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Gebiet der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Brimonidin oder
einem pharmazeutisch annehmbaren Salz hiervon zur Herstellung eines
Medikaments für
den Schutz von Nervenzellen, insbesondere denen des zentralen Nervensystems
von Säugern,
vor einem Schaden durch gesundheitsschädlichen Insult, umfassend Glutamat-Toxizität und Apoptose.
Die erfindungsgemäße Verwendung
verwendet den alpha-2-adrenergen Rezeptoragonist Brimonidin, um
dem Schaden und Tod von Nervenzellen vorzubeugen, so wie er in der
Parkinson-Krankheit
und der Alzheimer-Krankheit beobachtet wird.
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Hintergrund der Erfindung
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Die
vorliegende Erfindung betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen
und insbesondere pharmazeutische Zusammensetzungen die Verbindungen
enthalten, welche geeignet sind, auf alpha-2-adrenerge Rezeptoren
zu wirken. Die vorliegende Erfindung betrifft ebenfalls die Verwendung
von Brimonidin oder einem pharmazeutisch annehmbaren Salz hiervon
zur Herstellung eines Medikaments für die Behandlung einer breiten
Auswahl von Zuständen
und Funktionsstörungen
und insbesondere Zustände
und Funktionsstörungen,
die mit einer Fehlfunktion des zentralen Nervensystems verbunden
sind.
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Humane
adrenerge Rezeptoren sind integrale Membranproteine, die in zwei
breite Klassen eingeteilt sind, die alpha- und die beta-adrenergen
Rezeptoren. Beide vermitteln die Aktivität des peripheren sympathischen
Nervensystems durch Bindung von Catecholaminen, Norepinephrin und
Epinephrin.
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Norepinephrin
wird durch die adrenergen Nervenenden produziert, während Epinephrin
von der adrenalen Medulla produziert wird. Die Bindungsaffinität der adrenergen
Rezeptoren für
diese Verbindungen bildet eine Basis der Klassifizierung: alpha-Rezeptoren
neigen dazu, Norepinephrin stärker
als Epinephrin zu binden und viel stärker als die synthetische Verbindung
Isoproterenol binden. Die bevorzugte Bindungsaffinität dieser Hormone
ist für
die beta-Rezeptoren umgedreht. In vielen Gewebearten stehen die
durch alpha-Rezeptoraktivierung
induzierten funktionalen Antworten wie zum Beispiel die Kontraktion
glatter Muskeln den durch beta-Rezeptorbindung
induzierten Antworten entgegen.
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Des
weiteren wurde die funktionale Unterscheidung zwischen alpha- und
beta-Rezeptoren durch die pharmakologische Charakterisierung dieser
Rezeptoren von verschiedenen Tier- und Gewebequellen hervorgehoben und
verfeinert. Im Ergebnis wurden alpha- und beta-adrenerge Rezeptoren
weiter in alpha-1-,
alpha-2-, beta-1- und beta-2-Subtypen unterteilt.
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Außerdem ist
seit langem anerkannt, daß jeder
dieser Rezeptoren eine Anzahl von Subtypen aufweist; so kann der
humane alpha-2-Rezeptor weiter in die alpha-2A-, alpha-2B- und alpha-2C-Rezeptorsubtypen
aufgeschlüsselt
werden.
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Funktionelle
Unterschiede zwischen alpha-1- und alpha-2-Rezeptoren sind anerkannt, und Verbindungen,
die eine selektive Bindung zwischen diesen zwei Subtypen aufweisen,
wurden beschrieben.
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So
wurde in
WO 92/00073 die
Fähigkeit
des R(+)-Enantiomers von Terazosin beschrieben, selektiv an adrenerge
Rezeptoren des alpha-1-Subtyps zu binden. Die alpha-1/alpha-2- Selektivität dieser
Verbindung wurde als signifikant hervorgehoben, weil angenommen
wurde, daß die
Agoniststimulation der alpha-2-Rezeptoren die Sekretion von Epinephrin
und Norepinephrin inhibiert, während
angenommen wurde, daß der
Antagonismus des alpha-2-Rezeptors die Sekretion dieser Hormone
steigert. So galt die Verwendung nicht-selektiver alpha-adrenerger
Blocker, wie zum Beispiel Phenoxybenzamin und Phentolamin, als durch
ihre α
2-adrenerge Rezeptor-mediierte Induktion
gesteigerter Plasmacatecholamin-Konzentration
und die begleitenden physiologischen Folgeerscheinungen (erhöhte Herzfrequenz
und Kontraktion glatter Muskeln) limitiert. Es ist bedeutend, daß die als "alpha-1-selektiv" oder "alpha-2-selektiv" bezeichnete Selektivität von Verbindungen traditionell
auf K
D-Daten basierte, die auf einen Vergleich
von Bindungsaffinitäten
an Rezeptoren limitiert sind und die wirklichen biologischen Aktivitäten an den
verglichenen Rezeptoren nicht vergleichen.
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Im
Gegensatz hierzu umfaßt
ein Verfahren zum Messen der alpha-Rezeptoragonist-Selektivität den in Messier
et al., High Throughput Assays Of Cloned Adrenergic, Muscarinic,
Neurokinin And Neurotrophin Receptors In Living Mammalian Cells,
Pharmacol. Toxicol. 76: 308–11
(1995) beschrieben RSAT (Receptor Selection and Amplification Technology)-Assay,
der für
die Verwendung mit alpha-2-Rezeptoren angepaßt wurde. Der Assay mißt einen
Rezeptor-mediierten Verlust der Kontaktinhibierung, die in einer
selektiven Proliferation von Rezeptor-haltigen Zellen in einer gemischten
Population konfluenter Zellen resultiert. Der Anstieg der Zellzahl
wird mit einem geeignet transfizierten Markergen wie zum Beispiel
b-Galactosidase, deren Aktivität
leicht in einem 96-Well-Format
gemessen werden kann, bestimmt. Rezeptoren, die das G-Protein, Gq, aktivieren, lösen diese Antwort aus. alpha-2-Rezeptoren, die normalerweise
an Gi binden, aktivieren die RSAT-Antwort wenn
mit einem Hybrid-Gq-Protein, das eine Gi-Rezeptorerkennungsdomäne, Gq/i52 genannt, co-exprimiert wird.
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Siehe
Conklin et al, Substitution Of Three Amino Acids Switches Receptor
Specificity Of Gqa To That Of Gia,
Nature 363: 274–6
(1993).
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Von
verschiedenen alpha-adrenergen Rezeptoragonisten wurde berichtet,
daß sie
zum Behandeln einer Vielzahl von Zuständen und Funktionsstörungen geeignet
sind. Insofern wurden alpha-adrenerge
Rezeptoragonisten wie Clonidin beschrieben und als systemische und
Augen-hypotensive Mittel verwendet, als Mittel, die in der Entzugsbehandlung
von Suchtgewohnheiten wie zum Beispiel Rauchen und Drogenmißbrauch nützlich sind,
und als Mittel gegen Dysmenorrhoe. Ein weiterer alpha-adrenerger Rezeptoragonist,
Tizanidin, wurde für
die Behandlung von spastischen Symptomen in Multiple Sklerose-Patienten durch Senken
des Muskeltonus verwendet. Für
diese Mittel wurden ebenfalls bestimmte analgetische Aktivitäten berichtet.
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Obwohl
diese Mittel nützlich
sind, gehen sie mit manchmal schweren Nebeneffekten einher, die
Sedierung, kardiovaskuläre
Effekte wie Hypotonie und verringerte Herzfrequenz und Schwindelanfälle beinhalten, die
ihre Anwendbarkeit für
gewisse Indikationen beschränken.
Insbesondere neigen diese Mittel dazu, mit überlappenden therapeutischen
und Sedierungsdosisantwortkurven einherzugehen, so daß die sedative
Wirkung bei den gleichen Dosen wie das Einsetzen der therapeutischen
(z. B. hypotensiven oder analgetischen) Aktivität in vivo beginnt.
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Verbindungen
wie zum Beispiel, ohne Einschränkung,
Clonidintizanidin und Dexmedetomidin wurden in der Literatur zum
großen
Teil aufgrund von Bindungsstudien als "alpha-2-adrenerge Rezeptoragonisten" charakterisiert.
Siehe Hieble et al., J. Med. Chem. 38: 3415 (1. September 1995);
Ruffolo et al., J. Med. Chem. 38: 3681 (15. September 1995). Während es
wahr ist, daß diese
Mittel alpha-2-Rezeptoragonisten sind, ist nicht allgemein anerkannt,
daß diese
Mittel auch eine signifikante alpha-1-Rezeptoragonistaktivität beinhalten. Auch
ist der Effekt solcher alpha-1-Rezeptoraktivität auf die alpha-2-Aktivität nicht
allgemein bekannt oder anerkannt.
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Im
Gegensatz hierzu sind die Verbindung Brimonidin und seine funktionell ähnlichen
2-Inidazolin-2-ylimino-Derivate (wie unten beschrieben) alpha-2-Agonisten,
die eine merklich größere Agonistaktivität hinsichtlich
der alpha-2-Rezeptoren als hinsichtlich der alpha-1-Rezeptor-Subtypen
aufweisen.
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CNS-Funktionsstörungen sind
eine Art neurologische Funktionsstörung. Verschiedene CNS-Funktionsstörungen können einer
cholinergen Defizienz, einer dopaminergen Defizienz, einer adrenergen
Defizienz und/oder einer serotonergen Defizienz zugeschrieben werden.
CNS-Funktionsstörungen
relativ bekannter Erscheinung beinhalten präsenile Demenz (frühes Einsetzen
der Alzheimer Krankheit), senile Demenz (Demenz vom Alzheimer-Typ)
und die Parkinsonsche-Krankheit (Parkinsonism) welche die Parkinson-Krankheit
beinhaltet.
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Die
Basis des heutigen Verständnisses
der Alzheimer-Krankheit beruht auf der Beobachtung, daß verschiedene
Regionen des Gehirns bei betroffenen Personen, wie zum Beispiel
der Hippocampus und die Großhirnrinde,
Hinweise eines Verlustes von Nervenzellen aufwiesen. Seit den 1970iger
Jahren ist Wissenschaftlern bekannt, daß einige dieser sterbenden
Neuronen cholinerg sind, das heißt, sie kommunizieren unter
Verwendung des Neurotransmitters Acetylcholin, welches letztendlich
durch ein Acylcholinesterase genanntes Enzym gespalten wird. Siehe
Jones et al., Intern. J. Neurosci. 50: 147 (1990); Perry, Br. Med.
Bull. 42: 63 (1986); und Sitaram et al., Science 201: 274 (1978).
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Arzneistoffe,
die in der letzten Dekade erhältlich
wurden, wie zum Beispiel Tacrin und Donepezil sind Acylcholinesterase-Inhibitoren.
Diese Verbindungen verlangsamen die Entwicklung der frühen Stadien
der Alzheimer-Krankheit, indem sie den Abbau von Acetylcholin verhindern.
Jedoch werden diese Wirkstoffe nutzlos, sobald cholinerge Neuronen
vollständig
degenerieren und Acetylcholin-Neurotranmitter nicht länger produzieren
können.
