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Verwendung von 0,2 ,7o bis 15 % Berylliumoxyd enthaltenden Borosilieatgläsern
Besonders die für chemische Arbeiten verwendeten Laboratoriumsgläser und daraus
angefertigten Geräte einschließlich Röhren, W asserstandsgläser, Reaktionsgefäße
u. dgl. müssen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff von Wasser und von
sauren, alkalischen oder neutralen Lösungen haben. Es ist bekannt, daß man die Widerstandsfähigkeit
der gewöhnlichen Alka1ri-Kalk-Silicat-Gläser gegen Wasser und saure oder neutrale
Lösungen stark verbessern kann, hauptsächlich durch Einführung von Borsäure und
Tonerde in das Glas unter gleichzeitiger Verminderung seines Alkaligehaltes. Gegen
alkalische Flüssigkeiten und Lösungen zeigen jedoch diese alkaliarmen Alumo-Borosilicat-Gläser
kein wesentlich verbessertes Verhalten verglichen mit gewöhnlichem Alkali-Kalk-Silicat-Glas,
zumTeil werden sogardie Alumo-Borosilicat-Gläser durch Laugen stärker angegriffen
als manche Alkali-Kalk-Gläser. Im allgemeinen verhalten sich aber alle bekannten
sauren Gläser, @d. h. solche mit mehr als 5o %
Si 02 und wehiger als 250/,
an zweiwertigen Oxyden (R O = Oxyde der Elemente Be, Mg, Ca, Sr,. Ba, Zn, Cd, Pb,
Fe usw.), gegen alkalische Flüssigkeiten sehr ähnlich. Die Unterschiede in der Angreifbarkeit
bewegen sich bei Gerätegläsern etwa im Verhältnis von r : 3.
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Während Wasser und neutrale oder saure Lösungen aus sauren Gläsern
im wesentlichen nur ihre alkalischen Bestandteile herauslösen, wirken alkalische
Flüssigkeiten auflösend auf praktisch die ganze Glassubstanz. Daher ist auch .der
Angriff durch alkalische Flüssigkeiten erheblich stärker und beträgt etwa das Hundert-
bis Tausendfache. des Angriffs durch Wasser und neutrale oder saure Lösungen. Die
Einwirkung von alkalischen Lösungen auf die sauren Gläser ist also nach Art und
Größe sehr verschieden von der Wirkung neutraler oder saurer Flüssigkeiten. Nur
auf stark erdalkalihaltige, sogenannte basische Gläser (Si 02 G 5o °/o, R O > 25
°/o) wirken Laugen merklich schwächer ein; diese Gläser zeigen aber durchweg eine
wesentlich vergrößerte Angreifbarkeit durch Säuren.
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Da die geringe Widerstandsfähigkeit gegen den Angriff alkalischer
Flüssigkeiten bei allen sauren Silicatgläsern, auch bei Quarzglas oder Porzellan
in ungefähr gleich hohem Maße vorhanden ist und sich nach den bisherigen Erfahrungen
durch Abänderung der Glaszusammensetzung nur in engen Grenzen beeinflussen läßt,
hat man geglaubt, auch für Laboratoriumsgeräte diesen Mangel in Kauf nehmen zu müssen.
Die vorliegende Erfindung bezweckt, diesen Mangel weitgehend zu beheben durch Herstellung
von Gläsern, die neben einer geringen Angreifbarkeit durch Wasser, neutrale oder
saure Lösungen auch eine erheblich verbesserte Widerstandsfähigkeit gegen alkalische
Flüssigkeiten aufweisen.
Es wurde gefunden, daß schon ein verhältnismäßig
geringer Zusatz von Berylliumoxyd oder eines Beryllium enthaltenden Rohstoffes zu
einem Glasgemenge die Löslichkeit des daraus erschmolzenen Glases in alkalischen
Flüssigkeiten stark herabsetzt. Es ist schon bekannt, daß die Einführung von Berylliumoxyd
bis zu etwa 15'/, in Alkalisilicatgläser technisch brauchbare Glasflüsse ergibt
und daß das Berylliumoxyd die Wasserlöslichkeit der Alkalisilicatgläser in ähnlicher
Weise vermindert wie die Einführung von Tonerde und anderen dreiwertigen Oxyden
oder von Erdalkalioxyden und anderen zweiwertigen Oxyden. Dabei scheint der molekularprozentische
Einfluß des Berylliumoxydes den der als besonders stark wirksam erkannten Tonerde
fast zu erreichen und der gewichtsprozentische Einfluß .des Berylliumoxy des den
gewichtsprozentischen Einfluß der Tonerde wegen des kleineren Atomgewichtes von
Beryllium sogar merklich zu übertreffen. Es ist ferner bekannt, daß ein Zusatz von
Berylliumoxvd die mechanische Härte des Glases merklich erhöht und daß sich mechanisch
besonders harte Gläser durch Einführung von mindestens 51/, Berylliumoxyd in basische
Gläser mit weniger als io°/o Alkali, mehr als 1o°/oTonerde und mehr als 25 °/o R0
erzielen lassen. Es ist schließlich auch bekannt, Berylliumoxyd in Gläser von einer
Zusammensetzung, die für Zwecke der vorliegenden Erfindung in Betracht kommen kann,
einzuführen, um die Widerstandsfähigkeit gegen Alkalimetalldämpfe zu erhöhen. Da
aber alle andern .die Wasserlöslichkeit verbessernden Oxyde die Angreifbarkeit durch
alkalische Flüssigkeiten nur verhältnismäßig wenig oder doch nur auf die bis jetzt
bekannte Höhe herabsetzen, stellt die an Berylliumgläsern gefundene, darüber erheblich
hinausgehende Verminderung der Alkalilöslichkeit eine besondere Eigentümlichkeit
des Berylliumoxvds dar, die sich auf Grund .der bisherigen Untersuchungen bei keinem
Glasbildner wiederfindet, insbesondere nicht bei dem ihm chemisch nahestehenden
Aluminiumoxyd und den andern Erdalkalioxyden.
