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Glühverfahren zur Vorbereitung hartgebremster Schienenstahlräder zum
Abdrehen der abgeplatteten Radlauffläche Beim Eisenbahnbetrieb werden bekanntlich
die Radreifen besonders durch plötzliches Bremsen uneben und unrund. Bei einem solchen
heftigen Bremsen laufen nämlich die Räder nicht mehr um, sondern schleifen auf den
Schienen, wodurch ausgesprochen abgenutzte Stellen, sog. Bremsplatten, entstehen.
An diesen Bremsplatten ist der Stahl in und nahe der Oberfläche gewöhnlich glashart,
weil während des Gleitens auf den Schienen durch die Reibungswärme eine Erhitzung
an diesen Stellen bis über die untere Umwandlungstemperatur des Stahles stattfindet,
worauf nach Beendigung des Gleitens eine rasche Abkühlung, ja sogar Abschreckung
zufolge der raschen Wärmeableitung folgt. Diese Abschreckung ist die Ursache für
die außerordentliche Härte der sog. Bremsplatten.
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Um nun die durch die Bremsplatten verursachte Ungleichförmigkeit der
Laufräder zu beseitigen, aber auch um die durch die übliche Abnutzung geänderte
Form wieder herzustellen, ist es notwendig, die Räder nach einer gewissen Betriebszeit
auf der Drehbank abzudrehen. Aus diesem Grunde wird auf dem Radreifen von Anfang
an eine sog. Abnutzungsschicht vorgesehen, deren Dicke beispielsweise 4.5 min betrugt
und ein wiederholtes Abdrehen gestattet. Nach völligem Verbrauch dieser Abnutzungsschicht
werden die Reifen verschrottet.
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Die harten Stellen der Laufbahn, nämlich die sog. Bremsplatten, setzen
nun den Drehstahl und die Drehbank großen Beanspruchungen aus. . Auch bei Verwendung
der besten Schnelldrehstähle muß das Drehen mit geringer Schneidgeschwindigkeit
erfolgen. Ferner muß der Schnitt so tief sein, daß die Spitze des Drehstahls in
dem weicheren @Vefl;stoft unterhalb der- harten Stellen arbeitet, da sonst der Drehstahl
zerstört wird oder seine Schneidwirkung verliert. Dies ist der Grund, weshalb eine
übermäßig große Spandicke beim Abdrehen gewählt werden muß, die nicht durch die
Abplattung als solche gerechtfertigt ist. Über das durch die Abplattung gebotene
Maß wird daher eine um etwa 2 min größere Spandicke gewählt, damit eben die Spitze
des Drehstahles mit Sicherheit nur im weichen Werkstoff arbeitet. Diese erhebliche
Spandicke hat zur Folge, daß die Abnutzungsschicht, eine übliche Abnutzung vorausgesetzt,
etwa vier- bis fünfmal abgedreht werden kann. Da das Abnehmen des völlig abgenutzten
Reifens und Wiederaufschrumpfen eines neuen mit einem erlieblichen Aufwand an Zeit,
Arbeit und Werkstoftl:osten verknüpft ist, würde eine Verringerung der Spandicke
auf das durch die Abplattung bestimmte Maß und mithin Verlängerung der Lebensdauer
der Abnutzungsschicht einen bedeutenden Fortschritt bilden.
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Wollte man nun versuchen, wie es vielleicht nahelä ge, die harten
Stellen (Bremsplatten) durch Ausglühen in der Weise zu beseitigen, wie es für die
Vergütung der neuen Radreifen
vor dem Aufschrumpfen üblich ist,
dann inüßte man das ganze Rad erwärmen, womit aber eilte Aufhebung der Schrumpfspannung
verknüpft wäre, abgesehen davon, daß große kostspielige Einrichtungen (Üfen u. dgl.)
benötigt würden. Überdies würde eine solche Behandlung eine erhebliche Zeitdauer
beanspruchen, welche im Hinblick auf die Dringlichkeit der Abdreharbeit im Betriebe
nicht zur Verfügung steht.
