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Gebiet der Erfindung
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Die
Erfindung betrifft die Verwendung von Epidermiswachstumsfaktor (EGF)
im Futter oder Trinkwasser für
Tiere.
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Hintergrund der Erfindung
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Eine
Anzahl Wachstumsfaktoren beschleunigen Epithelreifung und -erneuerung
im Darm. Einer hiervon ist der Epidermiswachstumsfaktor (EGF), ein
kleines säurestabiles
Magen-Darm-Peptid, das in der Natur im Speichel, in Darmsekreten
und in anderen Körperflüssigkeiten
vorkommt. Es kommt in großen
Mengen in der Vormilch und der Milch vor. EGF fördert a) die Vermehrung und
Differenzierung der Darmzellen in der frühen Lebensphase, b) die funktionelle
Reifung des Darms vor der Entwöhnung
und c) die Epithelvermehrung im Erwachsenendarm (10, 11, 12, 13,
14). Ferner regelt EGF akut innerhalb von Minuten die Elektrolyt-
und Nährstoffabsorption
im Dünndarm
hoch. Diese Wirkung ist verwandt zum zeitgleichen Längenwachstum
der apikalen Mikrovilli von Enterozyten (15). Den möglichen
therapeutischen Nutzen von EGF zeigen Untersuchungen, wo eine Oberflächenbehandlung
mit EGF die Wundheilung fördert
(30), oder erst jüngst,
dass die Gabe von EGF nach einer massiven Resektion die Nährstoffaufnahme
im verbliebenen Darm erhöht
(16). Im Dickdarm werden mehr EGF-Rezeptoren als im Dünndarm (17) gefunden. Bei einer
Infektion mit Mikroorganismen wie Escherichia coli wird dort die
höchste
Bakterienbelastung beobachtet. EGF reguliert die Funktion des ganzen
Darms hoch, einschließlich
des Dickdarms (12, 16).
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GB-2,198,351
offenbart eine Zusammensetzung mit EGF und einem Eisenlieferanten,
lehrt aber, dass diese Zusammensetzung im Futter keine Wirkung auf
das Wachstums von Ferkeln hat. Zijlstra et al. beschreiben in J.Ped.Gastroent.
Nutr. 19(4): 382-390 (1994), dass Rotavirus infizierte Schweine
bei Behandlung mit EGF an den Tagen 6 und 7 eine höhere Körpergewichtszunahme
zeigten. Eine allgemeinen Gewichtszunahme wird nicht offenbart.
Imada et al berichten in Am.J.Physiol. 253(3Part.1): E251-254 (1987),
dass die Verabreichung von EGF bei neugeborenen Mäusen eine
dosisabhängige
Gewichtszunahme bewirkt, dass diese Gewichtszunahme aber nicht statistisch
relevant ist und im Widerspruch steht zu früheren Berichten, die von einer Hemmung
des Körperwachstums
durch die EGF-Behandlung sprechen.
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Wenngleich
für EGF
verschiedene Funktionen bekannt sind, wurden Rollen bei der Bekämpfung der Besiedelung
des Darms durch Pathogene oder zur Beschleunigung der Gewichtszunahme
noch nicht beschrieben. Diese zwei neu entdeckten Eigenschaften
von EGF machen es außerordentlich
geeignet als therapeutisches Mittel. Dass EGF die Besiedelung oder
Infektion des Darms durch Pathogene verhindern kann, eröffnet viele
therapeutisch wichtige Anwendungen. Eine hiervon ist die Behandlung
von enterischen Kolibazillosen bei Jungtieren in der Landwirtschaft.
