DE4426496A1 - Verfahren zur Prüfung von ausgerüsteten Textilien/Bekleidungsstücken auf ökotoxikologische Unbedenklichkeit durch Bioindikation über Bakterienhemmteste - Google Patents
Verfahren zur Prüfung von ausgerüsteten Textilien/Bekleidungsstücken auf ökotoxikologische Unbedenklichkeit durch Bioindikation über BakterienhemmtesteInfo
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Description
Gestiegenes Umweltbewußtsein und zunehmende Sensibilität der Bevölkerung
gegenüber der Art und Weise, wie Produkte gefertigt werden und in
welchem Zustand sie in den Gebrauch gelangen, haben in Zeitungen, Funk
und Fernsehen auch Textilien nicht ausgelassen und die Frage aufgeworfen,
wieweit man sich beim Tragen von ausgerüsteten Textilien gesundheitlich
belastet.
Die Bedeutung einer solchen Betrachtungsweise geht beispielsweise auch
daraus hervor, daß das Bundesministerium für Gesundheit am 15. Oktober
1993 ein Forschungsvorhaben "Entwicklung praxisgerechter Modelle für
die Exposition mit chemischen Stoffen aus Textilien" öffentlich ausgeschrieben
hat.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist bereits ein solches Modell. Die Verfahrensweise
nach Anspruch 8 ist aufgrund seiner einfachen Beobachtungstechnik
sogar für die Überprüfung im Textilveredlungsbetrieb selbst,
also für die direkte Produktionsüberwachung vor Ort geeignet.
Aus Kreisen sowohl der Verbraucher als auch der Textilerzeuger, vorwiegend
im deutschsprachigen Raum, gibt es neuerdings Interesse an verbraucher-
und umweltfreundlich-geprüften Textilien/Bekleidungsstücken.
Für Lederartikel wird dies ebenfalls angestrebt, etwa wegen der Gefahr der
Konservierung mit im Ausland noch häufig verwendetem und in Deutschland
verbotenem Pentachlorphenol. Das erfindungsgemäße Verfahren ist
auch darauf anwendbar.
Dabei wird als Ziel verfolgt, die Verbraucherfreundlichkeit textiler Erzeugnisse/Bekleidungsstücke
und die Unbedenklichkeit von Produktionsverfahren
im Hinblick auf die Umwelt herauszustellen und zu fördern. Drei
verbreitete Signets (Öko-Tex, M.S.T.=Markenzeichen schadstoffgeprüfter
Textilien und M.U.T.=Markenzeichen umweltschonende Textilien; die
Aktualität dieser Prüfungsansätze wird noch dadurch verdeutlicht, daß
sich diese drei gegenwärtig bedeutendsten Signet-Geber im Frühjahr 1994
zu einer Vereinigung zusammengeschlossen haben und gegenseitige
Anerkennungsmodalitäten ausarbeiten).
Kernpunkte dieser Signets sind chemisch-analytische Prüfungen auf
bestimmte, als schädlich eingestufte Chemikalien, wie Formaldehyd,
Schwermetalle, Pestizide, als cancerogen eingestufte Amine enthaltende
Farbstoffe (vom Benzidin und benzidin-ähnlichen Aminen abgeleitete
Azofarbstoffe).
Mit den bisherigen Prüfungen für ökotoxikologisch unbedenkliche
Textilien/Bekleidungsstücke wird das eigentliche Ziel, die tragephysiologische
Eigenschaft, nicht abgeprüft. Dafür gibt es allerdings auch bisher
keine Testmöglichkeit. Versuche an Menschen sind aus vielerlei Gründen
so weder durchführbar noch einfach zu bewerten.
Auf humanmedizinischem Sektor, wo der Mensch ebenfalls im Zentrum
steht, hat man eine Fülle ähnlicher Probleme durch Teste an Bakterien
bearbeitet und zu einem großen Teil auch schon gut lösen können, beispielsweise
die Chemikalienprüfung auf erbgutverändernde Eigenschaften.
Bioindikationsteste umfassen in der Regel eine Vielzahl von Komponenten
gleichzeitig, sind also integrierend, dabei hoch empfindlich und zeichnen
sich überdies häufig auch noch durch Schnelligkeit und Preiswürdigkeit
gegenüber chemischen Bestimmungsverfahren aus.
Ferner kann es bei Komponenten auf Textilien/Bekleidungsstücken im
Sinne einer ökotoxikologischen Belastung nur um Anteile gehen, die auch
beweglich sind, also von der Faser in den Körper des Tragenden übergehen
können.
Mit den bisherigen Prüfungen für ökotoxikologische Unbedenklichkeit bei
Textilien wird einerseits nicht nach Bioverfügbarkeit differenziert und andererseits
auch nur ein Bruchteil der infrage kommenden Schadstoffe erfaßt,
beispielsweise keine hautreizenden Detergentien, obgleich von diesen
Verbindungen häufig Irritationen ausgehen können, wie durch den
Kaninchenaugen-Reiztest für Tenside zur Kosmetikaherstellung bewiesen
wird.
