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Gebiet der
Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung betrifft kleine RNA-Viren und virusartige
Partikel (VLPs) mit veränderten
oder ersetzten Ig-ähnlichen
Domänen,
um den Wirtszelltropismus, oder anders ausgedrückt, die Spezifität von Wirtszellbindung
und Wirtszellinfektion, zu modifizieren. Die Erfindung betrifft
auch die Verwendung von solchen kleinen RNA-Viren und VLPs für Anwendungen
in der Insektenbekämpfung und
in der Medizin.
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Allgemeiner Stand der
Technik
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Zu
den offiziell anerkannten kleinen RNA-Viren zählen Mitglieder der Picornaviridae,
die Nodaviridae und die Tetraviridae. Es existieren jedoch viele nicht
anerkannte Insektenviren, die ebenfalls zu dieser Gruppe zählen. Bei
den Tetraviridae handelt es sich um eine Familie von kleinen isometrischen
Insektenviren mit nackten, ikosaedrischen Capsiden mit einem Durchmesser
von 35–41
nm und Genomen aus einzelsträngiger
RNA in positiver Orientierung (ss + RNA). Bis jetzt haben Virologen
ihnen nicht viel Beachtung geschenkt. Erwiesen ist, daß sich ihr
bekannter Wirtsbereich lediglich auf einige wenige Mottenfamilien
in einer einzigen Insektenordnung, den Lepidoptera (Schmetterlinge
und Motten) erstreckt, was bedeutet, daß sie die einzige Familie an
kleinen RNA-Viren
sind, die sich auf Insekten als Wirte beschränken. Obwohl sie offenbar mehrere
ihrer Wirte, bei denen es sich um wichtige Schädlingsinsekten handelt, wirksam
bekämpfen,
wurden sie diesbezüglich
wenig verwendet. Dadurch, daß es
an einem Zellkultursystem bzw. bis vor kurzem an einer verläßlichen
Methode zur Gewinnung des Virus aus Insekten aus Laborzuchten fehlte,
mußte
man sich mit sporadisch verfügbarem
Feldmaterial behelfen, dessen Qualität ungewiß war. Dieses Problem war so ausgeprägt, daß es sich
erst in jüngster
Zeit herausstellte, daß eigentlich
zwei Gruppen von Tetraviren existieren, nämlich Nudaurelia-β-ähnliche
Viren mit einem einteiligen Genom von ungefähr 6 kb und Nudaurelia-ω-ähnliche Viren mit einem zweiteiligen
Genom, das ss-RNAs
mit einer Größe von 5,3
bzw. 2,5 kb umfaßt.
Es ist lediglich die Existenz von zwei bekannten Nudaurelia-ω-ähnlichen Viren bekannt. Das vollständige Genom
eines Mitglieds (Helicoverpa armigera stunt virus – HaSV)
ist bereits von den Erfindern der vorliegenden Erfindung sequenziert
worden. Das andere Mitglied ist das Nudaurelia-ω-Virus [NωV], das teilweise sequenziert
wurde.
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Einer
der interessantesten Aspekte beim Befall durch Tetraviren ist, daß sie offenbar
nur einen einzigen Gewebetyp infizieren, der bei HaSV der Mitteldarm
ist. Die Erfinder der vorliegenden Erfindung zeigten in einem maßgeblichen
Experiment, bei dem die Spezifität
des HaSV besonders hervorgehoben wird, daß auch dann Spezifität für den Mitteldarm herrschte,
wenn das Virus in das Hämocoel
von Larven injiziert wurde, wobei Nichtmitteldarmzellen des Wirts,
die normalerweise keinen Kontakt mit dem HaSV haben, mit dem Virus
in Kontakt kamen. Das Vorhandensein von Virus wurde mit klonierten
cDNA-Sonden überprüft, und
zwar anhand von Northern-Blots von RNA, die aus dem Mitteldarm und dem
Rest des Kadavers von drei Larvengruppen, nämlich einer mit HaSV injizierten
Gruppe, einer Gruppe, der HaSV verfüttert worden war, und nichtinfizierten
Kontrollen, extrahiert worden war. Ein positives Signal wurde ledigich
bei Mitteldarm-RNA der beiden mit HaSV behandelten Larvengruppen
beobachtet.
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Ein
weiterer Beweis für
die spezifische Bindung von HaSV-Partikeln an einen bestimmten Zelltyp
ergibt sich aus einer genauen Überprüfung von mit
HaSV infizierten H. armigera-Larven. Verschiedene Quer- und Sagittalschnitte
von infizierten Larven wurden mit der empfindlichen immunhistochemischen
Technik der Immungoldfärbung
mit Silberverstärkung
verwendet. Schnitte aus dieser Reihe wurden auch unter dem Elektronenmikroskop
untersucht. Trotz genauester Untersuchung der Gewebe aus Vorderdarm-,
Fett-, Körper-,
Speicheldrüsen- und Gehirngewebe
wurde eine Färbung
nur in Mitteldarmzellen beobachtet. Es wurde gefunden, daß beide
Arten der differenzierten Mitteldarmzellen, nämlich die Säulen- und Becherzellen, sowie
die viel kleineren, nicht differenzierten Regenerationszellen an der
Basalmembran infiziert waren. Obwohl herausgefunden wurde, daß alle diese
Mitteldarmzellen infiziert waren, ergab die Analyse der Virusbindung
an Zellen in Schnitten von in Wachs eingebettetem Mitteldarm, daß nur Becherzellen
und nicht Säulenzellen
das primäre
Ziel der HaSV-Bindung darstellten.
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Die
beiden bekannten ω-ähnlichen
Viren weisen starke Sequenzidentität auf. Das heißt, daß die Aminosäuresequenzen
der Hüllproteine
der beiden ω-ähnlichen
Viren eine Identität
von insgesamt 67% (Ähnlichkeit:
76%) aufweisen. Dieser Vergleich definierte vier Domänen in dem
Hüll-(Capsid-)Protein mit
zwei Regionen hoher Homologie (ungefähr 80% Identität und mit
beträchtlichen
Sequenzabschnitten, in denen eine Identität von über 95% erreicht wird) (Hanzlik
et al., 1995). Eine aminoterminale Domäne mit 49 Resten weist niedrigere
Homologie auf; dies ist auch bei einer Sequenz mit 165 Resten, die
sich ungefähr
in der Mitte der Sequenz befindet und 33% Identität aufweist,
der Fall. Überraschenderweise spiegelt
sich die hohe Sequenzidentität
insgesamt nicht in einer nachweisbaren serologischen Beziehung wider,
was darauf schließen
läßt, daß die zentrale
Domäne
mit der niedrigen Sequenzhomologie als einziger immunogener Teil
des intakten Virions auf der Capsidoberfläche präsentiert wird. Diese Region
ist für
die unterschiedlichen Wirtsspezifitäten der beiden Viren verantwortlich,
wie zuerst von Hanzlik et al. (1995) vorgeschlagen wurde.
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Von
den Erfindern der vorliegenden Erfindung wurde nun überraschenderweise
festgestellt, daß die
zentrale HaSV-Domäne
(die den Resten 287 bis 416 entspricht) eine Struktur ausbildet,
die zu der Immunglobulin-(Ig-) Superfamilie gehört. Zu weiteren Proteindomänen, deren
Strukturen eine Ig-ähnlich Faltung
aufweisen, zählen
die variablen (V) und die konstanten (C) Domänen, die auf Antikörpern vorhanden
sind (z. B. das Fab-Fragment von IgGs), die HLA-Oberflächenantigene
des MHC-Komplexes
sowie Zelladhäsionsproteine
und -Rezeptoren (z. B. der von HIV gp 120 erkannte CD4-Rezeptor).
Die Vermittlung der Adhäsion
von Zellen an andere Zellen oder die extrazelluläre Matrix, die diese Proteine
verursachen, spielt für
die Entwicklung, Differenzierung, Immunreaktion sowie für die Gewebestruktur
und -heilung eine wesentliche Rolle. Viele dieser Proteine werden
auch von Viren als Rezeptoren verwendet (Lentz (1990)).
