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Verfahren zur Entfernung von Chlorwasserstoff aus chlorwasserstoffhaltiger,
in Türmen umlaufender Schwefelsäure einer Röstgaskühl- und Waschapparatur, z. B.
für Schwefelsäurekontaktanlagen Bei der Herstellung von Schwefelsäure nach dem Kontaktverfahren
müssen die heißen Röstgase nach ihrer Entstaubung einer Kühlung und Nachreinigung
unterzogen werden. Man arbeitet heute meistens mit direkter Kühlung,, indem man
die heißen, entstaubten Gase durch hintereinandergeschaltete Türme leitet, die mit
Schwefelsäure berieselt werden. Hierbei wird so gearbeitet, daß die Berieselungssäure
des ersten Turmes, die denselben mit roo bis 1z5° C verläßt, nach Kühlung im Kreislauf
immer wieder auf dem ersten Turm verwendet wird. Der gleiche Säureumlauf wird bei
der zweiten und den folgenden Kühlstufen angewandt. Im ersten Turm, der mit einer
5o- bis 6ogrädigen Säure berieselt wird, werden etwa 50 °/o des im Röstgas enthaltenen
Schwefeltrioxyds absorbiert. Ferner wird durch die heißen Röstgase Wasser aus der
Berieselungssäure verdampft, so daß im ersten Turm neben der Produktion an Schwefelsäure
auch noch eine Konzentration der Säure erfolgt. -Zur Aufrechterhaltung der gewünschten
Grädigkeit und Umlaufmenge an Säure im Kreislauf des Turmes I wird daher ein bestimmter
Teil -Säure dem Kreislauf entzogen. Der im Kreislauf verbleibende Anteil wird mit
dünner Säure der zweiten Kühlstufe ergänzt und auf die gewünschte Grädigkeit gebracht.
Die aus der zweiten Kühlstufe entnommene Säure wird durch noch dünnere Säure der
nachfolgenden Kühlstufe ersetzt und die Entnahme aus der letzten Kühlstufe durch
Zugabe von Wasser ausgeglichen.
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Bei dieser Arbeitsweise findet sich der größte Teil des im Röstgas
enthaltenen Chlors in den kühleren und dünneren Säuren der zweiten und folgenden
Kühlstufen in Form von Chlorwasserstoff wieder, während die starke und heiße Umlaufsäure
der ersten Kühlstufe chlorwasserstoffarm ist.
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Da neben der dauernden Zufuhr von Chlor durch das Röstgas auch der
Chlorwasserstoff, der mit den dünneren Säuren der zweiten und der folgenden Kühlstufen
auf Turm I gelangt, wieder ausgetrieben und in den Turm I folgenden Kühlstufen kondensiert
wird, tritt eine rasche Anreicherung an Chlorwasserstoff in den dünneren Säuren
ein, die zu verschiedenen Schwierigkeiten und Säureverlusten Anlaß gibt.
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Werden thalliumhaltige Erze verarbeitet, so tritt beim Vermischen
der thalliumhaltigen
Säure des Turmes I mit der chlorwasserstoffhaltigen
Säure des Turmes 1I eine Ausfällung von Thallochlorid ein, das die Rohrleitungen,
Kühlschlangen und Pumpen verstopft und zu Betriebsunterbrechungen führt. Die dünnen
chlorwasserstoffhaltigen Säuren korrodieren ferner die Bleiapparaturen sehr stark,
so daß nach Erreichung eines bestimmten zulässigen Chlorwasserstoffgehaltes der
Chlorwasserstoff aus dem Kühlsystem kontinuierlich oder von Zeit zu Zeit entfernt
werden mußte. Die Entfernung des Chlorwasserstoffs wurde bisher so durchgeführt,
daß man die dünnen, etwa bis i 5o g Schwefelsäure im Liter enthaltenen Säuren und,
wenn dies nicht ausreichte, auch einen Teil der stärkeren Säure des Turmes II weglaufen
ließ, bevor diese den die Bleiapparatur gefährdenden Chlorwasserstoffgehalt erreicht
hatten. Die hierdurch entstehenden Verluste an Schwefelsäure und darin gelöstem
Schwefeldioxyd sind sehr beträchtlich. Sie betragen schon bei sehr chlorarmen Erzen
bis zu 2,5 °/o der Gesamtsäureproduktion der Anlage. Neben dem Verlust dieser Säure
entstehen noch erhebliche Kosten für die Anlage und den Betrieb der zur Entfernung
dieser Säuren erforderlichen Neutralisations- und Kläranlagen.
