich, daß, gleichgültig, welche maschinelle
Einrichtung benutzt wird, sowohl das Celluloid selbst,
wie auch
möglichst die Formen der Presse bis an den Erweichungspunkt des Celluloids erwärmt
werden, speziell dann, wenn es sich um die Herstellung tiefer Hohlkörper handelt.
An den eigentlichen Verformungsvotgang muß sich sodann, um die angestrebte Standfestigkeit
der Hohlform zu erreichen, ein Kühlvorgang, gegebenenfalls unter Druck, anschließen.
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Gegenüber dem Papier oder Karton bot das Celluloid den Vorteil, daß
es keiner langwierigen Imprägnierung des Rohmaterials für die Herstellung flüssigkeitsdichter
Ver packungen bedurfte, jedoch wird dieser Vorteil durch den beim Celluloid notwendigen.
relativ langwierigen Vorwärm- und Kühlprozeß wiederaufgehoben. Es kommt ferner noch
hinzu, daß dem Celluloid wie auch den auf ähnliche Weise hergestellten Plastifikaten
aus Acetylcellulose (Cellon) und Celluloseäthern infolge der nicht ganz geruch-
und geschmackfreien Gelatinierungsmittel die Verwendungsmoglichkeit zum Verpacken
von Lebens- und Genußmitteln, beispielsweise zur Herstellung von Zigarettenschachteln,
verschlossen bleibt.
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Wie nun gefunden wurde, lassen sich alle diese Nachteile vermeiden,
wenn man zur Herstellung von Behältern und Verpackungsformen für beliebige Bedarfsartikel
die zu Platten, Folien oder endlosen Bahnen ohne Anwendung von Gelatinierungsmitteln
allein durch Druck und Wärme verformten Vinylpolymeren verwendet. Diese Flächengebilde
aus Vinylpolymeren weisen nicht nur eine sehr hohe Korrosionsbeständigkeit únd Gasdichtigkeit
auf, die jedwede Sonderbehandlung durch Lackieren, Imprägnieren usw. überflüssig
macht, sondern vor allem gelingt es überaus leicht, sie auf den für die Kartonnagenherstellung
üblichen maschinellen Einrichtungen zu verarbeiten. Es war überraschend und aus
den bisher bekannten Eigenschaften dieser Vinylpolymeren nicht ableitbar, daß es
möglich ist, Folien bei einer sehr weit unterhalb des Erweichungspunktes liegenden
Temperatur so zu verformen, daß das aus der Maschine genommene Formstück durchaus
standfest ist, die Einhaltung der den Rohzuschnitten durch Prägen oder Ziehen gegebenen
endgültigen Form also unbedingt gewährleistet ist. Bei der Verarbeitung verschiedener
Vinylpolymeren hat sich gezeigt, daß die optimal einzuhaltende Präge- oder Ziehtemperatur
stets mindestens 30 unterhalb des Erweichungspunktes liegen muß.
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Das bedeutet also beispielsweise, daß für die Verformung einer Folie
aus Polyvinylchlorid, dessen Erweichungspunkt bei 77 bis 7S" liegt, zu einer Runddose
eine Temperatur von 45 bis 470 nicht überschritten werden darf.
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Für einen Rohzuschnitt aus einem Mischpolymerisat aus Vinylchlorid
+ Acrylsäuremethylester So: 20, dessen Erweichungspunkt bei 6 - liegt, hat sich
als optimale Ziehtemperatur das Intervall von 32 bis 35 bewährt.
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Däs Gleiche gilt für Folien aus Vinylch]orid- + Viny]acetat-Mischpolymerisat-1
85:I51; während für ein Mischpolymerisat aus VinylchloridjStyrol So: 20, dessen
Erweichungspunkt bei So- liegt, eine Verarbeitungstemperatur von 40 bis 45 die besten
Resultate hinsichtlich Standfestigkeit und Prägefähigkeit von Verzierungen auf beispielsweise
Dekkeln der Schachteln ergab. Die Anwendung dieses Temperaturbereichs ist im Gegensatz
zu Celluloid auch dann noch möglich, wenn es sich um die Herstellung tiefer Hohlkörper
handelt. Die Innehaltung dieser unterhalb des Erweichungspunktes liegenden Temperatur
ermöglicht es, daß die fertige Büchse, Schachtel, Dose, Hülse sofort nach dem Präge-
oder Ziehvorgang, ohne daß irgendeine Kühlung des Materials vorgenommen werden muß,
gebrauchsfertig ist bzw. einer weiteren Bearbeitung, beispielsweise durch Bedrucken,
B ekieben, sofort, gegebgenenfalls in der gleichen Maschine, zugeführt werden kann.
Dies bedeutet, wie ohne weiteres ersichtlich, eine erhebliche Vereinfachung des
ganzen Herstellungsvorganges.
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Zur Bestimmung des Erweichungspunktes bei laufenden Betriebsuntersuchungen
hat sich eine einfache Methode bewährt, die tatsächlich den Eintritt der Plastizität
bei erhöhter Temperatur angibt. Sie besteht darin, daß ein 7 cm langer und 2 cm
breiter Probestreifen (Dicke etwa 0,3 bis 0,5 mm) in einer Drahtschlinge einseitig
so befestigt wird, daß es bei Temperaturerhöhung des Flüssigkeitsbades (Wasser oder
CaCl2-Lösung) sich unter dem Einfluß seines Eigengewichts deformieren kann. Als
Erweichungspunkt gilt die Temperatur, bei welcher der Streifen aus seiner waagerechten
Lage sich nach unten durchbiegt. Danach liegt der Erweichungspunkt für Polyvinylchloridfolien
bei 72 bis 76", bei Mischpolymerisaten bei 60 bis 64-. Es ist dies die Temperatur,
bei der sich die Polymeren bereits thermoplastisch verformen lassen.
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Für Verpackungsmaterialien, an die besondere Anforderungen hinsichtlich
der Schönheit ihres Aussehens gestellt werden, können die Flächengebilde aus Vinylpolymeren
auch nach dem Kaschieren mit verschieden gemustertem Papier, Textilien, Lederimitationen
usw. verwendet werden. Die artfremde, zwischen zwei Folien aus Vinylpolymeren sich
befindende Einlage beeinflußt in keiner Weise die dargelegte leichte Verarbeitbarkeit.
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Zusammen mit der ausgezeichneten chemischen
Widerstandsfähigkeit,
absoluten Geschmack- und Geruchlosigkeit und völliger Gasdichtheit der Folien läßt
die gefundene leichteste Verarbeitbarkeit auf. den bisher in der Kartonnagenindustrie
üblichen Maschinen die Vinylpolymeren als ein allgemein verwendbares Rohmaterial
für Verpackungen jeder Art erscheinen, zumal es nunmehr auch gelungen ist, die Vinylpolymeren
in endlosen Bahnen herzustellen und so auch besonders hohe Anforderungen an die
Leistungsfähigkeit einer Maschine von der Seite des Rohmaterials aus zu erfüllen.