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Walzenkalibrierung Die bekannten Verfahren zur Bestimmung von Kalibern
für das Strecken oder Reduzieren von vollen oder hohlen Querschnitten mit und ohne
Dorn zu kreis- oder kreisringförmigen Walzquerschnitten berücksichtigen in ungenügender
Weise die Vorgänge beim Erfassen des Walzgutes durch die Kaliberbahnen. Das kommt
darin zum Ausdruck, daß das Kaliber stets nur unter Zugrundelegung einer radialen
Walzenschnittebene in Gegenüberstellung zum Anstichquerschnitt durchgeführt wird.
Die Folge einer solchen Kalibrierung ist, daß beim Erfassen des Werkstückes die
Kaliberbahn nicht nur niemals in ihrer ganzen Breite zum Eingriff gelangt, sondern
meist noch zuerst mit einem Kaliberteil, das nur unmittelbar an der Verformung teilnehmen
soll, wie den Kaliberflanken. Damit nun diese nicht vorzeitig fassen und das Walzgut
einkneifen (volle Querschnitte) oder fälteln (hohle Querschnitte), öffnet man das
Kaliber übermäßig und nimmt dadurch eine wesentliche Herabsetzung des Streckwirkungsgrades
sowie eine vermehrte Breitung in Kauf, die vielfach zu starken Gratbildungen und
Seitenrissen führt, die meist nicht im folgenden Stich zu beseitigen sind. .
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Der zweite große Nachteil der bisher üblichen Walzenkalibrierung besteht
in der Nichtberücksichtigung des Walzendurchmessers. Eine einmal als zweckmäßig
erkannte Kalibrierung wird beibehalten, unabhängig davon, ob das Profil in eine
Straße mit stärkeren oder schwächeren Walzendurchmessern gewalzt werden soll oder
die Walzen nachgedreht sind. Diese Bestimmung des Kalibers läßt völlig unberücksichtigt,
daß, bei sonst gleichen Abnahmebedingungen, die Art des Kalibereingriffes in das
eintretende Werkstück und die Länge der gedrückten Werkstückfläche, also diewichtigsten
Bestimmungsgrößen der Verformung, stets abhängig sind von der Größe der arbeitenden
Walzendurchmesser. Die hieraus entstehenden Walzfehler sind ungemein vielartig und
führen in den Betrieben oft zu dauernden Kaliberänderungen, ohne die Wurzel dieses
Übels zu beseitigen.
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Der dritte große Nachteil der üblichen Walzenkalibrierung ergibt sich
aus der Kaliberherstellung selbst. Hierfür werden ausschließlich Drehbänke verwendet,
die auf Grund der gekennzeichneten Ka.librIerungsweise die Kaliber radial zur Walzenachse
einschneiden unter Zuhilfenahme vonKä.liberschabionen. Diese Arbeit bedingt, daß
die Genauigkeit der Kaliber in hohem Maße von der Zuverlässigkeit der Dreher und
Schablonenschlosser abhängig ist und große Kosten verursacht. Wenn man, wie vorstehend
ausgeführt, die entsprechend den veränderlichen Walzendurchmessern sich ergebenden
Kaliberänderungen berücksichtigen wollte, würde sich die Schablonenarbeit und die
damit verbundenen Kosten vervielfachen.
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Davon ausgehend, daß es zum glatten Ablauf der Verformungsvorgänge
notwendig ist,
das Kaliber so auszugestalten, daß der eintretende
Walzgutquerschnitt möglichst gleichzeitig von dem ganzen Umfang der arbeitenden
Kaliberbahn erfaßt und eingezogen wird. und keinerlei Kanten von den 1raliberbahuCh..