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Außer daß der Verlust
von Nervenzellen beobachtet wird, enthalten die Gehirne von Patienten,
die unter der Alzheimer-Krankheit
leiden, typischerweise Protein-Cluster. Diese Ansammlungen liegen
in zwei Formen vor: solche die im Innern der Neuronen gefunden werden
und solche, die im interzellulären
Raum gefunden werden. Intrazelluläre Cluster werden neurofibrilläre Ablagerungen
genannt und erscheinen wie Faserpaare, die in einer Helix umeinandergewunden
sind. Analysen haben ergeben, daß die Ablagerungen aus dem Tau-Protein bestehen.
Tau ist bedeutsam, weil es an Tubulin bindet, welches für die Mikrotubuli-Bildung
verantwortlich ist. Die Anzahl der neurofibrillären Ablagerungen scheint mit
der Schwere der Krankheit zu korrelieren.
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Die
interzellulären
Protein-Cluster und Plaques bestehen aus Ablagerungen des β-Amyloid-Proteins. Die
nahen Neuronen erscheinen oft geschwollen und deformiert, und die
Amyolid-Plaques
werden in der Regel von entzündlicher
Microglia begleitet. Die Microglia, welche einen Teil des Immunsystems
des Gehirns darstellen, können
aufgrund des Bestrebens, beschädigte
Neuronen oder vielleicht das Plaque selbst abzubauen und zu entfernen,
vorliegen.
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Es
ist unklar, ob die Neuronen in oder in der Nähe dieser Plaques normal funktionieren,
weil die Dichte der Plaques lediglich schwach mit dem Ausmaß der Demenz
korreliert. Des weiteren liegen solche Plaques bei den meisten älteren Menschen
vor, unabhängig
davon ob sie die Alzheimer-Krankheit haben oder nicht. Nichtsdestotrotz
ist ihre ausgeprägte Anwesenheit
im Hippocampus und in der Großhirnrinde
spezifisch für Alzheimer-Patienten
und sie erscheinen lange vor den neurofibrillären Ablaberungen.
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β-Amyloid-Plaques
enthalten ein 42-Aminosäure-Fragment
eines β-Amyloid-Precursor-Protein (BAPP)
genannten integralen Membranproteins. Dieses Fragment wird durch
einen zweistufigen Bindungsbruch des BAPP-Proteins gebildet, zunächst durch
eine β-Sekretase
genannte Protease und dann durch gamma-Sekretase. Das üblich Abbauprodukt
der β-Sekretase und der
gamma-Sekretase ist ein 40-Aminosäure-Peptid, welches im Gegensatz zu dem
42-Aminosäure-Derivat
nicht an der Initiierung oder dem Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit
beteiligt zu sein scheint.
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Parkinsonsche
Krankheit (PD) ist eine entkräftigende
neurodegenerative Krankheit bisher unbekannter Ätiologie, die durch Tumore
und Muskelrigidität
gekennzeichnet ist. Ein Befund dieser Krankheit scheint die Degeneration
von dopaminergen Neuronen (d. h. solche, die Dopamin ausscheiden)
zu involvieren, insbesondere in der Substantia nigra und in den
ventral-tegmentalen Regionen des Mittelhirns. Siehe Rinne et al.,
Brain Res. 54: 167 (1991) und Clark et al., Br. J. Pharm. 85: 827
(1985). Die Substantia nigra ist an der Koordination der neuralen
Signale für
Bewegungen und Körperhaltung
beteiligt. Der ventral-tegmentale Bereich (VTA) des Mittelhirns
enthält
Neuronen, die zu Seiten ragen, welche den präfrontalen Cortex, den Bereich
des Gehirns, der mit den höheren
kognitiven Funktionen in Verbindung steht, beinhalten.
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Es
wurden verschiedene Versuche unternommen, PD zu behandeln. Eine
für PD
vorgeschlagene Behandlung ist SINEMET
®, welches
eine Tablette mit verzögerter
Freisetzung ist, die eine Mischung von Carbidopa und Levodopa enthält und von
The DuPont Merck Pharmaceutical Co. erhältlich ist. Eine andere für PD vorgeschlagene
Behandlung ist ELDEPRYL
®, welches eine Tablette
ist, die Selefilinhydrochlorid enthält, und die von Somerset Pharmaceuticals,
Inc. erhältlich
ist. Eine andere vorgeschlagene Behandlung für PD ist PARLODEL
®, welches
eine Tablette ist, die Bromocriptinmesylat enthält, und die von Sandoz Pharmaceuticals
Corporation erhältlich
ist. Noch ein weiteres Verfahren zur Behandlung von PD und eine
Vielzahl anderer neurodegenerativer Krankheiten durch Melanin-Therapie
wurde in
US-Patent-Nr. 5,210,076 von
Berliner et al. vorgeschlagen. Allerdings scheint keine dieser Behandlungen
Neuronen vor dem Zelltod zu bewahren.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Während bekannt
war, daß Brimonidin
und seine Derivate eine neuroprotektive Aktivität für optische oder Retinalzellen
und Nervenzellen der Wirbelsäule
bieten können,
wenn sie topisch verabreicht oder am Ort der Nervenschädigung injiziert
werden, wurde bisher nicht vermutet, daß solche Mittel effektive Mittel
für die Behandlung
von neurodegenerativen Zuständen
des Gehirns wie zum Beispiel der Alzheimer-Krankheit oder der Parkinson-Krankheit
wären,
zum Teil aufgrund der Blut-Hirn-Schranke und zum Teil aufgrund der
beträchtlichen
sedativen Aktivität,
die mit der Verabreichung anderer bekannter alpha-2-adrenerger Rezeptoragonisten wie
zum Beispiel Clonidin, Tizanidin und Dexmetatomidin einhergeht.
Insofern hat die sedative Aktivität nach systemischer Verabreichung
solcher Mittel in therapeutischen Dosen ihren Nutzen beträchtlich
aus praktischen Gesichtspunkten als nicht-topische oder systemische
Mittel limitiert.
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Die
gegenwärtigen
Erfinder haben überraschend
entdeckt, daß Brimonidin
und seine Derivate in der Lage sind, den Nervenzellen des Gehirns
Neuroprotektion zu bieten, wenn sie systemisch verabreicht werden. Brimonidin
und seine Derivate haben ein dramatisch breiteres therapeutisches
Fenster zwischen ihrer neuroprotektiven Aktivität und ihrer sedativen Aktivität als die
meisten bisher charakterisierten alpha-adrenergen Agonisten.
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Brimonidin
und sein therapeutischer Nutzen wurde von Danielewicz et al. in
US-Patent 3,890,319 und
4,029,792 beschrieben. Diese
Patente umfassen Brimonidin als Regulator des kardiovaskulären Systems
mit der folgenden Formel:
I. worin die 2-Imidazolin-2-ylamino-Gruppe an jeder
beliebigen der 5-, 6-, 7- oder 8-Position des Chinoxalin-Kerns sein
kann; x, y und z können
in jeder beliebigen der übrigen
5-, 6-, 7- oder 8-Positionen sein und können ausgewählt sein aus Wasserstoff, Halogen,
C
1-5-Alkyl, C
1-5-Alkoxy
oder Trifluormethyl; und R ist ein optionaler Substituent in entweder
der 2- oder 3-Position des Chinoxalin-Kerns und kann Wasserstoff,
C
1-5-Alkyl oder C
1-5-Alkoxy
sein. Die gegenwärtig
nützlichen
Verbindungen können
gemäß den in
den Patenten
3,890,319 und
4,029,792 , die hiermit unter
Bezugnahme inkorporiert sind, beschriebenen Verfahren hergestellt
werden.
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In
Ocular Effects of a Relatively Selective Alpha-2 Agonist (UK-14,
304–18)
in Cats, Rabbits and Monkeys, J. A. Burke et al., Current Eye Rsrch.,
5, (9), S. 665–676
(1986) wurde gezeigt, daß das
unten gezeigte Chinoxalin-Derivat mit dem generischen Namen Brimonidin
effektiv im Reduzieren des intraokulären Drucks in Kaninchen, Katzen
und Affen ist.
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Verbindungen
in dieser Studie wurden der Hornhaut der Studientiere topisch verabreicht.
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Es
ist bekannt, daß der
alpha-2-Rezeptoragonist Brimonidin retinale Nervenzellen, welche
Photorezeptoren und retinale Ganglionzellen umfassen, vor einer
Schädigung
in Zuständen
wie zum Beispiel Glaukom, Retinitis pigmentosa und altersabhängige Maculadegeneration
schützen
kann, wenn er topisch oder systemisch verabreicht wird. Siehe
US-Patent 6,194,415 .
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In
einem ersten Aspekt zielt die vorliegende Erfindung ab auf die Verwendung
von Brimonidin oder einem pharmazeutisch annehmbaren Salz hiervon
zur Herstellung eines Medikamentes für die Behandlung eines neurodegenerativen
Zustands des Gehirns, wobei die Behandlung das Verabreichen einer
therapeutisch effektiven Menge von Brimonidin an das Gehirn eines
Säugers,
der dieser Behandlung bedarf, umfaßt.
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Brimonidin
weist ein geringere alpha-1-Rezeptoraktivität auf als andere wohlbekannte
alpha-2-Rezeptoragonisten. Obwohl diese Agonisten normalerweise
als alpha-2-"selektive"-Agonisten erachtet werden, haben alle
diese Verbindungen eine größere Aktivität am alpha-1A-Rezeptor
als an wenigstens einem alpha-2-Rezeptor-Subtyp. Im Gegensatz hierzu
weist Brimonidin eine wenigstens 5,5-fach größere Aktivität an jedem
alpha-2-Rezeptor-Subtyp als am alpha-1A-Rezeptor auf.
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Die
unten präsentierten
Daten wurden unter Verwendung des oben beschriebenen RSAT-Assays
gesammelt.
Verbindung | EC50 |
| 1A | 2A | 2B | 2C |
Clonidin | 13 | 13 | 22 | 65 |
Tizanidin | 351 | 207 | 127 | 1693 |
Dexmedetomidin | 11 | 2 | 2 | 1 |
Brimonidin | 850 | 17 | 60 | 33 |
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Die
gegenwärtigen
Erfinder haben ebenfalls bemerkt, daß Brimonidin auch ein breiteres
therapeutisches Fenster besitzt – das bedeutet einen größeren Unterschied
in der Konzentration, die notwendig ist, um einen durch den alpha-2-Rezeptor mediierten
therapeutischen Effekt zu erzeugen, im Vergleich zu dem, der notwendig
ist, um eine Sedierung hervorzurufen, als andere Verbindungen, die
eine größere alpha-1-Rezeptoraktivität aufweisen.
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So
wird beobachtet, daß sowohl
die therapeutischen als auch die sedativen Effekte von Tizanidin
und Clonidin bei Konzentrationen von ungefähr 100 μg/kg beginnen, wenn IP verabreicht
wird. Im Gegensatz hierzu wird der sedative Effekt von Brimonidin
erst bei ungefähr
30 μg/kg
bemerkbar, während
die therapeutischen Effekte von Bromonidin bei 10 μg/kg gemessen
zu werden beginnen können.
Bromonidin kann somit systemisch verwendet werden, um eine neuroprotektive
Aktivität
bei geringeren Bedenken hinsichtlich einer Übersedierung des Patienten
bereitzustellen.