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In
jüngeren
Untersuchungen, die auf Zelladhäsionsassays
und der Analyse von auf Platten haftenden künstlichen Lipid-Doppelschichten
beruhen, wurde die Grundlage für
die Zelladhäsion
aufgeklärt, die
durch die Bindung von Oberflächenproteinen
verstärkt
wird. Ein Beispiel für
diese Untersuchungen sind die Arbeiten, die sich mit der Bindung
zwischen MHC-Klasse II- und CD4-Proteinen, die die Adhäsion von
antigenpräsentierenden
Zellen (APCs) und CD4+ T-Zellen bei der
Immunreaktion vermitteln, befassen. Die MHC-Klasse-II-spezifische
Proliferationsreaktion von T-Zell-Klonen (Hussey et al., 1988) bzw.
die Bindung von MHC-Klasse-II+-B-Zellen
an CD4-transfizierte COS-7-Zellen wird in Zelladhäsionsassays
von löslichem
(monomerem) CD4 (sCD4) nicht inhibiert, nicht einmal bei einer Konzentration
von 100 μm
(Sakihama et al., 1995a). Dies legt den Schluß nahe, daß die Affinität von monomerem
sCD4 für
die MHC-Klasse-II-Proteine > 10–4 M
beträgt.
Es wurde nun gezeigt, daß für eine stabile
Bindung an MHC-Klasse-II-Proteine
eine Oligomerisierung von CD4-Molekülen an der
Oberfläche
von CD4+-Zellen erforderlich ist, und zwar
dadurch, daß die
Avidität der
Wechselwirkung zwischen diesen Zelladhäsionsproteinmolekülen erhöht wird
(Sakihama et al., 1995 a, b). Die Oligomerisierung schließt sich
an eine zu Beginn stattfindende Wechselwirkung zwischen ein oder
zwei CD4-Molekülen
und MHC-Klasse-II-Dimeren an. Eine Charakterisierung von CD4-Hybridmolekülen hat
gezeigt, daß die
membranproximalen Domänen
3 und/oder 4 an der Oligomerisierung beteiligt zu sein scheinen.
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Von
den Erfindern der vorliegenden Erfindung wurde nun erkannt, daß es der
Mangel an Sequenzähnlichkeit
zwischen der Ig-ähnlichen
Domänen
von HaSV und der entsprechenden Domäne von NωV ermöglichen könnte, Tetraviruspartikel als
ikosaedrische Träger
zu verwenden, die veränderte Ig-ähnliche
Domänen
oder ersetzte Tertiärstrukturen aufweisen
können
und daher modifizierte Wirtszellbindungsspezifität zeigen.
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Die
Ig-ähnliche
Domäne
bildet einen ausgeprägten
Vorsprung, der entweder mit praktisch 3fach oder ikosaedrisch 3fach
verwandten Untereinheiten an der Oberfläche des Tetraviruscapsids interagiert. Die
Ikosaederpartikel weisen daher eine definierte oligomere Form der
Ig-ähnlichen
Domäne
auf, die wahrscheinlich (analog zur Bindung zwischen CD4- und MHC-Klasse-II-Oligomeren)
eine stabile Bindung des gesamten Capsids an den Zelloberflächenrezeptor
ermöglicht.
Diese Annahme wird von den Ergebnissen von Weber und Karjalainen
(1993) gestützt;
diese Autoren berichteten, daß ein
lösliches pentameres
Immunfusionskonstrukt aus Maus-CD4 und Human-Cμ die Wechselwirkung zwischen
polymergebundenen B-Zellen und sCD4-Zellen der Maus verhindern konnten,
während
ein lösliches
monomeres Immunfusionskonstrukt aus Maus-CD4 und Maus-Cκ dazu nicht im Stande war.
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Beschreibung der Erfindung
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In
einem ersten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung daher ein isoliertes,
kleines RNA-Virus eines Typs bereit, der eine Ig-ähnliche
Domäne
innerhalb des/r Wildtyp-Hüllproteins/e
aufweist, wobei die Ig-ähnliche
Domäne
verändert
oder substituiert wurde, um so den Wirtszelltropismus zu modifizieren.
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Unter „Ig-ähnlicher
Domäne" wird eine ausgeprägte strukturelle
Domäne
verstanden, die eine Kernstruktur mit sieben bis neun antiparallelen β-Strängen, die
eine faßähnliche
(„barrel-like") Form bilden. Da
sich jedoch keine Wasserstoffbrückenbindungen
um dieses Faß („Barrel") erstrecken, existieren
praktisch zwei getrennte β-Faltblätter und
es handelt sich bei der Faltung physikalisch um ein β-Sandwich
(Bork et al. 1994). Manche Ig-ähnliche
Domänen,
die von dieser Definition umfaßt
sind (wie die Tetravirus-Ig-ähnliche
Domäne),
können
zusätzlich noch β-Stränge außerhalb
der Kernstruktur aufweisen.
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Unter „Wirtszelltropismus" wird die Fähigkeit von
Viren (und der wie nachfolgend beschriebenen virusähnlichen
Partikeln (VLPs)) verstanden, an bestimmte Zellpopulationen innerhalb
eines Organismus zu binden, in diese einzudringen und mit der Infektion
zu beginnen.
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Vorzugsweise
wird die Ig-ähnliche
Domäne so
verändert,
daß das
Virus selektiv einen vorgegebenen Zelltyp bindet und befällt, bei
dem es sich nicht um den/die normalen Wirtszelltyp/en des Virus
handelt. Mit einer solchen Zielsteuerung („targeting") lassen sich z. B. die insektiziden
Eigenschaften des kleinen RNA-Virus bei der Bekämpfung von Schädlingsinsekten
außerhalb
des normalen Wirtsspeziesbereichs verwenden. Erfindungsgemäße kleine RNA-Viren
könnten
daher vielversprechende Insektizide darstellen.
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Obwohl
die Erfindung besonders in bezug auf Tetraviridae beschrieben wird,
wird angenommen, daß auch
andere kleine RNA-Viren Ig-ähnliche Domänen aufweisen.
Das kleine RNA-Virus gemäß dem ersten
Aspekt ist daher aus den Mitgliedern der Picornaviridae, den Nodaviridae
und den Tetraviridae ausgewählt.
Vorzugsweise handelt es sich bei dem kleinen RNA-Virus um ein Mitglied
der Tetraviridae-Familie, wie ein Nudauvrelia-β-ähnliches Virus (insbesondere
NβV). Stärker bevorzugt
handelt es sich bei dem kleinen RNA-Virus um ein Mitglied der Gattung der
Nudaurelia-ω-ähnlichen Viren. Am stärksten bevorzugt
wird das kleine RNA-Virus aus Helicoverpa armigera stunt virus (HaSV)
und Nudaurelia ω-Virus
(NωV) ausgewählt.
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Die
Ig-ähnliche
Domäne
des HaSV-Wildtyp-Hüllproteins
(p71) befindet sich an den Resten 281 bis 414 der in 1 dargestellten Aminosäuresequenz.
Die Ig-ähnliche
Domäne
des NβV-Wildtyp-Hüllproteins
befindet sich innerhalb der Reste 285 bis 433 der 634 Aminosäuren langen
Sequenz, die in 2 dargestellt
ist. Die Ig-ähnliche
Domäne des
NωV-Wildtyp-Hüllproteins befindet sich an
den Resten 280 bis 413 der von Agrawal und Johnson (1995) beschriebenen
Sequenz.
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Veränderungen
oder Substitutionen der Ig-ähnlichen
Domäne
lassen sich dadurch erzielen, daß man das/die Wildtyp-Hüllproteingen(e)
durch (ein) Hybridgen(e) ersetzt, die Nukleotidsequenzen einschließen, die
für die
gesamten oder für
einen funktionellen Abschnitte) der Ig-ähnlichen Domänen codieren,
die von anderen als den oben genannten Proteinen abgeleitet sind.
Der Ausdruck „funktionelle(r)
Abschnitt(e)" bedeutet
in diesem Zusammenhang (einen) Abschnitte) von Ig-ähnlichen Domänen, die
dem kleinen RNA-Virus noch ermöglichen,
eine oder mehrere Zelltypen spezifisch zu binden und zu befallen.
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Für die Zielsteuerung
des kleinen RNA-Virus an Zelltypen von Schädlingsinsekten außerhalb
des normalen Wirtsspeziesbereichs kann das Hybridgen bzw. können die
Hybridgene Nukleotidsequenzen einschließen, die für die gesamten oder für (einen) funktionelle(n)
Abschnitt(e) der variablen (V) oder konstanten (C) Domänen von
Antikörpern
codieren, die für
Darmzelltypen des als Ziel dienenden Schädlingsinsekts spezifisch sind.