Außerdem beschränken sich einige Signets auf natürliche Fasern. Diese
Einschränkung ist sehr einseitig und entspricht weder der Marktverteilung
der Faserarten (nahezu 50% der zu Textilien verarbeiteten Fasern sind
synthetischer oder halbsynthetischer Herkunft, von den noch zahlreicheren
Mischungen ganz zu schweigen) noch der nutzungsgemäßen Bedeutung.
Idee und Grundlage des hier angewandten Testes ist das Heranziehen
einer bei Bakterien weit verbreiteten Reaktion, beispielsweise der Reduktion
von Dimethylsulfoxid zu dem sehr leicht quantifizierbaren Dimethylsulfid.
Diese auf einer Reduktion beruhende Stoffwechselleistung wird
durch sehr viele Einflüsse empfindlich gehemmt. Der eigentliche Test wird
so ausgeführt, daß man zuvor keimfrei gemachte Proben (wäßrige Extrakte
von Textilien/Bekleidungsstücken) mit Bakterien und Nährlösung versetzt
und einen Tag später auf das gebildete Produkt prüft, beispielsweise
Dimethylsulfid. Die gegenüber dem Blindversuch eingetretene Hemmung
wird als Schädlichkeit ausgedrückt.
Eine weitere einfache Möglichkeit besteht darin, ein biolumineszierendes
Bakterium zu verwenden und statt der Dimethylsulfidbildung die Biolumineszenz
zu messen. Das Ausmaß der Biolumineszenz ist abhängig vom
aktuellen ATP-Spiegel in der Bakterienzelle und geht bei ATP-Mangel als
Folge gehemmten Gesamtstoffwechsels zurück. Die Biolumineszenzhemmung
ist bereits nach 5, besser nach 30 Minuten verläßlich meßbar.
Die Erfindung ist insofern überraschend, als mit einer einzelnen Reaktion
hemmende Auswirkungen vieler in der Textilveredlung üblicher Chemikalien
erfaßt werden und dies zugleich in Konzentrationen, wie sie von den
bisher bekannten Signets nur durch eine Vielzahl von Einzelprüfungen
erzielt werden können, außerdem, daß sie über einen erweiterten Bereich
(Tenside) hinausgreift und noch die Bioverfügbarkeit als letztlich auch
tragephysiologisch entscheidenden Vorgang berücksichtigt.
Belastete Lösungen können entsprechend verdünnt werden. Die Verdünnung,
bei der sich eine 20%ige Hemmung ergibt, kann noch als in
Ordnung befindlich angesehen werden. In Analogie zu einem Bakterienhemmtest
für Abwasser scheint auch hier die 20%-Grenze bei einem 1 : 20-Extrakt
eine Art Signifikanzgrenze abzugeben.
Mit dieser Möglichkeit bietet sich zugleich eine vorteilhafte Überwachungsmethode
für die textile Produktion an. Für die Biolumineszenzhemmung ist
die Verfahrensweise so einfach, daß sie vielfach bereits im Produktionsbetrieb
selbst durchgeführt werden und daher noch zu einer Qualitätsabsicherung
vor der Auslieferung des Produktes herangezogen werden
kann. Die Bestimmung der Dimethylsulfidbildung erfordert dagegen etwas
mehr Zeit und einen höheren Aufwand bezüglich Verfahrensüberwachung,
ist aber in einigen Fällen noch empfindlicher.
Die bisher zur Signet-Verleihung eingesetzten analytischen Verfahren benötigen
alle einen ungleich größeren Aufwand an Geräten und Zeit und sind
deshalb mit der erfindungsgemäßen Vorgehensweise auch von dieser
Seite nicht vergleichbar.
Die im erfindungsgemäßen Vorgehen verwendeten Bakterien reagieren
außerdem auf die in der Textilveredlung angewendeten Hilfsstoffe und ihre
im Abwasser anzutreffenden Konzentrationen. Sie werden auch mit Erfolg
bereits zur Abwasserüberwachung im Sinne der Toxizitätsprüfung gegen
Abwasserbakterien eingesetzt (DIN 38 412 Teil 32).
Ein Vergleich von Dimethylsulfid-Bildung und Biolumineszenzhemmung ist
in Fig. 2 für die Prüfung verschiedener Abwasserteilströme in einem
Textilveredlungsbetrieb mit Färberei und Druckerei wiedergegeben.
Zur Bestimmung der Hemmung der Dimethylsulfidbildung aus Dimethylsulfoxid
wird 1 g Materialprobe (1) mittels Schere oder Fasermühle auf ca.