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Die
Wirksamkeit eines bestimmten Rezeptors oder Rezeptorsubtyps wird
gemäß der vorliegenden
Erfindung unter Verwendung der oben beschriebenen RSAT-Assay-Methode
bestimmt.
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Während sich
die Erfinder nicht durch irgendeine Theorie einschränken wollen,
wird vermutet, daß das Verringern
der Stimulation des (der) alpha-1-Rezeptors(en) dazu führt, daß eine Reduzierung
des EC50 von Brimonidin hervorgerufen wird
(was zu einem therapeutischen Effekt bei niedrigerer Wirkstoffkonzentration führt), bezogen
auf ähnliche
Verbindungen mit einer stärkeren
alpha-1-Rezeptoraktivität,
ohne Veränderung
in der Sedations-Dosis-Antwortkurve.
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In
einem weiteren Aspekt zielt die vorliegende Erfindung ab auf die
Verwendung von Brimonidin oder einem pharmazeutisch annehmbaren
Salz hiervon für
die Herstellung eines Medikaments zur Prävention des Tods oder der Degenerierung
von Nervenzellen, die in einen Bereich des Gehirns, der den Locus
ceruleus beinhaltet, hineinführen
oder daraus herausführen,
wobei die Behandlung das Verabreichen einer therapeutischen Menge
von Brimonidin an diese Zellen umfaßt.
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Diese
neue Verwendung ist insbesondere wirksam, wenn als prophylaktische
Behandlung verabreicht wird, d. h. bevor der Schaden an den Nerven
stattgefunden hat oder bevor eine Langzeitprogression des Krankheitsstadiums
wie zum Beispiel Alzheimer- oder Parkinson-Krankheit stattgefunden
hat. Ohne sich an eine bestimmte Theorie bezüglich der Rolle, welche die
Verbindungen der vorliegenden Erfindung in der Neuroprotektion spielen,
binden zu wollen, nehmen die Anmelder an, daß Bromonidin, wenn es gemäß der hierin beschriebenen
Verwendung verwendet wird, die Produktion bestimmter Faktoren der
bcl-2-Familie stimulieren kann; die gesteigerte Expression solcher
Faktoren wurde durch die gesteigerte Expression von mRNA, welche ihre
Produktion codiert gemessen; diese Faktoren (bcl-2 und bcl-XL) können das
apoptotische Programm unterdrücken.
Diese Faktoren können
die Gegenwart oder die Induktion der bcl-2-Apoptosefaktoren, wie
zum Beispiel bad und bax ausgleichen, welche als Ergebnis gesundheitsschädlicher
Reizungen der Nervenzellen produziert werden können. So wird weiterhin darüber nachgedacht,
daß die
Verbindungen der vorliegenden Erfindung, welche den Nerven Signale
für das Überleben
der Zellen bereitstellen, vorteilhafterweise in Kombination mit
Verbindungen verwendet werden können,
die den Zelltod inhibieren. Solche den Zelltod inhibierenden Verbindungen
umfassen NMDA-Antagonisten, insbesondere Memantin, welche die exzitotoxischen
Effekte von überschüssigem Glutamat
blockieren; Stickoxidsynthetase-Inhibitoren;
Scavengers freie Radikale und Calciumkanalblocker.
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Jedes
geeignete Verfahren zum Verabreichen von Brimonidin an das Gehirn
des zu behandelnden Säugers
kann verwendet werden. In allen Verfahren ist der bevorzugte Säuger ein
Mensch. Das jeweilige ausgewählte
Verabreichungsverfahren ist insbesondere eins, welches gewährleistet,
daß Brimonidin
den gewünschten
therapeutischen Effekt in effektiver Art und Weise aufweist, zum
Beispiel eine niedrige effektive Konzentration und geringe Inzidenz
von Nebenwirkungen.
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Die
Verabreichung von Brimonidin auf eine Art und Weise, die konsistent
mit den Verfahren dieser Erfindung ist, kann eine orale, parenterale,
intravenöse,
subkutane Verabreichung und andere Arten systemischer Verbindung
beinhalten, ohne hierauf beschränkt
zu sein. Die Verbindungen werden in einer therapeutisch effektiven
Menge entweder alleine oder in Kombination mit einem geeigneten
pharmazeutisch akzeptablem Träger
oder Hilfsstoff verabreicht.
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In
Abhängigkeit
von der geplanten Verabreichungsweise kann eine therapeutische Menge
von Brimonidin in jede beliebige pharmazeutisch annehmbare Dosisform
gebracht werden, wie zum Beispiel Tabletten, Zäpfchen, Dragees, Kapseln, Pulver,
Flüssigkeiten,
Lösungen,
Infusionen, Suspensionen, Emulsionen, Aerosolen und dgl., bevorzugt
Dosisformen, die geeignet sind für
eine Einzelverabreichung präziser Dosierungen oder
Dosisformen mit verzögerter
Freisetzung für
eine kontinuierliche kontrollierte Verabreichung. Die Dosisform
wird bevorzugt einen pharmazeutisch annehmbaren Hilfsstoff und die
gegenwärtig
nützliche
Verbindung oder Verbindungen beinhalten und kann zusätzlich andere
medizinische Mittel, pharmazeutische Mittel, Träger, Hilfsstoffe, etc. enthalten.
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Für feste
Dosisformen beinhalten nicht-toxische feste Träger, ohne hierauf eingeschränkt zu sein, Mannitol,
Lactose, Stärke,
Magnesiumstearat, Natriumsaccharin, Polyalkylenglykole, Talk, Cellulose,
Glucose, Saccharose und Magnesiumcarbonat in pharmazeutischer Qualität. Ein Beispiel
einer festen Dosisform zum Durchführen der Erfindung ist ein
Zäpfchen,
das Propylenglykol als Träger
enthält.
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Flüssige pharmazeutisch
verabreichbare Dosisformen können
zum Beispiel eine Lösung
oder eine Suspension eines oder mehrerer der gegenwärtig nützlichen
Verbindungen umfassen und optional pharmazeutische Hilfsstoffe in
einem Träger
wie zum Beispiel Wasser, Kochsalzlösung, flüssige Dextrose, Glycerin, Ethanol
und dgl., um so eine Lösung
oder eine Suspension zu bilden. Wenn nötig, kann die zu verabreichende pharmazeutische
Zusammensetzung auch geringe Mengen nicht-toxischer Hilfssubstanzen
enthalten wie zum Beispiel Feuchthaltemittel oder Emulgiermittel,
pH-Puffermittel und dgl. Typische Beispiele solcher Hilfsmittel sind
Natriumacetat, Sorbitanmonolaurat, Triethanolamin, Natriumacetat,
Triethanolaminoleat, etc. Die genauen Verfahren zum Zubereiten solcher
Dosisformen sind bekannt oder werden dem Fachmann ersichtlich sein; siehe
zum Beispiel Remington's
Pharmaceutical Science, Mack Publishing Company, Easton, Pa, 16.
Auflage, 1980, hiermit unter Bezugnahme inkorporiert. Die Zusammensetzung
der zu verabreichenden Formulierung enthält auf jeden Fall eine Menge
eines oder mehrerer der gegenwärtig nützlichen
Verbindungen in einer Menge, die effektiv ist, um den erwünschten
therapeutischen Effekt bereitzustellen.
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Parenterale
Verabreichung ist grundsätzlich
durch Injektion gekennzeichnet, entweder subkutan, intramuskulär oder intravenös. Die injizierbaren
Zusammensetzungen (injectables) können in herkömmlichen Formen
zubereitet sein, entweder als flüssige
Lösungen
oder Suspensionen, als feste Formen, die für eine Lösung oder Suspension in einer
Flüssigkeit
vor der Injektion geeignet ist, oder als Emulsionen oder Infusionen. Geeignete
Hilfsstoffe sind zum Beispiel Wasser, Kochsalzlösung, Dextrose, Glycerin, Ethanol
und dgl. Darüber hinaus
können
die zu verabreichenden injizierbaren oder für Infusionen geeigneten pharmazeutischen
Zusammensetzungen auch geringe Mengen nicht-toxischer Hilfssubstanzen
enthalten, wie zum Beispiel Feuchthalte- oder Emulgiermittel, pH-Puffermittel und
dgl.
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Die
Menge des verabreichten Brimonidins ist natürlich von dem/den genauen erwünschten
therapeutischen Effekt oder Effekten abhängig, von dem jeweilig behandelten
Säuger,
von der Schwere und der Art des Zustands des Säugers, von der Art und Weise
der Verabreichung, von der Wirksamkeit und der Pharmakodynamik der
jeweilig eingesetzten Verbindung oder Verbindungen, und von der
Einschätzung
des verordnenden Arztes. Grundsätzlich
ist die therapeutisch effektive Dosierung bevorzugt in einem Bereich
von 0,5 oder ungefähr
1 bis 100 mg/kg/Tag.
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Detaillierte Beschreibung
der Erfindung
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In
einem Aspekt bezieht sich die vorliegende Erfindung auf die Verwendung
von Brimonidin oder einem pharmazeutisch annehmbaren Salz hiervon
zur Herstellung eines Medikaments für die Behandlung eines neurodegenerativen
Zustands des Gehirns, wobei die Behandlung das Verabreichen einer therapeutisch
effektiven Menge von Brimonidin oder einem pharmazeutisch aktiven
Salz hiervon an das Gehirn eines Säugers umfaßt.
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Im
Zusammenhang hiermit haben die Anmelder entdeckt, daß Brimonidin
eine im Vergleich zu Verbindungen, die eine alpha-1-Rezeptoragonistaktivität haben,
unerwartet erhöhte
Wirksamkeit beim Schützen
der Nervenzellen des Gehirns vor einem Schaden und dem Tod inklusive
Apoptose aufweist. Während
die Anmelder nicht auf eine Theorie beschränkt werden möchten, vermuten
sie, daß die
Stimulierung des alpha-1-adrenergen
Rezeptors in einer Interferenz mit der durch die alpha-2-Agonistakvität ausgeübten neuroprotektiven Aktivität resultiert,
so daß ein
beliebiger sedativer Effekt, den solche Mittel wie Clonidin oder
Tizanidin haben können,
einen EC50 aufweist, der ähnlich der,
oder innerhalb eines dreifachen Bereichs der neuroprotektiven Aktivität für solch
eine Verbindung ist. Insofern wird jegliche durch nicht-selektive Mittel
wie Clonidin, Tizanidin oder Dexmetatomidin erzielte nicht-protektive
Aktivität
bei Konzentrationen beobachtet, die dazu neigen, den Patienten zu
sedieren oder für
diesen giftig zu sein.
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Zum
Teil aus diesem Grund wurden in der Vergangenheit alpha-adrenerge Mittel
nicht grundsätzlich als
neuroprotektive Mittel verwendet, mit Ausnahme von topischen oder
lokalen Anwendungen (wie zum Beispiel ophthalmischen Anwendungen),
in denen das Mittel nicht grundsätzlich
systemisch verabreicht wird.
