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Verfahren und Vorrichtung zur Behandlung kohlehaltiger Materialien
zwecks Gewinnung der flüchtigen Bestandteile Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur Behandlung kohlehaltiger Materialien in einer Retorte mit Verbrennungszone zwecks
Gewinnung der flüchtigen Bestandteile.
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Die Gewinnung der Kohlenwasserstoffe aus kohlehaltigem Material, das
reich an flüchtigen Bestandteilen ist, stieß auf praktische Schwierigkeiten, da
das Material bei der Wärmebehandlung zusammenfließt, zusammenbackt und eine pechartige
Masse bildet, welche den Durchgang von Luft oder Gas verhindert, oder in der sich
Durchzugskanäle bilden, die eine ungleichmäßige Behandlung des Materials ergeben.
Um eine gleichmäßige Behandlung durchzuführen, ist es notwendig, daß die Materialsäule
in der Retorte während der Durchführung des Prozesses immer von gleichmäßiger Dichte
ist. Wird die Verbrennungsluft immer an gleichen Stellen zugeführt und findet die
Abfuhr der flüchtigen Bestandteile auch immer an gleichen Stellen statt, so bilden
sich in der Materialsäule Durchzugskanäle, die eine ungleichmäßige Spaltung der
kohlehaltigen Materialien bewirken. Um dies zu verhindern und um eine gleichmäßige
Dichte in der Materialsäule aufrechtzuerhalten, genügt es nicht, die Beschickung
der Retorte gleichmäßig und in Einklang mit dem Abführen der Rückstände vorzunehmen
oder die Retorte nach unten weiter zu machen.
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Gemäß der Erfindung wird, um diese Schwierigkeiten zu überwinden,
die Verbrennungsluft an verschiedenen veränderlichen Stellen des Rostes der Verbrennungszone
der Materialsäule zugeführt, und die flüchtigen Bestandteile werden durch eine Anzahl
über den Umfang des oberen Retortenteiles verteilter Öffnungen durch wahlweises
Öffnen und Schließen derselben abwechselnd an immer anderen Stellen abgeführt. Hierdurch
wird die Entstehung von Durchzugskanälen in der Materialsäule verhindert und die
gleichmäßige Dichte der Materialsäule aufrechterhalten, wobei sämtliche schwerer
flüchtigen Bestandteile der nach oben ziehenden Destillationsprodukte kondensieren,
nach unten fließen und in den heißeren Zonen wieder gespalten werden.
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Die Vorrichtung zur Ausführung des Verfahrens besitzt im oberen Teil
der Retorte an allen Seiten Gasabführungsöffnungen, die mittels verschiebbarer Platten
unabhängig voneinander geöffnet und geschlossen werden, während die zwecks Zuführung
von Luft in die Verbrennungszone hohl ausgeführten Roststäbe mit Kammern verbunden
sind, von denen jede mit einer besonderen absperrbaren Luftzuführungsleitung in
Verbindung steht. Für die Öffnungen an jeder Seite der Retorte ist zweckmäßig je
eine unabhängig von Hand aus verschiebbare Platte vorgesehen.
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In den Zeichnungen ist Abb. i ein senkrechter Schnitt durch den unteren
Teil einer Retorte, Abb. z ein senkrechter Schnitt durch den oberen Teil der Retorte,
Abb. 3 ein Querschnitt durch den Rost und
die Gasverteilungskammern
in größerem Maßstab, Abb. 4 ein Querschnitt durch eine Gasv erteilungskammer in
größerem Maßstab und Abb. 5 zwei Ansichten eines Roststabes in größerem Maßstab.
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Auf dem Fundament i sitzt die Bodenunterstützung 3 für die Rostkammer
4, von welcher sich die Wände der Retorte 5 erheben. Ein Schutzmantel 6 aus Stahlblech
umgibt die Retorte 5, deren Wände auf der Außenseite gegen innen zu abgestuft sind,
wodurch Räume 7 entstehen, die mit Sand oder anderem wärmeisolierendem Material
ausgefüllt sind. Die Wände der Rostkammer und der Retorte bestehen aus feuerfestem
Material. Unter der Rostkammer sind die üblichen Vorrichtungen zur Aufnahme und
.Entfernung des Rückstandes angeordnet.
