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Die vorliegende Erfindung betrifft
die Behandlung von im Zusammenhang mit einer Nebennierendysfunktion
auftretenden Erkrankungen und insbesondere Unregelmäßigkeiten
in der Absonderung von Corticosteroiden.
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Die Nebennieren bestehen aus zwei
Abschnitten mit unterschiedlichen Strukturen und Aufgaben: dem Cortex,
der aus dem Cholesterol im Blut mehrere als Corticosteroide bezeichnete
Hormone synthetisiert, und die Marksubstanz (Medulla), die die Catecholamine
produziert. Die Corticosteroide selbst sind ihrer biologischen Wirkung
entsprechend in drei Familien unterteilt. Die Mineralocorticoide
liegen im Wesentlichen in Form von Aldosteron vor, das zur Aufrechterhaltung
des Hydro-Mineralstoffgleichgewichts des Organismus und der Ausgewogenheit
des Blutdrucks beiträgt.
Die Glucocorticoide, beispielsweise das Cortisol, spielen eine wichtige
Rolle für
die Hyperglykämie.
Die dritte Familie sind die Androgene, i. e. anabolisierende Hormone.
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Die herkömmliche Lehre geht davon aus, dass
die Absonderung von Aldosteron und Cortisol überwiegend durch Blutfaktoren
mit hormonellem oder ionischem Charakter gesteuert wird. In-vitro-Untersuchungen
zeigten, dass Serotonin, ein Neurotransmitter, die Produktion der
Corticosteroide beeinflusst.
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Grundlegende Arbeiten erbrachten
den Beweis des Vorhandenseins von Rezeptoren für Serotonin in Nebennierengewebe.
Diese für
das Serotonin spezifischen Rezeptoren wurden als 5-HT4-Nebennierenrezeptoren
identifiziert.
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Zahlreiche bereits veröffentlichte
Forschungsarbeiten behandeln die Rolle der 5-HT4-Rezeptoren
insbeson dere im Zusammenhang mit der Regulierung der Motorik bei
Koliken, des Herzrhythmus und der Harnblasenentleerung. Modulatoren, Agonisten
oder Antagonisten dieser 5-HT4-Rezeptoren
werden daher zunehmend interessant für eine Verwendung bei Indikationen
im Zusammenhang mit den oben erwähnten
Untersuchungen, nämlich
der funktionellen Colophatie, Herzrhythmusstörungen und Blaseninkontinenz.
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Bei gewissen Dysfunktionen der Nebennierenaktivität kommt
es zu irregulärer
Absonderung der Corticosteroide, mit der Folge von Erkrankungen
wie primärem
Hyperaldosteronismus oder auch Hypercorticoismus (Cushing-Syndrom).
Mit primären
Hyperaldosteronismus geht außerdem
eine arterielle Hypertonie einher, die häufig auf herkömmliche
blutdrucksenkende Behandlungen nicht anspricht.
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Die Krankheitsbilder entsprechen
Fällen,
in denen die Absonderung der Corticosteroide übermäßig und autonom ist. D. h.
in diesen Fällen
wird regelmäßig eine
Verringerung oder sogar ein Verlust der Aufnahmefähigkeit
des Nebennierengewebes für herkömmliche
physiologische Regulationsfaktoren festgestellt.
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Darüber hinaus können gewisse
Dysfunktionen des Organismus eine Stimulation der Nebennierenaktivität hervorrufen,
die zu einem Anstieg des Corticosteroidspiegels im Blut führt. Im
Falle einer Erhöhung
des Aldosteronspiegels im Blut, bei dem die Absonderung trotzdem
dem normalen physiologischen Ablauf der Produktion dieses Hormons
unterworfen ist, wird dies als sekundärer Hyperaldosteronismus bezeichnet.
Diese Erkrankung bleibt nicht ohne Folgen für das Hydro-Mineralstoffgleichgewicht des
Organismus (insbesondere was die Entstehung von chronischen Ödemen betrifft).
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Die Patentinhaberin hat überraschenderweise
entdeckt, dass die bloße
Verwendung von Molekülen,
die als Antagonisten des 5-HT4-Rezeptor
auftreten, überraschenderweise
eine wesentliche Senkung der Absonderungsrate von Corticosteroiden,
wie dem durch erkrankten Nebennieren abgesonderten Aldosteron, ermöglicht.