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Ohne
auf eine bestimmte Theorie eingeschränkt werden zu wollen, vermuten
die gegenwärtigen
Erfinder, daß die
meiste oder die ganze neuroprotektive Wirksamkeit von Brimonidin
durch Stimulierung der alpha-2B- und/oder alpha-2C-Rezeptoren bereitgestellt
wird. Das Gehirn wurde nicht grundsätzlich als reich an alpha-2B-
oder -2C-Rezeptoren erachtet. Dennoch haben die Anmelder herausgefunden,
daß die
Verwendung von Brimonidin oder einem pharmazeutisch annehmbaren
Salz hiervon zur Herstellung eines Medikaments gemäß der vorliegenden
Erfindung neuroprotektive Effekte für die Neuronen bieten kann,
die in den Locus Coruleus hineinführen oder daraus herausführen, dem
Ort des in der Alzheimer-Krankheit beobachteten weitverbreiteten
Initialschadens. Insofern wird eine in der Art und Weise mit der
vorliegenden Beschreibung konsistente Verwendung von Brimonidin
in der Behandlung von neuralem Schaden in Zuständen wie zum Beispiel der Alzheimer-Krankheit und der
Parkinson-Krankheit nützlich
sein.
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Verbindung zwischen Glaukom
und der Alzheimer-Krankheit
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Ohne
sich auf eine Theorie einschränken
zu wollen, bieten die Anmelder folgendes als eine Hypothese an,
warum Brimonidin ein effektiver Neuroprotektor in neurodegenerativen
Zuständen
des Gehirns wie zum Beispiel der Alzheimer- und Parkinson-Krankheit ist.
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Neue
Studien deuten auf einen glaukomatösen Verlust von retinalen Ganglionzellen
(RGCs) und ihrer Axone in der Alzheimer-Krankheit (AD) hin. Amyloid-β-Peptide
und das phosphorylierte Tau-Protein wurden mit dem selektiven regionalen
neuronalen Verlust und den für
AD charakteristischen Protein-Akkumulationen in Verbindung gebracht. Ähnliche
Protein-Akkumulationen liegen bei glaukomatösen RGCs nicht vor. Neuronen
sterben sowohl in AD und Glaukom durch Apoptose ab, obwohl sich
die Signalwege für
den neuronalen Abbau in den zwei Krankheiten zu unterscheiden scheinen.
AD weist einen Verlust von noradrenergen Neuronen des Locus Coeruleus
auf, die Axon-Enden (axon terminals) an die unter neuronaler Apoptose
leidenden Regionen des Gehirns senden und in einer regionalen Verringerung
von Noradrenalin (NA) und von neuronalen α2-adrenergen Rezeptorspiegeln
resultieren. Die Aktivierung von α2-adrenergen
Rezeptoren verringert die neuronale Apoptose durch einen Proteinkinase
B (Akt)-abhängigen
Signalweg. Ein Verlust der NA Innervierung kann eine neuronale Apoptose
sowohl in AD und im Glaukom ermöglichen. α2-adrenerge
Rezeptoragonisten bieten die Möglichkeit,
den neuronalen Verlust in beiden Krankheiten zu verlangsamen, indem
sie eine verlorene NA-Innervierung kompensieren.
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Statt
Kranke zu töten,
entkräften
neurodegenerative Krankheiten meistens. Die fortschreitende Natur und
der verlängerte
Zeitverlauf der Neurodegeneration zwingt unserer Gesellschaft eine
beträchtliche ökonomische
Last auf, zum Großteil
aufgrund der Anzahl der hilfeleistenden Personen, die notwendig
sind, um den betroffenen Personen zu helfen. Glaukom erfüllt die
Kriterien für
eine typische neurodegenerative Krankheit. Retinale Ganglionzellen
(RGCs) sterben in der Krankheit graduell und progressiv, oft in
Verbindung mit einem erhöhten
Augeninnendruck (IOP). Glaukomatöser
neuronaler Tod muß nicht
auf die Retina beschränkt
sein, da Neuronen in dem seitlichen Kniehöcker (lateral geniculate nucleus)
und sogar im visuellen Cortex verloren zu gehen scheinen. Die Pathogenese
der glaukomatösen
Neurodegeneration ist nicht mit Sicherheit verstanden. Eine Vielzahl
von Hinweisen deutet auf einen beeinträchtigten axonalen RGC-Proteintransport
aufgrund IOP-induzierter Kompression optischer Nervenaxone an der
Lamina cribosa hin. Trophische Faktoren wie der Nervenwachstumsfaktor
BDNF (brain derived neurotrophic factor), werden rückgerichtet
von den RGC-axonalen Enden zu den Zellkörpern der Neuronen transportiert,
und dieser Transport der trophischen Faktoren ist essentiell für das RGC-Überleben.
RGC-Axon-Kompression oder -Stoß (crush)
kann die trophischen Faktorspiegel senken, was zu einem RGC-Tod
durch trophische Insuffizienz führt.
Weitere Anzeichen implizieren lokale Ischämie-Hypoxie, Überaktivierung
von Glutamat-Rezeptoren, übermäßige Erzeugung
oxidativer Radikale durch Stickoxide oder Aktivierung von Immun-bezogenen
Rezeptoren als mögliche
Mitursachen zum glaukomatösen
neuronalen Verlust.
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Ein
Zusammenhang zwischen Glaukom und Alzheimer-Krankheit (AD) Ähnlich wie
bei Glaukom wurden trophische Insuffizienz, oxidative radikalische
Schädigung,
Hypoxie und immunbezogene Mechanismen als möglicherweise zum neuronalen
Verlust in Alzheimer-Krankheit (AD) beitragende Faktoren zitiert.
Prinzipiell gehen kortikale, hippocample, septale, Thalamus- und Gehirnstamm-Neuronen
in AD verloren, RGCs können
jedoch ebenfalls verloren werden. Histologische Studien postmortaler
Retinas und optischer Nerven deuten darauf hin, daß RGCs und
ihre Axone in AD verkümmern
und sterben. In verschiedenen Studien war der axonale Verlust optischer
Nerven extensiv, da die mittlere Anzahl von Axonen in optischen
AD-Nerven (68/1000 μm2) weniger als die Hälfte derjenigen betrug, die
in dem Alter entsprechenden Kontrollen gefunden wurde (116/1000 μm2). Die Größenverteilungen optischer Nerven-Axone
deuten darauf hin, daß in
AD ähnlich wie
für idiopathisches
Glaukom berichtet, große
Axone bevorzugt verlorengehen. Andere Studien postmortaler optischer
AD-Nerven haben es nicht geschafft, Hinweise für einen axonalen RGC Abbau
zu finden. Die unterschiedlichen Ergebnisse der postmortalen Studien
sind schwer auszuwerten, da lediglich eine kleine Anzahl der AD-Patienten
und Kontrollen entsprechenden Alters (n = 7 bis 10) in den jeweiligen
Studien untersucht wurden; das Stadium der AD-Progression war nicht
gut kontrolliert und variierte wahrscheinlich zwischen den Studien;
und sowohl die histologischen Verfahren als auch die Zählverfahren
waren von Studie zu Studie unterschiedlich. Messungen der Schichtdicke
retinaler Nervenfasern, Nerve Head Pallor und Schröpfen (Cupping)
etc. unter Verwendung von In-vivo-Techniken in AD-Patienten waren ebenfalls
in unterschiedlichen Studien sehr unterschiedlich. Sie reichten
von keinem Befund glaukomatöser Veränderungen
bis hin zum Auffinden wohldefinierter glaukomatöser Veränderungen, deren Ausmaß mit der
Intensität
kognitiven Rückgangs
in jedem der Patienten zu korrelieren schien. Der zwingendste Beweis
für eine
Assoziation von AD und Glaukom wurde durch die ausführliche
Studie von Bayer et al. erbracht. Sie zeigten, daß ungefähr 26% der
AD-Patienten (n = 112) retinale glaukomatöse Veränderungen, insbesondere Gesichtsfeldverlust
und ein Schröpfen
optischer Nerven (optic nerve cupping) aufweisen, wohingegen lediglich
5% der alterskorrelierenden Kontrollen (n = 116) glaukomatöse Veränderungen
aufwiesen.
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Neurofibrilläre Ablagerungen
(NFTs) und Amyloid-Plaques sind die pathologischen Kennzeichen der Neurodegeneration
in AD. Das Amyloid-Precursor-Protein (APP) ist ein Membranprotein,
das in ausgeschiedenes APP (sAPPα)
oder alternativ in das Aβ1-40-Peptid
(Aβ1-40)
durch α-Sekretase
bzw. das β-Amyloid-Spaltungsenzym (BACE)
gespalten werden kann. sAPPα ist
das in den meisten Zelltypen vorherrschende APP-Derivat. Eine größere Form
des Aβ-Peptids,
Aβ1-42,
aggregiert leicht und ist die Hauptkomponente des Kerns von Amyloid-Plaques.
Für die
hohen Aβ1-42-Peptid-Werte
in AD kann entweder eine defekte APP-Umsetzung (APP processing)
oder -Degradation verantwortlich sein. Das Aβ1-42-Peptid ist gegenüber kultivierten Zellen
toxisch und kann für
neuronalen Verlust in AD verantwortlich sein. Genetische Studien
haben Veränderungen
im APP als mögliche
Auslöser
für die
Pathogenese von AD identifiziert. Andere Gene wie die für Presenilin
1 und 2 (PS1/2) und Apolipoprotein E (APOE) können durch Erhöhen der
Aβ-Spiegel
zu AD beitragen.
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NTFs
bestehen in erster Linie aus tau, einem Mikrotubulie-assoziierten Protein.
In AD wird tau stark phosphoryliert und aggregiert zu Fäden in neuronalen
Zellkörpern.
Phosphoryliertes tau scheint eine verringerte Kapazität zum Binden
an Mikrotubuli aufzuweisen und aggregiert mit Neurofilament-Proteinen,
um NFTs zu bilden. Phosphoryliertes tau spielt wahrscheinlich eine
wesentliche Rolle in der Aβ-Toxizität, und das Aβ1-42-Peptid
kann eine tau-Aggregation und eine Hyperphosphorylierung durch die
tau-Proteinkinase II fördern.
Die zwei Proteine, Aβ1-42-Peptid
und phosphoryliertes tau, können
insofern die Konformationen des anderen begünstigen, welches die neuronale
AD-Toxizität
fördert.
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Einige
tau, APP und Aβ-Peptid-Immunoreaktions-Anstiege
wurden für
die RGC-Schicht und das Pigmentepithelium gealterter humaner Retina
und die Retina von Personen mit Retinitis pigmentosa und altersabhängiger Makular-Degeneration
berichtet. Diese Anstiege der Immunreaktionsspiegel waren nicht
von NFTs oder Amyloid-Plaques begleitet. Ähnlich wurden Anstiege in der
Aβ-Peptid-Immunoreaktion
in RGCs für
ein Augenhochdruck-Rattenmodell berichtet, das Immunocytochemie
verwendet. Ganze retinale Immunoblots für das gleiche hypertensive
Modell deuten darauf hin, daß eine
gesteigerte Aβ-Peptid-Immunoreaktion
von Verringerungen des Full-Length-APP und Anstiegen Aβ-haltiger Fragmente begleitet
wird. Es wurde vermutet, daß eine
RGC-Axon-Kompression im Glaukom Neurofilamentprotein Abnormalitäten und
eine Aβ-Peptid
induzierte neuronale Schädigung
begünstigen
kann. Trotz des Hinweises auf APP, Aβ-Peptid und tau-Abnormalitäten in dem
Ratten-Glaukommodell und in verschiedenen nicht-glaukomatösen retinalen
Zuständen
wurde nicht berichtet, daß ein
axonaler Verlust optischer Nerven und eine RGC-Degeneration in AD
NFTs oder Amyloid-Plaques beinhalten. Es ist daher ungewiß, ob eine
RGC-Degeneration in AD von den APP und tau-Abnormalitäten resultiert, von denen vermutet
wird, daß sie
einem neuronalen Verlust im zentralen Nervensystems (CNS) in AD
unterliegen.
