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Gebiet der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Screening von neuroaktiven
Substanzen und die damit verbundene neurale Plastizität unter
Verwendung eines Tiermodells. Noch genauer betrifft die Erfindung ein
Verfahren zum Screening von neuroaktiven Verbindungen unter Verwendung
der Bewegungsleistung der Fruchtfliege Drosophila melanogaster.
Durch Identifizieren eines Verhaltensmerkmals der Fruchtfliege,
das, einmal durch neuroaktive Arzneimittel beeinflusst, über das
gesamte Leben hinweg verändert
bleibt, selbst nachdem die Arzneimittel entzogen wurden, stellt
es ferner ein neurales Plastizitätsmodell
dar, mit dem Potential, als ein Verfahren zur Identifizierung von
Kandidatenkrankheitsgenen und Arzneimitteltargets für neurologische
und psychiatrische Störungen
verwendet zu werden.
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Hintergrund und Stand der Technik
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Durch
Untersuchen der Auswirkungen von strukturell und funktionell unterschiedlichen
neuroaktiven Verbindungen auf die Bewegungsaktivitäten der
Drosophila wird gezeigt, dass die Fruchtfliege als einfaches, schnelles
und kostengünstiges
in vivo Phänotyp-basiertes
Gesamtorganismusmodell zum Screening von Arzneimitteln, Verbindungen,
Naturprodukten usw. auf Neuroaktivität dienen könnte. Die Entwicklung eines
Tiermodells und das damit verbundene Verfahren zum Screening von
neuroaktiven Arzneimitteln ist von enormem Wert bei der Entwicklung und
Identifizierung von Arzneimitteln und deren Potential zur Behandlung
von neurologischen und neuropsychiatrischen Störungen wie Epilepsie, Ataxie,
Parkinsonsche Krankheit, Huntington-Krankheit und Schizophrenie.
Zusätzlich
wird gezeigt, dass die arzneimittelbedingte Änderung der Aufstiegsgeschwindigkeit
immer langandauernd ist. Dieser Bewegungseffekt der neuroaktiven
Arzneimittel als Klasse kann beim Identifizieren von Genen oder
Proteinen in der in neuraler Plastizität involvierten Nervenbahn zur
Anwendung kommen. Die Kandidatenkrankheitsgene und molekularen Targets
zur Arzneimittelentwicklung können
wiederum identifiziert werden. Eine mögliche Nutzung besteht zum
Beispiel in der Identifizierung von Kandidatengenen zur Epileptogenese
und von molekularen Kandidatentargets zur Entwicklung einer anti-epileptogenen
Therapie sowie von verbundenen Mitteln zur Behandlung einer Vielzahl
von neuropsychiatrischen Krankheiten in Verbindung mit Beeinträchtigungen
der Plastizität.
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Neuroaktive
Arzneimittel werden bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen
und Geisteskrankheiten wie Epilepsie und Schizophrenie verwendet.
Obgleich eine große
Anzahl an solchen Arzneimitteln existiert, besteht aus verschiedenen
Gründen
die Notwendigkeit, neuere Arzneimittel zu entwickeln. Zum Beispiel
können
bei vielen Epilepsiepatienten Anfälle mithilfe etablierter Antiepileptika
(AEDs) gesteuert werden, dies sind beispielsweise Phenobarbital,
Phenytoin, Carbamazepin und Valproat (Brodie and Dichter, 1996,
N. Eng. J. Med 334: 168–175;
Marson and Chadwick, 1996, Curr. Op. Neurol 9: 103–106). Etwa
25–30
% der Patienten haben jedoch trotz optimaler Therapie weiterhin
Anfälle
und andere erleiden nicht akzeptable Nebenwirkungen (Brodie and
Dichter, 1996, N. Eng. J. Med 334: 168–175). In den letzten Jahren
wurde eine Anzahl neuer AEDs wie Gabapentin, Felbamat und Clobazam
entwickelt (Macdonald and Grenfield, 1997, Curr. Op. Neurobiol.
10: 121–128).
Entsprechende Daten über
mögliche
Nebenwirkungen dieser AEDs sind jedoch nicht vorhanden (Yerby, 2003,
Epilepsia 44 Suppl 3: 33–40;
Lathers et al, 2003, J. Clin. Pharmacol. 43: 491–503). Darüberhinaus zeigen diese neuen
Arzneimittel beschränkte
Wirksamkeit und bergen Potential für starke Nebenwirkungen (Kwan
and Brodie, 2003, Neurology 60: S2–S12). Klinische Versuche haben
gezeigt, dass einige Patienten auf ein Arzneimittel besser ansprechen
als auf ein anderes, selbst wenn sie ähnliche Arten von Anfällen haben
und die verwendeten Arzneimittel ähnliche Wirkungsmechanismen
aufweisen; die Häufigkeit und
Schwere der Nebenwirkungen variiert auch stark. Im Hinblick auf
das oben Gesagte, wird deutlich, dass die Notwendigkeit der Entwicklung
von mehr ADEs besteht (Schmidt, 2002, Epilepsy Res. 50:21–32). Obgleich neuere
Psychopharmaka zur Behandlung neuropsychiatrischer Störungen,
wie Schizophrenie, entwickelt wurden, besteht gleichermaßen immer
noch die Notwendigkeit, weiter zu entwickeln (Goldstein, 1999, Drugs
Today 35: 193–210;
Sawa and Snyder, 2003, Expert. Opin. Investig. Drugs 11: 1335–1341; Scatton
and Sanger, 2000, Pharmacol. 11: 243–256). Das Primärscreening
von Naturstoffstichproben oder kombinatorischen Sammlungen auf Neuroaktivität mit breiter
Basis wäre
der Schlüssel
zur Identifizierung möglicher
Verbindungen zur weiteren Charakterisierung spezifischer Aktivität des zentralen
Nervensystems (ZNS). In silico Vorhersage, Kultur-Neuronalnetze
usw. sind Verfahren, die auf die Identifikation von ZNS-aktiven
Verbindungen ausgerichtet sind (Pancrazio et al, 2003, Biosens,
Bioelectron 18: 39–47).