selbst und den Kaliberöffnungen geb'ildt4-werden. Das Kaliber erzeugt dann nur alü:
seitig abgerundete Werkstückoberflächen. Man erhält ein derartiges Kaliher durch
den Einschnitt einer parallel zur senkrechten Kaliberebene liegenden, dein Anstichquerschnitt
direkt oder angenähert flächen- oder umfangsgleichen Kreisfläche, deren Abstand
x voll der senkrechten Kaliberebelie durch den Walzendurchmesser D. den Durchmesser
des Anstichquerschnittes d und die Stichabnahme c bestimmt wird
Für Pilgerschrittwalzwerke wurde schon eine Walzenkalibrierung vorgeschlagen, bei
der das Kaliber des Pilgermauls nur an der Stelle der Hauptwalzarbeit im Radialschnitt
eine elliptische oder sonstige ovale Form erhält, die in der Projektion auf eine
zur Werkstückachse senkrechte Ebene kreisförmig ist. Wi:lireiid gemäß der Erfindung
die Lage der das Kaliber erzeugenden Kreisfläche durch die gekennzeichneten Beziehungen
zwischen dein Walzendurchmesser, dein Durchmesser des Anstichquerschnittes und der
Stichabnallnie eindeutig und einmalig bestimmt ist und die Kaliberfläche stets außerhalb
der arbeitenden Kaliberbahn ini Allbeginn des Walzspaltes liegt, soll sie bei dein
Walzenkaliber für Pilgerschrittwalzen all der Stelle der Hauptwalzarbeit liegen,
also im arbeitenden Kaliber und an einem geometrischen Ort, der weder theoretisch
noch versuchsitiäläi- einwandfrei zti bestimmen ist.
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Die neue Walzenkalibrierung ist in den Abb. i bis .2-1 beispielsweise
für das Strecken oder Reduzieren voll kreis- oder kreisringförmigen Ausgangsquerschnitten
gezeigt, und zwar veranschaulichen Abb. i bis 3 die Kaliberausbildung eines Zweiwalzenkalibers,
Abb.7 bis 9 diejenige eines Dreiwalzenkalibers. Abb. 13 bis 1,3 zeigen die Ausbildung
eines 'Vierwalzenhalibers mit Walzen gleicher Walzbalinbrcite und Abb. l9 bis 21
diejenige eines Vierwalzenkalibers mit Walzen paarweise verschiedener Walzbalitibreite,
und zwar stets für den ersten Stich in den jeweiligen Kalibern.
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In den Abb. 2, B. 14 und 2o ist im vertikalen Längsschnitt durch den
Kaliberscheitel für die Anstichquerschnitte nach den Abb. 1, 7, 13 und l9 der Walzspalt
jeweils der obersten Walze der aus zwei bis vier Walzen gebildeten Walzenkaliber
gezeigt. In jedem Falle ergibt sich die Lage der in den Ebenen I die Kaliber erzeugenden
Irreisflächen t! gesetzmäßig aus dein äußeren Anstichdurchmesser d, der gewünschten
Abnahme in den Kaliberscheiteln c und dem auf die Walzgutgchse bezogenen Walzendurchmesser
D. Die ^ ,Altfernung x dieser Kreisflächen von der 'senkrechten Kaliberebene ist
nämlich stets
Ihr Durchmesser läßt sich für alle Anstichquerschnitte erfindungsgemäß aus der Bedingung
errechnen, daß die Kreisflächen jeweils direkt oder angenähert flächen-oder umfanggleich
den Anstichquerschnitten sein sollen.
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Die Abb.3, 9, 15 und 21 stellen Schnitte durch die Kaliberebenen II
und gleichzeitig Querschnitte der durch die Kaliber verformten Werkstücke dar. In
jedem Falle e ird das Werkstück voll jeder Kaliberbahn in seiner ganzen Breite gleichzeitig
erfaßt, so daß ein Einkneifen oder Fälteln vermieden wird. Mit dein fortschreitenden
Durchziehen des Werkstückes öffnen sich die Kaliber gegen die Fugen stetig, so daß
dem breitenden Werkstoff genügend Raum gelassen wird, ohne jedoch, wie dies bisher
bei allen Kalibrierungen der Fall ist, einen ungehinderten Austritt zu ermöglichen.