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Die
Kolibazillen-Enteroinfektion ist eine bakterielle Infektion von
erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Landwirtschaft. Die Kolibazillen-Enteroinfektion
(auch Rinderruhr genannt) ist eine der häufigsten Erkrankungen von neugeborenen
und jungen Tieren in der Landwirtschaft (1 bis 6). Für die Erkrankung
verantwortlich ist ein Mikroorganismus, das pathogene Bakterium
Escherichia coli (E. coli). Die Infektion tritt überall auf, wo Tiere landwirtschaftlich
gehalten werden. Sie verursacht erheblich wirtschaftliche Schäden in Westkanada
und anderen Teilen der Welt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch
Durchfall, Dehydratation und gegebenenfalls Tod. Es besteht daher
ein echter Bedarf an einem Verfahren zur Bekämpfung der wirtschaftlichen
Schäden
durch Kolibazillen-Enteroinfektionen.
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Neben
der Behandlung der enterischen Kolibazillose bei jungen Nutztieren
kann EGF auch zur Behandlung oder Bekämpfung von Zuständen eingesetzt
werden, die von der Besiedelung des Darms durch ein Pathogen herrühren, d.h.
durch ein Virus (beispielsweise das Coronavirus, Parvovirus oder
Rotavirus), ein Bakterium (beispielsweise Salmonella sp. und Shigella
sp.) oder einen Parasiten (beispielsweise Cryptospordium sp. und
Eimeria sp.) und Reisediarrhöe.
Eine weitere wichtige Verwendung von EGF ist die Bekämpfung einer
Besiedelung von Magengeschwüren
durch Bakterien. So weiß man
sehr genau, dass die Infektion durch das Bakterium Helicobacter
pylori ein Hauptrisikofaktor für
wiederkehrende Magengeschwüre
ist. So wurde gezeigt, dass das Geschwür von Bakterien besiedelt wird,
was zum chronischen Zustand des Geschwürs beiträgt. EGF kann daher zur Bekämpfung der
Besiedelung durch das Bakterium Helicobacter pylori dienen und zur
Beschleunigung der Heilung von Magengeschwüren.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Die
Erfindung betrifft daher die Verwendung von Epidermiswachstumsfaktor
(EGF) zur Herstellung eines Mittels zur Erhöhung der Gewichtszunahme in
Tieren.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung von Epidermiswachstumsfaktor
zur Herstellung eines Additivs für
Trinkwasser oder Futter zur Erhöhung
der Gewichtszunahme bei Tieren. Ein weiterer Aspekt betrifft die
Verwendung von Epidermiswachstumsfaktor zur Herstellung eines Medikaments
zur Förderung
der Gewichtszunahme in einem Tier, und insbesondere zur Herstellung
eines Medikaments zur Behandlung von unterernährten Personen und Personen,
die an Anorexie nervosa leiden.
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Erfindungsgemäß wird der
Epidermiswachstumsfaktor dem Futter oder Trinkwasser der Tiere zugesetzt.
Der Epidermiswachstumsfaktor wird bevorzugt oral verabreicht, besonders
bevorzugt in einer Menge von 10 bis 10000 Mikrogramm pro Kilogramm
Tier und Tag, bevorzugt über
einen Zeitraum von mindestens 10 Tagen.
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Das
Tier ist ausgewählt
aus adulten Tieren, neugeborenen Tieren, jungen Tieren, jugendlichen
Tieren, Nutztieren, fleischproduzierenden Tieren, oder Tieren, die
an einer Infektion leiden. Das Tier kann auch ein Mensch sein.
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Es
wird hier nicht nur gezeigt, dass durch die Verabreichung von EGF
eine Besiedelung des Darms durch Pathogene verhindert werden kann,
sondern auch, dass EGF bei Tieren die Gewichtszunahme fördert. Dies
ist überraschend,
denn einige Veröffentlichungen
lehren, dass EGF keine Auswirkung auf die Gewichtszunahme hat (21,
25). Andere Studien untersuchten die Wirkungen von EGF an Schweinen
(28, 29). Sie konnten kein beschleunigtes Wachstum feststellen,
trotz des zeitgleichen Anstiegs der Disaccharidasen-Spiegel im Darm.