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D.
melanogaster entpuppte sich in letzter Zeit als attraktives Modell
zur Beobachtung von arzneimittelbedingtem Verhalten und Abhängigkeit
(Bellen, 1998, Cell 93: 909; Andretic et al, 1999, Science 285;
1066; Wolf and Heberlein, 2003, J. Neurobiol. 54: 161). Wie bei
Säugetieren,
spielen dopaminergische Nervenbahnen in Drosaphila bei der Steuerung
des Bewegungsverhaltens in Reaktion auf neuroaktive Arzneimittel
eine Rolle (Bainton et al, 2000, Curr. Biol. 10:187). Akutes Ausgesetztsein
gegenüber
neuroaktiven Substanzen wie beispielsweise Ethanol, Nikotin und
Kokain beeinträchtigt
bekanntermaßen
das Bewegungsverhalten sowohl von Drosophila als auch von Säugetiermodellen
(Heberlein, 2003, J. Neurobiol. 54: 161; Miller et al, 2001, Psychopharmacol.
56: 469; Bevins and Basheer, 2001, Physiol. Behau. 72: 237). Es
ist wichtig, an dieser Stelle anzumerken, dass viele therapeutische
Mittel dafür
bekannt sind, ihre Auswirkungen aus das ZNS erst nach einem bestimmten
Zeitraum zu zeigen.
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Innenkanal-Mutationen
bei Drosophila melanogaster wurden bereits früher als in vivo Modell zum Screening
nach antiepileptischen und analeptischen Substanzen validiert (Sharma
and Kumar,
US Patent Nr. 6291739 ;
Sharma and Kumar,
US Patent Nr.
6541193 ; Sharma et al.,
US
Patent Nr. 6617491 ; Kuebler and Tanouye, 2002, Brain Res.
958: 36–42).
In der vorliegenden Erfindung wurden zahlreiche Bewegungsaktivitäten der
Fruchtfliege vom Wildtypus analysiert, die einer großen Vielfalt,
strukturell und funktionell, an ZNS-aktiven Arzneimitteln dauerhaft
ausgesetzt war, um ein Screening-Modell zu entwickeln. Sechs Arzneimittel – die vier
Konvulsiva Strychnin, Pentylentetrazol, Pilocarpinhydrochlorid und
Tetraethylammoniumchlorid, der Stimmungsstabilisator Lithiumcarbonat,
das antiepileptische Ethosuximid – wurden verwendet, um zu bestimmen, ob
es eine spezifische Bewegungsaktivität gibt, die durch jedes einzelne
aller Arzneimittel beeinträchtigt
wird. Die verwendeten Arzneimittel sind strukturell verschieden
und wirken auf vielfältigste
Arten, nämlich
als glycingesteuerter Chloridkanalantagonist, Gammaaminobuttersäure-Antagonist,
Muscarin-Acethylcolin-Rezeptoragonist, K
+-Kanalblocker,
Dopamin-D2-Rezeptormodulator bzw. als T-Typ-Ca
++-Kanalblocker.
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Das
dauerhafte Ausgesetztsein gegenüber
neuroaktiven Substanzen, einschließlich jener des menschlichen
Gebrauchs und Missbrauchs, produziert lang andauernde Änderungen
neuronaler Funktion und Verhaltens (1–3). Die neurale Plastizität unterliegt
diesen Änderungen
(3, 4). Ganz wichtig ist, dass die Beteiligung der Regulation der
Gen-Expression und der Chromatinstruktur in der synaptischen Plastizität (5) in
letzter Zeit gezeigt wurde. D. melanogaster hat sich kürzlich als
attraktives Modell herausgebildet, um arzneimittelbedingtes Verhalten
und Abhängigkeit
zu beobachten (6, 7). Das Ausgesetztsein gegenüber verschiedenen neuroaktiven
Verbindungen beeinträchtigt
bekanntermaßen
das Bewegungsverhalten sowohl von Drosophila als auch von Säugermodellen
(7–9).
Wie bei Säugetieren,
so spielen auch die auf Dopamin reagierenden Nervenbahnen in Drosophila
eine Rolle bei der Steuerung des Bewegungsverhaltens in Reaktion
auf neuroaktive Arzneimittel (10). Dopamin spielt bekanntermaßen eine
Rolle bei kognitiven Funktionen und Verhalten, beeinflusst das Lernen,
Gedächtnis,
Intelligenz sowie Ess-, Schlaf- und Sexualverhalten usw. (11–– 15). Man
geht davon aus, dass dopaminergische Störungen aggressivem Verhalten
und einer Selbstmordneigung zugrunde liegen (16, 17). Die Rolle
von Dopamin bei der Arzneimittelabhängigkeit ist hinreichend bekannt
(18). Eine fehlerhafte dopaminergische Übertragung wurde mit zahlreichen
neurologischen und psychiatrischen Störungen, wie Narkolepsie, Schizophrenie,
Depression und Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom
in Zusammenhang gebracht (19–21).