Da eigentlich allerdings davon auszugehen ist, dass die Antagonisten
sich an die 5-HT4-Nebennierenrezeptoren
anheften, war es nicht offensichtlich, dass diese insbesondere im
Verlauf von Nebennierendysfunktionen in der Lage sein würden, eine
blockierende Wirkung aufzuweisen, oder fähig sein würden, in einem gewissen Ausmaß signifikant
verringernd auf beispielsweise den übermäßig angehoben Aldosteron- oder
Cortisolspiegel zu wirken, wobei die Sekretion von Corticosteroiden unter
normalen Umständen
hauptsächlich
durch Hormone wie Angiotensin II und ACTH oder Alkali in Blut gesteuert
wird. Die Ergebnisse haben die Antragstellerin? veranlasst, die
Anwendung der Antagonisten des 5-HT4-Rezeptors
in Fällen
in Erwägung
zu ziehen, in denen der Anteil an Corticosteroiden im Blut krankhaft
erhöht
ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel
der Erfindung werden die Antagonisten des 5-HT4-Rezeptors
zur Behandlung und/oder Vorbeugung von Krankheiten wie primärem oder
sekundärem
Hyperaldosteronismus und Hypercorticoismus, sowie von Krankheiten,
die auf diese Erkrankungen zurückzuführen sind,
verwendet.
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Primärer Hyperaldosteronismus, der
durch einen dem normalen physiologischen Ablauf der Produktion von
Aldosteron nicht gehorchenden spontanen Anstieg des Grundspiegels
von Aldosteron im Blut gekennzeichnet ist, geht im Allgemeinen mit
einer arteriellen Hypertonie einher, die häufig auf herkömmliche
Bluthochdruckbehandlungen nicht anspricht. Die Verwendung des 5-HT4-Antagonisten hat ferner erfindungsgemäß zum Ziel,
die im Zusammenhang mit dem primären
Hyperaldosteronismus auftretende arterielle Hyperto nie zu behandeln
oder gegen diese vorzubeugen.
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Arterielle Hypertonie ist im Allgemeinen
die Ursache für
auf Bluthochdruck zurückzuführende Herzerkrankungen,
d. h. für
kardiale Komplikationen, die im Zusammenhang mit dieser Hypertonie
auftreten. Es hat sich herausgestellt, dass der Verlauf dieser kardialen
Komplikationen unabhängig
von der Ursache der arteriellen Hypertonie positiv mit dem Aldosteronspiegel
im Blut korreliert. Das Risiko kardialer Komplikationen erhöht sich
mit dem Aldosteronspiegel im Blut.
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Daher ist eine weitere Aufgabe der
Erfindung die Verwendung des Antagonisten des 5-HT4-Rezeptors
zur Herstellung von Medikamenten für die Behandlung von arterieller
Hypertonie. Die Kontrolle des Aldosteronspiegels im Blut ermöglicht eine
Vorbeugung oder Behandlung einer aufgrund von arterieller Hypertonie
entwickelten Bluthochdruckherzerkrankung unabhängig von der Ursache der arteriellen Hypertonie.
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Die mittels des Antagonisten der
5-HT4-Rezeptoren hergestellten Medikamente
können
in unterschiedlichen Formen geeigneter pharmazeutischer Zusammensetzungen
vorliegen.
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Die wirksame Dosierung, die zur Behandlung
oder Vorbeugung der oben beschriebenen Krankheiten erforderlich
ist, hängt
insbesondere von der Natur und der Schwere der behandelten Dysfunktionen
sowie dem Gewicht des Patienten ab. Als Richtwert enthält eine
einheitliche Dosis von 5-HT4-Antagonisten diesen Wirkstoff schätzungsweise
in einem Quantum von zwischen 0,1 und 300 mg. Die Dosen werden im
Allgemeinen ein- bis viermal täglich
verabreicht. Die durchschnittliche Dosierung für einen erwachsenen Patienten
kann beispielsweise im Falle einer oralen Verabreichung 1 bis 600
mg des Produktes oder im Falle einer intravenösen, subkutanen oder intramuskulären Verabreichung
0,1 bis 100 mg des Produktes betragen.
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Die pharmazeutischen Zusammensetzungen
enthalten außer
den 5-HT4-Antagonisten einen abhängig von
deren galenischen Formen variierenden geeigneten pharmazeutischen
Trägerstoff.
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Die Zusammensetzungen können in
Form von Tabletten, Kapseln, oral einzunehmenden flüssigen Präparaten,
Pulvern, Granulaten, einer injizierbaren oder transfundierbaren
Suspension oder Lösung,
in Form von Zäpfchen
oder in jeder sonstigen Form vorliegen, die sich für eine Verabreichung
eignet. Zur Herstellung der die 5-HT4-Antagonisten
enthaltenden pharmazeutischen Zusammensetzungen können sämtliche
Arten von Trägerstoffen
oder Zusatzstoffen verwendet werden, die mit den Eigenschaften des
Antagonisten und der Art der Verabreichung der pharmazeutischen
Zusammensetzung vereinbar sind. Dies schließt insbesondere die üblicherweise
in der Pharmazie verwendeten herkömmlichen Trägerstoffe und Zusatzstoffe
ein.