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Die
Verwendung von EGF zur Beschleunigung der Gewichtszunahme hat auch
viele wichtige therapeutische Anwendungen. Diese Eigenschaft eignet
sich zur Behandlung von Darminfektionen, insbesondere dort, wo die
Infektion durch einen Gewichtsverlust aufgrund von Durchfall oder
Dehydratation begleitet ist. Diese Eigenschaft kann auch verwendet
werden zur Erhöhung
der Produktion in der Tiermast, beispielsweise in der Rind-, Schweine-,
Geflügel-
und Fischmast. Letztere wird immer wichtiger, da immer mehr Fisch
in Aquakulturen produziert wird. In der Tiermast kann EGF leicht
als Futteradditiv verabreicht werden oder es kann dem Trinkwasser
der Tiere beigemischt werden. Die Verwendung von EGF zur Förderung
der Gewichtszunahme kann auch zur Behandlung unterernährter Menschen
verwendet werden und von Personen, die an Anorexia nervosa leiden.
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EGF
bekämpft
nicht nur die Besiedelung durch Pathogene und fördert die Gewichtszunahme,
sondern es erhöht
auch die Nährstoffaufnahme
im Darm. Diese Eigenschaft bedingt viele therapeutische Anwendungen.
So ist EGF deshalb besonders geeignet zur Behandlung von Darminfektionen
oder zur Förderung
der Gewichtszunahme, da es die Nährstoffabsorption
unter den gegebenen Umständen
erhöht.
Ferner kann EGF durch Hochregulieren der Magen-Darm-Absorption die
Immunglobulinaufnahme von Neugeborenen erhöhen.
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Neugeborenen
erhalten Immunglobuline aus der Vormilch und Milch der Mutter; und
das Fehlvermögen,
mütterliche
Immunglobuline richtig aufzunehmen, korreliert mit einer hohen Morbidität und Mortalität durch
Infektionskrankheiten (31). Die Immunglobulinabsorptionsrate ist
in den ersten Lebenstagen am höchsten.
Danach nimmt die Immunglobulinaufnahme ab und der Darm schließt sich.
Die Verabreichung von EGF kann (a) die Immunglobulinabsorption aus
der Vormilch, der Milch oder anderen Quellen (wie oralen Immunglobulin-Formulierungen)
fördern
und (b) die Schließung
des Darms verzögern,
was auch die Immunglobulinaufnahme verstärkt.
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Wie
vorstehend beschrieben bewirkt EGF einen Anstieg der Nährstoffabsorption
im Darm. Folglich führt
die Hemmung der EGF-Signalkaskade zu einer verringerten Absorption
von Nährstoffen
im Darm. Der klinische Nutzen einer Hemmung der EGF- Signalkaskade bei
der Regulierung der Magen-Darm-Nährstoffabsorption
wurden noch nicht ermittelt. Es wird vermutet, dass sich Antagonisten
des EGF-Rezeptors oder der EGF-Signalkaskade als Magen-Darm-Therapeutikum
eignen, wo eine verringerte Darmabsorption erreicht werden soll,
beispielsweise bei der Behandlung von Fettleibigkeit oder bei der
Verringerung der Aufnahme toxischer oder schädlicher Stoffe im Darm.
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Der
hier verwendete Begriff "Lebewesen" umfasst alle Vertreter
des Tierreichs wie Fische und Säugetiere,
einschließlich
Nutztiere und auch Menschen.
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Der
Begriff "Pathogen" wie hier verwendet
steht für
alle Organismen, die eine Erkrankung hervorrufen können, wie
Bakterien, Viren und Parasiten. Beispiele von bakteriellen Pathogenen,
die in den Magen-Darmtrakt eindringen können, umfassen E. coli und
Salmonella typhimurium.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung von EGF zur
Steigerung der Gewichtszunahme bei Tieren. Dies verhilft zu einer
Erhöhung
der Fleischprokution in der Tiermast, wie zum Beispiel in der Agrarwirtschaft
und in der Aquakultur, wo ein Bedarf für arzneimittelfreie Futterzusätze zur
Steigerung der Produktion besteht.
