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Gebiet der
Erfindung
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Die vorliegende Erfindung bezieht
sich auf ein thermoplastisches Polymer und insbesondere auf ein Polymer,
das Struktureinheiten enthält,
die von wenigstens einem vinylischen Monomer und einer Amingruppe abgeleitet
sind. Eine zusätzliche
Ausführungsform
bezieht sich auf das Verfahren zur Herstellung des Polymers.
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Technischer
Hintergrund
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Das Polymer dieser Erfindung ist
eine Verbindung, die Amingruppen in ihrer Molekülstruktur aufweist und die
nicht direkt durch Terpolymerisation hergestellt werden kann. Es
wurde schon vor langem erkannt, dass die Doppelbindungen vieler
vinylischer Monomere hochgradig reaktiv gegenüber Aminen sind (Lit.: Hendrickson,
Cram & Hammond, "Organic Chemistry,
1970, 5. 480) und daher nicht stabil sind. Aus diesem Grund stehen
aminhaltige Monomere größtenteils
nicht für
die Verwendung zur Herstellung aminhaltiger Polymere zur Verfügung.
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Cyclisches Anhydrid enthaltende thermoplastische
Polymere können
in einem Imidisierungsverfahren mit Diaminen umgesetzt werden, wobei
aminfunktionelle Polymere entstehen. Wenn keine extrem großen Überschüsse an Diamin
verwendet werden, resultiert ein gewisses Maß an Vernetzung und Gelbildung.
Typischerweise werden zehnfache Überschüsse von
Diamin verwendet, um die Vernetzung zu minimieren, die aber dadurch
nicht ganz verhindert wird.
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Relevante Diskussionen bezüglich der
Kinetik der Amsäurebildung
und der Imidisierung von Gemischen aus polymeren und kleinen Molekülen, die
durch Fourier-Transform-IR-Spektroskopie bei nahen Umgebungs- und
erhöhten
Temperaturen gemessen wird, wurden offenbart in Kinetics of Amine-Cyclic
Anhydride Reactions in Moderately Polar Solutions von Allen R. Padwa
et al. im Journal of Poly. Science Part A: Polymer Chemistry, Vol.
33, 2165–2174
(1995).
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Außerdem wurde beschrieben, dass
die Reaktion von Amin- und Anhydridfunktionen empfindlich gegenüber der
Umgebung der funktionellen Gruppe ist. Gemäß Padwa et al., in Kinetics
of Amine-Anhydride Reactions for Reactive Processing, Polymer Preprints
34, 2, 841 (1993), ist die Extrapolation von der Chemie niedermolekularer
Verbindungen auf polymergebundene Funktionen nicht notwendigerweise
eine verlässliche Basis
für die
Wahl der Funktionalität.
Die reaktive Schmelzverarbeitung von Poly(styrol-co-maleinsäureanhydrid)
mit primärem
Amin wurde in einem Artikel von Vermeesch et al. im Journal of Poly.
Science Vol. 63, 1365–1378
(1994), beschrieben.
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Es ist das Ziel der vorliegenden
Erfindung, aminfunktionelle thermoplastische Polymere herzustellen. Es
ist weiterhin ein Ziel, ein Extrusionsverfahren zur effizienten
Herstellung dieser Polymere zu beschreiben.
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Ausführliche Beschreibung der Erfindung
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Das Polymer der Erfindung (hier "Terpolymer") enthält sekundäre aminfunktionelle
Gruppen und Struktureinheiten, die von wenigstens einem vinylaromatischen
Monomer und von wenigstens einem polaren Monomer abgeleitet sind.
Es ist dadurch gekennzeichnet, dass das Gewichtsverhältnis der
von dem vinylaromatischen Monomer abgeleiteten Struktureinheiten
zu den von dem polaren Monomer abgeleiteten Einheiten etwa 95 :
5 bis 50 : 50 beträgt
und dass die Amin-Struktureinheiten
in dem Terpolymer in einer Menge von 0,5 bis 15% relativ zum Gesamtgewicht
der von dem vinylaromatischen Monomer und von dem polaren Monomer abgeleiteten
Struktureinheiten vorhanden sind.
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Das Terpolymer ist als Kompatibilisator
in thermoplastischen Blends, die Polycarbonatharze enthalten, geeignet.
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Dieses Terpolymer kann gemäß der Erfindung
nach einem mehrstufigen Verfahren hergestellt werden. Im ersten
Schritt wird eine Vorstufe hergestellt durch Umsetzen von:
- (i) einem vinylaromatischen Monomer;
- (ii) einem polaren Monomer; und
- (iii) einem α,β-Dicarbonsäure-haltigen
Olefinmonomer.