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Von den Wänden der Rostkammer 4. werden Balken 14 unterstützt, auf
welchen eine Anzahl Kammern 15 ruht. Diese Kammern dienen zur Verteilung der Verbrennungsluft
oder anderer die Verbrennung regelnder Gase. Die Kammern können auch noch in einzelne
Abteilungen unterteilt werden. Die diese Abteilungen begrenzenden Wände 74 sind
mit Öffnungen 75 versehen, um die Verbindung zwischen den Abteilungen herzustellen.
Die Kammern tragen den Rost. Dieser besteht aus einer Anzahl hohler, zweckmäßig
V-förmiger Roststäbe 18, von denen je einer über einer Abteilung der Gaskammern
sitzt. Die Roststäbe und Gaskammern sind in den Abb. 4 und 5 einzeln gezeigt. Die
Roststäbe besitzen Öffnungen 2o nahe am Scheitel, und zu jeder Kammer -15 führt
ein Rohr 16. Alle diese Zuleitungsrohre 16 sind mit einer Hauptleitung 17 verbunden
und einzeln durch Ventile io abschließbar. Dadurch kann Verbrennungsluft oder Dampf
oder irgendein anderes die Verbrennung förderndes oder hinderndes Gas zugeführt
werden. Die Zuleitung der Verbrennungsluft bzw. des Dampfes geschieht einfach durch
mit Ventilen versehene Rohranschlüsse an die Hauptleitung 17. Die Verbrennungsluft
strömt durch die Leitung 17 in die einzelnen Zweigrohre 16, von hier in die Kammern
und dann durch die Roststäbe in die Verbrennungszone der Retorte. Durch abwechselndes
Absperren und Öffnen der einzelnen verschiedenen Ventile io der Leitungen 16 wird
die Verbrennung so geregelt, daß die nach oben ziehenden Destillationsgase keine
Durchgangskanäle bilden. Über den Roststäben ist eine Ausstoßstange i9 angeordnet,
die hin und her beweglich ist, um den Rückstand nach beiden Seiten hin zu entfernen.
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Auf dem oberen Ende der Retorte befindet sich eine Vorrichtung zur
Regelung des Abzugs der destillierten Gase. Sie besteht aus einem am oberen Ende
der Retorte befestigten Kasten 2o, der eine Anzahl übereinander angeordneter Öffnungen
21 an allen Seitenwänden hat. Über jeder senkrechten Öff-Aungsreihe ist eine bewegliche
Platte 22 vorgesehen, die über diese gleitet und mittels Handrads 23 bewegt wird.
Die Platten 22 besitzen Öffnungen gi und stellen dadurch die Verbindung mit dem
Retorteninnern und dem Raum 24 außerhalb des Kastens 2o her. Die Öffnungen gi in
den Abschlußplatten sind so angeordnet, daß die Öffnungen 21 nach und nach freigelegt
werden, bis sie ganz offen sind. Der Raum 24 wird unter geringem Unterdruck gehalten,
damit die Gase durch die Öffnungen 21 abgesaugt werden.
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Am oberen Abschluß des Retortenmantels 6 sind zwei trichterförmige
Behälter 26, 27 angeordnet, die zur Einbringung des Materials dienen. Am Boden derselben
sind Ventile 28, 29 vorgesehen, die sich abwechselnd öffnen und schließen, um das
Eindringen kalter Luft bei der Materialzufuhr zu verhindern.