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Das
EGF wird vorzugsweise oral verabreicht, beispielsweise im Futter
der Tiere. Ferner hat sich lyophilisiertes EGF, das dem Trinkwasser
zugesetzt ist, als stabil erwiesen und kann daher so verabreicht
werden.
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Ein
Nebenaspekt betrifft die Verwendung von EGF zur Behandlung und Bekämpfung enterischer
(viraler, bakterieller oder parasitischer) Infektionen in Tieren.
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Ein
weiterer Aspekt betrifft die Verwendung von EGF zur Behandlung und
Bekämpfung
enterischer Kolibazillose (Ruhr) in Tieren.
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Ein
weiterer Nebenaspekt betrifft die Verwendung von EGF wie beschrieben
zur Bekämpfung
von Magengeschwüren
oder zum Beschleunigen der Heilung bei Magengeschwüren, die
von Helicobacter pylori herrühren.
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Ein
weiterer Nebenaspekt betrifft die Verwendung von EGF wie beschrieben
zur Erhöhung
der Immunglobulinabsorption im Darm eines Tieres, insbesondere eines
neugeborenen Tieres.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft die Verwendung eines Mittels,
welches die EGF-Aktivität
inhibiert, um die Absorption von Nährstoffen im Darm zu senken.
Das kann in Situationen helfen, wo eine verminderte Absorption im
Darm gewünscht
ist, wie zum Beispiel bei der Behandlung von Fettleibigkeit oder
zur Verminderung der Absorption von Giften im Darm.
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Die
Erfindung umfasst auch die Verwendung von EGF zur Herstellung eines
Arzneimittels zur Behandlung oder Bekämpfung der vorstehend genannten
Zustände.
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Beschreibung
der Zeichnung
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1 zeigt
eine Kurve mit der Wirkung von EGF auf die Gewichtszunahme bei Kaninchen.
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Ausführliche
Beschreibung der Erfindung
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Beispiel 1
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Wirkung von EGF auf Darminfektionen
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Die
Versuche erfolgten zur Bestimmung der Wirkung von EGF auf Darminfektionen
durch E. coli. Die Ergebnisse der Versuche wurden vereinigt und
sind nachstehend zusammengefasst.
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Es
wurden 28 weiße
Neuseeland-Kaninchen (6 Wochen alt) in drei Gruppen untersucht:
1) Kontrollen (Kon, n=9), 2) infiziert mit 1 × 107 RDEC-E.
coli (I, n=10) und 3) infiziert und behandelt mit 60 μg EGF, oral verabreicht,
täglich
für 10
Tage, wobei mit der Behandlung 3 Tage vor der Infektion begonnen
wurde (I-EGF, n=9). Die Tiere wurden täglich auf eine Gewichtszunahme,
dem Auftreten von E. coli im Mastdarm und vorliegender Diarrhöe untersucht.
7 Tage nach der Infektion wurden die Tiere getötet und es wurde Schleimhaut
aus dem Jejunum (JEJ), dem Ileum (ILE) und dem proximalen Kolon
(PROX) zur Quantifizierung von E. coli gewonnen sowie aus dem Jejunum
für Tests
der mukosalen Enzyme.
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Die
Ergebnisse der Versuche sind in Tabelle 1 gezeigt. Stuhlkulturen
infizierter (I) und infizierter und mit EGF-behandelter (I-EGF),
jedoch nicht die der Kontrollkaninchen, waren positiv für E. coli.
In der Gruppe I hatten 4 Tiere Diarrhöe, während von den I-EGF- oder den Kontrolltieren
keines diese Erkrankung aufwies. Die Infektion führte zu einer verringerten
Gewichtszunahme (GZ), die durch EGF vermieden wurde (siehe Tabelle 1).