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Bei einem anderen bekannten Verfahren hat man daher einen grundsätzlich
anderen Weg eingeschlagen, um abgenutzte Spurkranzräder durch Ersatz der abgenutzten
Teile durch Aufschweißen von. Werkstoff wieder herzustellen. Dieses Verfahren hat
jedoch keine allgemeine Verwendung gefunden, weil' nicht mit Sicherheit ein völlig
gleichartiger Verband und eine gleichmäßige Beschaffenheit zwischen aufgeschweißtem
Werkstoff und Unterlage erzielt worden ist.
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Im Gegensatz hierzu wird beim Verfahren gemäß der Erfindung zwar das
Abdrehen der unrunden Reifen beibehalten, wobei die Spandicke auf den geringst möglichen
Wert herabgesetzt wird. Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einem neuartigen Glühverfahren,
bei welchem eine Heizquelle und der Spurkranz mit solcher Geschwindigkeit aneinander
vorbeibewegt werden, daß die hierbei bis über den unteren Umwandlungspunkt des Stahles
erhitzte Oberflächenschicht der Radlauffläche die größte Abplattung der Laufflächen
um ein geringes Maß übersteigt. Die erhitzte Glühzone hat in der Regel bei Verwendung
einer zur Mantellinie der Lauffläche gleichlaufend sich erstreckenden Heizquelle
eine wellenförmige Gestalt. Wenr. eine derartige Temperaturwelle um den Spurkranz
herumläuft, dann hinterläßt sie hinter sich eine Werkstoffschicht, welche zufolge
der vorübergehenden Erhitzung auf den unteren Umwandlungspunkt oder höher und darauffolgenden
Abkühlung eine Gefügeveränderung erfahren hat, wobei die glasharten unterhalb der
Bremsplatten liegenden Stellen enthärtet worden sind, so daß die Beseitigung sämtlicher
Abplattungen durch Abdrehen bei Verwendung einer Spandicke erreicht werden kann,
welche nur um ein geringes größer als die größte Abplattung zu sein braucht.
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Es ergibt sich mithin bei dem erfindungsgemäßen Verfahren der Vorteil,
daß eine restlose Beseitigung der Glashärte in den unteren. Schichten sämtlicher
Bremsplatten keineswegs notwendig ist, da durch die erfindungsgemäße' Wärmebehandlung
jegliche harte Zone nur bis kurz unterhalb der größten Abplattung der Lauffläche
beseitigt wer-(len muß.
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Bei dein Glühverfahren gemäß der Erfindung findet nach dem Erhitzen
auf die Umwandlungstemperatur eine Abkühlung statt, welche natürlich keine Abschreckung
sein darf, da sonst die gewünschte Enthärtung nicht eintreten würde. Mithin handelt
es sich um einen anderen Vorgang als bei den bekannten ausgesprochenen, auch für
Radreifen angewendeten Härteverfahren, abgesehen davon, daß auch bei diesen bekannten
Verfahren wiederum in völlig andersartiger Weise vorgegangen wird, indem nämlich
nicht etwa eine Abkühlzone uln den Spurkranz in ganz bestimmter Weise herumgeführt
wird, sondern der durch die ganze Masse gleichmäßig auf Glühtemperatur gebrachte
Reifen allseitig auf seiner LaufrAäche vom Abschreckinittei gelciililt wird. Iin
übrigen dienen diese bekannten Glüh- und Kühlverfahren ausschließlich dazu, neue
unbenutzte Radreifen zu vergüten.