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Neuronen können im Glaukom und in der
AD durch Apoptose sterben
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Ein
Apoptose genannter Sterbeprozeß scheint
sowohl in Glaukom als auch in AD zu einem neuronalen Verlust beizutragen.
Apoptose beinhaltet einen Prozeß graduellen
zellulären
Abbaus, der ein nukleares und zelluläres Schwinden (nuclear and
cellular shrinkage), kombiniert mit einer Spaltung von Nukleinsäuren und cytoskeletalen
Proteinen durch Endonukleasen und Proteasen begünstigt. Obwohl die meisten
Untersuchungen darauf hindeuten, daß Apoptose bei dem in Glaukom
oder AD gefundenen neuronalen Verlust eine Rolle spielt, stellen
andere Untersuchungen den Einfluß von Apoptose in diesen Krankheiten
in Frage. Die unterschiedlichen Ansichten basierten im wesentlichen
auf den zum Definieren von Apoptose für notwendig erachteten morphologischen
Kriterien und/oder auf der Interpretation des Hinweises auf nukleare
DNA-Spaltung, welcher unter Verwendung eines terminalen Desoxynukleotidyl-Transferase-mediierten
Desoxyuridintriphosphat nick-end labeling (TUNEL) erhalten wurde.
Apoptotischer Zellkernabbau kann bei einer neuropathologischen Untersuchung
aufgrund eines Schwindens (shrinkage), einem Abbau und der Phagozytose
betroffener Neuronen schwierig zu entdecken sein. Der Abbauprozeß dauert
in einem Kulturmedium weniger als 24 Stunden und in intaktem Nervengewebe
einige Tage. Von daher kann davon ausgegangen werden, daß zu einem bestimmten
einzelnen Studienzeitpunkt lediglich ein geringer Prozentsatz der
Neuronen Hinweise auf einen apoptotischen Abbau in Krankheiten mit
einem Zeitverlauf von Jahren aufweist.
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DNA-Gelelektrophorese
oder Pulse Field Elektrophorese kann zum Erkennen nuklearer DNA-Spaltung
als Marker apoptotischen Abbaus verwendet werden. Die Verfahren
untersuchen DNA, die Gewebehomogensten entnommen wurde. Sie erfordern,
daß die
Homogenste 105 oder mehr Zellen beinhalten,
die im Zustand des apoptotischen Abbaus sind, bevor eine nuklearer
DNA-Spaltung detektiert
werden kann. Aufgrund des langen Zeitverlaufs von AD oder Glaukom
kann davon ausgegangen werden, daß lediglich eine geringe Anzahl
von Neuronen im Verlauf eines Tages einen nuklearen Abbau durchläuft, mit
dem Ergebnis, daß fragmentierte
DNA in Homogensten eines AD-Gehirns
oder einer glaukomatösen
Retina nicht ausreichend vorliegt. Das Labeling gespaltener 3'-DNA-Enden mit an
ein Fluorochrom gebundenem d-UTP wurde verwendet, um eine nukleare
DNA-Spaltung in situ in Gewebesektionen oder ganzen Teilen (mounts)
eines postmortalen AD-Gehirns oder glaukomatöser Retina zu entdecken. TUNEL
positive RGC-Nuklei wurden in humaner glaukomatöser Retina und in der Retina
von Glaukoms-Tiermodellen gefunden. Der geringer Anteil TUNEL-positiver RGC-Nuklei
erschien für
den graduellen Verlust der RGC in Glaukom angemessen. Das Auffinden
TUNEL-positiver Neuronen variierte in AD, da einige Studien eine
erhöhte
Anzahl TUNEL-positiver Neuronen in von der Krankheit befallenen
Regionen des Gehirns fanden, während
andere keinen Anstieg TUNEL-positiver Neuronen in einem AD-Gehirn
im Vergleich zu denen von Kontrollgruppen entsprechenden Alters
detektierten. Darüber
hinaus haben einige Studien eine unangemessen hohe Anzahl TUNEL-positiver
Neuronen in einem AD-Gehirn gefunden, zum Beispiel wurde berichtet,
daß 25%
der Neuronen in einigen Kortikal-Regionen TUNEL-positiv sind.
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Die
Unterschiede in den TUNEL-Befunden in AD resultieren wahrscheinlich
von methodologischen Schwierigkeiten, von denen bekannt ist, daß sie die
Labeling-Technik beeinflussen, insbesondere wenn diese in postmortalem
Nervengewebe angewendet wird 1) DNA-Schäden aufgrund reaktiver Sauerstoffspezies
kann durch TUNEL unabhängig
von einer DNA-Spaltung
durch Endonukleasen detektiert werden; 2) eine verzögerte Gewebefixierung, Überfixierung
oder verlängerte
Fixierung kann ein TUNEL-Labeling induzieren; 3) Zellen, die in
die Mitose eintreten, können
TUNEL-gelabelt sein; 4) unterschiedliche Endonukleasen können DNA
unterschiedlich schneiden, was die TUNEL-Labeling-Wirksamkeit dramatisch
beeinflussen kann; und 5) Veränderungen
der divalenten Kationen-Konzentrationen wie Mg2+ und
Co2+ beeinflussen das TUNEL-Labeling merklich.
Von daher sollten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden,
unabhängig
davon ob sie positiv oder negativ sind, sofern das TUNEL-Labeling
selbst verwendet wird, um einen apoptotischen Abbau festzustellen.
Das TUNEL-Labeling kann beim Erkennen eines apoptotischen Abbaus
wertvoll sein, wenn es zusammen mit anderen Abbaumarkern verwendet
wird, insbesondere DNA-Bindungsfarbstoffen,
die eine Chromatin-Kondensation detektieren, oder Immunocytochemie
für Abbausignalproteine.
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Apoptotische Abbausignale (Degradation
Signaling) in Glaukom und AD
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Es
kann davon ausgegangen werden, daß apoptotische Signalprozesse
drei Stadien involvieren: 1) ein vor-mitochnodrisches Stadium; 2) ein mitochondrisches
Stadium und 3) post-mitochondrisches oder Abbaustadium. Genau wie
nukleare DNA-Spaltung kann apoptotischer Abbau, der den Nukleus
involviert, umfassen: 1) die Trennung von Histonen und Laminen von
nuklearer DNA; 2) Die Kondensation oder Verdichtung der fragmentierten
DNA; und 3) die Bildung membranumhüllter subnuklearer Körper, die
fragmentierte und kondensierte DNA enthalten. Es wurde gezeigt,
daß sich
das Ausmaß,
das Muster und der Zeitverlauf des apoptotischen Nuklearabbaus für verschiedene
zelluläre
Phänotypen
und verschiedene Zellinsulte unterscheiden. Wir haben Variationen
in den Mustern der apoptotischen nuklearen Veränderungen unter Verwendung
verschiedener Abbaumarker in RGCs in postmortalen glaukomatösen Augen
oder in Glaukom-Tiermodellen gezeigt; MPTP-ausgesetzte nigrale Maus-Neuronen,
hypoxische Neuronen im Schweine-Hippocampus und nigrale Neuromelanin-haltige Neuronen
in postmortalem PD-Gehirn. Insofern kann es verwirrend sein, auf Grundlage
der Zellkernmorphologie eine Form des Zellkernabbaus als apoptotisch
und andere als nicht-apoptotisch
zu bezeichnen.
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Es
ist inzwischen bekannt, daß apoptotischer
Zellabbau von einer Vielzahl wechselwirkender Signalwege abhängt. Verschiedene
Insulte und/oder Zellphenotypen können verschiedene Abbausignale
aktivieren, die in den Unterschieden in der Morphologie der Zellkernveränderungen
reflektiert werden können,
insbesondere in denen für
die Chromatin-Kondensation und/oder DNA-Fragmentierung. Die Caspase-Familie
der Proteasen spielt fundamentelle Rollen in vielen Apoptose-Signalwegen.
Mehr als ein Dutzend Caspasen wurden inzwischen in Säugern charakterisiert.
Caspasen werden als inaktive Pro-Enzyme exprimiert, die proteolytisch aktiviert
werden und andere Caspasen, cytoskeletale Proteine, nukleare Proteine
oder anti-apoptotische Signalproteine spalten können. Von vier unterschiedlichen
Signalwegen ist bekannt, daß sie
zu einer Chromatin-Kondensation und DNA-Fragmentierung im Zellkern beitragen.
Zwei der Signalwege sind Caspase-abhängig: 1) der Cytochrom C, der
apoptotische Protease-aktivierende Faktor a (Apaf-1) und Pro-Caspase-9-Signalweg; und 2)
der zweite mitochondrisch abgeleitete Caspase-Aktivator (SMAC)/direktes
IAP-Bindungsprotein (Diablo)-Signalweg. Die anderen beiden Signalwege
sind Caspase-unabhängig:
1) der Signalweg des Apoptose-Initiierungsfaktors
(AIF) und 2) der Endonuklease G-Signalweg.
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Es
wurde zunächst
entdeckt, daß aus
Mitochondrien freigesetztes Cytochrom C mit Apaf-1 und dATP wechselwirkt,
um Pro-Caspase 9 in aktivierte Caspase 9 umzuwandeln. Aktivierte
Caspase 9 wird ebenfalls von Mitochondrien freigesetzt. Aktivierte
Caspase 9 vermittelt den Schlüsselschritt
in einer Vielzahl von apoptotischen Abbauarten, indem es Pro-Caspase
3 in aktivierte Caspase 3 umwandelt. Aktivierte Caspase spaltet den
Inhibitor der Caspase-aktivierten DNase (ICAD) in Caspase-aktivierte
DNase (CAD), die Zellkern-DNA fragmentiert. Aktivierte Caspase 3
kann ebenfalls für
andere Aspekte des apoptotischen zellulären Abbaus signalisieren, was
die Chromatin-Kondensation
im Zellkern durch Protease-Aktivierung des Acinus, cytoskeletale
Actin-Verdauung durch die Protease Gelosin und Laminspaltung im
Zellkern durch Caspase 6 beinhaltet.
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Caspase
3-Aktivierung wurde in glaukomatösen
RGCs berichtet. Obwohl verschiedene Studien in AD neuronale Caspase
3-Aktivierung gefunden
haben, konnten andere keinen Beweis für eine Partizipation des Cytochrom
C-Caspase 3-CAD-Signalwegs in neuronaler DNA-Fragmentierung in AD
erbringen. Caspasen, wie Caspase 3, können durch ein oder mehrere
Mitglieder einer Familie konstitutiv aktiver Proteine, den Apoptoseinhibitoren
(IAPs), inhibiert werden. IAPs binden an Caspasen und inaktivieren
sie und können
dadurch den Abbau des Zellkerns (nuclear degradation) durch den
Cytochrom C-Caspase 3-CAD-Weg verhindern oder reduzieren. Umgekehrt
kann SMAC/Diablo, das von den Mitochondrien freigesetzt wird, die
IAPs binden und inaktivieren, wodurch Caspasen 9, 3 und 6 Signale
für einen
apoptotischen Abbau senden können.