Die EGF-Behandlung verringerte auch die Besiedelung mit E. coli
im Jejunum, Ileum und proximalen Kolon um > 85 % im Vergleich zu I, und verhinderte
die Abnahme der Maltase- und Sucrase-Aktivität im Jejunum.
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Die
vorstehenden Ergebnisse zeigen, dass die Verabreichung von EGF eine
Anzahl klinischer Vorteile besitzt in Kaninchen, die mit E. coli
infiziert wurden, wie gezeigt durch eine erhöhte Gewichtszunahme und der Abwesenheit
von Diarrhöe
im Vergleich zu unbehandelten infizierten Tieren. Die EGF-Behandlung
ist mit einer höheren
Disaccharidase-Aktivität
und einer verringerter Bakterienbesiedelung der Darmschleimhaut
verbunden.
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Beispiel 2
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Wirkung von EGF auf Darminfektion
und Bakterienübertragung
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Es
erfolgte ein Versuch, um die Wirkungen von exogenem EGF auf die
Bakterienübertragung über das Epithelium
in vitro zu bestimmen und um zu bestimmen, ob die Wirkungen von
EGF bakterienspezifisch sind.
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Es
wurden 2 × 108 humanpathogene Salmonella typhimurium oder
E. coli auf die apikale Oberfläche konfluenter
Human-CaCo2-Monoschichten gegeben, die auf Transwell-Membranen (Porosität 3,0 μm) aufgezogen
waren. Die Monoschichten wurden 15 min vor der Infektion apikal
mit EGF (100 μM)
oder PBS versetzt. Nach der Infektion wurde stündlich (0-7 h) das Medium unter
der Membran ausgetauscht und die Geschwindigkeit berechnet, mit
der sich die Bakterien über
das Epithel ausbreiteten, (CFU/h).
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Die
Ergebnisse zeigen, dass EGF die ursprüngliche E. coli-Translokation
in vitro 1 Stunde verzögert und
danach die Eindringgeschwindigkeit über 95 %. Eine Übertragung
von S. typhimurium blieb in EGF-behandelten Monoschichten vollkommen
aus.
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Die
vorstehenden Ergebnisse zeigen, dass EGF seine klinischen Vorteile
zumindest teilweise durch Stören
der Bakterienübertragung
bewirkt. EGF kann seine Wirkung auch durch Kontrollieren der Bakterienbesiedelung
entfalten, indem es die Bakterienvermehrung und/oder das Anhaften
der Bakterien an die Darmoberfläche
stört.
Letzteres wurde ferner durch Rasterelektronenmikroskopie in den
Transwell-Membran-Untersuchungen
gestützt.
Diese Beobachtungen zeigten in der Tat eine wesentlich höhere Anzahl
an die Epitheloberfläche
anhaftende Mikroorganismen bei unbehandelten Monoschichten im Vergleich
zu denen, die mit EGF behandelt worden waren. Die Ergebnisse bestätigen weiter,
dass eine EGF-Therapie zur Behandlung oder Bekämpfung enterischer Infektionen
geeignet sein kann.
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Beispiel 3
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Wirkung von EGF auf die
Gewichtszunahme
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EGF
wurde auf seine möglichen
vorteilhaften Auswirkungen auf die Gewichtszunahme untersucht. Es wurden
einer Gruppe weißer
Neuseeland-Kaninchen (6 Wochen alt, 500-700 g) täglich orale Dosen von rekombinantem
humanen EGF (100 μg/kg
Körpergewicht)
verabreicht und Kontrolltieren wurde nur Kochsalzlösung gegeben.
Nach 9 Tagen zeigten die EGF-behandelten Tiere durchschnittlich
eine Gesamtgewichtszunahme von 422 ± 27 g (n=10), während die
Kontrolltiere nur 394 ± 16
g (n=11) zugelegt hatten. Bezogen auf 1 war die
Steigung der linearen Regressionskurve der Gewichtszunahme bei EGF-behandelten
Tieren wesentlich größer (P 0,002)
als die von unbehandelten Kontrolltieren. Bei dem linearen Verlauf
beider Kurven ist davon auszugehen, dass eine weitere Fütterung
mit EGF eine stetig ansteigende Wirkung auf die Gewichtszunahme
bewirkt.