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Über den Einfluß des Berylliumoxyds auf die Widerstandsfähigkeit gegen
alkalische Flüssigkeiten ergeben Vergleichsversuche folgendes Bild.
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Geht man von einem Glase von folgender Zusammensetzung aus: Si02 =
75; Na20 = 15; CaO = io, so ergibt sich eine Änderung der Widerstandsfähigkeit,
wenn von dem Gehalt von i o CaO ersetzt werden der Reihe nach 5 Teile durch 5 Teile
von B203, Mg0, Si-O, Ba O, A1 . 03, Pb O, Sb, 0, und Zn O. Als Maß der Widerstandsfähigkeit
diente der Grießverlust, den eine abgewogene Grießmenge erfährt, wenn sie 5 Stunden
lang bei g2° C unter maximaler Rührung mit dem -fünfundzwanzigfachen Volumen
(halbnormale Natronlauge) behandelt wird. Während B=03 und M-0 den Grießverlust
noch steigern, also die Widerstandsfähigkeit herabsetzen, verbessern die andern
Oxvde die Widerstandsfähigkeit schrittweise, so daß mit 5 Teilen Zn O der Grießverlust
etwas unter .die Hälfte gegenüber dem Ausgangsglase sinkt. Ersetzt man jedoch die
5 Teile Ca 0 durch 5 Teile Be 0, so fällt der Grießverlust gegenüber dem
Ausgangsglase auf den vierzehnten Teil.
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Besonders günstig ist es, wenn man als Alkalioxyd K20 statt Na20 verwendet.
Bei einem Glas von der Zusammensetzung SiO2 = 75; K20 = 15; CaO = io fällt der Grießverlust
auf den sechzehnten Teil, wenn man 5 Teile Ca 0 durch 5 Teile Be O ersetzt.
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Ähnlich günstig ist nun die Wirkung der Einführung von Berylliumoxyd
bei Alumo-Borosilicat-Gläsern, besonders bei solchen mit verhältnismäßig geringerem
Gehalt an Borsäure und Tonerde. Weniger günstig ist die Wirkung, wenn Borsäure und
Tonerde zusammen mehr als 25'/, betragen, jedoch ist sie immer noch recht günstig,
sofern dabei Ale 03 > i o °/o; es scheint, .daß bei alkaliarmen Borosilicatgläsern
die günstige Wirkungdes Berylliumoxyds einen Mindestwert hat, wenn Ale 03 = 10 °/o.
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Durch einen Zusatz von zweiwertigen Oxyden bis zu einem gewissen Höchstwert
läßt sich bei Alumo-Borosilicat-Gläsern an sich schon die Widerstandsfähigkeit gegen
alkalische Flüssigkeiten verbessern. Durch Einführung von Berylliumoxyd läßt sich
jedoch noch eine weitere, sehr starke Steigerung erzielen. Bei Baryt z. B. scheint
an sich die größte Widerstandsfähigkeit bei einem Gehalt von 30 °/o Ba O erreicht
zu sein und dann wieder zu fallen. Ersetzt man aber bei einem Glase von der Zusammensetzung
SiO2 = 50; Na20 = io; B203 = 5; A12 03 = 5 ; Ba'O = 30 5 Teile Ba O durch 5 Teile
Be O, so fällt der Grießverlust auf fast ein Viertel seines vorherigen Wertes.
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Gläser mit mehr als 251/, an zweiwertigen Oxyden finden wegen ihrer
schlechteren Verarbeitbarkeit an der Pfeife und vor der
Lampe als
Geräte- oder Röhrengläser kaum Verwendung, wohl aber als optische Gläser.
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Im allgemeinen sind sie gegen Säuren nicht sehr widerstandsfähig.
Durch gleichzeitige Einführung- von Titanoxyd läßt sich aber diese Schwierigkeit
weitgehend überwinden, und mit Berylliumoxyd ergeben sich dann hochbrechende und
mechanisch sehr harte Gläser von großer Widerstandsfähigkeit sowohl gegen Wasser,
neutrale und alkalische Lösungen als auch gegen saure Lösungen. Ähnlich wirken Zusätze
von Zirkon- und Thoriumoxyd.