Diese Eigenheiten der neuen Kalibrierungsweise haben zur Folge, daß dein Werkstückquerschnitt
bei einer bestimmten Werkstückabnahine die denkbar günstigste Streckung oder Querschnittsveriiiinderung
zuteil und jede nicht unbedingt notwendige Breitun- vermieden wird. In Abhängigkeit
von der Anzahl der Walzen und der Breite der Kaliberbahnen findet die Verformung
stets gleichförmig und unter dauernder Erhaltung vollkommen abgerundeter Werkstückoberflächen
statt. Die stärkste Streckung wird dabei immer vom Kaliberscheitel ausgeführt, sie
nimmt stetig, den gesetzmüßigen Bedingungen entsprechend, gegen die Kaliberfugen
zu, ab. Es ist ohne weiteres klar, daß hiermit auch die günstigsten Voraussetzungen
für eine milde Beanspruchung des Werkstückes und aller bei der Verformung mitwirkenden
Werkzeuge, wie der Walzen oder der Dorne, gegeben sind, und zwar bei den zulässig
größten Streckungen und Reduktionen. Wie aus den Abb.3, 9, 15 und 21 zu ersehen
ist, ergibt sich die Form des austretenden Walzquerschnittes zwangsläufig aus der
Anzahl der Walzen und den Walzbahnbreiten.
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In den Abb.:I bis 6, io bis 12, 16 bis 18 und 22 bis 24 ist nun die
Weiterverformung der gemäß der Abb. 3, 9, 15 und 21 im ersten Stich erzeugten Ouerschnitte,
und zwar unter den gleichen Umständen wie früher, gezeigt. Obgleich die Anstichquerschnitte
nach den Abb, q., io, 16 und 22 jetzt nicht mehr kreis-oder kreisringförmig sind.
wird die Kalibrierung
'der zweiten Stiche grundsätzlich nach den
gekennzeichneten Gesetzen durchgeführt. Dem Erfindungsgegenstand liegt der Gedanke
zugrunde, daß stets zunächst die Kaliberscheitei zum Eingriff kommen müssen und
der aus zwei oder beliebig vielen Bogenstücken gebildete Anstichquerschnitt grundsätzlich
zunächst in einen angenähert kreisförmigen verformt wird, der beim weiteren Durchziehen
durch den Walzspalt dann den gleichen gesetzmäßigen Verformungsbedingungen unterworfen
wird, als wenn es sich um einen von vornherein kreisförmigen Anstichquerschnitt
handelte. Hierfür hat man sich die wie immer gestalteten Anstichquerschnitte, und
zwar gleichgültig, ob es sich um den ersten oder die nachfolgenden Stiche handelt,
in kreis- oder kreisringförmige Querschnitte umgewandelt zu denken und nach Errechnung
ihres Durchmessers die Lage der die Kaliber bestimmenden Kreisfläche in der gekennzeichneten
Weise zu ermitteln. Je nach Art der Anstichquerschnitte, wie volle oder ringförmige
Querschnitte, mit gleicher oder ungleicher Wandstärke, und der Art des Walzvorganges,
wie Strecken ohne und mit Dorn oder Reduzieren ohne Dorn, ermitteln sich die die
Kaliberbahnen erzeugenden Kreisdurchmesser aus folgenden allgemeinen Beziehungen:
Für volle Querschnitte gilt:
für hohle Querschnitte gleicher oder ungleicher Wandstärke
wenn F die Fläche, a4 der äußere Umfang und s die mittlere Wandstärke des Anstichquerschnittes
ist.
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Die Abb. 5, 11, 17 und 23 zeigen für. die zweiten Stiche, wiederum
im vertikalen Längsschnitt durch die Kaliberscheitel, die Walzspalte der oberen
-Walzen, die Abb. 6, 12, i8 und 24 Vertikalschnitte in den Kaliberebenen. Nach der
Umbildung des äußeren Anstichquerschnittes in eine angenäherte Kreisfläche findet
der Walzvorgang unter den gleichen Verhältnissen statt, wie dies für die ersten
von vornherein runden Anstichquerschnitte bereits geschildert ist. In gleicher Weise
wie dort werden bei größter Schonung des Werkstoffes und der Werkzeuge die zulässig
größten Streckungen erzielt, wie sie unter den gleichen Bedingungen mit den bekannten
Kalibrierungeri bisher nicht erreicht werden können.