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Die
Ergebnisse zeigen, dass EGF die Beschleunigung der Gewichtszunahme
in gesunden Tieren fördern
kann.
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Beispiel 4
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Wirkung von
EGF und einem EGF-Rezeptor-Inhibitor auf die Nährstoffabsorption
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Diese
Versuche wurden durchgeführt,
um die Wirkungen von EGF und einem EGF-Rezeptor-Inhibitor auf die
Nährstoffabsorption
und "Brush-Border"-Ultrastrukturen
zu bestimmen.
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Erste
Versuche zeigten, dass luminales EGF die Glucoseabsorption in intaktem
Gewebe erhöhte. Nachfolgende
Versuche untersuchten die Wirkungen von EGF und einem Hemmstoff
für den
EGF-Rezeptor (Tyrphostin-51) auf die intestinale "Brush-Border"-Membran-Nährstoffabsorption.
Tyrphostin-51 ist ein spezifischer Inhibitor der Tyrosinkinase,
welche ein entscheidendes Element der intrazellulären EGF-Signalkaskade ist.
Die Untersuchungen wurden mit weißen Neuseeland-Kaninchen (700-1000
g; etwa 8 Wochen alt) durchgeführt.
Zwei 10 cm lange Jejunum-Blindschleifen,
getrennt durch ein 1 cm langes Segment, wurden 5 cm distal von dem
Treitz-Ligament abgebunden. In getrennten Versuchen wurde entweder
EGF (60 ng/ml), EGF + Tyrphostin (10 μM) oder Tyrphostin (10 μM) alleine
in einem 1,5 ml Kochsalzvehikel einer der Schleifen verabreicht.
Die andere Schleife erhielt das Vehikel alleine und diente als Kontrolle.
Nach 1 Stunde wurden die Schleifen entfernt und die Schleimhaut
zur Herstellung von "Brush-Border"-Membranvesikeln
ausgeschabt. Die Nährstoffaufnahme
(D-Glucose und L-Prolin) in die "Brush-Border"-Membranvesikel wurde
durch anerkannte Verfahren bestimmt. Luminal-EGF stimulierte einen
signifikanten Anstieg (p < 0,001)
an "Brush-Border"-Membranglucose (EGF
16,1 ± 1,0
gegenüber
der Kontrolle 11,5 ± 0,9
nmol/min/mg Protein; n=5) und -prolin (EGF 3,8 ± 0,5 gegenüber der
Kontrolle 2,6 ± 0,3
nmol/min/mg Protein; n=5) -Transport, im Vergleich zu den Kontrollen.
Sowohl der Glucose- als auch Prolin-Transport wurden in einem ähnlichen
Ausmaß erhöht, was vermuten
lässt,
dass EGF einen allgemeinen Anstieg des Nährstofftransports stimuliert.
Zeitgleiche Verabreichung von Tyrphostin (TYR) blockierte vollständig den
EGF-induzierten Anstieg der Glucoseaufnahme und führte zu
einer wesentlichen (p < 0,001)
Reduktion der Nährstoffaufnahme
im Vergleich zu den Kontrollen (EGF + TYR 5,9 ± 0,3 gegenüber der
Kontrolle 10,7 ± 0,6
nmol/min/mg Protein; n=4). Anschließend wurde in einer weiteren
Versuchsreihe die Wirkung von Tyrphostin alleine auf den "Brush-Border"-Glucosetransport
untersucht. Tyrphostin alleine reduziert wesentlich (p < 0,001) die Glucoseaufnahme
im Vergleich zu den Kontrollen (TYR 8,0 ± 0,8 gegenüber der
Kontrolle 10,7 ± 1,0
nmol/min/mg Protein; n=4). Die Erfinder haben zuvor gezeigt, dass
die Nährstoffaufnahme
im Darm in einer Anzahl verschiedener Modelle mit der Gewichtszunahme
korreliert. Die EGF-Behandlung
erhöht
demnach die Nährstoffaufnahme
und fördert
die Gewichtszunahme. Im Gegensatz dazu kann eine Tyrphostin-Behandlung
die Gewichtszunahme verringern oder einen Gewichtsverlust fördern und
kann daher zur Behandlung von Fettsucht nützlich sein. Die Tyrphostin-Behandlung kann
auch die intestinale Aufnahme toxischer oder schädlicher Stoffe verringern.