Das Hybridgen bzw. die Hybridgene kann/können jedoch auch Nukleotidsequenzen
einschließen,
die für
die gesamten oder für (einen)
funktionelle(n) Abschnitte) der Ig-ähnlichen Domänen codieren,
die von Proteinen, die an der Zelladhäsion beteiligt sind oder von
monoklonalen Antikörpern,
die für
Zellenoberflächenepitope
spezifisch sind, abgeleitet sind.
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Obwohl
die Ig-ähnliche
Domäne
vorzugsweise unter Verwendung von Nukleotidsequenzen, die für Ig-ähnliche
Domänen
oder deren funktionelle(n) Abschnitte) codieren, die von anderen
Proteinen abgeleitet sind, verändert
oder ersetzt wird, muß betont werden,
daß die
Erfindung eine Veränderung
und Ersetzung der Ig-ähnlichen
Domäne
unter Verwendung von Nukleotidsequenzen, die für nicht-Ig-ähnliche Tertiärstrukturen
codieren, vorsieht, um eine günstige Modifikation
des Wirtszelltropismus zu erzielen. So kann die Ig-ähnliche
Domäne
z. B. durch Zufügen von
bzw. durch Ersatz gegen eine Peptidschleife (wie sie z. B. auf dem
Hüllprotein
von Nodaviren vorliegen), ein kleines Protein oder Lectin verändert werden.
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Geeignete
Veränderungen
der Ig-ähnlichen Domäne könnten auch
durch Techniken wie der ortsgerichteten Mutagenese des Wildtyp-Hüllproteingens bzw.
der Wildtyp-Hüllproteingene
erzielt werden.
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In
einem zweiten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren
zur Bekämpfung
der Proliferation eines Schädlingsinsekts
bereit, bei dem ein mit dem Schädlingsinsekt
befallener Bereich mit einem kleinen RNA-Virus gemäß dem ersten
Aspekt, gegebenenfalls unter Beimischung eines landwirtschaftlich
akzeptablen Trägers,
behandelt wird.
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Die
Hüllproteine
von sowohl NωV
als auch von HaSV können
bei Expression in einem Baculovirus-Expressionssystem virusähnliche
Partikel (VLPs) bilden. Die Ergebnisse der Erfinder der vorliegenden Erfindung
bieten daher die Möglichkeit,
VLPs als spezifische Abgabemittel für z. B. Nukleinsäuremoleküle herzustellen.
Diese VLPs können
sich daher als Insektizide oder als Mittel für die Abgabe von spezifischen
Genen, z. B. für
die Gentherapie, eignen. Die Herstellung von VLPs von kleinen RNA-Viren
wird in der Internationalen Patentanmeldung Nr. PCT/AU93/00411 diskutiert.
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Die
Eigenschaften der HaSV-VLPs sind den Eigenschaften von HaSV-Virionen
sehr ähnlich.
Dazu zählen
Widerstandsvermögen
gegen proteolytischen Abbau, Auftrieb in CsCL-Lösungen, Morphologie und Abmessungen,
die Fähigkeit,
eingekapselte RNA gegen Abbau zu schützen, sowie Affinität für den H.
armigera-Darmzellenrezeptor
für HaSV.
Diese letztgenannte Eigenschaft wurde durch die Beobachtung nachgewiesen,
daß VLPs
in Wachsquerschnitten von Larven auf gleiche Weise an Rezeptoren
von H. armigera-Darmzellen banden. Dies zeigt, daß VLPs zum Eindrigen
in die Zellen und zum Exprimieren von RNAs innerhalb dieser Zellen
fähig sein
werden.
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In
einem dritten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung daher einen
virusähnlichen
Partikel (VLP) bereit, der aus Expression eines/von Hüllproteingens/Hüllproteingenen
hergestellt ist, das/die von einem kleinen RNA-Virus eines Typs
abgeleitet ist/sind, welcher eine Ig-ähnliche Domäne innerhalb des/r Wildtyp-Hüllproteins/e
aufweist, wobei das/die Gen/e so verändert wurde/n, daß die Ig-ähnliche
Domäne
des exprimierten Hüllproteins
zum Modifizieren des Wirtszelltropismus verändert oder ersetzt ist.
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Vorzugsweise
wird das VLP aus Expression eines/von Hüllproteingens/Hüllproteingenen
hergestellt, das/die so verändert
wurde/n, daß die
Ig-ähnliche
Domäne
des exprimierten Hüllproteins
so verändert
oder ersetzt wurde, daß das
VLP selektiv einen vorgegebenen bzw. vorgegebene Zelltypen bindet und
befällt,
bei dem/denen es sich nicht um einen/die Wirtszelltypen handelt,
den/die das VLP ohne die Veränderung
oder Ersetzung der Ig-ähnlichen
Domäne
seines/sein Hüllproteinproteins/Hüllproteine
binden und befallen würde.
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Vorzugsweise
leitet/leiten sich das Hüllproteingen/die
Hüllproteingene
von einem Mitglied der Picornaviridae, den Nodaviridae und den Tetraviridae, ab.
Vorzugsweise leitet/leiten sich das Gen/die Gene von einem Mitglied
der Tetraviridae-Familie, wie dem Nudaurelia-β-ähnlichen
Virus (insbesondere NβV), ab.
Stärker
bevorzugt leitet/leiten sich das Gen/die Gene von einem Mitglied
der Gattung der Nudaurelia-ω-ähnlichen
Viren ab. Am stärksten
bevorzugt leitet/leiten sich das Gen/die Gene vom Helicoverpa armigera
Stunt-Virus (HaSV) oder Nudaurelia-ω-Virus (NωV) ab.
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Das/die
für die
Expression des VLP verwendete Hüllprotein(e)
kann/können
dadurch hergestellt werden, daß man
das/die Wildtyp-Hüllproteingen(e) durch
(ein) wie oben in bezug auf den ersten Aspekt beschriebene(s) Hybridgen(e)
ersetzt.
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VLPs
gemäß dem dritten
Aspekt der vorliegenden Erfindung bieten eine beachtliche Möglichkeit
für die
spezifische Abgabe von Nukleinsäuremolekülen an einen
vorgebenen Zelltypen bzw. an vorgegebene Zelltypen. Als Insektizide
kann die Nukleinsäure
z. B. für
ein Toxin wie Ricin, Neurotoxine, Gelonin und Diphtherietoxine codieren.
Bei medizinischen Anwendungen können
die Nukleinsäuremoleküle z. B.
je nach Bedarf für
ein Cytotoxin (z. B. für
die Behandlung von Krebs) oder ein anderes Peptid, Polypeptid oder
Protein (z. B. für
die Gentherapie) codieren.
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Obwohl
von den Erfindern gelegentlich beobachtet wurde, daß VLPs des
HaSV-Hüllproteins
niedermolekulare RNA ohne Virussequenzen einkapseln, ist es (wenn
sich die VLPs gemäß dem dritten Aspekt
für die
Abgabe von gewünschten
Genen an Zielzellen eignen sollen) vermutlich erforderlich, daß Verkapselungs-(und
Replikations-)Signalsequenzen auf der Virus-RNA verwendet werden.
Das heißt,
es ist vermutlich erforderlich, daß Verkapselungs-(und Replikations-)Signale verwendet
werden müssen, um
die Produktion von VLPs, die exprimierbare RNA exogenen Ursprungs
spezifisch verkapseln und abgeben, zu gestatten, was die Abgabe
von gewünschten
Aktivitäten
an Zielzellen ermöglicht.
Dies kann in Form einer mRNA, die bei Translation in der Zielzelle ein
funktionelles Protein produzieren soll, oder in Form von Retrovirus-
oder Retrotransposon-RNA, die in das Zielzellengenom, von dem aus
das Produkt schließlich
exprimiert werden wird, eingebaut werden wird, der Fall sein.
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Die
Möglichkeit,
die Ig-ähnliche
Domäne
von Hüllproteinen
kleiner RNA-Viren zu verändern
oder zu ersetzen, bietet auch die Möglichkeit der Entwicklung von
VLPs, die antigene Tertiärstrukturen
aufweisen. Solche VLPs könnten
vielversprechende Impfstoffe sein.
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Gemäß einem
vierten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung daher einen Impfstoff
bereit, der einen virusähnlichen
Partikel (VLP) aufweist, der durch Expression eines/von Hüllproteingens/Hüllproteingenen
hergestellt ist, das/die von einem kleinen RNA-Virus eines Typs
abgeleitet ist/sind, welcher eine Ig-ähnliche
Domäne
innerhalb des/r Wildtyp-Hüllproteins/e,
wobei das/die Gen/e so verändert wurde/n,
daß die
Ig-ähnliche
Domäne
des exprimierten Hüllproteins
so verändert
oder substituiert ist, daß der
VLP ein auf der Oberfläche
befindliches Antigen zum Auslösen
einer Immunreaktion in einem Wirtsorganismus präsentiert.