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So wie es oben für den zweiten Stich nach den Abb. q. bis 2¢ gezeigt
ist, lassen sich für das Strecken oder Reduzieren von Walzgut mit kreis- oder kreisringförmigen
oder quadratischen Endquerschnitten, und zwar mit. oder ohne Dorn erfindungsgemäß
nun die gekennzeichneten Walzkaliber oder ähnliche oder angenäherte Ovalkaliber
zu ganzen Kaliberreihen zusammensetzen, denen dann als Abschluß ein oder zwei übliche.
Rund- oder Quadratkalibex zum Fertig- und Maßwalzen folgen. Je nachdem der Walzvorgang
kontinuierlich oder nichtkontinuierlich gestaltet wird-,"werden in der bekannten
Art entweder die Kaliberfugen oder Walzenachsen versetzt, oder das Werkstück wird
vor dem Einführen in das nächste Kaliber entsprechend dem Zentralwinkel der Fugen
gewendet, so daß stets die in den Fugen gelegenen Werkstückteile im folgenden Kaliber
in dessen Scheiteln bearbeitet werden.
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In der Abb. 25 ist gezeigt, wie ein quadratischer Anstichquerschnitt
nach beliebigem, beispielsweise quadratischem Anstichkahber, in vier aüfeinanderfolgenden
Oval- und einem Fertigrundkaliber auf einen runden Fertigquerschnitt gewalzt wird.
Abb.26 soll dartun, daß auf jedes Ovalkaliber unmittelbar ein Fertigrundkaliber
folgen kann.
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In jenen Fällen, wo, wie es beispielsweise in Abb. 27 dargestellt
ist, beim Strecken von Rohren oder Rohrluppen über feststehende oder teilweise mitwandernde
Dorne in kontinuierlichen oder nichtkontinuierlichen Rohrwalzwerken mit Zweiwalzenkalibern
nach Abb. i bis 6 oder Viei-walzenkalibern ungleicher Walzbahnbreite, wie etwa nach
Abb. ig bis 2q., besonders starke Abnahmen, vor allem in den Wandstärken, erzielt
werden sollen und demgemäß die große Achse eines Ovaldornes größer ist als die kleine
Achse des Ovaldornes im vorangegangenen Kaliber, oder in zwei oder mehr aufeinander
folgenden Ovalkalibern der gleiche Ovaldorn verwendet werden soll, sieht die Erfindung
zwischen den Streckovalkalibern a und b noch ein Hilfskaliber e vor,
in dem das Werkstück, ohne dabei gestreckt zu werden, stets in der Richtung der
großen Ovalachse so zusammengedrückt wird, daß es störungslos und ohne Führung über
den im folgenden Streckovalkaliber b liegenden Ovaldorn in der gewünschten Lage
aufgeschoben werden kann. Diese Hilfskaliber e sind einfache, stark geöffnete Zweiwalzenrund-
oder -ovalkaliber ohne jede besondere Ausbildung und sollen zweckmäßig für mehrere
Walzsorten durch das Einstellen verwendbar sein. Am zweckmäßigsten bringt man diese
Hilfskaliber in Hilfswalzen unter, die auch anderen Zwecken dienen, wie beispielsweise
die Rücklaufwalzen automatischer Stopfenwalzwerke, oder, twie in kontinuierlichen
Rohrwalzwerken, in besonderen Hilfswalzensätzen, die zwischen den Streckovalkalibersätzen
angeordnet sind und im Schlepp laufen oder angetrieben werden.
Die
neuen Kaliber lassen sich, unabhängig von der Anzahl der ein Kaliber bildenden Walzen,
der Walzbahnbreiten und Walzendurchmesser, durch selbsttätig arbeitende, bei gleichem
Anstich und gleicher Abnahme stets gleichbleibende und mathematisch genau einstellbare
Fräser- oder Schleifwerkzeuge herstellen, so daß sich jedes Arbeiten mit Schablonen
erübrigt und die Genauigkeit der Kaliber nicht mehr von der Zuverlässigkeit der
Schablonenschlosser oder Walzendreher abhängig ist. Auch lassen sich mit Hilfe einfacher
leicht beweglicher Maschinen verschlissene Kaliber ohne deren Ausbau im Walzgerüst
nacharbeiten.