Obwohl IAPs mit AD-ähnlicher
Neurodegeneration im Down Syndrom und in RGCs von Ratten nach Axotomie
in Verbindung gebracht wurde, ist nicht bekannt, ob IAPs oder SMAC/Diablo
den Caspase 3-Abbauweg in AD oder Glaukom beeinflussen.
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In
einigen Apoptoseformen wird ein lösliches Flavoprotein, AIF,
aus dem Zwischenmembranraum der Mitochondrien freigesetzt und zu
den Zellkernen translokalisiert, wo es eine DNA-Fragmentierung induziert und
auch zur Chromatin-Konzentration
beiträgt.
AIF kann von den Mitochondrien unabhängig vom Cytochrom C und Pro-Caspase
9 ausgeschüttet
werden. Die Basis für
eine selektive Freisetzung von AIF von den Mitochondrien ist nicht
bekannt. Mikroinjektion von Zellen mit rekombinantem AIF verursacht
lediglich eine Chromatin-Kondensation in dem äußeren Teil des Zellkerns, wohingegen
eine Mikroinjektion mit aktivierter Caspase 3 oder ihres Downstream
Targets CAD vollständige
Chromatin-Kondensation
im Zellkern verursacht. In einigen anderen Apoptoseformen induziert
AIF die Freisetzung von Cytochrom C aus den Mitochondrien. Deshalb
kann eine DNA-Spaltung und Chromatin-Konzentration im Zellkern mit
verschiedenen subnuklearen Verteilungen durch Caspase 3 alleine,
AIF alleine und/oder durch AIF gefolgt von Caspase 3 induziert werden. Eine
mitochondrische DNase, Endonuklease G, die normalerweise wirkt,
um mitochondrische DNA zu spalten, kann ebenfalls von den Mitochondrien
in einigen Apoptoseformen freigesetzt werden und dazu dienen, eine nukleare
DNA-Fragmentierung
direkt zu induzieren. Durch Endonuklease G hervorgerufene DNA-Fragmentierung
ist unabhängig
von entweder Caspase- oder CAD-Aktivität. Endonuklease G kann von
Mitochondrien durch BID freigesetzt werden und ist ein Merkmal der
durch den FAS-Liganden induzierten Apoptose (siehe unten). Es ist
nur wenig über
das subnukleare Muster der durch Endonuklease G induzierten DNA-Fragmentierung
bekannt, aber es trägt
vermutlich eine weitere Permutation zu den möglichen Mustern von Caspase
3- und/oder AIF-ivolvierenden
apoptotischen Zellkernabbau bei.
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In
Anbetracht unseres steigenden Verständnisses der Signalwege für den Abbau
in Apoptose ist es nicht überraschend,
daß eine
Anzahl verschiedener morphologischer Formen des Zellkernabbaus beobachtet wurden.
Auf Grundlage unserer momentanen Information scheint es, daß der apoptotische
Abbau glaukomatöser
RGC zumindest teilweise einen Caspase 3-Signalweg involviert, wohingegen
apoptotischer Abbau in AD entweder Caspase-abhängig oder Caspase-unabhängig sein
kann und daher möglicherweise
AIF- und/oder Endonuklease
G-Signale sowie Kaspase 3-Aktivierung reflektiert.
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Mitochondrische Apoptosesignale
in Glaukom und AD
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Wie
entscheiden Neuronen, Signalwege für einen apoptotischen Abbau
zu aktivieren? Veränderungen in
der mitochondrischen Membrandurchlässigkeit, die mit der Freisetzung
von Faktoren einhergehen, welche Signale für einen apoptosischen Abbau
sind, stellen einen kritischen Entscheidungsschritt in vielen apoptotischen
Signalwegen dar. Ein oder mehrere Signalfaktoren für einen
apoptotischen Abbau (Cytochrom C, Pro-Caspase 9, AIF, SMAC/Diablo
oder Endonuklease G) werden in dem intermembranösen Raum, der die innere und äußere mitochondrische
Membran trennt, freigesetzt oder von der mitochondrischen Matrix
freigesetzt. Zwei Mechanismen wurden vorgeschlagen, von denen vermutet
wird, daß sie
die gesteigerte Durchlässigkeit
der äußeren Membranpermeabilität verursachen:
1) die Porenbildung oder die Öffnung
bestehender Poren in der äußeren Membran
(reviewed in; und 2) Öffnen
einer Multiproteinmegapore, des Permeabilität-Übergangsporenkomplexes
(PTPC), welche die innere und äußere mitochondrische
Membran überspannt.
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Wie
schematisch in 1 dargestellt, könnte BAX
in Assoziation mit dem verwandten pro-apoptotischen BAK zur PTPC-Öffnung oder
zur äußeren Membranpermeabilisierung
beitragen, obwohl die Grundlage für BAX-induzierte Veränderungen
in der Permeabilität
der äußeren mitochondrischen
Membran nicht gut verstanden sind. BAX-Oligomere können in planare phospholipoide
Bilayer-Membranen insertieren und die Lösung der Membranen begünstigen.
In einigen Apoptosemodellen kann BID eine BAX-Oligomerisierung induzieren,
welche die Freisetzung von Cytochrom C oder SMAC/Diablo aus Liposomen
oder Mitochondrien induzieren kann. BID kann eine BAX-Insertion
in die äußere mitochondrische Membran
induzieren oder BAX dazu bringen, an die PTPC zu binden. In anderen
Apoptose-Formen ist BID nicht für
eine BAX-Akkumulation in den Mitochondrien erforderlich.
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Das Öffnen des
PTPC kann osmotische Schwankungen durch die innere mitochondrische
Membran mit anschließendem
Anschwellen der mitochondrischen Matrix und Aufbrechen der äußeren mitochondrischen Membran
hervorrufen, was die Freisetzung apoptotischer Abbaufaktoren aus
den Mitochondrien erlauben kann. Mittel wie Cyclosporin A, die einen
PTPC-Schluß begünstigen,
verringern eine Cytochrom C-Freisetzung und Apoptose in einigen
Apoptoseformen. Es wurde gezeigt, daß BAX entweder an den Adenin-Nukleotidtranslokator
(ANT) oder den spannungsabhängigen
Anionenkanal (VDAC) des PTPC bindet. BAX-Bindung an entweder den ANT oder den
VDAC steigert den Leitwert der isolierten Membranen merklich. Anfallende
Daten legen nahe, daß entweder
ANT oder VDAC die innere mitochondrische Permeabilität in verschiedenen
Apoptoseformen steigern kann. Cytochrom C kann in von der inneren
Membran gebildeten mitochondrischen Cristae gespeichert werden,
welche mit der äußeren Membran
verschmelzen und die Freisetzung von Cytochrom C durch den PTPC
erlauben. Insofern kann das Öffnen
des PTPC zusammen mit der Bildung der Poren der äußeren Membran für die Cytochrom
C-Freisetzung verantwortlich sein.
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Immunocytochemie
postmortaler glaukomatöser
Retina wies auf erhöhte
BAX in einem kleinen Anteil der RGCs hin, was dem entspricht, was
in einem Rattenmodell für
okuläre
Hypertension gefunden wurde. BAX-induzierte Anstiege der Permeabilität der inneren
mitochondrischen Membran ergeben Verringerungen im mitchondrischen
Membranpotential, und es wurde gezeigt, daß das mitochondrische Membranpotential
in RGCs in einem Rattenmodell für
okuläre
Hypertension sinkt. Studien eines postmortalen AD-Gehirns haben bezogen
auf Kontrollgehirne entweder erhöhte
BAX in einem Anteil von Neuronen oder keinen Unterschied in neuronalen
BAX-Spiegeln gezeigt. Eine Studie hat einen Anstieg in BAK ohne
einen BAX-Anstieg
berichtet. Insofern ist es ungewiß, ob BAX-abhängige Anstiege
in der Permeabilität
der mitochondrischen Membran zur Apoptose in AD beitragen. Es kann
verschiedene Formen von AD geben – eine, die erhöhte BAX
und aktivierte Caspase 3 (siehe oben) involviert, und eine zweite,
die unabhängig
von Anstiegen der Permeabilität
der mitochondrischen Membran ist.
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Prä-mitrochondrisches Apoptosesignal
in Glaukom und AD
-
1 stellt ein Schema für die möglichen prä-mitochondrischen und mitochondrischen
Apoptosesignale dar, die zum neuronalen Verlust in Glaukom und AD
beitragen. Zwei verschiedene Wege, die in 1 gezeigt
sind, wurden als mitwirkend am glaukomatösen Verlust von RGCs vorgeschlagen:
1) ein p53-Glyceraldehyd-3-phosphatdehydrogenase (GAPDH) – BAX-Weg;
und 2) eine FAS- oder TNF-Rezeptor-FADD-Cacpase 8-BAX-Weg. Entsprechend
wurden sowohl p53 und Fas- oder TNF-Signale mit AD in Verbindung gebracht.
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Das
Tumor-Suppressorprotein p53 wird mit verschiedenen Apoptoseformen
in Verbindung gebracht und kann für Apoptose entweder durch Transkriptions-
oder Posttranslations-Mechanismen
signalisieren. p53 induziert Transkriptions-mediierte Anstiege von GAPDH und BAX
in einigen Apoptoseformen. GAPDH ist ein Multifunktionsprotein,
das am besten als ein glycolytisches Enzym bekannt ist, aber auch
als Apoptosesignalprotein funktioniert. Studien mit Antisense-Oligonukleotiden
haben gezeigt, daß GAPDH
bedeutend für
die Progression der durch eine Vielzahl verschiedener Insulte neuronaler
Zellen initiierten Apoptose sein kann. GAPDH scheint die Transkription
des anti-apoptotischen Proteins BCL-2 und BCL-XL zu
senken. BCL-2 und BCL-XL stehen der gesteigerten
mitochondrischen Membranpermeabilität und der durch BAX induzierten
Freisetzung eines apoptotischen Abbaufaktors gegenüber und
können
dadurch den apoptotischen Abbau verringern.
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Die
Tumornekrosefaktor (TNF)-Rezeptorsuperfamilie, die einen TNF-Rezeptor
und einen FAS-Rezeptor umfassen, verursachen Apoptose durch Caspase-abhängige Signalwege,
die keine Transkriptionsveränderungen
involvieren. Die Rezeptoren sind mit Adapterproteinen wie FADD verknüpft, die
Caspasen, insbesondere Caspase 8, aktivieren, was, wie in 1 illustriert, BAX abhängige Anstiege der mitochondrischen Membranpermeabilität aktivieren
kann oder die Mitochondrien umgehen und apoptotischen Abbau direkt
induzieren kann. FAS und möglicherweise
TNF-induzierte Apoptose kann mit p53-induzierter Apoptose durch eine jun-n-terminale
Kinase (JNK)-Aktivierung
verbunden sein (schematisch in 1 dargestellt).