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Bei
dem Antigen kann es sich um ein vollständiges Protein oder um einen
antigenen Teil eines Proteins von z. B. einem Virus (z. B. HIV,
HCV, CMV) oder von Bakterien (z. B. Mycobakterien, Streptokokkus,
Haemophilias) handeln.
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Anhand
von Untersuchungen, die an Tetravirushüllproteinen und VLPs durchgeführt wurden, wurde
von den Erfindern der vorliegenden Erfindung eine einzigartige Gruppe
von sechs Eigenschaften bzw. Charakteristika identifiziert, wodurch
die Produktion der von der vorliegenden Erfindung vorgesehenen VLPs
für die
spezifische RNA-Abgabe ermöglicht
wird. Diese Charakteristika lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- 1. Die Fähigkeit
von Tetravirushüllproteinen,
bei Expression aus exogenen Expressionssystemen leicht VLPs zu produzieren.
- 2. Die Fähigkeit
von Tetravirus-VLPs, exogene mRNAs, die Viruswerkapselungs-Signalsequenzen
einschließen
und für
Peptide, Polypeptide und Proteine für unterschiedliche Aktivitäten codieren,
leicht zu verkapseln.
- 3. Die Fähigkeit
von Tetravirus-VLPs, exogene mRNAs so abgeben zu können, daß die Translation
der codierten Peptide, Polypeptide oder Proteine spezifisch in denjenigen
Zellen stattfindet, an die die VLPs binden und die von diesen infiziert werden.
- 4. Bereitstellung einer klar erkennbaren Region innerhalb der
Tetravirus-Hüllproteine,
die eine für den
Wirtszelltropismus verantwortliche Ig-ähnliche
Domäne
bildet.
- 5. Die Möglichkeit,
die Ig-ähnliche
Domäne
auf Tetravirus-Hüllproteinen
mit anderen Ig-ähnlichen Domänen und
Strukturen exogenen Ursprungs zu verändern bzw. sie durch diese
zu ersetzen.
- 6. Die Möglichkeit,
Tetravirus-VLPs mit wenig Reaktivität gegenüber dem Immunsystem von Wirbeltieren
herzustellen.
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Diese
Charakteristika sowie die Möglichkeit, VLPs
mit spezifischer RNA-Abgabe herzustellen, wird nun nachfolgend anhand
der folgenden nicht als Einschränkung
aufzufassenden Beispiele und beigelegten Abbildungen beschrieben.
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Kurze Beschreibung der
Abbildungen
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1 zeigt die Nukleotidsequenz
einer cDNA, die für
RNA-Virus 2 des HaSV-Genoms codiert (die Nukleotidsequenz einer
cDNA, die für
RNA1 codiert, ist aus der oben angeführten Patentanmeldung Nr. PCT/AU93/00411
ersichtlich). Die putativen Aminosäuresequenzen der Hüllproteine
p71 und p17 sind ebenfalls dargestellt. p71 beinhaltet eine Ig-ähnliche
Domäne
an den Resten G281 bis E414.
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2 zeigt die Nukleotidsequenz
einer cDNA, die für
das RNA-Genom von NβV
codiert. Die putativen Aminosäuresequenzen
der codierten Proteine sind ebenfalls dargestellt. Das Hüllprotein
(p70) beinhaltet eine Ig-ähnliche
Domäne
an den Resten P285 bis K433 der 634 Reste lange Sequenz.
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BEISPIEL 1
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Herstellung von VLPs in
exogenen Expressionssystemen
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Nach
Expression durch exogene Expressionssysteme produzieren die Tetravirus-Hüllproteine leicht
VLPs und, was wichtig ist, es findet eine Assemblierung zu RNA-haltigen
VLPs unter in-vitro-Bedingungen statt. Die in-vitro-Assemblierung
ermöglicht
die kostengünstige
großtechnische
Produktion von VLPs mit mRNAs, die für verschiedene erwünschte Peptide,
Polypeptide oder Proteine codieren, darunter für Cytotoxine, von denen man
erwarten würde,
daß sie
aufgrund ihrer Wirtstoxizität
die in-vivo-Produktion behindern würden. Die in-vitro-Produktion
von VLPs kann bei medizinischen Anwendungen auch deshalb wichtig
sein, weil dadurch die strengen Anforderungen bezüglich der
Elimination von kontaminierenden Organismen/Faktoren leicht erfüllbar sein
müßten.
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Die
in-vivo-Produktion von Tetravirus-VLPs in eukaryontischen Expressionssystemen
wie Baculoviren, Hefe und Pflanzenzellen, wird in der obenerwähnten Internationalen
Patentschrift Nr. PCT/AU/93/00411 und bei Hanzlik und Gordon, 1997,
beschrieben. Kurz gesagt beinhaltet die Produktion von Tetravirus-VLPs
in diesen Systemen die Expression des Hüllproteinvorstufengens (z.
B. für HaSV
p71 der RNA2) mit einem starken Promoter und die anschließende Aufreinigung
der VLPs als – bei
HaSV – Virionen
oder nach der Vorschrift von Agrawal und Johnson (1995). Zur Produktion
von Tetravirus-VLPs unter in-vitro-Bedingungen kann man sich nach Expression
der Hüllproteinvorstufe
in einem prokaryontischen Wirt wie E. coli des von Yusibov et al.
(1996) beschriebenen Verfahrens bedienen.
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BEISPIEL 2
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Herstellung von HaSV-VLPs,
die exogene RNA verkapseln
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Die
von Tetravirus-Hüllproteinen
hergestellten VLPs nehmen leicht exogene mRNAs mit gewissen Virusverkapselungssignalsequenzen
auf. Solche mRNAs können
verschiedene erwünschte
Peptide, Polypeptide und Proteine codieren. Dies kann in dem folgenden
Versuch nachgewiesen werden, in dem das Nicht-Virusgen E. coli β-Glucuronidase
(GUS) in HaSV-VLPs eingebracht wird.
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HaSV-VLPs,
in denen GUS-mRNA vorliegt, können
dadurch hergestellt werden, daß man Sf9-Zellen
mit zwei rekombinanten Baculoviren unter Verwendung des im Handel
erhältlichen
Baculovirus-Vektors pFastBac des Bac-to-Bac-Expressionssystems (Gibco-BRL)
koinfiziert. Baculovirus 1 wurde dadurch konstruiert, daß man das
offene Leseraster (ORF) des p71-Hüllproteins (siehe 1) hinter den Polyhedrinpromotor
plazierte. Wenn Baculovirus 1 für
sich alleine Sf9-Zellen infiziert, werden VLPs gebildet, die die
transkribierten mRNAs des Hüllprotein-ORF
selektiv verkapseln. Dies zeigt, daß innerhalb des Hüllprotein-ORF eine Verkapselungssignalsequenz
vorliegt. Mit dieser Information wurde Baculovirus 2, das eine GUS-Aktivität exprimierende
verkapselbare RNA produzierte, konstruiert.
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Baculovirus
2 bzw. pFBGUSp71-Virus wurde dadurch konstruiert, daß man den
GUS-ORF (β-Glucoronidase,
Jefferson et al., 1986) zwischen den Hüllprotein-ORF und den Polyhedrinpromotor
plazierte, so daß das
AUG-Initiationskodon mit der Translation des GUS-ORF anstelle des
Hüllprotein-ORF
beginnt. Findet während der
Baculovirus-Infektion eine Transkription statt, so wird also mRNA produziert,
die als GUS exprimiert wird. Diese mRNA weist auch die Verkapselungssignalsequenzen
auf, die der hinter den GUS-ORF plazierte HaSV-p71-Hüllprotein-ORF aufweist. Infizieren
nun Baculovirus 1 und Baculovirus 2 die gleiche. Zelle, verkapseln
von Baculovirus 1 produzierte VLPs selektiv RNAs, die nur den Hüllprotein-ORF
enthalten, sowie die RNAs mit dem GUS-ORF, an den sich der Hüllprotein-ORF
anschließt.