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Von
derzeitigem Interesse war die Untersuchung zahlreicher Bewegungsaktivitäten von
Fliegen unter Dauerbehandlung mit einer Vielfalt an neuroaktiven
Arzneimitteln, um festzustellen, ob jedes einzelne Arzneimittel
eine Änderung
einer bestimmten Bewegungsaktivität hervorruft. Ferner wurde
untersucht, ob eine bestimmte Aktivität über einen langen Zeitraum nach
dem Absetzen der Arzneimittel verändert bleibt. Die Identifikation
eines solchen Verhaltensmerkmals würde erwartungsgemäß ein Arzneimittel-Screeningverfahren
sowie ein neurales Plastizitätsmodell
ergeben, das zum Testen von Arzneimitteln und zur Krankheits- und
Arzneimittelidentifikation von Kandidaten geeignet ist.
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Aufgaben der Erfindung
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Die
Hauptaufgabe der Erfindung besteht in der Entwicklung eines Tiermodells
für die
Identifikation von neuroaktiven Wirkstoffen und die damit verbundene
neurale Plastizität.
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Eine
weitere Aufgabe der Erfindung besteht in der Entwicklung eines Verfahrens
zum Screening von neuroaktiven Verbindungen und die damit verbundene
neurale Plastizität
unter Verwendung der Fruchtfliege Drosophila melanogaster.
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Eine
weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein einfaches, kostengünstiges
und schnelles Verfahren zum Screening von neuroaktiven Wirkstoffen
und die damit verbundene neurale Plastizität zu entwickeln.
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Eine
weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein ethisches Tiermodell
für das
Screening von neuroaktiven Substanzen und die damit verbundene neurale
Plastizität
zu entwickeln, das auch schnell, einfach und kostengünstig ist.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Screening von neuroaktiven
Substanzen und die damit verbundene neurale Plastizität durch
Behandeln von ausgewachsenen Männchen
der Fruchtfliege Drosophila melanogaster mit Fliegenmittel bzw.
-medium, das eine der neuroaktiven Verbindungen Strychnin, Pentylentetrazol,
Pilocarpinhydrochlorid, Tetraethylammoniumchlorid, Lithiumkarbonat
und Ethosuximid enthält,
Unterziehen der Fliegen Untersuchungen zur negativen Geotaxis und
horizontalen Bewegung, Beobachten der aufgestiegenen Höhe und der
gelaufenen Entfernung und der Aufstiegsgeschwindigkeit der Fliegen,
wobei eine geänderte
aufgestiegene Höhe
von medikamentös
behandelten Fliegen und eine langandauernde Änderung der Aufstiegsgeschwindigkeit
von Fliegen nach medikamentöser
Behandlung für
die neuroaktiven Verbindungen am charakteristischsten ist.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Entsprechend
betrifft die vorliegende Erfindung ein schnelles Verfahren zum Screening
von neuroaktiven Substanzen, wobei das Verfahren umfasst:
- (a) Züchten
von Drosophila melanogaster,
- (b) Sammeln von 2–4
Tage alten Fliegen,
- (c) Trennen der Männchen
von den Weibchen unter Äthernarkose,
- (d) Behandeln der Männchen
aus Schritt (c) durch Vorhandensein oder Fehlen von neuroaktiven
Arzneimitteln in dem Medium,
- (e) Unterziehen der Fliegen aus Schritt (d) Untersuchungen zur
negativen Geotaxis und horizontalen Bewegung,
- (f) Untersuchen der Bewegungsaktivitäten der Fliegen aus Schritt
(e) hinsichtlich aufgestiegener Höhe, Aufstiegsgeschwindigkeit
und gelaufener Entfernung, wobei eine Änderung in einer der drei Bewegungsaktivitäten bei
medikamentös
behandelten Männchen,
im Vergleich zu denen normal ernährter
Fliegen, für
neuroaktive Verbindungen charakteristisch ist,
- (g) Herausnehmen der Arzneimittel aus der Diät der medikamentös behandelten
Fliegen aus Schritt (d),
- (h) Unterziehen der Fliegen aus Schritt (g) Untersuchungen zur
negativen Geotaxis und horizontalen Fortbewegung, und
- (i) Untersuchen der Bewegungsaktivität der Fliegen aus Schritt (h)
hinsichtlich aufgestiegener Höhe,
Aufstiegsgeschwindigkeit und gelaufener Entfernung, wobei eine Änderung
in einer der drei Bewegungsaktivitäten bei medikamentös behandelten
Männchen
nach Arzneimittelentzug, im Vergleich zu denen normal ernährter Fliegen,
bezeichnend ist für
die neurale Plastizität,
die durch neuroaktive Verbindungen eingeleitet wird.
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Bei
einer Ausführungsform
der Erfindung wird die Bewegungsaktivität, die als am charakteristischsten für neuroaktive
Verbindungen und die damit verbundene neurale Plastizität identifiziert
wurde, aus der aufgestiegenen Höhe,
der Aufstiegsgeschwindigkeit und der gelaufenen Entfernung ausgewählt.
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Bei
einer anderen Ausführungsform
der Erfindung sind die benutzten Arzneimittel ausgewählt aus
einer Gruppe bestehend aus Strychnin, Pentylentetrazol, Pilocarpinhydrochlorid,
Tetraethylammoniumchlorid, Lithiumkarbonat und Ethosuximid.