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Wie bei der Steigerung des Bäriumoxydgehalts treten auch bei der des
Berylliumoxydgehalts Tiefstwerte der Löslichkeit in Laugen auf. Diese liegen im
allgemeinen schon unterhalb von Be O = 511, Bei dem hohen Preise .des Berylliumoxyds
ist dies von Bedeutung für die technische Anwendung der vorliegenden Erfindung,
da man infolgedessen wohlfeile, natürlich vorkommende Berylliummineralien oder -erden
verwenden kann, auch wenn ihr Berylliumgehalt nur gering ist.
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Es ist bekannt, daß schon geringe Mengen von Erdalkalioxyden und anderen
zweiwertigen Oxyden in alkal:i- und tonerdearmen Borosilicatgläsern durch Ausscheidungen
bewirkte Trübungen hervorrufen. Bei gleichem Erdalkaligehalt nimmt die Trübungsstärke
zu in der Reihenfolge Ba O, Zn O, S r O, Ca O, Mg O. Durch Zusatz von Tonerde kann
der Neigung zur Trübung etwas entgegengewirkt werden, wenn eine Erschwerung :des
Schmelzens in Kauf genommen wird, die genannte Reihenfolge der Trübungsneigung bleibt
dabei aber erhalten. Ein Zusatz von Berylliumoxyd erhält sich gerade entgegengesetzt;
er liefert trübungsfreie tonerdearme Borosilicatgläser, die mit wachsendem Tonerdegehalt
zur Trübung neigen. Es ist .daher möglich, .durch Einführung von Berylliumoxyd trübungsfreie
alkaliarme, d. h. thermisch besonders widerstandsfähige Borosilicatgläser mit Tonendegehalten
bis etwa io°/o zu erzeugen, die zur Steigerung der Widerstandsfähigkeit gegen Wasser
und Säuren bis etwa io°/o an Erdalkalien oder andern zweiwertigen Oxyden enthalten.
Es ist aber zur Erzielung solcher thermisch widerstandsfähiger und durch Wasser,
neutrale, saure und alkalische Lösungen besonders- wenig angreifbarer Gerätegläser
zu beachten, daß oberhalb eines Borsäuregehalts, :der je nach der sonstigen Zusammensetzung
etwa zwischen io und 201/, liegt, die Angreifbarkeit durch saure Lösungen äußerst
rasch ansteigt. Eine Alkalierhöhung verschiebt .diese Borsäuregrenze zu kleineren,
eine Tonerdeerhöhung zu größeren Werten, der Einfluß zweiwertiger Oxyde scheint
dagegen geringer zu sein. Anderseits sind alkaliarme Gläser mit weniger als etwa
i o °/o an Alkalioxyden, Borsäure und Tonerde zusammen .infolge ihrer Schwerschmelzbarkeit
nur bei äußerst hoher Temperatur darstellbar.
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In ähnlicher Weise lassen sich auch durch ihre sehr hohe Erweichungstemperatur
ausgezeichnete, thermisch und chemisch widerstandsfähige Geräte-, Röhren- und Thermometergläser
unter Einführung von Berylliumoxyd erschmelzen, wenn man den Tonerdegehalt merklich
größer als io°/o, etwa zwischen io und 25°/o und den Borsäuregehalt bis zu 15"/,
bemißt.
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Zur Erleichterung des Erschmelzens können Fluoride, z. B. einfache
oder komplexe Berylliumfluoride in die Gläser eingeführt werden. Im allgemeinen
wird aber dadurch die chemische Widerstandsfähigkeit merklich herabgesetzt. Auch
Zusätze von Lithiumoxyd oder Wolframsäure erleichtern das Erschmelzen.
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Die folgende Tafel zeigt eine. Reihe von Beispielen der neuen Gläser.
1 21 C U1 ß I .So |
Si0....... 49 72 76,5 74,5 72,5 70,5 65 6o |
Na20 ..... 10 5 5 5 5 - 5 - |
K20..... - - - - - 5 - 5 |
Ca0 ..... - - - - - - - - |
Ba0...... 25 2,5 - - - - - 5 |
Be0...... 5 3 1 3 5 7 5 5 |
B203...... 5 15 15 15 15 15 5 5 |
A1203.... 5 2,5 2,5 2,5 2,5 2,5 20 20 |
Ti02...... z - - - - - - - |
Das Glas 2,1 ist ein optisches Glas, ungefähr von der optischen Lage n.
= 1,57;
v = 56.
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Die Gläser 23 bis 8 sind Gerätegläser von hoher chemischer und hoher
thermischer Widerstandsfähigkeit.
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Die Gläser (S9 und S@ sind Gerätegläser von hoher chemischer und-
hoher thermischer Widerstandsfähigkeit sowie einem hohen Erweichungspunkt.