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Die
Verkapselung der GUS-mRNA wird durch Northern-Blots von RNA bestätigt, wobei
die RNA aus aufgereinigten VLPs, die von mit beiden Baculoviren
koinfizierten Sf9-Zellen produziert wurden, extrahiert wurde. Zur
Aufreinigung der VLPs werden Sf9-Zellen mit den beiden Viren infiziert,
und nach vier Tagen werden die Zellen durch Gefrieren/Tauen sowie
Vortex-Mischen in Tris-Puffer (50 mM Tris pH 7,4) mit 0,2% Nonidet
P40-Dergens lysiert. Nach 10minütigem
Sedimentieren bei 10 000 × g
wird der Überstand
des Homogenats drei Stunden lang bei 100 000 × g durch ein 10%-Saccharosekissen
pelletiert. Das Pellet, das durch Inkubation über Nacht resuspendiert wird,
wird direkt auf einen Zentrifugenbecher mit gleichen Volumina 30%
und 60% CsCl in Tris-Puffer direkt schichtförmig aufgetragen, wonach 12
Stunden lang bei 200 000 × g
zentrifugiert wird. Die opaleszierende Bande wird dann drei Stunden lang
bei 100000 × g
pelletiert und anschließend
wiederum in Tris-Puffer suspendiert. Wird die extrahierte RNA mit
einer radioaktiv markierten Nur-GUS-Sonde untersucht, so hybridisiert
die RNA der VLPs stark mit einer 4,6 kb-Bande, was die Größe der erwarteten
mRNA, die von dem pFBGUSp71-Virus transkribiert wird, darstellt.
Diese GUS-RNA-haltigen VLPs binden ebenfalls, ganz ähnlich wie
HaSV-Virionen, an H. armigera-Mitteldarmzellen. Dies kann dann beobachtet
werden, wenn die Partikel mit Wachsquerschnitten von H. Armigera-Mitteldärmen inkubiert und
nach der Vorschrift von Bravo et al. (1992) immunologisch nachgewiesen
werden.
-
Zu
alternativen Konstruktionen von Baculovirus 2 könnte folgendes zählen: die
gesamte HaSV-RNA2 (1)
wird hinter den GUS-ORF plaziert, oder der GUS-ORF wird innerhalb
der RNA2 so plaziert, daß sich
das AUG-Initiationskodon an der Stelle des AUG-Initiationskodons
des p17-ORF oder des p71-ORF befindet.
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VLPs,
die beinahe jede beliebige mRNA enthalten, lassen sich dadurch in
vitro herstellen, daß man
zuerst gecappte RNA in vitro mit T7-Polymerase transkribiert und
anschließend
die Transkripte mit gereinigten Hüllproteinen nach Yusibov (1996)
assembliert.
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BEISPIEL 3
-
Abgabe von in HaSV-VLPs
verkapselter exogener RNA
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Tetravirus-VLPs
können
verkapselte mRNAs so abgeben, daß sie spezifisch in Zellen,
an die sie binden und befallen, translatiert werden. Dieses Phänomen wurde
dadurch beobachtet, daß man GUS-mRNA-haltige
VLPs, die gemäß Beispiel
2 mit HaSV-p71 hergestellt wurden, an neonatale H. armigera-Larven
verfütterte.
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Neonatale
Larven wurden nach dem Tröpfchenfütterungsverfahren
(Hughes and Wood, 1981) mit einer 10%igen Saccharoselösung mit
einer GUS-VLPs-Konzentration von 100 μg/ml (mRNA) gefüttert und
anschließend
nach drei Stunden bei Raumtemperatur getötet. Elf (11) mit GUS-VLP gefütterte Larven
wurden entnommen und getrennt in GUS-Extraktionspuffer (Jefferson
et al., 1986) mit 1 mM X-Glucose (50 mM NaHPO4,
pH 7,0, 5 mM Dithiothreitol, 1 nM Na2EDTA,
0,1% Triton X-100) homogenisiert. Eine deutliche Blaufärbung, die
sich über Nacht
in dem Extrakt entwickelte, zeigte das Vorhandensein von GUS an,
während
ein ähnlicher Extrakt, der
von Kontrollarven (11), die mit VLPs ohne GUS-mRNA gefüttert worden
waren, erhalten wurde, farblos blieb. Das Ergebnis wurde dadurch
bestätigt, daß man den
Mitteldarm der neonatalen Larven, an die GUS-mRNR-haltige VLPs verfüttert worden
waren, herausschnitt und in X-Gluc-Assaypuffer (2 mM X-Gluc, 50
mM NaHPO4, pH 7,0, 0,1% Triton X-100) legte.
Nach Inkubation über
Nacht wurde direkt hinter der Stromadealklappe ein blauer Fleck
sichtbar, der GUS-aktivität anzeigte.
Bei den Kontrollen wurde keine blaue Farbe beobachtet.
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BEISPIEL 4
-
Ersatz der Ig-ähnlichen
Domäne
von HaSV- und NωV-VLPs
-
Tetravirus-Hüllproteine
weisen in der Aminosäuresequenz,
die an der Oberfläche
des VLP eine Domäne,
die für
den Wirtszelltropismus verantwortlich ist, bildet, eine klar gekennzeichnete
Region auf. Aus Röntgenkristallographie-untersuchungen
geht hervor, daß diese
Domäne
eine immunglobulinähnliche
(Ig-ähnliche)
Tertiärstruktur
aufweist (Munshi et al., 1996). Wie wichtig die Ig-ähnliche
Domäne
für den
Wirtszelltropismus ist, geht aus der folgenden Versuchstätigkeit
hervor, mit der bewiesen wird, daß die Ig-ähnliche Domäne von HaSV hochspezifisch
an einen Faktor in der Höhlung
der Mitteldarmbecherzellen bindet.
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H.
armigera-Mitteldärme
wurden herausgeschnitten und in Wachs eingebettet, und anschließend wurden
damit auf übliche
Art und Weise Schnitte angefertigt. Gemäß Beispiel 2 hergestellte HaSV-Virionen
und GUS-VLPs wurden anschließend 30
Minuten lang mit den Schnitten inkubiert, gewaschen und anschließend histochemisch
nach der Methode von Bravo et al. (1992) auf das Vorhandensein von
HaSV-Virionen bzw. VLPs untersucht. Die erzielten Ergebnisse zeigten,
daß eine
spezifische Bindung von HaSV-VLPs nur mit dem Becherzellenfaktor
eingegangen wird. An anderen Geweben oder gezüchteten Zellen wird keine Bindung
eingegangen. Außerdem
gehen HaSV-VLPs keine Bindung mit anderen Schmetterlingsmitteldärmen, wie
von Nudaurelia cyntheria capensis oder Galleria melonella, ein.
-
Die
Versuchstätigkeit
zeigte auch, daß die Bindung
sättigbar
ist. Dies wurde dadurch beobachtet, daß man einen Doppelmarkierungsversuch
mit HaSV-Virionen und GUS-VLPs, die entsprechend den Herstellerangaben
mit Photobiotin (Bresatec) markiert und auf übliche Art und Weise mit Avidinreagentien
nachgewiesen wurden, beobachtet. Mit Mitteldarm-Wachsschnitten inkubierte
biotinmarkierte Partikel wurden nur dann nachgewiesen, wenn keine 30minütige Vorinkubation
mit nichtmarkierten HaSV-VLPs durchgeführt wurde.
-
Eine
weitere Versuchstätigkeit
mit dem oben beschriebenen Wachsschnitt-Bindungsassay zeigte, daß die Ig-ähnliche
Domäne
von HaSV für
die Bindungsaktivität
verantwortlich ist. Dieser Nachweis wurde dadurch geliefert, daß man hybride
Nudaurelia-ω-Virus
(NωV)-VLPs
mit der Ig-ähnlichen
Domäne
von HaSV produzierte und so die identische, spezifisch an H. armigera-Mitteldarmbecherzellen
bindende Aktivität
wie die der HaSV-Virionen und VLPs auf die NωV-VLPs übertrug. Außerdem waren die Hybridpartikel
dazu im Stande, GUS-mRNA mit der NωV-RNA2-Sequenz (Agrawal und
Johnson, 1992) auf dem Transkript 3'-seitig des GUS-ORF abzugeben. Dies
wurde auch in einem ergänzenden
Versuch gezeigt, bei dem HaSV-Hybridpartikel mit der Ig-ähnlichen Domäne von NωV eine spezifische
Bindung an Nudaurelia-Mitteldärme
zeigten, was bei HaSV-VLPs nicht der Fall war.
-
Die
NωV-Hybridpartikel
mit den Ig-ähnlichen Domänen von
HaSV wurden dadurch hergestellt, daß man den NωV-Hüllprotein-ORF
(Agrawal und Johnson, 1995) in den Baculovirus-Expressionsvektor
pFastBac (Gibco-BRL) plazierte, wodurch man pFBWCAP erhielt, und
die von Padgett und Sorge (1996) beschriebene nahtlose Klonierung
durchführte.