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In einer bevorzugten Ausführungsform
des Verfahrens ist (iii) in einer Menge von 0,1 bis 15% relativ zum
Gesamtgewicht von (i) + (ii) vorhanden.
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Dieser Schritt kann nach einem beliebigen
der herkömmlichen
Polymerisationsverfahren durchgeführt werden, einschließlich Massen-
oder Lösungspolymerisationstechniken,
die in der Technik wohlbekannt sind.
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In einem anschließenden Schritt wird die Vorstufe
mit einer ausreichenden Menge einer Verbindung, die zwei Amingruppen
enthält,
einem difunktionellen Amin (hier "DFA"),
umgesetzt, wobei sich die Amingruppen hinsichtlich ihrer jeweiligen
Reaktivität
gegenüber
der α,β-Dicarbonsäure-Struktureinheit
von (iii) voneinander unterscheiden.
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Diese ausreichende Menge entspricht
einem molaren Überschuss,
der größer ist
als 25% relativ zur Stoffmenge der Komponente (iii). Die Reaktion
dieses anschließenden
Schrittes kann in einem Lösungsmittel wie
Dimethylformamid oder N-Methylpyrrolidon oder dergleichen unter
herkömmlichen
Imidisierungsbedingungen durchgeführt werden. Die Durchführung dieser
Reaktion in einem Extruder ohne Lösungsmittel ist jedoch vorteilhaft,
da dadurch die Notwendigkeit der Rückgewinnung großer Lösungsmittelmengen
vermieden wird. Vorzugsweise enthält das DFA-Molekül eine primäre und eine
sekundäre
Amingruppe. Vorzugsweise unterscheiden sich die beiden Amingruppen
voneinander hinsichtlich ihrer Reaktivitäten gegenüber der Säurestruktureinheit um wenigstens
2 zu 1.
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Das Reaktionsprodukt des anschließenden Schrittes
ist das erfindungsgemäße Terpolymer,
dessen Struktur seitenständige
Amingruppen aufweist. Aufgrund der unterschiedlichen Reaktivität der Amingruppen des
DFA bei mäßigen molaren Überschüssen erfolgt
eine präferentielle
Reaktion des reaktiveren Amins mit allen α,β-Dicarboxyl-funktionellen Gruppen.
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Nach der Beendigung der Reaktion
kann der Überschuss
des DFA nach irgendeinem herkömmlichen Verfahren
entfernt werden, so dass das Terpolymer im Wesentlichen frei von
nichtpolymergebundenen Aminen ist. Diese Amine können durch ein Polymer-Lösungs-Fällungs-Verfahren
oder zweckmäßiger durch
eine Entfernung der flüchtigen
Bestandteile aus dem geschmolzenen Polymer im Vakuum entfernt werden.
Der letztere Verfahrensschritt kann in einem evakuierbaren Extruder
durchgeführt
werden. Vorteilhafterweise wird der Gehalt an nichtpolymergebundenem
Amin soweit wie möglich,
vorzugsweise auf einen Wert von weniger als etwa 10%, am meisten
bevorzugt weniger als etwa 5%, relativ zum Gewicht des polymergebundenen
Amins, reduziert, so dass es während
der anschließenden
Verwendung des erfindungsgemäßen Polymers
nicht mit den polymergebundenen Aminen konkurriert.
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Die Molekülstruktur des resultierenden
erfindungsgemäßen Terpolymers
enthält
etwa 5 bis 40% Einheiten, die von dem polaren Monomer (ii) abgeleitet
sind, 0,1 bis 30% Einheiten, die von der Gruppe (iii) abgeleitet
sind, wobei die restlichen Einheiten von Gruppe (i) abgeleitet sind,
wobei sich die Prozentwerte auf das Gewicht des Terpolymers beziehen.
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Zu den geeigneten vinylaromatischen
Monomeren der Gruppe (i) gehören
Styrol, alpha-Alkyl-Monovinyl-monoaromatische Verbindungen, wie α-Methylstyrol, α-Ethylstyrol, α-Methylvinyltoluol
usw., sowie ringsubstituiertes Alkylstyrol, wie Vinyltoluol, o-Ethylstyrol,
p-Ethylstyrol, 2,4-Dimethylstyrol und dergleichen, ringsubstituiertes
Halogenstyrol, wie o-Chlorstyrol, p-Chlorstyrol, o-Bromstyrol, 2,4-Dichlorstyrol
und dergleichen, Ringalkyl-Ringhalogen-substituierte Styrole, wie
2-Chlor-4-methylstyrol und 2,6-Dich1or-4-methylstyrol.