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Nach Auffüllung der Retorte mit kohlehaltigem Material wird Verbrennung
des untersten auf dem Rost liegenden Teiles herbeigeführt, wobei die Verbrennungsluft
durch den Rost zugeführt wird, evtl. mit Dampf oder anderen die Verbrennung fördernden
oder hindernden Gasen, um die Verbrennung kontrollieren zu können. Die Ventile io
der Leitungen 16 werden dabei abwechselnd geöffnet und geschlossen, um das Entstehen
der Destillationsgase so zu beeinflussen, daß diese in der über dem Rost befindlichen
Materialsäule keine Durchzugskanäle bilden können, welche die gleichmäßige Dichte
des Materials zerstören würden. Das verkokte und entgaste Material wird in dünnen
Lagen fortlaufend durch die Ausstoßstange ig vom Rost entfernt. Die durch die Destillation
in der Verbrennungszone der Retorte gebildeten Gase ziehen durch die Materialsäule
nach aufwärts und werden durch die Öffnungen 21 des Kastens 2o gesaugt. Durch die
Verstellung der Abschlußplatten 22, deren Lage während des Prozesses beständig geändert
wird, bleibt die Richtung des Gasstromes in der Materialsäule niemals konstant,
da immer Öffnungen auf anderen Seiten der Retorte den Durchtritt des Gases gestatten.
Dadurch können sich in der Materialsäule keine Durchzugskanäle bilden. Die durch
die Öffnungen 2i gesaugten Gase werden durch Rohrleitungen, die an den Rohrstutzen
go des Retortenmantels 6 angebracht sind, abgeführt.
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Infolge der gleichmäßigen Bedingungen für die Behandlung des kohlehaltigen
Materials wird beim Durchgang des Materials durch die
Retorte eine
niedrige Höchsttemperatur für die Austreibung der flüchtigen Bestandteile aufrechterhalten,
die z. B. q.25° C nicht übersteigt und somit unterhalb der Temperatur liegt, bei
welcher eine Aufspaltung des gewonnenen Öles stattfindet. Die leicht flüchtigen
Öle werden bereits im oberen Teil der Masse, wo die Temperatur noch gering ist,
befreit, und die Befreiung und Austreibung wird unter allmählich zunehmender Temperatur
und zunehmendem Druck, die infolge des größeren Gewichtes und Widerstandes der aufeinandergetürmten
Masse im unteren Teil der Retorte herrschen, fortgesetzt, bis die Verbrennungszone
erreicht wird. Hier ist die Temperatur am höchsten (ungefähr q.25° C), bei der die
letzten der flüchtigen Bestandteile ausgetrieben werden und das Material in die
Verbrennungszone übergeht. Die von hier nach oben ziehenden, schwerer flüchtigen
Bestandteile der Destillationsprodukte kondensieren in dem kühleren Teil der Materialsäule
und fließen wieder in die heißere Zone nach unten zurück, wo sie von neuem verflüchtigt
und wieder gespalten werden. Auf diese Weise entsteht eine fraktionierte Destillation
innerhalb der Materialsäule und zugleich durch die Kondensation eine Wasch- und
Reinigungsrvirkung. Nichtgespaltene Öle und Harze, die erst bei Temperaturen verflüchtigen,
die höher sind als die in der Retorte herrschenden, fließen iri die Rückstände oder
den Koks und dienen dazu, diesen mit Kohlenstoff anzureichern.
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Durch das vorliegende Verfahren werden nicht nur infolge der niedrigen
Temperatur, des Druckes und der gleichmäßigen Behandlung Ölprodukte an Stelle von
Teerprodukten gewonnen, sondern es wird auch ein Brennstoff erhalten, der größeren
Heizwert hat als der bei üblichen Verfahren als Nebenprodukt gewonnene Koks. Dabei
können auch kohlehaltige Materialien mit besonders hohem Gehalt flüchtiger Bestandteile
gut behandelt werden, was bisher nicht möglich war.
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Da die Hitze für die Austreibung der flüchtigen Bestandteile hauptsächlich
durch Verbrennung erzeugt wird, werden Wärmeverluste vermieden, die bei allen Verfahren
v orhanden sind, wo eine Erwärmung von außen notwendig ist. Durch die Gleichmäßigkeit
der Temperatur durch die ganze Masse hindurch wird kein Teil der flüchtigen Bestandteile
höheren Temperaturen ausgesetzt als nötig ist.