Es wurde ebenfalls gezeigt, daß der
FAS-Rezeptor durch
p53 im Anschluß an
einige zelluläre
Läsionen,
insbesondere solchen, die durch DNA-schädigende Mittel induziert sind,
hochreguliert werden kann. Die p53-induzierte Hochregulierung kann
Apoptose über
einen FAS/FAS-Liganden-abhängigen Signalweg
und über
p53 und Immun/Cytokin-Signalwege
induzieren.
-
Noradrenalin in AD und glaukomatöse neuronale
Apoptose
-
Noradrenerge
Neuronen im Locus Coeruleus (LC) gehen früh und umfangreich in AD verloren
und weisen eine für
diese Krankheit typische NFT-Bildung auf. Axone der LC-Neuronen,
die in das Cephalad hineinführen
oder daraus herausführen
(cephalad projecting axons of LC neurons), bilden dichte terminale
Arborationen in Vorderhirnregionen, die unter bedeutendem neuronalen
Verlust in AD leiden und den Cortex, Septum, Hippocampus und Thalamus
beinhalten. Indem diese Regionen mit dem Verlust der Noradrenalin(NA)-haltigen
LC-Neuronen Schritt halten, leiden sie unter den merklichen Reduktionen
der NA-Konzentrationen in AD. Die LC-Enden enthalten Tyrosin-Hydroxylase
(TH), die die Umwandlung von Tyrosin in Dopa und Dopamin-β-hydroxylase
(DBH) katalysiert, die Dopamin in NA umwandelt. Immunocytochemie
hat merkliche Verringerungen in TH- und DBH-immunopositiven Enden
in degenerierenden Regionen wie dem Cortex und Hippocampus in AD
gezeigt. Anfänglich
wurde vorgeschlagen, daß der
prinzipielle Effekt des noradrenergen LC-terminalen Verlustes in AD aus einem
Verlust der NA-Aktivierung adrenerger Rezeptoren resultiert. LC-Enden
regen die Mikrogefäße und Kapillargefäße des Gehirns
durch α-adrenerge
Rezeptoren an und steigern ihre Empfindlichkeit mit einer möglichen
Abnahme in regionalem Blutfluß.
-
Inzwischen
ist bekannt, daß die
noradrenergen Enden ebenfalls an oder in der Nähe von den Neuronen enden und
Noradrenalin freisetzen können,
welches α-adrenerge
oder α-adrenerge
Rezeptoren an den Neuronen aktiviert. α2-adrenerge Rezeptoren wurden
an einer Vielzahl verschiedener Neuronen und/oder ihrer Enden nachgewiesen,
die sympathetisch gangliare, spinale, Gehirnstamm-, septale, hippocampale
und corticale Neuronen beinhalten. α-adrenerge Rezeptoren sind weit
aber ungleichmäßig im Gehirn
verteilt. Sie sind opulent in der Großhirnrinde, Hippocampus und
verschiedenen hypothalamischen Nuklei enthalten, aber fehlen weitgehend
in thalamischen (mit Ausnahme der lateralen und medialen Geniculat-Nuklei) und septalen Nuklei.
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α-2-adrenerge
Rezeptoren können
insbesondere für
AD relevant sein. Die α2-adrenerge
Rezeptorbindung ist im Cortex und Hippocampus des postmortalen AD-Gehirns
verringert; der Verlust an LC-Neuronen und ihrer noradrenergen Termini
wird vermutlich von Reduktionen einiger α2-adrenerger Rezeptoren auf
den Neuronen, die sie innervieren, begleitet, oder die Neuronen
mit diesen α2-adrenergen
Rezeptoren gehen in AD verloren.
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Es
hat sich herausgestellt, daß eine
pharmakologische Aktivierung α2-adrenerger
Rezeptoren die humane Wahrnehmung verbessert und den zentralen neuronalen
Verlust nach einer Insultaussetzung wie Ischämie reduziert.
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α2-adrenerge
Rezeptoren können
eine Anzahl verschiedener intrazellulärer Aktionen durch G-Protein-abhängige Signalwege
oder Signalmechanismen, die G-Protein-unabhängig sind, mediieren. In bezug
auf die Apoptose kann eine Aktivierung der Rezeptoren die Phosphorylierung
von Proteinkinase B (Akt) durch einen Signalweg induzieren, der
von Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3-Kinase) abhängt. Phosphorylierte
Akt mediiert eine Anti-Apoptose durch eine Vielzahl Transkriptions-abhängiger und
posttranslatorischer Signalwege. Eine grundsätzliche Wirkung phosphorylierter
Akt besteht im Verhindern oder Reduzieren der Anstiege der mitochondrischen
Membranpermeabilität,
die für
einige Formen apoptotischen Abbaus verantwortlich sind. Zum Beispiel
erhält
phosphorylierte Akt die Synthese von BCL-2 und BCL-XL aufrecht
oder steigert sie und hindert BAD daran, diese Proteine durch die
Bildung von BCL-2/BAD- oder BCL-XL/BAD-Heterodimeren
zu inaktivieren. BCL-2 und BCL-XL stehen
der durch Wirkungen von BAX, BAK und BID hervorgerufenen erhöhten mitochondrischen
Membranpermeabilität
entgegen und beugen oder reduzieren somit die Freisetzung mitochondrischer
Faktoren, die einen apoptotischen Abbau signalisieren. Wir glauben
daher, daß Noradrenalin, 2-adrenerge
Rezeptoragonisten und BDNF deshalb Apoptose in Neuronen, die α2-adrenerge
Rezeptoren oder Trk B-Rezeptoren
(die neurotrophen Rezeptoren für
BDNF) exprimieren, reduzieren können
und Neuronen in AD vor Apoptose schützen. Ebenfall kann argumentiert
werden, daß eine
Verringerung der NA-Freisetzung aufgrund des LC-Neuronenverlustes in AD die Apoptoseanfälligkeit
der Neuronen im Cortex; Septum, Hippocampus und Thalamus steigern
kann, wobei die Apoptoseanfälligkeit
durch das A-Peptid und/oder phosphorylierte tau-Mechanismen hervorgerufen
wird, von denen vermutet wird, daß sie zur AD-Pathogenese beitragen.
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Ohne
hinsichtlich einer Theorie limitiert werden zu wollen, vermuten
wir darüber
hinaus, daß ein ähnlicher
Verlust oder eine ähnliche
Reduktion NA-mediierter Anti-Apoptose für RGCs den Verlust von RGCs
in AD und das häufige
Auftreten von Glaukom in dieser Krankheit erklären kann. Adrenerge α-Rezeptoragonisten wie
B-HT920 oder UK14304 (Brimonidin) oder α1-Antagonisten wie Betaxolol,
Metropolol oder Timolol wurden verwendet, um IOP in Glaukom durch
Verringern der Produktion oder durch Steigern des Ausflusses wäßrigen Humors,
zumindest teilweise, durch Einwirken auf das Ciliar-Epithel zu verringern.
Es wurde gefunden, daß retinales
Gewebe neben adrenergen Rezeptoren im Ciliar-Epithel β2-, α1- und α2-adrenerge Rezeptoren
enthält.
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α2-adrenerge
Rezeptoragonisten wie Brimonidin oder Clonidin haben den Verlust
an RGC nach retinaler Ischämie,
optischer Nervenschädigung
(optic nerve crush) oder gesteigertem IOP reduziert. Ähnlich wurde
berichtet, daß der α1-Antagonist
Betaxolol RGC-Verlust nach retinaler Ischämie oder exzitotoxischer Belastung
reduziert. Jüngere
Studien retinaler Kultur haben entsprechend gezeigt, daß Brimonidin
und Betaxolol einen durch Excitotoxine verursachten RGC-Verlust reduzieren.
Entsprechend kann eine Aktivierung von α2-adrenergen Rezeptoren, aber
nicht eine Blockade α2-adrenerger Rezeptoren,
den Tod von RGCs reduzieren. Die Forschung in unseren Laboratorien
hat gezeigt, daß α2-adrenerge Rezeptoragonisten
in kultivierten Neuronen-ähnlichen
Zellen oder in primären
neuronalen Kulturen Apoptose, die durch trophischen Entzug, Kinase-Inhibitoren,
mitochondrische Toxine und Exzitotoxine hervorgerufen wurde, reduzieren
können
und daß die
Anti-Apoptose kompetitiv durch α2-adrenerge
Rezeptorantagonisten blockiert werden kann. Die Anti-Apoptose hängt vom
Erhalt der mitochondrischen Membranundurchlässigkeit in Verbindung mit
erhöhten
BCL-2- und phosphorylierten
Akt-Spiegeln ab.
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Wie
können
zentrale Neuronen und RGCs gemeinsame Apoptosemechanismen in AD
teilen? Obwohl die Rolle von NA in der Retina kontrovers war, hat
DBH Immunocytochemie Hinweise auf NA-haltige Axone in der inneren
Plexiform und Ganglionzellschichten vom Rind, Affen und humaner
Retina erbracht, was darauf hindeutet, daß NA-Fasern an oder in der
Nähe von
RGC-Zellkörpern
oder Dendriten enden. NA wurde in der inneren Plexiform und in inneren
nuklearen Schichten boviner Retina nachgewiesen. Eine α2-adrenerge
Rezeptorbindung wurde in dissoziierter Rinder- oder Affenretina
nachgewiesen. Zusammen deuten diese Befunde darauf hin, daß die innere
Retina noradrenerge Enden enthält,
die NA in der Region α2-adrenerger
Rezeptoren auf RGCs freisetzt. Die Quelle NA-haltiger Axonenden
in der inneren Retina bleibt ungewiß. NA-haltige Zellkörper wurden
in der Retina nicht gefunden, was vermuten läßt, daß extraretinale Neuronen noradrenerge Axone
in die Retina senden. Denkbar ist, daß NA-haltige Axone die Retina
auf der Oberfläche
von Blutgefäßen oder
durch den Sehnerv erreichen können.
DBH-immunoreaktive
Axone wurden in bovinem Sehnerv nachgewiesen, was darauf hindeutet,
daß NA-haltige
Axone die Retina über
den Sehnerv erreichen können.
Es wird wichtig sein, aufzuklären
ob NA-haltige Neuronen in LC, dem Hypothalamus oder sympathischen
Ganglien die NA-haltigen Axone zur Retina senden, insbesondere da
LC-Neuronen und ihre NA-haltigen Axone in AD verlorengehen und ebenfalls
die Retina innervieren können.
Ein gewöhnlicher
Verlust noradrenerger Innervierung von RGCs und zentraler Neuronen
in AD könnte
den glaukomatösen
Verlust von RGCs in AD erklären.
Des weiteren könnte
eine systemische Behandlung von AD-Patienten mit α2-adrenergen Rezeptoragonisten
sowohl RGC- als auch zentrale neuronale Apoptose in AD durch Einwirken
auf α2-adrenerge
Rezeptoren, die durch überlebende
Neuronen erhalten sind, verlangsamen.
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Beispiel 1
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Methoden:
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Open-Field-Test
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Jedes
Tier wird in einer klaren Open-Field-Plastikbox mit zwei Reihen
montierter Photostrahlen auf den Seiten plaziert, um zwischen horizontalen
(d. h. zurückgelegte
Entfernung) und vertikalen (d. h. "Rück-")Bewegungen zu unterscheiden.
