-
Verfahren zum Abfüllen von Bier Das Abfüllen geschieht heute noch
ausnahmslos so, daß das im Lagerfaß befindliche Bier mittels Luft durch Leitungen
und Filter unter Zwischenschaltung von Druckreglern zu den Abfüllapparaten gedrückt
wird. Dieses Zerfahren hat den großen Nachteil, daß Luft mit Bier in Berührung kommt.
Dadurch Leidet die Haltbarkeit. Es ist auch schon versucht worden, mit Kohlensäure
den Inhalt leerzudrücken, um die genannten :Mängel des Lufteinflusses zu beseitigen.
Die Ausgaben für Kohlensäure sind aber ziemlich beträchtlich, und außerdem besteht,
wenn die Kohlensäure aus den leeren Gefäßen nur ungenügend entfernt ist, bei der
Innenreinigung der Gefäße für das Personal die Gefahr des Erstickens.
-
Das neue Zerfahren behebt diese Mängel und besteht darin, daß der
zur Abfüllung bereitstehende Faßinhalt nicht durch Luft oder Kohlensäure, sondern
durch schlauchreifes Bier der Hauptgärung verdrängt wird. Bei diesem Verfahren wird
das Lagergefäß nicht geleert; scndern es wird das Bier, wenn es die Hauptgärung
hinter sich hat, unten dem Lagerfaß in dem Maße zugeführt, wie es dem Bedarf zum
Abfüllen entspricht. Das zum Abfüllen kommende vergorene Bier wird oben am Lagerfaß
entnommen. Das zufließende Bier der Hauptgärung hat ein viel höheres spezifisches
Gewicht als das reife, endvergorene Bier, und aus diesem Grunde hebt sich letzteres
in die Höhe, wobei sich das Bottichbier bei sachgemäßem Einpumpen unterschichtet,
so daß nur eine Mischungszone von einigen Zentimetern entsteht.
-
Dieses Verfahren bietet den großen Vorteil, daß der Faßinhalt nicht
mit Luft in Berührung kommt, so daß das nachfolgende Bier immer unter Kohlensäureverschluß
steht und somit einen natürlichen Schutz erhält. Es fallen ferner der Betrieb von
Luftpumpen und alle die Störungen, welche an Luftfiltern und Luftreinigungsanlagen
auftreten, fort.
-
Ist der Faßinhalt eines Bieres biologisch als gesund befunden worden,
so ist es auch nicht möglich, daß die geringen Ablagerungen an den Gefäßevandungen,
also Ausscheidungen. biologisch nachteilige Rückwirkungen auf die nachfolgende gesunde
Würze haben. So wurde ja z. B. schon in früherer Zeit auf gesundes Geläger aufgeschlaucht,
wenn die Fässer in Eis verpackt waren und ein Auskellern unmöglich war.
-
Bei dem neuen Verfahren kommen ferner sämtliche Reinigungsarbeiten
in Wegfall. Auch der Bierschwand verringert sich wesentlich; denn man kann dieses
Verfahren mehrmals hintereinander anwenden. Sollte sich dabei das Faßgeläger zu
stark anhäufen, so wird zeitweise durch ein an dem Boden eingeführtes Rohr ein Teil
des Gelägers abgeblasen, etwa so, wie man bei einem Dampfkessel den Schlamm zeitweise
abbläst.
-
Ein wesentliches Kennzeichen des Verfahrens ist die Unterschichtung
des Bottichbieres. Diese Unterschichtung ist möglich, weil das spezifische Gewicht
eines erst im Bottich
vergorenen Bieres nach der Hauptgärung wesentlich
höher als das spezifische Gewicht des zum Ausstoß kommenden endvergorenen Bieres
ist.
-
Hat z. B. die Anstellwürze einen Extraktgehalt von 12,2 °1o, so zeigt
nach achttägiger Bottiehvergärung das Bier mit dem Saccharonieter.gemessen 5,1 °/o
scheinbaren Extrakt. Das gleiche ausstoßreife Bier nach der Lagerung ergibt eine
Saccharometeranzeige von 3,1 °(". Der scheinbare Extrakt ist also 3,1'"o. Die spezifischen
Gewichte entsprechen nun den scheinbaren Saccharometeranzeigen, und zwar ist bei
der Anzeige 5,1 ojo das spezifische Gewicht 1,0201 und bei dem scheinbaren Extraktgehalt
von 3,1 nur i,ol2i.
-
Versuche in Glasgefäßen haben nun ergeben, daß dieser Unterschied
des spezifischen Gewichtes vollkommen genügt, um ein Bottichbier unter ein anderes
vergorenes, abgelagertes Bier zu unterschichten, -%venn man es mit geringer Geschwindigkeit
am Boden des Gefäßes, und zwar in seitlicher Richtung, einfließen läßt. Die anfänglich
entstehende Mischungszone ist nicht größer als i bis 2 cm; sie hebt sich entsprechend
dem zulaufenden Volumen, ohne sich zu vergrößern. Das Volumen der Mischungszone
ist auf keinen Fall größer als der übliche beim Abziehen eines Faßinhaltes im Bauch
verbleibende Rest, wenn von unten in bekannter Weise abgefüllt wird. Es gelingt
also auf diese Weise, das gelagerte Bier durch ein zur Lagerung kominendes Bier
der Hauptgärung durch sorgfältige Unterschichtung nach oben zu verdrängen. Das folgende
Beispiel erklärt den Arbeitsgang: Der Gärbottich G möge etwa 5 m über der Oberkante
des zu füllenden und abzufüllenden Fasses F liegen. Die Gärkeller liegen ja gewöhnlich
über dem Lagerkeller. Das abzufüllende Faß F sei mit o,25 Atm. gespundet, oder es
ist das gleiche, wenn man eine Wassersäule von 2,5 m über der oberen Öffnung legen
würde. Öffnet man den Hahn i, so läuft das im Gärbottich vergorene Bier bei 2 in
seitlicher Richtung ein und, wenn die Leitung 3 geöffnet ist, das reife Bier nach
den zwischen Gärgefäß und Lagergefäß liegenden Abfüllgefäßen q. über, und zwar mit
einem geringen Differenzdruck, der sich mit der Füllung des Abfüllgefäßes von Hl
auf @ H2 verringert. Werden die geeichten, mit Meßskala versehenen Gefäße ¢ beispielsweise
ab-"vechselnd benutzt, so weiß man ganz genau, wann der primäre Faßinhalt F hochgedrückt
ist, weil ja die Faßinhalte durch zollamtliche Eichung festliegen. Hier ist z. B.
angenommen, d'aß die Abfüllgefäße q. wechselseitig benutzt werden. Sollten .die
Höhenverhältnisse irgendwie anders liegen, so daß kein eigenes natürliches Gefälle
vorhanden ist, können die gleichen Verhältnisse durch Zwischenschalten von Druckreglern
in die Leitungen erfolgen. Derartige Druckregler werden auch beim heutigen Abfüllen
benutzt, um Biere hochzudrücken oder auf ganz bestimmten Drucken zu halten.