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Zu den geeigneten polaren Monomeren
der Gruppe (ii) gehören
Acrylnitril, Methacrylnitril, Ethacrylnitril und C1-
bis C4-Alkyl(meth)acrylat.
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Zu den geeigneten α,β-Dicarbonsäure-haltigen
Olefinmonomeren von (iii) gehören
Maleinsäure,
Fumarsäure,
Itaconsäure,
Citraconsäure,
ihre Anhydride und ihre Monoalkylester.
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Geeignete Beispiele für DFA sind
1-(2-Aminoethyl)piperazin (hier "AEP"), N-Alkylalkylendiamine, N-Alkoxyalkylendiamine
und dergleichen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren erfordert, dass
die Menge des DFA einen molaren Überschuss
gegenüber
der Menge der α,β-Dicarbonsäure-Funktionen
darstellt, um eine Vernetzung zu verhindern. Als Ergebnis ergibt
ein Mol α,β-Dicarbonsäure-Funktion
ein Mol seitenständige
Aminfunktion.
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Das resultierende Terpolymer ist
zusätzlich
durch seine thermoplastischen Eigenschaften gekennzeichnet sowie
dadurch, dass sein Zahlenmittel des Molekulargewichts wenigstens
20000 und am meisten bevorzugt etwa 20000 bis 100000 beträgt.
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Eine zusätzliche Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
ermöglicht
die Steuerung der endgültigen
Menge der Aminfunktionen ohne die Notwendigkeit einer Variation
der Vorstufenzusammensetzung. Die Menge des seitenständigen sekundären Amins
kann reduziert werden, indem man ein Gemisch von DFA und einem monofunktionellen
Amin (MFA), das eine ähnliche
Reaktivität
gegenüber
Anhydrid wie DFA aufweist, verwendet. Insbesondere wird das MFA
so ausgewählt,
dass die Reaktivität
des MFA gegenüber
der α,β-Dicarbonsäure-Funktion ähnlich ist
wie bei demjenigen Amin des DFA, welches eine größere Reaktivität aufweist.
Die Menge des DFA plus MFA wird so gewählt, dass die Gesamtstoffmenge
von DFA plus MFA größer ist
als die Menge der α,β-Dicarbonsäure-Funktion.
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Ein Beispiel für ein solches Paar von Molekülen ist
AEP für
das DFA und 4-(2-Aminoethyl)morpholin für das MFA.
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Das erfindungsgemäße Terpolymer wurde bezüglich seines
Molekulargewichts (Gelpermeationschromatographie), Amingehalts (durch
Titration in Tetrahydrofuran mit Perchlorsäure in Methanol als Titrant)
und Gehalts an restlichem ungebundenem Amin (durch Gaschromatographie)
charakterisiert.
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Die Erfindung wird weiterhin anhand
der folgenden Beispiele veranschaulicht, in denen alle Teile und Prozentwerte
gewichtsbezogen sind, wenn nichts anderes angegeben ist.
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Beispiele
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Experimentelle:
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Beispiel 1:
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Synthese der Vorstufe:
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Ein Gemisch von 49,8 Teilen Styrol,
29,1 Teilen Acrylnitril, 0,8 Teilen Maleinsäureanhydrid, 20 Teilen Methylethylketon,
0,105 Teilen t-Butyl-2-ethylhexylperoxycarbonat (Peroxid-Starter)
und 0,25 Teilen Isooctylthioglycolat (Kettenübertragungsmittel) wurde in
der notwendigen Geschwindigkeit, um eine Verweilzeit von 45 Minuten
zu erhalten, einem kontinuierlich gerührten Reaktor zugeführt, der
bei 145°C
betrieben wurde. Im stationären
Zustand wird eine Menge der Feststoffe im Reaktor von etwa 45% erreicht,
und die Polymerlösung wird
ständig
von flüchtigen
Bestandteilen befreit, was eine Vorstufe der Zusammensetzung 67
: 32 : 1 Styrol : Acrylnitril : Maleinsäureanhydrid mit einer Grenzviskositätszahl (MEK,
25°C) von
0,45 dl/g ergab.
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Beispiel 2:
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In noch einem anderen Verfahren wurde
ein Gemisch aus 66,3 Teilen Styrol, 32,5 Teilen Acrylnitril, 1,1 Teilen
Maleinsäureanhydrid
und 0,13 Teilen Terpinolen in der notwendigen Geschwindigkeit, um
eine Verweilzeit von 105 Minuten zu erhalten, einem Reaktor zugeführt, der
bei 170°C
betrieben wurde. Die resultierende Polymerlösung wurde kontinuierlich von
flüchtigen
Bestandteilen befreit, was ein Polymer ergab, das mit dem gemäß Beispiel
1 hergestellten im Wesentlichen identisch war.