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Bei
noch einer weiteren Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung wird ein einfaches, kostengünstiges
und schnelles Verfahren zur Verwendung der Fruchtfliege Drosophila
melanogaster als biologischer Screen für neuroaktive Verbindungen
und der damit verbundenen neuralen Plastizität bereitgestellt, wobei die zu
screenenden Wirkstoffe an männliche
Fliegen verfüttert
werden könnten
und mit anschließender
Beobachtung einer geänderten
Bewegungsaktivität,
die für
einen neuroaktiven Wirkstoff oder die dadurch bewirkte neurale Plastizität charakteristisch
ist. Kurze
Beschreibung der Tabellen
Tabelle
1. | Jeweils
aufgestiegene Höhe,
Aufstiegsgeschwinkeit und gelaufene Entfernung in cm, cm/sec und
in pro Minute überquerten
cm-Markierungen |
Tabelle
2. | Von
Fliegen aufgestiegene Höhe
in cm |
Tabelle
3. | Aufstiegsgeschwindigkeit
der Fliegen in cm/sec |
Tabelle
4. | Gelaufene
Entfernung der Fliegen in pro Minuteüberquerten cm-Markierungen |
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Beispiele
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Die
Erfindung wird durch die folgenden Beispiele veranschaulicht, die
dazu dienen, die Erfindung zu veranschaulichen, und die nicht als
Einschränkung
des hierin enthaltenen erfinderischen Gedankens auszulegen sind.
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Beispiel 1
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Sofern
nicht anders angegeben, wurden Standardverfahren zur Handhabung
von Fliegen angewandt. Es wurde ein Standardflie genmedium verwendet,
bestehend aus Agar-Agar, Maispulver, braunem Zucker, getrockneter
Hefe und Nipagin. Die Fliegen wurden bei 22 ± 1°C, 60% RF (relative Feuchtigkeit)
und 12 Stunden Hell-(9 bis 21 Uhr) und 12 Stunden Dunkelzyklus gezüchtet. D.
melanogaster vom Wildtypus des Oregon-R-Stamms wurde in dem Experiment
verwendet. Um Männchen
für die
Kontroll- und Arzneimittelbehandlung zu erhalten, wurde Fliegen
aus identischen Kulturen, die in Glasfläschchen gezüchtet wurden, gestattet, Eier
in Milchflaschen, die das Medium enthalten, zu legen. Die Fliegen
wurden alle 12 h in frische Flaschen versetzt. Die ersten 4 Satz
Flaschen wurden entsorgt. Es wurden nur Fliegen verwendet, die sich
in den nachfolgenden Flaschen entwickelten. Diejenigen, welche am
Anfang auftraten wurden zuerst entfernt, und dann wurden die Fliegen
zweimal in 12-Stunden-Intervallen gesammelt. Die zum jeweiligen
Zeitpunkt gesammelten Fliegen wurden getrennt in einer einzelnen
Flasche gehalten. Zwei Tage nach der ersten Sammlung wurden Männchen und
Weibchen aus beiden Flaschen getrennt. Die Männchen wurden dann zusammengelegt
und in eine neue Flasche versetzt. Die Fliegen wurden zur Kontrolle
oder Arzneimittelbehandlung zwei Tage später verwendet.
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Beispiel 2
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An
dem darauf folgenden Morgen, nachdem die Männchen zwecks Behandlung zusammen
gelegt wurden, wurden die Arzneimittel (Sigma-Aldrich Co., St. Louis,
U.S.A.) zuerst in destilliertem Wasser mit der folgenden Konzentration
aufgelöst:
33,3 mg/ml Strychnin (STR), 40 mg/ml Pentylentetrazol (PTZ), 20
mg/ml Pilocarpinhydrochlorid (PILO), 20 mg/ml Tetraethylammoniumchlorid
(TEA), 10 mg/ml Lithiumchiorid (LICA) und 10,5 mg/ml Ethosuximid
(ESD). Ein geeignetes Volumen an frisch hergestellten Arzneimittellösungen wurde
dann in geschmolzenes Fliegenmedium gegossen und gründlich gemischt,
um eine abschließende
Konzentration von 3,33 mg/ml STR, 4 mg/ml PTZ, 2 mg/ml PILO, 2 mg/ml
TEA, 1 mg/ml LICA und 1,05 mg/ml ESD zu erhalten. Zur Kontrolle,
d.h. normale Nahrung (NN), wurde destilliertes Wasser vom gleichen
Volumen wie die Arzneimittellösung
dem Medium zugefügt
und gemischt. Anschließend
wurde das geschmolzene Medium in Glasfläschchen gefüllt, über Nacht bei 4°C gelagert
und dann zur obigen Behandlung der Fliegen verwendet. Dreißig männliche
Fliegen wurden auf jede der sieben Behandlungsfläschchen verschoben, NN, STR,
PTZ, PILO, TEA, LICA und ESD. Die Fliegen wurden bei 22 ± 1°C, 60% RF
und 12 Stunden Hell-(9
bis 21 Uhr) und 12 Stunden Dunkel-Zyklus gehalten.