Mit dem Primer Omega1 (ATGACTCTTCTCTGTGTGGTGGCGATCGGAGTAAG) und
dem Primer Omega2 (AGTACTCTTCAACTACCGCTGCTTCTAATCGCAG) stellte man ein
6,4 kb langes PCR-Fragment aus pFBWCAP mit dem Vektor, der die N-
und C-terminalen Regionen des Hüllprotein-ORF
vor und nach der Ig-ähnlichen Domäne (von
den Resten M1-Q274 und T415-Stop 445) enthielt, her. Auf ähnliche
Weise stellte man mittels PCR mit Pfu-Polymerase aus den Primern
StuntIgN (AGTACTCTTCGCAGTACGACGTCAGCGAGGCCGAC) und dem Primer StuntIgC (ATGACTCTTCGAGTCTCTAAGAGCGTGTTCCTAAA)
ein 428 bp langes Fragment mit den Resten Q277-T420 des HaSV-Hüllproteins
her. Beide Fragmente wurden mit Eam 1104 I verdaut und ligiert,
wodurch man das Plasmid pFBWIg erhielt. Mit diesem Plasmid wurde
dann gemäß dem Hersteller (Gibco-BRL)
des Bac-to-Bac-Baculovirusexpressionssystems ein rekombinantes Baculovirus
hergestellt. Die entstandenen Hybrid-VLPs wurden nach der zur Herstellung
von HaSV-VLPs in Beispiel 2 verwendeten Vorgehensweise von Sf9-Zellen,
die mit dem rekombinanten Baculovirus infiziert waren, hergestellt.
-
BEISPIEL 5
-
Veränderung der Ig-ähnlichen
Domäne
von HaSV-VLPs
-
Die
Tetravirus-Ig-ähnliche
Domäne
kann, ohne daß die
Partikelbildung gestört
wird, durch andere Strukturen ersetzt werden.
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(i) Substitution mit Schleifenstrukturen
-
Das
Ziel dieses Versuchs bestand darin, zu zeigen, daß die für die Ig-ähnliche
Domäne
von Tetravirus-Hüllproteinen
codierende Region durch eine minimale Schleifenstruktur ersetzt
werden kann, ohne daß dies die
Partikelbildung und RNA-Verkapselung beeinflußt. Solche Schleifen konnten
zum Modifizieren des Wirtszelltropismus von VLPs verwendet werden.
-
Der
ORF des HaSV-p71-Hüllproteins
wurde dadurch modifiziert, daß man
die Ig-ähnliche
Domäne
zwischen den Resten Q276-T416 entfernte und einen Linker mit fünf SGSGS-Resten
einfügte.
Dies wurde nach dem Verfahren von Imai et al. (1991) mit den Primern
HR2noIgL (CTGCGGTAGGCTAGTCGGGGT) und HR2loop (AGTGGAAGTGGCACTACTCGACCCTCCTCTCGTAGG)
durchgeführt,
wobei der letztgenannte Primer eine Ankersequenz, die für den SGSGS-Linker
codiert, aufweist. Die PCR mit kinasebehandelten Primern wurde an dem
Plasmid pFBp71, das den p71-ORF enthielt, durchgeführt, und
die Enden des erhaltenen 6,8 kb langen Fragments wurden ligiert,
in E. coli transformiert und durchmustert. Mit dem erhaltenen Plasmid pFBHloop
wurde mit dem Bac-to-Bac-System
(Gibco-BRL) ein rekombinantes Baculovirus hergestellt. Die Partikel
wurden wie HaSV-Virionen gereinigt und wiesen die erwarteten Abmessungen
bzw. die erwartete Morphologie mit einem Durchmesser von 32–34 nM sowie
ein glatteres Erscheinungsbild als nicht modifizierte VLPs auf.
Wie aus dem Vorhandensein von RNA auf einem Formaldehyd-RNA-Gel
nach der Extraktion von RNA aus den Partikeln hervorgeht, verkapselten
auch die Partikel mit modifiziertem p71 RNA.
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Das
Hloop-Konstrukt kann auch dadurch hergestellt werden, daß man an
anderen Stellen des Tetravirus-Hüllproteins
eine SGSGS-Schleifendomäne
einfügt.
So kann z. B. eine SGSGS-Schleife ähnlich wie oben für HR2loop
beschrieben zwischen G281 und E414 plaziert werden oder alternativ
als Zusatz zu einer der Schleifen der endogenen Ig-ähnlichen
Domäne
selbst, z. B. D353 und E358.
-
Vergleicht
man die Kristallstrukturen von Nodavirus- und Tetravirus-Hüllproteinen, so wird deutlich,
daß Schleifenstrukturen
mit großer
Wahrscheinlichkeit Tetravirus-VLPs einen vorgegebenen Wirtszelltropismus
verleihen (Munshi et al., 1996). Am analogen Bereich der Ig-ähnlichen
Domäne
des Tetravirus-Hüllproteins
weist Nodavirus-Hüllprotein aber
eine Pentapeptidschleife mit unterschiedlichen Sequenzen auf (Dasgupta
und Sgro, 1989). Ein Ersatz der Tetravirus-Ig-ähnlichen Domäne durch
die Pentapeptidschleife ATTFA des Flock House Virus (Wery et al.,
1994) verleiht daher mit großer
Wahrscheinlichkeit den enstandenen VLPs eine Bindungs- und Eindringaffinität für Drosophila-Zellen ähnlich wie dies
bei FHV der Fall ist. Eine andere Möglichkeit zur Modifikation
des Wirtszelltropismus von Tetravirus-VLPs besteht darin, die Tripeptid-Sequenz
RGD an eine zugängliche
Stelle am Hüllprotein
zu plazieren. Dies wird mit großer
Wahrscheinlichkeit den entstandenen VLPs eine Bindungsaffinität für RGD-Rezeptoren der auf
vielen Humanzellen befindlichen Proteinfamilie der Integrine vermitteln
(Pierschbacher und Ruoslahti, 1984). Dies kann entweder mit der
Nodavirus-ähnlichen
Schleifenstruktur durchgeführt
werden oder dadurch, daß man
eine vorhandene Tripeptid-Sequenz
an einen der auf der endogenen Tetravirus-Ig-ähnlichen
Domäne
befindlichen Schleifen durch RGD ersetzt.
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Schleifenstrukturen
mit Bindungsaffinität
für Zellen
mit bestimmten Zelloberflächenepitopen
müßten leicht
mit stochastischen Verfahren erhältlich sein.
Eine dieser Methoden könnte
auf der pSKAN-Vorgangsweise (MoBiTec) beruhen, die eine Schleife
mit 6–8
Resten, die gewünschte
Bindungsaffinität
aufweist, mit einem Phasmid-Display-System bereitstellt (Rottgen
und Collins, 1995). Ein zweites Verfahren könnte auf der Verwendung des
Tetravirus-Hüllproteins
selbst beruhen, um VLPs mit variablen Schleifenregionen zu bilden,
die dann auf erwünschte
Bindungsaffinitäten
selektiert werden. Die Gewinnung von VLPs mit einer gewünschten
Affinität,
die mit diesem zweiten Verfahren produziert werden, wird durch die
Tatsache, daß die
VLPs die für die
erwünschte
Schleifenregion codierende mRNA einkapseln, erleichtert. Mit einem
Näherungsverfahren
lassen sich die VLPs mit der gewünschten
Affinität
anreichern. Dies kann durch ein Verfahren erreicht werden, das der
pSKAN-Vorgehensweise ähnlich
ist, jedoch dahingehend modifiziert wird, daß man der Tatsache, daß VLPs nicht
replizieren, Rechnung trägt.