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Eine zur Ausführung des Verfahrens gemäß der 'Erfindung besonders
geeignete Vorrichtung besteht erfindungsgemäß aus einem der Krümmung der Lauffläche
angepaßten Heizkörper, an welchem die Lauffläche vorbeigedreht wird. Gemäß einem
weiteren Erfindungsmerkmal ist der vorzugsweise segmentförmig ausgebildete Heizkörper
im Abstand von der Lauffläche zur Bildung eines Luftspaltes angeordnet, in welchen
entgegen der Drehrichtung die Heizflamme eines Brenners eingeblasen wird. Der Vorteil
dieser Vorrichtung besteht in ihrer großen Einfachheit, leichten Beweglichkeit und
in der holten Wärmeausnutzung.
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Die Erfindung soll nunmehr an Hand der Zeichnungen näher erläutert
werden, in welcher Fig. r einen -Schnitt nach Linie 1-1 der Vorderansicht gemäß
Fig. a darstellt.
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Die aus feuerbeständigem Werkstoff bestehende Vorrichtung ist so gestaltet,
daß sie zusammen mit der Lauffläche 3 und dem Flansch q. einen Kanal 5 bildet. Die
Kappe wird unmittelbar vor einem Brenner 6 angebracht, der im schrägen Winkel zur
Lauffläche bzw. der Kappe gerichtet ist, so daß die abgehende Flamme in den Kanal
eindringt und die Kappe erhitzt, die ihrerseits den von ihr umschlossenen Teil der
Lauffläche erhitzt. Durch Drehung des Radreifens wird der Teil der Lauffläche, der
sich innerhalb der Kappe befindet, veranlaßt, sich gegen den heißesten Teil der
Flamme hin zu bewegen, wobei die Lauffläche vorgewärmt wird, ehe sie diesen Teil
der Flamme erreicht.
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Um die Tiefe zu steigern, bis zu welcher die Erhitzung `eindringt,
ohne Gefahr einer Überhitzung der eigentlichen Oberfläche, kann malt die Erhitzung
in zwei Stufen ausführen, die nacheinander mit einem gewissen Zeitzwischenraum folgen.
Dabei werden zwei
Brenner in Reihe nacheinander in einer Entfernung
im Verhältnis zueinander angebracht, die durch Versuche derart festgestellt wird,
daß die gewünschte Erhitzungstiefe erreicht wird.
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Eine andere Maßnahme, die auch im Sinne einer gesteigerten Erhitzungstiefe
wirkt, besteht darin, die Wärmeausstrahlung bereits erhitzter Teile durch eine wärmeisolierende
Hülle zu verhindern, die aus Ziegel, Asbest o. dgl. von geeigneter Länge besteht.
Dieser Strahlungsschutz kann dicht an dem erhitzten Teil der Radbahn angebracht
werden, er kann gegebenenfalls auf derselben schleppen.
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Anstatt für jede Erhitzungsstelle einen Brenner vorzusehen, kann man
eine Mehrzahl kleinerer Brenner verwenden, die in einer oder mehreren Reihen in
einer waagerechten Ebene durch die Drehachse des Rollkörpers angeordnet sind. Um
die Erhitzungswirkung auszugleichen, können die Brenner dabei eine oszillierende
Bewegung in der Querrichtung ausführen. U m das Verfahren zu beschleunigen, kann
Erhitzung an zwei einander gegenüberliegenden Stellen jedes Radreifens gleichzeitig
erfolgen.
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Die Erhitzung kann verschiedenartig erfolgen. Im nachstehenden wird
ein Verfahren beschrieben, das sich am geeignetsten herausgestellt hat. Das Radpaar
wird auf einer Vorrichtung angebracht, die es in langsame Drehung versetzt. An einer
Stelle des Umkreises jedes Rades ist ein Brenner, z. B. für Azetylen und Sauerstoff,
von solcher Bauart und Abmessung vorgesehen und derart angebracht, daß die gebildete
Flamme den abgenutzten Teil der Bahn längs seiner ganzen Breite trifft. Durch Versuche
wird die Drehgeschwindigkeit und die Regelung der Azetylen- und Sauerstoffzufuhr
erprobt, die eine genügende Anlaßwirkung in der Oberflächenschicht des Stahlrades
ohne die Gefahr einer solchen Überhitzung herbeiführt, daß die Verschleißfestigkeit
des Stahles herabgesetzt wird. Nachdem sich das Radpaar auf beschriebene Weise unter
Erhitzung von den Flammen um eine Umdrehung gedreht hat, wird der Vorgang unterbrochen,
und das Radpaar wird von der Drehvorrichtung entfernt, wonach das Abdrehen stattfindet,
nachdem die Reifen ganz oder teilweise abgekühlt sind.