Die Umgebungskonditionen sind geringer Lärm und schwache Beleuchtung.
Die Tierbewegungen in der Box werden für 5 Minuten gemessen und aus
der Aufzeichnung der Anzahl und der Art der "Strahlenpausen" ("beam-breaks") oder der Photostrahlenquerungen
berechnet. Im letzten Open-Field-Test werden lediglich Rückbewegungen
gezählt
und entweder als "gestützt" ("supported") oder "nicht gestützt" ("unsupported") klassifiziert.
Unterstützte
Rückbewegungen
liegen vor, wenn ein Tier wenigstens ein vorderes Gliedmaß an der
Seitenwand der Box plaziert, wenn eine Rückbewegung aufgezeichnet wird.
In einer nicht-unterstützten
Rückbewegung
wird die Maus lediglich durch die hinteren Gliedmaße gestützt. Diese
Rückbewegungen
werden durch Videoaufzeichnung unterschieden. Die Anzahl nicht-unterstützter Rückbewegungen
ist das verläßlichste
Maß des
Dopamin-Neuronenverlustes in diesem Test.
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Tail-Hanging-Test
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Die
Mäuse werden
jeweils 3-mal für
ungefähr
jeweils 10 Sekunden an ihren Schwänzen aufgehängt. Jede Maus wird am Ansatz
ihres Schwanzes ungefähr
30 cm über
der Oberfläche
eines Tisches aufgehängt bis
sich die Maus links- oder rechtsherum dreht. Einer Linksdrehung
wird der Wert 0 zugeordnet und einer Rechtsdrehung wird der Wert
1 zugeordnet.
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Die
Plazierung der vorderen Gliedmaßen
wird ebenfalls während
des Hängens
am Schwanz notiert. Die Plazierung der Gliedmaße wird ein Wert auf einer
4-Punkteskala gegeben. Ausgestreckten Gliedmaßen oder solchen, die über dem
Kopf plaziert sind, wird ein Wert von 0 gegeben. Gliedmaßen, die
umschlungen sind oder gegen den Körper gehalten werden, wird
ein Wert von 3 gegeben. Werte von 1 oder 2 werden relativen Zuständen zwischen
den beiden Extremen zugeschrieben. Die Plazierung der hinteren Gliedmaße wird ebenfalls
wie unten beschrieben eingestuft.
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Nest-Building
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4
Mäuse des
gleichen Geschlechts aus einer Gruppe werden in einer Plastikwanne
plaziert. 8 Streifen Papierhandtücher
werden in einem ordentlichen Stapel an der Vorderseite der Wanne
plaziert. Die aus dem Papierhandtuch gebauten Nester werden nach
24 Stunden, 48 Stunden, 72 Stunden und 96 Stunden nach der Behandlung
bewertet. Die Punkte werden wie folgt vergeben: 0 = Papier zerstückelt und
in ein vollständiges Nest
mit Dach (overhead cover) geformt; 1 = Papier zerstückelt und
in ein vollständiges
Nest ohne Dach geformt; 2 = Papier leicht zerstückelt oder angekaut und lose
in einen Bereich angesammelt; 3 = Papier leicht angekaut ohne sichtbare
Ansammlung; und 4 = keine Ansammlung sichtbar.
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Neuronenzählung
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Zwischen
55 und 60 Tage nach MPTP-Injektion werden die Mäuse unter Verwendung von Natriumnembutol
getötet.
Die Mäusegehirne
werden mit Phosphat-gepufferter Kochsalzlösung, gefolgt von Lanas Fixiermittel
(Paraformaldehyd und Picrinsäure)
durchschwemmt. Die Gehirne werden entfernt und in Lanas Fixiermittel
für 7 bis
10 Tage plaziert. Die Gehirne werden dann koronar in 50 μm Segmente
unter Verwendung eines Virbratoms geteilt. Die Segmente werden mit
einem Tyrosinhydroxylase-Antikörper,
dem geschwindigkeitslimitierenden Enzym in der Dopamin-Synthese,
eingefärbt.
Das Segment wurde dann unter einem Mikroskop bei 100-facher Vergrößerung untersucht.
Gewebestücke
(–2,9
mm und –3,6
mm posterior zur Bregma wurden für
das Zellzählen
in der SN und VTA gesammelt. Diese Segmente liegen am Mittelpunkt
der rostralen Hälfte
bzw. am Mittelpunkt der kaudalen (cauldual) Hälfte des SN. Jede TH-markierte
Zelle, die klar sichtbar ist, die zwischen 2 und 6 Neuriten aufweist,
wird als Neuron betrachtet. Eine gesamte Durchschnittszahl für jedes
Tier wird aus den vier Segmenten berechnet (rostral und kaudal,
links und rechts). Ein Durchschnittswert wird für die vier Segmente erhalten.
Separate Analysen werden mit den Neuronenzahlen von SN und VTA durchgeführt. Diese
Zahlen werden unter Verwendung wiederholter Maße ANOVA analysiert, gefolgt
von Tests des Zwischengruppeneffekts unter Verwendung von Fishers
HST-Methode.
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Experimentelles Verfahren
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Mäuse die
systemische Injektionen des Pyridin-toxins 1-Methyl-4-phenyl-1,2,3,6-tetrahydropyridin (MPTP)
erhalten, verlieren selektiv große Zahlen von dopaminergen
Neuronen in der Substantia nigra (SN) und dem ventral tegmentalen
Bereich (VTA). Der Verlust Dopamin-Zellen in der SN mimikriert den
klinische Zustand, der in der Parkinson-Krankheit beobachtet wird.
Ein Verlust solcher Zellen in dem VTA kann zu den in der Parkinson-
und der Alzheimer-Krankheit beobachteten kognitiven Defiziten aufgrund
der Projektionen dieser Neuronen in den frontalen Cortex beitragen.
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30
Mäuse vom
Typ C57B1/B6 (8–12
Wochen alt) können
sich für
12 bis 14 Tage vor der experimentellen Verwendung akklimatisieren.
Die Mäuse
werden dann zufällig
einer der folgenden Gruppen zugeteilt: MPTP plus DMSO-Träger; Träger alleine
und MPTP plus Brimonidin (30 mg/kg/Tag).
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In
den gegenwärtig
beschriebenen Untersuchungen wird jede Maus dann dem anfänglichen Open-Field-Test
und einem Tail-Hanging-Test
unterzogen. Der Open-Field-Test ist der am häufigsten verwendete Verhaltenstest
MPTP-behandelter Mäuse
und scheint empfindlich gegenüber
einem Verlust dopaminergen Inputs aus der Substantia nigra zu sein.
Der Tail-Hanging-Test
ist empfindlich für
eine direkte striatale Schädigung;
der Nest-Building-Test ist empfindlich für einen Verlust striatalen
Inputs aus dem frontalen Cortex.
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Zwei
von drei der Mäusegruppen
erhalten einen Infusion einer Testverbindung (oder eines Trägers, der
keine Verbindung enthält).
Diese Infusionen werden über
subkutan implantierte osmotische Minipumpen über einen Zeitraum von 14 Tagen
bei einem Fluß von
0,25 μl/Stunde
verabreicht. 3 Tage nach der Implantierung der Pumpen werden die
Mäuse zusammen
mit der Gruppe der Kontrollmäuse,
denen keine Minipumpen implantiert wurden, den Open-Field- und Tail-Hanging-Tests
unterzogen. Direkt im Anschluß an
die Tests wird den pumpenhaltigen Mäusen eine 40 mg/kg Injektion
von MPTP subkutan verabreicht. Alle Gruppen werden dann den Open-Field-
und Tail-Hanging-Tests
nach 10 bis 12 Tagen und nach 30 bis 40 Tagen nach der MPTP-Behandlung
unterzogen. Die Open-Field- und Tail-Hanging-Tests werden 50 bis 55 Tage nach der MPTP-Behandlung
durchgeführt.
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Für alle Verhaltenstests
werden die Ergebnisse zunächst
unter Verwendung wiederholter Maße ANOVA analysiert, gefolgt
von Tests des Zwischengruppeneffektes unter Verwendung von Fishers
HSD-Methode.
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Ergebnisse
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Open-Field-Test
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Vor
der MPTP-Behandlung liegt kein signifikanter Unterschied unter den
3 Gruppen hinsichtlich der zurückgelegten
Distanz oder der Zahl der Rückbewegungen
vor.
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Die
Trägergruppe
ist bedeutend aktiver als die Kontrollen nach 10 und 30 Tagen nach
der MPTP-Behandlung. Die Brimonidin-behandelten Mäuse weisen
keine Veränderung
in diesem Aktivitätsanstieg
auf; insofern besteht kein signifikanter Unterschied zwischen dieser
Gruppe und der Trägergruppe.
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Die
MPTP-Behandlung scheint eine Verringerung in der Gesamtzahl der
Rückbewegungen
nach 10 Tagen nach MPTP hervorzurufen. Nach 30 Tagen liegt kein
MPTP-Effekt auf die gesamte Rückbewegung
(im Vergleich mit der Trägergruppe)
vor, und es liegt lediglich eine geringe Verringerung in der Rückbewegung
gegenüber
der Kontrollgruppe vor.
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Die
Trägergruppe
macht weniger nicht-unterstützte
Rückbewegungen
als normale Mäuse.
Es liegt kein Effekt durch entweder MPTP oder die Verbindungen in
bezug auf unterstützte
Rückbewegungen
vor.
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Tail-Hang-Test
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Keine
signifikanten Gruppenunterschiede werden im Tail-Hang-Test vor der MPTP-Behandlung
verzeichnet, und es werden keine post-MPTP für die hinteren Gliedmaßen gesehen.
MPTPO beeinträchtigte
die vorderen Gliedmaßen-Ausläufer (forelimb
extensions) zu allen drei Zeitpunkten nach der Läsion. Insofern wird diese Beeinträchtigung
nicht mit der Zeit aufgehoben. Brimonidin reduziert diese Beeinträchtigung während der
Dauer, für
die die Verbindung verabreicht wird, nicht. Jedoch hat Brimonidin
die Tendenz, die Beeinträchtigung
zu reduzieren, wenn nach der Verabreichung gemessen wird (d. h.
14 Tage nach der Verabreichung der Verbindung).
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Neuronenzählung
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In
der Substantia nigra haben MPTP-behandelte Tiere 58% weniger Neuronen
als unbehandelte Tiere. Jedoch weisen diejenigen, die Brimonidin
erhalten, einen deutlich geringeren Neuronenverlust auf.
Behandlungsgruppe | Durchschnittliche
Neuronenzahl (statistischer Fehler) |
Kontrolle | 60
(±5) |
Träger + MPTP | 25
(±2) |
Brimonidin | 32
(±1) |
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Es
wurde gefunden, daß MPTP
im ventralen tegmentalen Bereich in einer durchschnittlichen Verringerung
von 28% weniger Neuronen als in der Kontrollgruppe resultiert. Brimonidin
reduzierte diesen Verlust um durchschnittlich ungefähr 10%.
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Die
oben genannten Beispiele illustrieren eine bevorzugte Ausführungsform
der Erfindung und zielen nicht darauf ab, ihren Umfang zu beschränken. Die
Erfindung wird durch die Ansprüche,
die dieser Beschreibung folgen, definiert.