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Beispiel 3
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Eine
Routineuntersuchung des Gesamtbewegungsverhaltens wurde bei Raumtemperatur
zwischen 9 und 21 Uhr ausgeführt,
unter Anwendung eines durch Erschrecken ausgelösten Gruppenaufstiegstests,
indem an zwei Behandlungsfläschchen
gleichzeitig geklopft wurde, wobei eines die Kontrollfliegen enthielt
und das andere die medikamentös
behandelten Fliegen. An die Fläschchen
wurde in umgekehrter Stellung geklopft, d.h. mit der Baumwollseite
nach unten, auf einem Stück
Verpackungsschaum, so dass alle Fliegen nach unten auf den Boden
des Fläschchens
gebracht wurden. Den Fliegen wird dann gestattet, in umgedrehten
Fläschchen
aufzusteigen, die ungestört
auf der Oberfläche
des Tisches stehen. Die Aufstiegsaktivitäten in den zwei Fläschchen
wurden dann visuell verglichen, um subjektiv abzuschätzen, ob
ein Unterschied zwischen der Kontroll- und der Arzneimittelgruppe
besteht. Diese Übung
wurde jeweils mehrfach wiederholt, in vielen Sitzungen jeden Tag,
um zu einer der drei möglichen
Alternativen zu gelangen – die
Arzneimittelgruppe steigt schneller auf die als die Kontrollgruppe,
langsamer als die Kontrollgruppe oder sie steigt mit einer Geschwindigkeit
auf, die der der Kontrollgruppe gleicht. Während des routinemäßigen Tests
des durch Erschrecken ausgelösten Gruppenaufstiegs
wurden alle Fläschchen
eines parallelen Satzes gleich oft gleich behandelt. Die Arzneimittelfläschchen
wurden kodiert, um jegliche Fehler auszuschließen. Bei jedwedem Zweifel wurden
mehrere Fliegenpaare, eine Kontroll- und eine Arzneimittelfliege
pro Paar, getrennt untersucht. Aus demselben Grund wurden oft Arzneimittel-Arzneimittel-Vergleiche
durchgeführt.
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Beispiel 4
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Untersuchungen
zur negativen Geotaxis zum Messen der Aufstiegshöhe und Aufstiegsgeschwindigkeit
sowie horizontale Bewegungsuntersuchungen zum Messen der gelaufenen
Entfernung erfolgten bei Raumtemperatur zwischen 9 und 21 Uhr. Sie
wurden alle an einer spezifizierten Fläche in einem Raum durchgeführt, wo
immer dieselben Lichtquellen benutzt wurden. Während des Messens zahlreicher
Bewegungsaktivitäten
wurde extreme Sorgfalt darauf verwendet sicherzustellen, dass der
Raum leise und der Tisch, auf dem die Untersuchungen durchgeführt wurden,
ungestört
und vibrationsfrei ist. Äußerste Sorgfalt
wurde darauf verwendet, eine identische Handhabung der Fliegen bis
ins kleinste Detail sicherzustellen. Zum Messen der aufgestiegenen
Höhe, der
Aufstiegsgeschwindigkeit und gelaufenen Entfernung wurde jeweils
eine einzelne Fliege wahllos ausgewählt. Dies wurde erreicht, indem
die Fliegen zuerst aus einem vorhandenen Behandlungsfläschchen
in ein leeres Fläschchen
umgefüllt
wurden und indem dann beide Fläschchen
so kontinuierlich und sanft geschüttelt und umgekippt wurden,
bis eine einzelne Fliege schließlich
in dem leeren Fläschchen
gefangen war. Einmal gefangen, wurden alle drei Bewegungsaktivitäten unter
Ver wendung derselben Fliege gemessen, aufgestiegene Höhe, Aufstiegsgeschwindigkeit
und gelaufene Entfernung, in dieser Reihenfolge. Jeweils eine Fliege
aus NN, STR, PTZ, PILO, TEA, LICA und ESD, nach dem Zufallsprinzip
ausgewählt,
wurde zuerst ausgewertet, und dann wurde dieselbe Übung bei
zwei anderen Fliegen wiederholt. Sobald eine Fliege bei allen drei
Bewegungsaktivitäten
ausgewertet wurde, wurde sie ausgesondert. Die Fliegen wurden insbesondere auf
intakte Beine und Flügel
geprüft,
bevor sie für
Untersuchungen zur negativen Geotaxis und horizontalen Bewegungen
benutzt wurden.
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Beispiel 5
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Ein
Glasrohr mit 1,7 cm Durchmesser und 30 oder 36 mm Länge, einher
mit zwei Baumwollstopfen wurde bei den Untersuchungen zur negativen
Geotaxis und horizontalen Bewegung verwendet. Das Rohr wurde in
Längsrichtung
mit Linien an jedem cm markiert. Drei Fliegen aus jeder Behandlung
wurden untersucht. Jede Fliege wurde 10mal in Folge untersucht.
Jede Fliege wurde zuerst im Rohr eingewöhnt, indem sie eine Minute
lang in einem vertikal oder horizontal platzierten Rohr gehalten
wurde, bevor jeweils die Untersuchung zur negativen Geotaxis oder
horizontalen Bewegung durchgeführt
wurde. Sowohl die aufgestiegene Höhe als auch die Aufstiegsgeschwindigkeit
wurden in der Untersuchung zur negativen Geotaxis gemessen. Die
Untersuchung zur horizontalen Bewegung wurde zwecks Messung der
gelaufenen Entfernung durchgeführt.