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Es wurde gefunden, daß es in überraschend einfacher und glatter Weise
gelingt, alle die geschilderten Übelstände mit einem Schlag zu beseitigen und bei
Einhaltung jedes gewünschten- Chlorwasserstoffgehaltes in den Säuren der Kühlanlage
einen Verlust an Schwefelsäure und Schwefeldioxyd zu vermeiden, wenn man erfindungsgemäß
einen Teil der aus der ersten Röstgaskühl- und Reinigungsstufe ablaufenden starken,
heißen, chlorwasserstoffarmen Schwefelsäure aus dem Kreislauf abzweigt und mit einem
entsprechenden Teil der kühlen, dünnen, chlorwasserstoffhaltigen Schwefelsäure der
zweiten oder folgenden Röstgaskühl- und Reinigungsstufe mischt und dieses Säuregemisch
einem belüfteten Turm zwecks Austreibung des Chlorwasserstoffs aufgibt, und nach
dessen Entfernung über einen Kühler dem Berieselungssäurekreislauf der ersten Röstgaskühl-
und Reinigungsstufe wieder zuführt.
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Es ist bereits bekannt, Chlorwasserstoffgas aus wäßr@gen Lösungen
durch Erhitzen mit hochkonzentrierter Schwefelsäure auszutreiben. Es ist weiter
bekannt, Chlorwasserstoff aus wäßrigen Lösungen unter Erhitzen mit niederprozentiger
Schwefelsäure auf Stufen-oder zonenweise ansteigende Temperaturen zu gewinnen. Diese
Verfahren dienen aber alle der Gewinnung eines hochprozentigen Chlorwasserstoffgases
aus verhältnismäßig starken, wäßrigen Salzsäurelösungen, wobei die immer wieder
verwendete gleiche Schwefelsäure zur Bindung des Wassers dienen soll, um eine zu
starke Verdünnung des Chlorwasserstoffgases durch Wasserdampf zu vermeiden.
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Im Gegensatz hierzu wird beim Gegenstand der Erfindung keine Gewinnung
von Chlorwasserstoffgas angestrebt. Die Austreibung des Chlorwasserstoffs erfolgt
auch hier nicht aus wäßrigen, verhältnismäßig starken Salzsäurelösungen, sondern
aus einer bis 30° Be starken Schwefelsäure, die nur wenige Gramm Chlorwasserstoff
entsprechend dem gewünschten ChlorwasserstoEgehalt der Säure von beispielsweise
6 bis 12 g/1 enthält. Es wird auch keinerlei Wärme von außen zwecks Austreibung
des Chlorwasserstoffs nach der Vermischung der beiden Säuren zugeführt, sondern
das angemeldete Verfahren deckt vielmehr seinen Wärmebedarf einzig und allein aus
dem Wärmeinhalt der beiden Säuren und aus der beim Vermischen der beiden Säuren
frei werdenden Verdünnungswärme.
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Die Arbeitsweise gemäß der Erfindung ist in der beiliegenden Zeichnung
schematisch dargestellt. Die von der elektrischen Entstaubung kommenden heißen Gase
treten in den ersten Kühlturm I unten ein und werden hier mit starker, kalter Schwefelsäure
gekühlt und gewaschen. Die aus dem Turm I ablaufende ioo bis i i5° C heiße, 5o bis
6o° Be starke Säure wird in benötigter Menge in den Mischbehälter i geleitet, in
dem sie mit einem entsprechenden Teil der aus Turm II ablaufenden dünnen, 35 bis
5o° C warmen. chlorwasserstoffhaltigen Säure vermischt wird. Das Mischungsverhältnis
von Säure aus Turm I und II hängt von den jeweiligen Konzentrationen der Säuren
sowie deren Temperaturen ab. Ein Mischungsverhältnis von ioTeilen Säure des Turmes
I zu i bis 3 Teilen Säure des Turmes II hat sich als sehr zweckmäßig erwiesen. Im
allgemeinen kann gesagt werden, daß es aus anderen betrieblichen Gründen nicht zweckmäßig
ist, ein derartiges Mischverhältnis zu wählen, daß die Konzentration des Säuregemisches
wesentlich unter 45° Be liegt, obwohl eine Entfernung des Chlorwasserstoffs auch
bei noch niedrigeren Konzentrationen des Säuregemisches möglich ist.