1 mm zerkleinert (2), ein wäßriger Auszug (3) im Verhältnis 1 : 20 durch
Behandeln über 15 Minuten im Ultraschallbad (4) gewonnen. Zur Abtötung
von der Probe mitgebrachter, fremder Bakterien werden 100 µl 1 N HCl (5)
dem von Fasern abdekantierten Extrakt zugefügt (6) und alles in ein
Head Space-Gläschen (11) zur Gas-Chromatographie eingefüllt. Nach einer
Wartezeit von 5 Minuten (ausreichend zur Abtötung von Bakterien) werden
150 µl sterile Nährlösung mit einem Gehalt an Dimethylsulfoxid (7) in das
Head Space-Gläschen gegeben (12), wiederum 5 Minuten gewartet und
100 µl 1 N NaOH (8) zur Neutralisation zugefügt. Schließlich werden 50 µl
spezieller Phosphatpuffer (9) zugegeben sowie 100 µl Bakterienkultur
mit 1 Mio. Keime/ml (10).
Für die bakterielle Bildung des Dimethylsulfids wird bei 25°C 20 Stunden
inkubiert (14) und anschließend gaschromatographisch das Dimethylsulfid
bestimmt und mit der unbelasteten Kontrolle verglichen. Die Minderung der
Dimethylsulfidmenge ist ein Maß für die Hemmung des Bakterienstoffwechsels
und somit auch ein Maß für einen schädigenden Einfluß.
Für die Bestimmung der Biolumineszenzhemmung wird im Schritt (10)
entsprechend eine aerob angezüchtete Bakterienkultur eingesetzt und
nach halbstündiger Inkubation bei 15°C die Biolumineszenz im Vergleich
zur unbelasteten Probe gemessen.
Der Rückgang der Biolumineszenz als Ausdruck eines gesunkenen ATP-Spiegels
ist ein Maß für den schädlichen Einfluß der Probe. Anstelle der
Head Space-Gläschen in den Schritten (11) bis (14) wird eine Küvette zur
Biolumineszenzmessung verwendet. Die in solchen Verfahren üblicherweise
gewählte niedrige Inkubationstemperatur gewährleistet in der kurzen
Behandlungszeit, daß eine Bakterienvermehrung nahezu nicht aufkommt
und so nur die Stoffwechselleistung der eingemessenen Koloniezahl in
Erscheinung tritt.
In noch einfacherer Form und mit etwas geringerem Genauigkeitsanspruch
kann auch bereits nach 5 Minuten die Biolumineszenz gemessen werden.
Es gibt fakultativ anaerobe Bakterien, die für beide Testarten, also die
anaerobe Dimethylsulfidbildung und die aerobe Biolumineszenz, eingesetzt
werden können, beispielsweise Bacterium phosphoreum.
Fig. 1 zeigt ein besonders gut durchzuführendes und empfindlich
ansprechendes Ausführungsbeispiel nach Anspruch 1-8.
Ergebnisbeispiele an Textilien sind in Tabelle 1 aufgeführt und
eine Aufstellung vergleichbarerer Toxizitätswert in Tabelle 2.
Claims (8)
1. Verfahren zur Prüfung auf ökotoxikologische Unbedenklichkeit bei
ausgerüsteten Textilien/Bekleidungsstücken, dadurch gekennzeichnet,
daß ein wäßriger Auszug des Textils/Bekleidungsstückes
einem Bakterienhemmtest unterworfen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
Bakterien eingesetzt werden, die auch zur Prüfung von Textilhilfsmitteln auf
Abwasserverträglichkeit herangezogen werden, und zwischen sowohl Aerobier wie
Anaerobier und fakultativ aerob/anaerob wachsende Bakterien.
3. Verfahren nach Anspruch 1-2, dadurch gekennzeichnet, daß
eine spezifische Stoffwechselleistung gemessen wird, beispielsweise die
Umwandlung von Dimethylsulfoxid in Dimethylsulfid.
4. Verfahren nach Anspruch 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß
bei fakultativ anaerob lebenden Bakterien, wie Photobacterium phosphoreum,
eine Empfindlichkeitssteigerung durch Anzucht in aerobem Milieu
und Übergang in die anaerobe Phase durch Zusatz eines Reduktionsmittels
erreicht wird.
5. Verfahren nach Anspruch 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß
als Reduktionsmittel ein leicht verwertbarer Zucker wie Glucose oder
Fructose oder auch Ascorbinsäure verwendet wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1-5, dadurch gekennzeichnet, daß
von der Textilprobe/Bekleidungsstück eingeschleppte, fremde Bakterien
durch eine vorgeschaltete Behandlung des wäßrigen Probenextrakts mit
starker Säure oder starker Lauge und anschließender Neutralisation
abgetötet werden.
7. Verfahren nach Anspruch 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß
für die Untersuchung ein wäßriger Auszug im Verhältnis 1 : 2 bis 1 : 20
gewählt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 1-7, dadurch gekennzeichnet,
daß als Stoffwechselleistung die Hemmung der Biolumineszenz einer
biolumineszierenden Bakterienart herangezogen wird.
Fig. 1 zeigt ein besonders gut durchzuführendes und empfindlich ansprechendes Ausführungsbeispiel nach Anspruch 1-8.
Fig. 1 zeigt ein besonders gut durchzuführendes und empfindlich ansprechendes Ausführungsbeispiel nach Anspruch 1-8.
Priority Applications (1)
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- 1994-07-27 DE DE4426496A patent/DE4426496C2/de not_active Expired - Fee Related
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