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Beispiel 5
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Wirkung von EGF auf die
Absorption von Immunglobulin
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In
einer weiteren Versuchsreihe wurde EGF darauf untersucht, ob es
bei jungen Tieren die Aufnahme von Immunglobulin im Darm erhöht.
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Es
wurden Ratten (14 Tage alt, Sprague-Dawley) beliebig auf 3 Gruppen
verteilt. Zum Zeitpunkt 0 wurde eine aus 3 Lösungen jeder Gruppe durch Mundspülung verabreicht:
Gruppe 1 erhielt nur Kochsalzlösung (0,4
ml), Gruppe 2 erhielt Kochsalzlösung
(0,2 ml) + Schaf-IgG (0,2 ml, 5 mg/ml), Gruppe 3 erhielt EGF in
Kochsalzlösung
(0,1 μg/ml)
+ Schaf-IgG (0,2 ml, 5 mg/ml). Ein, zwei und vier Stunden nach der
Impfung wurde aus 4 Tieren jeder Gruppe Blut durch Herzpunktion
entnommen (nach Betäubung
mit Methoxyfluoran). Das Serum wurde abgetrennt und die Menge Schaf-IgG
durch Enzym-gekoppelten-Immunosorbant-Assay (ELISA) bestimmt. Die
Werte geben Durchschnittswerte ± Standardfehler Serum-Schaf-IgG
(μg/ml)
wieder (Tabelle 2).
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Die
Ergebnisse sind in Tabelle 2 gezeigt und zeigen, dass die Verabreichung
von EGF die Aufnahme von Immunglobulin aus dem Darm erhöht.
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Das
Vorstehende beschreibt neue Einsatzmöglichkeiten für EGF. Insbesondere
wurde gezeigt, dass EGF die Besiedelung des Magen-Darmtrakts durch
Pathogene verhindert und die Gewichtszunahme bei Tieren fördert. Ferner
kann EGF die Immunglobulinabsorption in jungen Tieren erhöhen. Folglich
ist EGF ein sehr nützliches
Mittel zur Produktionssteigerung in der Tierzucht, wie der Rinder-,
Schweine- und Geflügelzucht
sowie in der Aquakultur. Zudem kann die EGF-Behandlung klinische
Vorteile bei Menschen haben (d.h. bei der Crohn'schen Erkrankung, Magen-Darm-Infektionen,
Reisediarrhöe,
usw.). EGF kann auch das Abheilen von Magen-Darm-Geschwüren beschleunigen,
indem eine Besiedelung am Geschwürherd
verhindert wird.
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Inhibitoren
des EGF können
die Nährstoffabsorption
im Darm verringern und können
als solche bei der Behandlung von Fettsucht eingesetzt werden oder
zur Verhinderung der Aufnahme von Giftstoffen.
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Die
Art der Verabreichung, der Formulierung und der Dosis von EGF oder
dem EGF-Inhibitor kann entsprechend der jeweiligen Anwendung angepasst
werden. Zur Behandlung junger Tiere aus der Landwirtschaft kann
EGF beispielsweise oral mit dem Futter oder Trinkwasser der Tiere
verabreicht werden. Die Dosis kann in einem Bereich von 10 bis 10
000 μg/kg
pro Tag variiert werden.
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