Bei der Untersuchung zur negativen Geotaxis wurde eine einzelne
Fliege im Rohr gefangen. Die Fliege wurde auf den Boden des Rohrs
gebracht, indem das Rohr auf eine Stück Verpackungsschaum geklopft
wurde. Sobald die Fliege auf den Baumwollstopfen auf dem Boden gefallen
war, wurde das Rohr als solches vertikal auf die Oberfläche des
Arbeitstisches gelegt. Die in cm gemessene Höhe, die die Fliege aufgestiegen
war, und die in Sekunden gemessene Zeit um aufzusteigen, wurden
beide aufgezeichnet. Das Aufsteigen wurde als beendet erachtet,
wenn die Fliege entweder den Baumstopfen am oberen Ende berührte, zu
Boden fiel, nachdem sie eine bestimmte Höhe aufgestiegen war, oder das
Aufsteigen bis zu einer bestimmten Höhe für mehr als etwa 5 sec aufhörte. Während des
Aufsteigens sprangen die Fliegen manchmal, wenngleich selten, und/oder
flogen rauf und runter. Sofern diese Aktivitäten nicht ungewöhnlich aussahen,
wurden sie akzeptiert. Eine spiralförmige Bewegung, obgleich ungewöhnlich,
während
des Aufsteigens wurde akzeptiert. Eine Abwärtsbewegung, wenngleich selten,
während
des Aufstiegs wurde auch akzeptiert, es sei denn, sie dauerte ungewöhnlich lange an.
Ein Aufsteigen bis zu einer Höhe
unter 7 cm wurde in der Untersuchung nicht betrachtet. Bei der Untersuchung
zur horizontalen Bewegung wurde eine einzelne Fliege zuerst bis
zur Mitte des Rohrs durch leichtes Schütteln gebracht, und dann wurde
die Fliege kontinuierlich überwacht,
um zu zählen,
wie viele Linien sie in einer Minute überschritt. Jeder einzelne
Sprung, ob kurz oder lang, wurde als einer gezählt. Üblicherweise liefen die Fliegen
geradewegs entlang der oberen Fläche
hin zu einem Ende des Rohrs, erkundeten dort einige Zeit lang durch
Umherlaufen den inneren Rand, und bewegten sich dann zum anderen
Ende und so weiter. Obgleich ungewöhnlich, liefen sie auch entlang
der unteren Fläche,
bewegten sich spiralförmig,
erkundeten viel an einem Ende und stoppten hin und wieder über einen
längeren
oder kürzeren
Zeitraum. Alle diese Variationen wurden in der Untersuchung akzeptiert.
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Routineüberprüfungen der
Kontroll- und medikamentös
behandelten Fliegen auf Gesamtbewegungsverhalten in einem durch
Erschrecken ausgelösten
Gruppenaufstiegstest zeigten eine geän derte Bewegungsaktivität bei den
Fliegen, die Arzneimitteln ausgesetzt waren. Am Tag 7 des Beginns
der Behandlung wurden einzelne Fliegen in Untersuchungen zur negativen
Geotaxis und horizontaler Bewegung verwendet. Im Vergleich zu NN,
zur Kontrolle, bewirkten STR, PTZ, PILO, TEA, LICA und ESD einen
Anstieg der aufgestiegenen Höhe
bei den Arzneimitteln ausgesetzten Fliegen in Untersuchungen zur
negativen Geotaxis (Tabelle 1). Tabelle 1
Spezifische
Bewegungsaktivität | NN | STR | PTZ | PILO | TEA | LICA | ESD |
aufgestiegene
Höhe |
im
Mittel | 20,96 | 33,36*** | 29,13*** | 34,66*** | 32*** | 35,8*** | 25,66* |
SE | 1,52 | 0,92 | 1,69 | 0,75 | 1,33 | 0,2 | 1,66 |
Aufstiegsgeschwindigkeit |
im
Mittel | 1,02 | 1,53*** | 1,63*** | 1,52*** | 1,67*** | 1,9*** | 0,98 |
SE | 0,04 | 0,09 | 0,07 | 0,07 | 0,1 | 0,08 | 0,03 |
gelaufene
Entfernung |
im
Mittel | 29,1 | 39,33* | 42,5** | 48,53*** | 45,1*** | 34,23 | 37,1 |
SE | 2,7 | 3,8 | 3,52 | 2,78 | 2,44 | 3,05 | 4,16 |
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Das
Messen der Aufstiegsgeschwindigkeit in einer Untersuchung zur negativen
Geotaxis zeigte einen Anstieg für
alle Arzneimittel außer
ESD (Tabelle 1). In einer Untersuchung zur horizontalen Bewegung
bewirkten alle Arzneimittel außer
LICA und ESD eine Erhöhung
der gelaufenen Entfernung (Tabelle 1). Kurz gesagt, die Ergebnisse
zeigen, dass alle Arzneimittel die von Fliegen aufgestiegene Höhe in der
Untersuchung zur negativen Geotaxis ändern. Diese Änderung
ist somit ein Merkmal, das allen neuroaktiven Arzneimitteln als
Klasse gemein ist.
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Am
17ten Tag des Beginns der Behandlung wurden die Arzneimittel dadurch
entzogen, dass sowohl alle NN-Fliegen als auch Arzneimittel ausgesetzte
Fliegen auf ein NN-Medium umgesetzt wurden. Am 21sten und 48sten
Tag des Beginns der Behandlung, d.h. am 4ten und 31sten Tag des
Arzneimittelentzugs wurden die aufgestiegene Höhe, die Aufstiegsgeschwindigkeit
und die gelaufene Entfernung erneut gemessen. Am 4ten Tag nach Arzneimittelentzug
zeigte von allen Arzneimitteln nur ESD einen Anstieg, im Vergleich
zu NN, bei der aufgestiegenen Höhe
(Tabelle 2). Tabelle 2
| NN | STR | PTZ | PILO | TEA | LICA | ESD |
4ter Tag |
im
Mittel | 23,2 | 26,26 | 20,3 | 19,96 | 22,13 | 25,33 | 32,66*** |
SE | 1,61 | 1,75 | 1,71 | 1,89 | 1,82 | 1,77 | 1,2 |
31ster Tag |
im
Mittel | 13,66 | 15,8 | 9,93*** | 16,46 | 16,2 | 11,4* | 19,5*** |
SE | 0,53 | 1 | 0,35 | 1,72 | 1,54 | 0,78 | 1,47 |
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Die
Tage sind nach Arzneimittelentzug. Anzahl der Beobachtungen n =
30. Der t-Test für
nicht gepaarte Stichproben wurde angewendet, um die Signifikanz
des Unterschieds zwischen Kontroll- und Arzneimitteln zu testen.
