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Verfahren zum Bleichen und Sterilisieren von Getreide und Körnerfrüchten
Es ist bekannt, daß Getreide und andere Körnerfrüchte und aus diesen hergestellte
Produkte durch Behandlung mit gasförmiger oder gelöster schwefliger Säure oder mit
Lösungen schwefligsaurer Salze unter gleichzeitig erfolgender Sterilisation gebleicht
werden.
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Die genannten Behandlungsmittel dringen bis zu einer gewissen Tiefe
in die Schale ein und bewirken eine befriedigende Sterilisation und Bleichung, wenn
verhältnismäßig große Mengen an Chemikalien verwendet werden und diese während langer
Zeit, z. B. mehrere Stunden, einwirken. Man ist daher, abgesehen von den durch den
hohen Materialverbrauch bedingten Kosten, gezwungen, eine verhältnismäßig große
Apparatur oder z. B. eine große Anzahl von Behältern zur Verfügung zu halten. Bei
kontinuierlich arbeitenden Betrieben, z. B. größeren Getreidemühlen, würde man zur
Durchführung des Verfahrens z. B. eine beträchtliche Anzahl größerer Getreidekammern
benötigen, deren Einbau in einen vorhandenen Betrieb neben den hohen Kosten oft
aus räumlichen Gründen sehr schwierig oder überhaupt nicht durchführbar ist. Hierzu
kommt bei manchen Getreidesorten, z. B. bei Weizen, noch, daß die zugefügten Chemikalien
auf dem Umwege über den Keimling in das Korninnere, eindringen und dort ungünstige
Wirkungen ausüben, die z. B. bei Weizen in einer Verschlechterung der Backfähigkeit
zum Ausdruck kommen. Der Keimling läßt zwar, solange er völlig unversehrt ist, keine
Fremdstoffe in das Endosperm eindringen. Sobald er jedoch, infolge der aus den angeführten
Gründen notwendig werdenden längeren Einwirkung der Chemikalien, gelähmt oder sogar
abgetötet wird, vermag er dem Eindringen der Chemikalienlösungen gar keinen Widerstand
mehr entgegenzusetzen, er saugt diese dann, infolge seiner dochtartigen Beschaffenheit,
direkt ein. Unbeachtet der Verschlechterung der Backfähigkeit durch in den Mehlkern
eindringende Chemikalien ist die Lähmung oder Abtötung des Keimlings auch von nachteiligem
Einfluß auf die Mehlqualität, da Teile des getöteten Keimlings im Mehl sehr schneller
Zersetzung unterliegen und die Lagerfähigkeit desselben noch mehr gefährden, als
dies schon die unvermeidbar in das Mehl gelangenden gesunden Keimlingsteile an sich
tun.
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Es wurde nun gefunden, daß sich bei gleichzeitiger Einwirkung elektrischer
Ströme beliebiger Stromart und Spannung auf das vorher oder während der elektrischen
Behandlung genetzte und mit gasförmiger schwefligen Säure behandelte oder direkt
mit wäßrigen Lösungen der schwefligen Säure oder ihrer Salze oder auch solchen der
hydroschwefligen Säure genetzte Getreide mit wesentlich geringeren Mengen der betreffenden
Chemikalien in wenigen Minuten eine so starke Wirkung ergibt, wie sie mittels der
bekannten Behandlungen niemals erreicht werden konnten. Außer den Vorteilen der
Zeitersparnis, der Verringerung der Chemikalienmengen sowie des Fortfalls größerer
Apparaturen kommen vor allem die oben angeführten Nachteile einer Beeinträchtigung
der Backfähigkeit in Fortfall.
Man hat zwar bereits eine kombinierte
Behandlung von Mehl und Mahlprodukten mit elektrischer Energie und Bleichmitteln,
wie Ozon, in Vorschlag gebracht, die aber, wie aus den weiter unten angegebenen
Ausführungsbeispielen sich ergibt, nicht entfernt die Wirkung haben wie eine Behandlung
entsprechend der Erfindung. Selbst nach stundenlanger Behandlung führt die Einwirkung
des Ozons in Kombination mit einer Einwirkung elektrischer Energie zu keinem nennenswerten
Ergebnis.
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Für die praktische Ausführung der Behandlung mit elektrischen Strömen
kommt beispielsweise eine Apparatur in Frage, in der das Getreide in dünner Schicht
zwischen zwei entgegengesetzt gepolten, senkrechten, voneinander isolierten Metallwänden
von geringem gegenseitigem Abstand allmählich heruntergleitet. Die Dauer der Einwirkung
wird hierbei durch die Geschwindigkeit reguliert, mit der man das Getreide den Apparat
durchlaufen läßt. Selbstverständlich können auch andere zweckentsprechende Anordnungen
gewählt werden. Beispielsweise kann das Getreide in dünner Schicht auf einem metallenen
oder metallisierten Transportband bewegt werden, das mit dem einen Pol der Stromquelle
verbunden ist, während die Ableitung des Stromes durch pinselförmige oder federnde
Elektroden besorgt wird, die der Getreideschicht aufliegen. Bei einer derartigen
Anordnung kann auch durch Unterbringung des Transportbandes in einem Gehäuse entsprechender
Länge eine Bestrahlung mit für diesen Zweck geeigneten elektrischen oder anderen
chemisch wirksamen Strahlen vorgenommen werden. In gleicher Weise kann hierbei die
Behandlung des Getreides in einerNebelatmosphäre aus Lösungen, die die chemisch
wirksamen Stoffe enthalten, bei gleichzeitiger Einwirkung von elektrischer oder
Strahlungsenergie vorgenommen werden.