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Das Säuregemisch, das bei einer Temperatur der Säure von Turm I von
iio bis i i5° C und einer Temperatur der Säure von 47 bis 50° C vonTurm II bei einem
Mischungsverhältnis von io : i eine Temperatur von io8 bis 1i5° C aufweist, wird
mittels der Pumpe 2 dem Chlorwasserstoffturm IV aufgegeben, der mit Füllkörpern
beschickt ist. Der mit Hilfe von Brausen fein verteilten Mischsäure wird ein Luftstrom
entgegengeschickt, der den Chlorwasserstoff und das Schwefeldioxyd austreibt. Der
Chlorwasserstoff
und das aus dem Chlorwasserstoff turm verdampfte
Wasser werden in der Kondensationsanlage3 kondensiert, während der größte Teil des
ausgetriebenen Schwefeldioxyds mit der durch den Chlorwasserstoffturm geschickten
Luft dem Röstgasstrom vor der Varreinigung 4 zugeführt wird. Die Belüftung des Chlorwasserstoffturms
kann durch Durchdrücken oder Durchsaugen von Luft erfolgen. Man kann auch einen
Teil des aus der Absorptionsanlage entweichenden Endgases abzweigen und zur Belüftung
des Chlorwasserstoffturmes verwenden. Die aus dem Chlorwasserstoffturm IV ablaufende
noch heiße, von Chlorwasserstoff befreite Mischsäure wird über einen Kühler 5 der
Absetzkiste 6, in der sich in der Säure schwimmende Verunreinigungen absetzen können,
zugeleitet. Von hier wird die Säure wieder auf Turm I aufgegeben.
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Das chlorwasserstoffhaltige Kondensat enthält auch große Mengen Arsen,
das aus den arsenhaltigen Umlaufsäuren mit Hilfe der Reduktionswirkung des Schwefeldioxyds
und durch die Einwirkung des Chlorwasserstoffs als Arsentrichlorid verflüchtigt
wird. Es tritt somit gleichzeitig eine weitgehende Reinigung der Umlaufsäuren von
Arsen ein, so daß die aus Turm I zum Verkauf gelangende 6oer Säure seit Einführung
der Reinigung der Umlaufsäuren von Chlorwasserstoff bedeutend arsenärmer ist. Die
Entfernung des Chlorwasserstoffs kann entweder kontinuierlich oder diskontinuierlich
erfolgen. Bei hohen Gehalten an Chlor im Röstgas empfiehlt es sich, kontinuierlich
zu arbeiten, wobei man einen Chlorwasserstoffgehalt von beispielsweise 6 bis ro
g/1 in den dünnen Säuren aufrechterhält.
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Sind dagegen die Chlorgehalte des Röstgases niedrig, so daß eine Anreicherung
an Chlorwasserstoff in den dünnen Säuren nur langsam erfolgt, so ist es zweckmäßig,
die Entfernung des Chlorwasserstoffs von Zeit zu Zeit vorzunehmen, d. h. immer dann,
wenn der höchste zuverlässige; die Bleiapparatur aber noch nicht gefährdende Gehalt
erreicht ist.
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Die in der Vorreinigung der elektrischen Entarsenierung und in der
elektrischen Entarsenierung 7 anfallenden Kondensate sowie die dünnen Umlaufsäuren
des Zwischenturmes III können wahlweise entweder dem Turm 1I oder direkt dem Mischbehälter
i zugeführt werden. Da alle diese Kondensate letzten Endes auf den Turm II oder
direkt zum Mischbehälter i gelangen, wird auch der in diesen Säuren enthaltende
Chlorwasserstoff entfernt, so daß praktisch das gesamte, vom Röstgas in die Kühlanlage
mitgeführte Chlor in Form von Chlorwasserstoff über Turm IV ausgeschieden wird.
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Die Leitungen zur Überführung der Kondensate und dünnen Säuren der
elektrischen Entarsenierung und des Zwischenturmes III auf Turm II und in den Mischbehälter
i sind in der Zeichnung der Übersichtlichkeit halber weggelassen worden.
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Die Beseitigung und Unschädlichmachung der geringen anfallenden Menge
arsenhaltiger Salzsäure erfordert nur geringe Anlage- und Betriebskosten.