Die Sternchen bezeichnen das Signifikanzniveau; einfach, 5%; doppelt,
1%; dreifach, 0,1%.
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Am
31sten Tag zeigten Fliegen, die zuvor PTZ und LICA ausgesetzt waren,
eine niedrigere und die ESD ausgesetzten eine größere Aufstiegsgeschwindigkeit
als die der Kontrollgruppe (Tabelle 2). Kurz gesagt, eine lang andauernde Änderung
der aufgestiegenen Höhe
wurde durch neuroaktive Arzneimittel als Klasse nicht erzeugt. Am
4ten Tag nach Arzneimittelentzug zeigten alle Arzneimittel außer TEA
einen Anstieg, im Vergleich zu NN, der Aufstiegsgeschwindigkeit
(Tabelle 3). Tabelle 3
| NN | STR | PTZ | PILO | TEA | LICA | ESD |
4ter Tag |
im
Mittel | 1,03 | 1,29** | 1,25** | 1,32** | 1,11 | 1,22* | 1,5*** |
SE | 0,05 | 0,07 | 0,05 | 0,06 | 0,04 | 0,05 | 0,06 |
31ster Tag |
im
Mittel | 0,88 | 1,04* | 1,37*** | 1,14** | 1,16*** | 1,3*** | 1,52*** |
SE | 0,05 | 0,04 | 0,07 | 0,05 | 0,04 | 0.040.07 | |
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Die
Tage sind nach Arzneimittelentzug. Anzahl der Beobachtungen n =
30. Der t-Test für
nicht gepaarte Stichproben wurde angewendet, um die Signifikanz
des Unterschieds zwischen Kontroll- und Arzneimitteln zu testen.
Die Sternchen bezeichnen das Signifikanzniveau; einfach, 5%; doppelt,
1%; dreifach, 0,1%.
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Am
31sten Tag zeigten Fliegen, die zuvor einem Arzneimittel ausgesetzt
waren, eine höhere
Aufstiegsgeschwindigkeit als die der Kontrollgruppe (Tabelle 3).
Kurz gesagt, eine lang andauernde Änderung der aufgestiegenen
Höhe wurde
durch neuroaktive Arzneimittel als Klasse erzeugt. Am 4ten Tag des
Beginns der Behandlung zeigten alle Arzneimittel außer STR,
ESD und NICO eine Verringerung, im Vergleich zu NN, der gelaufenen
Entfernung (Tabelle 4). Tabelle 4
| NN | STR | PTZ | PILO | TEA | LICA | ESD |
4ter Tag |
im
Mittel | 48,26 | 43,66 | 28,03*** | 33,83** | 26,76*** | 33*** | 40,16*** |
SE | 2,69 | 3,91 | 4,59 | 3,23 | 3,37 | 2,56 | 3,43 |
31ster Tag |
im
Mittel | 24,23 | 27,66 | 12,5* | 21,16 | 27,16 | 6,93*** | 30,63 |
SE | 4,17 | 3,75 | 2,1 | 4,97 | 5,28 | 1,44 | 4,1 |
-
Die
Tage sind nach Arzneimittelentzug. Anzahl der Beobachtungen n =
30. Der t-Test für
nicht gepaarte Stichproben wurde angewendet, um die Signifikanz
des Unterschieds zwischen Kontroll- und Arzneimitteln zu testen.
Die Sternchen bezeichnen das Signifikanzniveau; einfach, 5%; doppelt,
1%; dreifach, 0,1%.
-
Am
31sten Tag des Beginns der Behandlung, d.h. am 31sten Tag des Arzneimittelentzugs,
an diesem Tag wiesen Fliegen, die zuvor PTZ und LICA ausgesetzt
waren, lediglich eine kürzere
gelaufene Entfernung auf als die der Kontrollgruppe (Tabelle 4).
-
Kurz
gesagt, eine lang andauernde Änderung
der gelaufenen Entfernung wurde durch neuroaktive Arzneimittel als
Klasse nicht erzeugt.
-
Es
ist wichtig, an dieser Stelle zu erwähnen, dass viele Arzneimittel
in der vorliegenden Erfindung dafür bekannt sind, Bewegungsstörungen beim
Menschen zu verursachen (Blanchet, 2003, Can. J. Neurol. Sci. 30S2,
S101). Wie bei Säugern
spielen dopaminergische Nervenbahnen in Drosophila bei der Steuerung
des Bewegungsverhaltens in Reaktion auf neuroaktive Arzneimittel
eine Rolle (Bainton et al, 2000, Curr. Biol. 10: 187). Die vorliegenden
Ergebnisse zeigen demnach, dass diese Arzneimittel im Allgemeinen
imstande sind, das dopaminergische System zu beeinträchtigen.
Dies hebt die integrativen Eigenschaften des Nervensystems hervor.