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Für die Erhitzung können auch elektrische Lichtbögen oder eine andere
Wärmequelle hoher Temperatur verwendet «-erden. Auch kann elektrischer Strom durch
die oberflächliche Schicht mit Hilfe zweier naheliegender Gleitkontakte geleitet
werden.
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Während der Drehung kann das Radpaar an Zapfen angebracht werden.
Es können auch die Achszapfen oder der radreifen von Rollen getragen werden, auch
kann dem Radpaar eine -rollende Bewegung auf Bahnen gegeben werden, die unterhalb
der Zapfen oder der Radreifen angebracht sind. In dem letzterwähnten Falle folgt
die Heizvorrichtung der Bewegung des Radpaares.
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Anstatt die Wärmebehandlung in einer besonderen dazu bestimmten Vorrichtung
auszuführen, kann es in gewissen Fällen vorteilhaft sein, die Brenner auf einer
Drehbank anzubringen. Dabei kann entweder die Erhitzung vollendet werden, ehe das
Abdrehen beginnt, oder es arbeiten auf jedem Radreifen der Brenner und der Drehstahl
gleichzeitig hintereinander, wobei sie in derselben zur Achse rechtwinkligen Ebene,
gegebenenfalls lnit einer dazwischen befindlichen Kühlvorrichtung angeordnet sind.
Die Kühlung kann durch Druckluft oder Strahlen von Wasser, Ü1 o. dgl. erfolgen.
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Durch Versuche ist festgestellt worden, daß abgenutzte Radreifen,
wenn sie gemäß der Crfindting wärmebehandelt werden, 1111t einer Geschwindigkeit,
die im Verhältnis zu der sonst verwendeten doppelt so groß ist, abgedreht werden
können, ohne daß die Drehbank oder die Drehstähle überanstrengt werden. Hierdurch
wird die Leistung jeder Drehbank gesteigert, und dieArbeitskostenwerden erniedrigt.
Da die harten Stellen bei der Wärmebehandlung verschwinden und der Werkstoff der
Radbahn gleichmäßig und mäßig hart wird, werden die Drehstähle geschont, und ihre
Lebensdauer wird gesteigert.
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Es ist oben bereits erwähnt worden, daß bisher beim Drehen abgenutzter
Radreifen der Schnitt so tief sein muß, daß die Spitze des Drehstahles unterhalb
der harten Schicht arbeitet. Dieser Übelstand fällt bei den Reifen weg, die gemäß
der Erfindung wärmebehandelt worden sind. Hierdurch wird eine Oberflächenschicht
von etwa :2 mm des Reifens bei jedem Abdrehen gespart, was eine bedeutende Steigerung
der Lebensdauer der Reifen und entsprechende Herabsetzung des Reifenverbrauchs bedeutet.
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Bei den Versuchen hat es sich herausgestellt, daß die Kosten der Wärmebehandlung
im Verhältnis zu der Gesamtersparnis, die das Verfahren herbeiführt, verhältnismäßig
klein sind.
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Das Verfahren ist nicht auf Radreifen beschränkt, sondern kann auch
für andere Rollkörper aus Stahl Verwendung finden, die auf ähnliche Weise einer
Erhita_ung durch Gleitreibung ausgesetzt sind.