-
Genauer
gesagt kann man mit einer veränderten
Schleifenversion des HaSV-p71, nämlich
pFBHLoop, eine hypervariable Region, die von einem Schleifenprimer
abstammt, in die Schleifenregion plazieren. Der Primer HR2noIgL
(CTGCGGTAGGCTAGTCGGGGT) kann dann zusammen mit HR2LoopVar (NNNNNNNNNNNNNNNACTCGACCCTCCTCTCGTAGG)
für die
PCR eines 6,8 kb langen pFBp71-Fragments verwendet werden, das dann
mit sich selbst ligiert wird und so eine Reihe von Plasmiden mit
p71 mit unterschiedlichen Schleifenregionen hinter dem Polyhedrin-Promotor
herzustellen. Mit diesen Plasmiden kann man anschließend Pools von
Kolonien mit rekombinanten Baculoviren, die mit dem Bac-to-Bac-System
hergestellt wurden, herstellen. Rekombinante Baculoviren könnten dann
aus den Pools hergestellt werden und für die Transfektion von Sf9-Zellen
verwendet werden. Nach 6 Tagen könnten
die Sf9-Zellen mittels Gefrieren/Tauen und Ultraschallbehandlung
lysiert werden (0,1% Triton X-100 in Tris-Puffer pH 8,0) und die
Partikel durch 1wöchige
Inkubation bei 4°C
reifen gelassen werden. Das Lysat kann anschließend mit dem gewünschten Liganden
oder Oberflächenepitopprotein,
der bzw. das an magnetische Perlen gebunden ist, nach Herstellerangaben
(Dynal) inkubiert werden. Die gebundenen Partikel werden gründlich,
jedoch sanft, gewaschen und die RNA direkt ohne Elution extrahiert.
Mit der RNA kann man anschließend
eine RT-PCR mit den Primern HR236F5 (AGAAGAAACCAACGGCGT) und HR2R2140
(AGGACGTTGCCTCCGACTTC) durchführen,
wodurch man zu einem 1,7 kb langen Fragment gelangt, das mit den Enzymen EcoRI
und NotI verdaut und dann mit dem größeren pFBp71-Fragment, das
durch Verdauen mit den gleichen beiden Enzymen erhältlich ist
und den Rest des HaSV-p71-ORF aufweist, ligiert werden. Mit dem
entstandenen Plasmid beginnt man nun einen zweiten Näherungszyklus
mit Produktion von rekombinantem Baculovirus/Transfektion/Partikelbindung/RT-PCR/Plasmidpräparation.
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Um
zu Partikeln mit Schleifen mit Affinität für den erwünschten Oberflächenepitop
zu gelangen, wären
mindestens drei Zyklen rekombinante Baculovirusproduktion/Transfektion/Partikelbindung/RT-PCR/Plasmidpräparation
erforderlich.
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(ii) Substitution durch
kleine Proteine
-
Der
Zweck dieses Versuchs bestand darin, nachzuweisen, daß kleine
Proteine mit einem Molekulargewicht von unter 30 kD in die Ig-ähnliche
Domäne
von Tetravirus-Hüllproteinen
insertiert werden können,
so daß bei
der Herstellung von VLPs das kleine Protein außen an den Partikeln präsentiert wird.
Damit kann nun entweder der Wirtszelltropismus modifiziert werden,
oder es können
Impfstoffe gegen das Protein hergestellt werden. So wurde z. B. nachgewiesen,
daß das
27 kD große
Green Fluorescent Protein (GFP) (Prasher et al., 1992) außen an den
NωV-VLPs
präsentiert
werden konnte. Dies gelang mit Hilfe einer ähnlichen Verfahrensweise, wie sie
in Beispiel 4 für
die Einbringung der Ig-ähnlichen Domäne von HaSV
in das NωV-Hüllprotein
beschrieben wurde. Bei der Vorgangsweise bediente man sich der Primer
WGFPN (AGTACTCTTCGCAGAGTATGAGTAAAGAGAAGAACTT) und WGFPC (ATGACTCTTCGAGTACTGCCACTTCCACTTTTGTATAGTTCATCCATGCC)
für die
Durchführung
einer PCR mit gfp10-cDNA (Prasher et al., 1992), wodurch man ein
750 bp langes Fragment erhielt, das bei Eam-1104I-Verdau komplementäre Enden
in bezug auf das mit Eam 1104I verdaute 6,4 kb lange PCR-Fragment,
das mit ω1
und ω2
aus pFBWCAP hergestellt wurde, aufwies. Bei gemeinsamer Ligation
in pFBWGFP entstand ein NωV-Hybrid-Hüllprotein
mit der Primärstruktur
(NωV M1-Q280)-(GFP)-(Linker-Peptid
SGSGS)-(NωV
T415-Stop 445). Mit diesem Plasmid erzeugte man mit dem Bac-to-Bac-System
ein rekombinantes Baculovirus.
-
Das
Hybridprotein wurde ähnlich
wie pFBWCAP exprimiert, und bei Bestrahlung mit UV-Licht waren fluoreszierende
Zellen sichtbar. Bei transmissionselektronenmikroskopischer Untersuchung
(TEM) ergaben sich Partikel innerhalb der Zellen, obwohl sich diese
bei Aufreinigung als unstabil erwiesen. Wurde jedoch ein Partikel
mit einer Kombination von Proteinen, die von pFBWloop-Virus und
PFBWGFP-Virus im Verhältnis
3 : 1 produziert wurden, gebildet, so ergab sich ein stabiles VLP,
das aufgereinigt werden konnte. Das Virus pFBWloop ist die analoge
NωV-VLP-Version
von Hloop mit der Schleifenstruktur, die auf gleiche Art und Weise
hergestellt wurde und bei der die SGSGS-Reste statt der Ig-ähnlichen
Domäne
von NωV
eingefügt
wurden. Der Partikel wies einen größeren Durchmesser, nämlich 45 nm,
auf, und die Morphologie zeigte größere Vorsprünge an der Oberfläche der
aufgereinigten Partikel. Es wurde nachgewiesen, daß die Partikel
RNA verkapselten.
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Der
erfolgreiche Nachweis von Tetravirus/GFP-Hybridpartikeln zeigte,
daß Proteine
von unter 30 kD außen
am Tetraviruspartikel präsentiert werden
konnten. Weisen solche Proteine Bindungsaffinität für Zelloberflächenproteine
auf, dann müßte der
Tropismus der VLPs vorbestimmt werden können.
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Bei
Immunglobulindomänen
oder Lektinen handelt es sich um ausgezeichnete Beispiele für solche
Proteine, die in die als Ig-ähnliche
Domäne
vom Tetravirus-Hüllproteinen
beschriebene Region insertiert werden könnten. Vor der Insertion der
Proteine in den Tetravirus-Hüllprotein- ORF können jedoch
gewisse Modifikationen dieser Proteine erforderlich sein, nämlich deshalb,
weil das N-terminale Ende und das C-terminale Ende in der Tertiärstruktur
des Proteins benachbart sein müssen,
da diese Konformation aus der Tertiärstruktur augenscheinlich wird. Diese
Konformation ermöglicht
es nämlich,
die Ig-ähnliche
Domäne
gegen andere Proteine auszutauschen, und zwar ohne einen umfassenden
Umbau, der für
die Konformation des Tetravirus-Hüllproteins nachteilig wäre. Proteine,
die zu modifizieren sind, um das N- und das C-terminate Ende nebeneinander
zu bringen, sind z. B. die Typ-V- und Typ-C-Domänen der Immunglobulin-Superfamilie und
Ig-ähnliche
Domänen
von Antikörpern,
wo die N-terminalen Enden von den C-terminalen Enden durch beinahe
die Gesamtlänge
des Proteins getrennt sind (Bork et al., 1994, Williams und Barclay, 1988).
Eine Untersuchung der dreidimensionalen Struktur von Proteinen,
die sich möglicherweise
für die
Insertion in Tetravirus-Hüllproteine
eignen, wird zeigen, ob Modifikationen erforderlich sind. Ein Beispiel
dafür,
wie Proteine mit Ig-ähnlichen
Domänen für die Insertion
in Tetravirus-Hüllproteine
modifiziert werden können,
findet sich unten.
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(iii) Substitution durch
exogene Ig-ähnliche
Domänen
-
Die
Verwendung von Proteinmitgliedern der Immunglobulin-Superfamilie
ist insbesondere für
die Bestimmung von Tropismen für
Tetravirus-VLPs erwünscht,
da bekannt ist, daß viele
dieser Proteine an der Zelloberflächenerkennung (Williams und
Barclay, 1988) und an Bindungsvorgängen, wie sie zwischen Antikörpern und
ihren jeweiligen Antigenen (Rees et al., 1994), beteiligt sind.
Es ist daher wahrscheinlich, daß das
Vorhandensein von solchen Proteinen an der äußeren Oberfläche der
Tetravirus-VLPs die Bindung der VLPs an die gleichen Zellen, die
normalerweise von den Proteinen gebunden werden, verursacht.