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Die Wirkungsweise dieser gleichzeitigen Anwendung elektrischer Ströme
und der obenerwähnten Chemikalien beruht, da völlig gleichartiges Erwärmen auf nicht
elektrischem Wege nur geringe Wirkung zeitigt, keineswegs auf der durch den elektrischen
Strom bedingten reinen Wärmewirkung. Man muß vielmehr annehmen, daß die zur Anwendung
kommenden Stoffe unter dem Einfluß des elektrischen Stromes in einen Zustand erhöhter
Aktivität versetzt werden oder, soweit dieses ihrer chemischen Natur nach möglich
erscheint, wirksame Stoffe abspalten, die gleichsam in statu nascendi sterilisierend
und bleichend wirken. Diese Erklärung wird noch dadurch gestützt, daß auch durch
eine Bestrahlung mit chemisch wirkenden Lichtstrahlen und elektrischen Strahlen
oder durch Einwirkung elektrischer Wellen verschiedenster Art auf das mit der betreffenden
Chemikalienlösung behandelte Produkt oft eine ähnlich starke Wirkung erzielt wird
wie durch die vorstehend beschriebene Einwirkung elektrischer Ströme. Eine gleichzeitige
Anwendung geeigneter Bestrahlung und elektrischer Ströme ergibt sogar unter Umständen
besonders starke Effekte. Auch die Verwendung katalytisch wirksamer, insbesondere
kolloider Zusätze zur Erhöhung der Wirkung der benutzten Chemikalien, sowohl allein
als auch in Kombination mit dem elektrischen Strom bzw. geeigneten Strahlen oder
in Kombination mit diesen beiden, vermag die Wirkung der Chemikalien so zu steigern,
daß praktisch brauchbare Bleich- und Sterilisationseffekte mit geringen Mengen an
Chemikalien in kürzester Zeit erhalten werden. Als wirksame kolloidale Zusätze kommen
z. B. kolloidale Kieselsäure oder kolloidales Tonerdehydrat in Betracht, die, in
Mengen von einigen Gramm auf ioo kg des Getreides berechnet, zweckmäßig in Form
einer kolloidalen Lösung dem Getreide zugegeben und mit demselben innig vermischt
werden. In der angegebenen Weise gelingt es, im kontinuierlichen Betrieb eine vollständige
Sterilisation und Bleichung von Getreide und Körnerfrüchten durchzuführen. Beispiele
x. 2 kg Manitobaweizen wurde mit i5°/oiger Natriumbisulfitlösung genetzt (entsprechend
einer Behandlungsmenge von 50 g Natriumbisulfit auf ioo kg Weizen). Die elektrische
Behandlung wurde zwischen 2 Elektroden mit einem Wechselstrom von 5ooo Volt vorgenommen.
Der maximale Effekt der Bleichung und Sterilisation war nach 15 Minuten erreicht.
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2. 2 kg Manitobaweizen wurde mit i5°/oiger Lösung von hydroschwefligsaurem
Natrium genetzt (entsprechend einer Behandlungsmenge von 5o g hydroschwefligsaurem
Natrium auf ioo kg Weizen). Die elektrische Behandlung wurde zwischen 2 Elektroden
mit einemWechselstrom von 5000 Volt vorgenommen. Der maximale Bleichungseffekt
war bereits nach io Minuten erreicht.
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3. 2 kg Weizen, wie vorstehend, jetzt der Einwirkung des elektrischen
Wechselstroms von 5000 Volt zwischen 2 Elektroden unterworfen und gleichzeitig
mit einem ozonisierten Luftstrom behandelt, der in einem Apparat mit einer stündlichen
Ozonleistung von etwa i g erzeugt wird, zeigten nach 15 Minuten keinerlei nennenswerten
Bleicheffekt. Selbst nach einstündiger Behandlung konnte keine weitere Veränderung
konstatiert werden.
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q.. 2 kg Manitobaweizen wurde mit einer Menge Wasser genetzt, die
der bei den Versuchen i und 2 zur Verwendung gekommenen Menge Bisulfitlösung entsprach.
Der Weizen wurde der Einwirkung des elektrischen Wechselstroms von 5ooo Volt zwischen
2 Elektroden
unterworfen und gleichzeitig mit einem ozonisierten
Luftstrom behandelt, der in einem Apparat mit einer stündlichen Ozonleistung von
etwa i g erzeugt wird, zeigte nach 15 Minuten keinerlei nennenswerten Bleicheffekt.
Selbst nach einstündiger Behandlung konnte keine weitere Veränderung konstatiert
werden.