Dopamin spielt bekanntermaßen
eine Rolle bei kognitiven Funktionen und Verhalten, beeinflusst das
Lernen, Gedächtnis,
Intelligenz sowie Ess-, Schlaf- und
Sexualverhalten usw. (Mozley et al, 2001, Am. J. Psychiatry 158,
1492; Setlow and McGaugh, 2000, Learn. Mem. 7, 187; Tsai et al,
2002, Neuropsychopharmacology 45, 128; Bailer and Kaye, 2003, Curr.
Drug Target CNS Neurol. Disord. 2, 53; Saint et al, 2000, Neuroreport
11, 1619). Man geht davon aus, dass dopaminergische Störungen auch
aggressivem Verhalten und Selbstmordneigungen zugrunde liegen (Miczek
et al, 2002, Psychopharmacology 163, 438; Pitchot et al, 2001, Eur.
Psychiatry 16, 424). Die Rolle von Dopamin bei Arzneimittelabhängigkeit
ist hinreichend bekannt (Philips et al, 2003, Nature 422, 614).
Eine fehlerhafte dopaminergische Übertragung wurde mit zahlreichen
neurologischen und psychiatrischen Störungen in Zusammenhang gebracht,
wie beispielsweise Narkolepsie, Schizophrenie, Depression und Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom
(Eisensehr et al, 2003, Neurology 60, 1817; Davids et al, 2003,
Brain Res. Brain res. Rev. 42, 1; Baumeister and Francis, 2002,
J. Mist. Neurosci. 11, 265).
-
Die
Wirkung von Arzneimitteln wie Ethanoldampf, verdampftes Kokain und
verdampftes Nikotin auf das Bewegungsverhalten der Drosophila wurde
früher
beschrieben (22). Einnahmedauer, Dosierung und Verabreichungsart
des Arzneimittels, die in diesen Studien zur Anwendung kamen, waren
jedoch hauptsächlich zur
akuten Arzneimittelbehandlung ausgelegt. Das vorliegende Verfahren
erkennt Änderungen
in der Bewegungsaktivität
in Verbindung mit dauerhafter Arzneimitteleinnahme. Dies ist wichtig,
weil viele neuroaktive Arzneimittel bekanntermaßen ihre therapeutischen Wirkungen
lange nach Beginn der Behandlung zeigen. Es ist wichtig, an dieser
Stelle anzuführen,
dass die Quantifizierung der ethanolbedingten Änderungen bei der Laufaktivität unter
Anwendung einfacher Linienüberschreitungsuntersuchungen
sich als im Wesentlichen identisch mit der herausgestellt hat, die
durch Anwendung automatisierter Inebriometeruntersuchungen erzielt
wurde (22).
-
Mechanismen,
die arzneimittelbedingter neuraler Plastizität zugrunde liegen, werden als
allgemeine Wege neuraler Systeme erachtet, die sich physiologischen
und Verhaltensreizen anpassen. Relevanter Stand der Technik zu Arzneimittelmodellen
enthalt kokainbedingte Bewegungsauslösung in Wirbeltier- und Fruchtfliegenmodellen
(23–25).
Es wurden auch Bewegungsfolgen, ausgelöst durch Ethanol und Nikotin,
in Drosophila untersucht (22). In Drosophila verursacht ein Ausgesetztsein
gegenüber
Ethanol und Kokain die Entwicklung von Toleranz bzw. Empfindlichkeit
(22). Bei Ethanoltoleranz benötigen
zuvor ausgesetzte Fliegen, im Vergleich zu arzneimittelunerfahrenen
Individuen, höhere
Ethanoldosen, damit eine bestimmte Verhaltensreaktion ausgelöst wird.
Bei Kokainsensibilisierung ist stattdessen eine geringere Dosis
erforderlich. Der Unterschied in der Reaktion vorher ausgesetzter
gegenüber
unbelasteter Fliegen wurde in Experimenten beobachtet, wo die zweite
Dosis nach einem Intervall von 4–6 Stunden (22) verabreicht
wurde. In dem vorliegenden Paradigma hat sich eine arzneimittelbedingte Änderung
der Bewegungsaktivität
als über
Wochen hinweg andauernd herausgestellt, bis sie untersucht wurde.
Das vorliegende neurale Plastizitätsmodell ist jedoch neuartig,
weil es, anders als der Stand der Technik, ein durch dauerhafte
Arzneimittelverwendung ausgelöstes
neurales Plastizitätsmodell
ist, bei dem die arzneimittelbedingte Verhaltensänderung über das gesamte Leben des Organismus
hinweg bestehen bleibt. Es ist wichtig, weil es langfristige plastische Änderungen
in der Hirnfunktion sind, die für
die Arzneimitteltherapie und bei Krankheiten relevanter sein können.
-
Vorteile der Erfindung
-
- 1. Das hier beschriebene Verfahren ist einfach,
kostengünstig
und schnell, ideal für
Primärscreenings
von ZNS-aktiven Substanzen sowie zur Bereitung von Hirnproben in
Chargen zur molekularen Auswertung in Richtung Arzneimittel-Target-Identifikation.
- 2. Das dargestellte neurale Plastizitätsmodell ist sowohl zur Erforschung
von arzneimittelspezifischen als auch von Kernverfahren anwendbar,
die an der Herstellung langfristiger Änderungen beteiligt sind.
- 3. Das Verfahren ist nicht invasiv und somit geeigneter, um
das Auftreten falscher Positiven und falscher Negative zu minimieren,
die als Versuchsartefakte beim Screening auftreten können.
- 4. Die Verwendung der Drosophila, einem Invertebrat, zur Arzneimittelforschung
ist aus tierrechtlicher Sicht ethisch.
-
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