-
Bei
den meisten dieser Ig-ähnlichen
Proteine befinden sich jedoch das N- und das C-terminale Ende an
den gegenüberliegenden
Enden der dreidimensionalen Struktur des Proteins, und eine Modifikation
des Ig-ähnlichen
Proteins ist daher erforderlich, bevor es wie im Abschnitt oben
diskutiert in das Tetravirus-Hüllprotein
insertiert wird. Die Modifikation kann dadurch erzielt werden, daß man einen
15–20 Reste
langen Peptidlinker, der den letzten Rest des Tetravirus-Hüllproteins
vor Beginn der Tetravirus-Ig-ähnlichen
Domäne
mit dem N-terminalen Ende der nominierten, in den Bereich der Tetravirus-Ig-ähnlichen
Domäne
zu insertierenden Ig-ähnlichen
Domäne
verbindet. Auf diese Weise ist das N-terminale Ende, das sich normalerweise
am nicht-proximalen
Ende der Ig-ähnlichen
Domäne
befinden würde,
mit der Oberfläche
des Tetravirus-Capsids verbunden. Das C-terminale Ende der nominierten
Ig-ähnlichen
Domäne
wird dann mit dem Rest, der die Tetravirus-Ig-ähnliche
Domäne
beendet, mittels eines kürzeren
Peptidlinkers, der 3–5
Reste umfaßt,
verbunden. Für
eine optimale Konformation der Ig-ähnlichen Domäne an der
VLP-Oberfläche
muß die
Länge der
Linker empirisch bestimmt werden. Bei der Zusammensetzung der Peptidlinker
kann es sich nach Bird et al. (1988) um abwechselnde Ser-Gly-Reste
in der erforderlichen Länge
handeln.
-
In
manchen Fällen
können
andere Linkerzusammensetzungen besser sein, wie z. B. (Gly 4Ser) 4
(Somia et al., 1995). So wäre
z. B. die Konstruktion solch eines hybriden Tetravirus-Hüllproteins,
bei dem das NωV-Hüllprotein verwendet wird, (NωV M1-Q280)-(Linkerpeptid
[SerGly]8)-(N-Term.-V-Typ Ig-Domäne-C-Term.)-(Linkerpeptid SerGlySer)-(NωV T415-Stop
445).
-
Ein
Beispiel dafür,
wie ein V-Typ-Ig in das Tetravirus-Hüllprotein
plaziert werden kann, um den Tropismus des VLP für menschliche Zellen mit dem Low-Density-Lipoprotein-Rezeptor
zu modifizieren, beruht auf dem Arbeiten von Somia et al. (1995).
Ein 400 bp langes Fragment, das die gamma-Ig-Region des C7-Hybridoms
enthält,
wird mittels PCR ausgehend von pBS(Gly 4Ser) 4 Somia et al. (1995)
mit dem Primer GlySer (GGCGGTGGCGGATCGGGCGGT) und GammaC GCCTTTAATTAATGAGGAGAC)
hergestellt und mit den Primern HR2noIgL (CTGCGGTAGGCTAGTCGGGGT)
und HR2LoopIg (AGTGGCACTACTCGACCCTCCTCTCGTAGG), wobei letzterer über eine
Ankersequenz, die für
einen SGS-Linker codiert, verfügt,
glattendig in das 6,8 kb lange PCR-Fragment von pFBp71 kloniert.
Das entstandene Plasmid produziert ein Protein mit der Primärstruktur
(HaSV p71 M1-Q276)-(Gly
4Ser) 4-(gamma V-Typ Ig-Domäne)-(SerGlySer)-(HaSV p71
T421-N446), wenn damit mittels des Bac-to-Bac-Systems ein rekombinantes Baculovirus produziert
wird. Bei Expression dieses Proteins müßten stabile VLPs, die RNA
verkapseln und zur Bindung an QT6-Zellen fähig sind, produziert werden (Somia
et al., 1995). Geeignete Ig-ähnliche
Domänen
mit Bindungsspezifität
für gewünschte Zelltypen lassen
sich stochastisch mittels Phage-Display-Techniken ableiten (Clackson
et al. 1991).
-
BEISPIEL 6
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Herstellung von HaSV-VLPs
mit geringer Reaktivität
-
gegenüber dem
Immunsystem von Wirbeltieren: Mit Tetravirus-Hüllproteinen produzierte VLPs können dergestalt
sein, daß sie
niedrige Reaktivität gegenüber dem
Immunsystem von Wirbeltieren aufweisen.
-
Das
menschliche Immunsystem stellt eines der größten Hindernisse für Therapeutika,
die auf nukleinsäurehaltigen
Partikeln beruhen, dar. Dadurch wird ihre Verwendung auf nur wenige
Anlässe
eingeschränkt,
weil eine Immunreaktion die Partikel neutralisiert, bevor sie in
die Zellen eindringen. Hybride Tetravirus-VLPs könnten jedoch dadurch, daß sie für das menschliche Immunsystem „unsichtbar" sind, über ein
Mittel verfügen,
um diesem Phänomn
entgegenzuwirken. Im folgenden beschriebene Versuche zeigen, daß > 98% der Immunogenität von VLPs
für das
Immunsystem beim Kaninchen und bei der Maus der Tetravirus-Ig-ähnlichen
Domäne
innewohnt und daß die
durchgehende Oberfläche
der VLPs (d. h. die von den schleifenartigen Konstrukten des Tetravirus-Hüllproteins
erzeugte Oberfläche)
wenig bzw. gar keine Immunogenität
bei Vorhandensein eines Ig-ähnlichen
Charakteristikums an der Oberfläche aufweist.
Hieraus läßt sich
der Schluß ziehen,
daß die
Plazierung einer Ig-ähnlichen
Domäne
humaner Herkunft das menschliche Immunsystem, das auf das Vorhandensein
solcher Proteine konditioniert ist, nicht induzieren wird (also ähnlich wie
bei einer Bluttransfusion mit unterschiedlichen menschlichen Antikörpern mit
human-Ig-ähnlichen
Domänen).
-
Um
die Region des Tetravirus-Hüllproteins, die
für die
Immunogenität
des Partikels verantwortlich ist, zu identifizieren, wurde der folgende
Versuch durchgeführt.
Das Plasmid pT7T2p69 wurde wie von Hanlik et al. (1995) für das Plasmid
pT7T2p71 beschrieben konstruiert. Statt jedoch, wie dies bei pT7T2p71
der Fall ist, HaSV-p71 in Bakterien zu exprimieren, exprimierte
das Plasmid pT7T2p69 aufgrund einer Leserastermutatioin nach Nukleotid C569,
wo ein zusätzliches
C insertiert worden war, eine Fusion aus einem Teil von HaSV-p17
(Hanzlik et al., 1995) und dem p71-Hüllprotein. So beinhaltete das
produzierte Fusionsprotein M1-P96 von p17 und N70-N646 von p71.
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Die
für die
Ig-ähnliche
Domäne
von p71 codierende Region wurde nach dem Verfahren von Imai et al.
(1991) mittels pFBp71 und den Primern HR2noIgR und HR2noIgL (Sequenzen
siehe oben) deletiert. Dadurch wurden die Reste Q280-T418 aus dem
erhaltenen Protein, das von dem rekombinanten Baculovirus, das ausgehend
von dem Plasmid mit dem Bac-to-Bac-System hergestellt worden war,
exprimiert wurde, entfernt. Wurde ein Western-Blot auf zwei verschiedenen
Membranen durchgeführt,
wobei Anti-p17- bzw. Anti-p71-Antiseren (Hanzlik et al., 1995) einzeln
als Sonden verwendet wurden und der Nachweis mittels mit alkalischer
Phosphatase induzierter Lumineszenz auf einem Film erfolgte, betrug das
Signal des deletierten Proteins, bei dem Anti-p71 als Sonde verwendet
wurde, weniger als 2% als das des nicht deletierten Proteins. Eine
Normalisierung des Anti-p17-Signals, das unterschiedliche Antigenmengen
auf der Membran Rechnung trug, wurde mit dem Signal von p17, das
von der Deletion nicht betroffen war, erzielt. Bei zwei unterschiedlichen
polyklonalen Kaninchen-Antiseren
und drei unterschiedlichen polyklonalen Maus-Antiseren galt, daß die Ig-ähnliche Domäne für > 98% der Immunogenität verantwortlich war. Diese
Beobachtung wird von der Beobachtung von Hanzlik et al. (1995) gestützt, die feststellten,
daß die
Antiseren gegen NωV
und HaSV trotz > 80%
Identität
in Regionen des Hüllproteins, mit
Ausnahme der Ig-ähnlichen
Domäne,
die eine Identität
von < 35% aufwies,
keine Kreuzreaktion eingingen.
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