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Diese Vorstufe enthält 0,93
Gew.-% Maleinsäureanhydrid
und hat einen Titer von 0,19 mmol pro Gramm.
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Beispiel 3:
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Synthese eines aminfunktionellen
Terpolymers:
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Die in Beispiel 2 hergestellte Vorstufe
wurde einem 34-mm-Leistritz-Doppelschneckenextruder mit gleichsinniger
Rotation zugeführt,
der mit einem Injektionsanschluss, einer evakuierbaren Zone zur
Entfernung von flüchtigen
Bestandteilen und einem Düsenflächen-Granulator
ausgestattet war. Der Extruder wurde mit 150 U/min und 260°C mit einem
Vakuum von 5 bis 50 mm Hg betrieben. Die Vorstufe wurde mit einer
Geschwindigkeit von 9,1 kg/h zugeführt. Das DFA, 1-(2-Aminoethyl)piperazin,
wurde mit Geschwindigkeiten von etwa 1,25 bis 2,0 mol pro Mol des
Anhydrids oder 2,5 bis 4,0 ml/min zum Injektionsanschluss gepumpt.
Die Ergebnisse dieser Experimente sind in der Tabelle gezeigt.
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Anmerkungen
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Die Vorstufe diente als Kontrolle.
Beispiel A zeigt den Betrieb mit einem großen Überschuss an DFA: 2 mol DFA
pro Mol Anhydrid. Der Extruder konnte das überschüssige DFA, das nach der Reaktion
zurückbliebt, nicht
ausreichend entfernen, was zu einer hohen Menge an restlichem DFA
führte.
Die hohen Mengen an restlichem DFA sind bei der anschließenden Verwendung
des erfindungsgemäßen Terpolymers
als Kompatibilisierungsmittel unerwünscht.
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In Beispiel B bewirkte die Menge
des zugefügten
DFA (1,5 mol pro Mol Anhydrid) eine Abnahme der Menge an restlichem
DFA, die auf Mengen weit unterhalb des Titers reduziert wird. Die
Vorstufe wurde vollständig
umgesetzt, und das resultierende Polymer hat sehr geringe Mengen
an restlichem DFA. Das Molekulargewicht innerhalb des experimentellen
Fehlers aufgrund einer Änderung
der Molekülstruktur
ist gegenüber dem
der Vorstufe unverändert.
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In Beispiel C führte die DFA-Menge (1,25 mol
pro Mol Anhydrid) aufgrund von Vernetzung zur Bildung von Polymergelen
und einem instabilen Extruderbetrieb. Dies wird durch Fluktuationen
der Extruderleistung über
einen Bereich von 11 bis 22 Ampere und die Gegenwart von polymeren
Gelen angezeigt; eine Messung des Molekulargewichts war nicht möglich.
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In Beispiel D veranschaulicht ein
Gemisch von DFA und einem monofunktionellen Amin die Erfindung näher. Der
Titer wird auf einen Bereich von erwarteten Werten reduziert. Der
theoretische Titer bei 50% eingesetztem DFA beträgt 0,16. Das Molekulargewicht
des Polymers ist unverändert,
was anzeigt, dass das Polymer ohne Vernetzung umgesetzt wurde.
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Zusätzliche Experimente wurden
durchgeführt,
wie es oben beschrieben ist, wobei mit cyclischem Anhydrid modifizierte
Styrol-Ethylen/Butylen-Styrol-Triblockpolymere (maleatierte Kraton-Kautschuke,
kommerziell erhältlich
von Shell Chemical Co.) verwendet wurden. Polymere, die ungefähr 0,5,
1,0 und 1,8 Gew.-% Maleinsäureanhydrid
enthielten, wurden unter den oben beschriebenen Bedingungen mit
1,5 mol 1-(2-Aminoethyl)piperazin pro Mol cyclisches Anhydrid umgesetzt.
In allen diesen Experimenten erfolgte keine Umwandlung des cyclischen
Anhydrids in ein sekundäres
Amin. Wenn die Umsetzung in einem Lösungsmittel für das Polymer
(Tetrahydrofuran) erfolgte, wurde eine vollständige Reaktion des cyclischen
Anhydrids erhalten. Diese Experimente weisen darauf hin, dass das
Polymergerüst
ein polares Monomer enthalten muss, um eine Reaktion während der
Schmelzverarbeitung zu erreichen.