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Ferner können die 5-HT4-Antagonisten
erfindungsgemäß in einer
pharmazeutischen Zusammensetzung verwendet werden, die einen oder
mehrere sonstige Wirkstoffe in Kombination enthält.
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Unter den innerhalb des Schutzbereichs
der Erfindung verwendbaren Antagonisten des 5-HT
4-Rezeptors
sind insbesondere die in zahlreichen Veröffentlichungen beschrieben
5-HT
4-Antagonisten mit den Bezeichnungen
ICS 205930, DAU 6285, GR 113808, R 50595, SDZ 205557, RS 23597-190, SB 207266A zu
erwähnen.
Ferner sind die in den Patentanmeldungen WO 94/27987, WO 91/16045,
EP 501322 , WO 93/12785 und
WO 94/27965 beschriebenen 5-HT
4-Antagonisten
zu nennen. Auch andere Antagonisten des 5-HT
4-Rezeptors,
wie sie in zahlreichen Patentschriften und sonstigen Ver öffentlichungen
beschrieben sind, lassen sich ebenso innerhalb des Schutzbereichs
der Erfindung verwenden.
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AUSFÜHRUNGSBEISPIEL
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Einfluss eines 5-HT4-Antagonisten auf die durch ein Conn-Adenom abgesonderte
Rate an Aldosteron.
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Menschliche Gewebeproben mit einer
abnormal erhöhten
Rate der Aldosteronproduktion werden einige Stunden in einer Kultur,
die sämtliche
für die
Funktion der Zelle erforderlichen Nährstoffe bereitstellt, am Leben
erhalten. Die Gewebeproben werden einem als Perifusion bezeichneten
dynamischen Inkubationsverfahren unterworfen, das im Zusammenhang
mit der Untersuchung der Wirkung eines 5-HT4-Antagonisten
auf die Aldosteronproduktion von Leboulenger et al., Gen. Comp.
Endocrinol. 1978, 36: 327–338
und Lefebvre et al., Neuroscience 1992, 47: 999–1007 näher beschrieben ist.
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Die Versuche wurden an Nebennierengewebeproben
menschlichen Ursprungs durchgeführt,
die aus Aldosteron produzierenden Tumoren stammten, die auch als
Conn-Adenome bezeichnet werden.
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Nach Dissektion des Gewebes werden
die Tumorproben bei 20°C
in 5 ml einer Krebs-Ringer-Lösung
vorinkubiert. Die Krebs-Ringer-Lösung enthält 120 mM
NaCl, 0,67 mM MgSO4, 5 mM KCl, 1, 2 mM KH2PO4, 2, 6 mM CaCl2 und 22, 5 mM NaHCO3,
unter Hinzufügung
von 10 mM Glucose und 1 g/l Rinderserumalbumin.
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Mittels des Perifusionsverfahrens
wurde die Wirkung des Antagonisten GR 113 808 (Glaxo) untersucht.
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Die zu untersuchenden Fraktionen
werden dreimal mit 5 ml Krebs-Ringer-Lösung gespült und mit einem Trägers toff,
nämlich
Bio-Gel P2 (Bio-Rad Laboratories, Richmond, CA, USA), vermischt
und in Kolonnen aus Polystyren (Innendurchmesser 10 mm) übertragen.
Jede Kolonne der Perifusion enthält im
Wesentlichen 20 mg Nebennierengewebe. Die Perifusionskolonnen werden
mittels einer Krebs-Ringer-Lösung
mit einem konstanten Durchsatz von 200 il/min bei einer Temperatur
von 24°C
ernährt.
Das Perifusionsmilieu wird fortlaufend mit einem Gemisch von 95%
Sauerstoff und 5 Kohlendioxid begast.
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Vor dem Hinzufügen einer jeden Reaktionssubstanz
werden die Nebennierengewebeproben 2 Stunden stabilisiert.
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Nach Ablauf der Stabilisierungsphase
wird der Antagonist GR 113 808 in einer Konzentration von 10–7 M
in die Krebs-Ringer-Lösung
eingeführt.
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Fraktionen des Perifusats werden
in Abständen
von 5 Minuten aufgesammelt und die Proben werden bis zu einer auf
einem radioimmunologischen Verfahren beruhenden Messung ihres Aldosterongehalts
eingefroren.
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Es ist eine auf die Wirkung des Antagonisten GR
113 808 zurückzuführenden
Verringerung der durch das Conn-Adenom
abgesonderten Aldosteronrate von bis zu 60% zu beobachten.