DE4331554A1 - Schaltgerät mit einer Abfangvorrichtung zur Verminderung des Kontaktprellens sowie Verfahren zur Dimensionierung der dabei verwendeten Dämpfungskörper - Google Patents
Schaltgerät mit einer Abfangvorrichtung zur Verminderung des Kontaktprellens sowie Verfahren zur Dimensionierung der dabei verwendeten DämpfungskörperInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Schaltgerät, insbeson
dere Luftschütz für den Niederspannungsbereich, mit einer
Kontaktanordnung aus wenigstens einem Festkontakt auf
einem Träger und wenigstens einem Bewegkontakt, vorzugs
weise je zwei Kontakte an einer Schaltbrücke, und mit
einem zugehörigen elektromagnetischen Antrieb mit beweg
barem Anker, sowie mit einer die Geschwindigkeit des Be
wegkontaktes abbremsenden Abfangvorrichtung zur Verminde
rung des Kontaktprellens. Daneben bezieht sich die Erfin
dung auf ein Verfahren zur Dimensionierung der bei einem
solchen Schaltgerät für die Abfangvorrichtung verwendeten
Dämpfungskörper, unter Ansatz eines Rechenmodells für das
vom Schaltgerät repräsentierte Mehrkörpersystem.
Insbesondere bei Schaltern und Schützen für höhere Lei
stungen stellt das sogenannte Kontaktprellen ein wichti
ges Problem dar. Das Material der Kontaktflächen ist durch
die elektrischen Anforderungen - wie gute elektrische
Leitfähigkeit, Verschleißfestigkeit, geringe Neigung zum
Verschweißen beim oberflächlichen Aufschmelzen der Kon
takte im Schaltlichtbogen - vorgegeben. Die Kontaktstücke
bestehen deshalb aus harten Metallegierungen. Die gefor
derten kurzen Schaltzeiten sind dabei nur durch hohe Be
schleunigung der bewegten Kontakte zu erreichen. Eine zu
hohe Auftreffgeschwindigkeit der harten Kontakte beim
Schließen führt dann zum unerwünschten, gegebenenfalls
mehrmals wiederholtem Prellen.
Schließt man solche Kontakte unter elektrischer Spannung,
so werden während der Öffnungsphase der Prellbewegung
Lichtbögen gezogen, welche die Kontaktstücke erodieren und
damit die Lebensdauer des Schaltgerätes herabsetzen. Zur
Verminderung des Kontaktprellens sind insbesondere aus der
Patentliteratur eine Vielzahl von Maßnahmen bekannt: Im
einfachsten Fall werden Dämpfungspuffer vorgeschlagen,
was beispielsweise in der CH-PS 311 384, der DT-PS 2 99 058
und der CH-PS 408 165 beschrieben ist. Weiterhin sollen
gemäß der DE-AS 17 64 291 durch phasenverschoben bewegte
Zusatzmassen, durch Kombinationen von Massen- und Elasti
zitätsunterteilungen oder von hydraulischer Dämpfung und
Scherwirkung an der Dichtungsfläche eines Dichtungskolbens
der Schließvorgang von Kontaktstücken so modifiziert wer
den, daß das Prellen vermindert wird. Speziell in der
deutschen Patentanmeldung PA 742260-1.11.34 ist schließ
lich ein schlaggedämpfter elektromagnetischer Schalter
beschrieben, bei dem die durch die Erregung der Zugspule
dem Anker erteilte beschleunigte Bewegung vor dem Auf
treffen des Ankers auf den Kern bzw. vor dem Berühren
der Schaltkontakte durch das auftreffen des Ankers auf
eine Masse infolge der Trägheit dieser Masse in der
Bewegung gehemmt wird.
Das Problem des Kontaktprellens ist mit den vorbekannten
Einrichtungen, insbesondere bei mit hohem Schaltspiel ein
gesetzten Luftschützen, noch nicht befriedigend gelöst.
Insbesondere ist man beim Stand der Technik auf rein
empirische Erprobungen angewiesen, d. h. es lassen sich
keine verläßlichen Aussagen über die exakte Wirkung der
das Prellen vermindernden Maßnahmen machen.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Schaltgerät mit
entsprechender Abfangvorrichtung vorzuschlagen, die das
Kontaktprellen beim Schalten weitestgehend ausschließt.
Darüber hinaus soll ein Verfahren zur Dimensionierung der
bei einem solchen Schaltgerät für die Abfangvorrichtung
verwendeten Dämpfungskörper vorgeschlagen werden, mit dem
in reproduzierbarer Weise geeignete Randbedingungen vor
gegeben werden können.
Die Aufgabe ist erfindungsgemäß bei einem Schaltgerät der
eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß die Abfangvor
richtung vom Anker des elektromagnetischen Antriebes über
Federglieder teilentkoppelt ist, daß die Abfangvorrichtung
aus mindestens einem der Kontaktbewegung parallelgeschal
teten Dämpfungskörper mit vorgegebener innerer Reibung und
einer gegenüber dem Bewegkontakt kleinen Masse besteht und
daß jeder einzelne Dämpfungskörper auf den Träger für den
Festkontakt seitlich zur Bewegungsrichtung neben der Kon
taktanordnung montiert ist. Vorzugsweise ist der
Dämpfungskörper auf dem Träger so montiert, daß beim
Schließvorgang des Schaltgerätes ein puffernder Stoß zwi
schen Bewegkontakt bzw. bewegter Kontaktbrücke und
Dämpfungskörper in einer solchen Phase der Bewegung er
folgt, in welcher der Kontaktabstand noch einen Bruchteil
des vollen Kontaktabstandes im geöffneten Zustand der Kon
taktanordnung beträgt, vorzugsweise im Bereich von etwa
1 mm, wodurch ein Auftreffen des Bewegkontaktes auf den
Festkontakt mit verminderter Geschwindigkeit bewirkt wird.
Im Rahmen der Erfindung besteht der Dämpfungskörper aus
einem viskoelastisch wirkenden Material, das vorzugsweise
Silikongummi sein kann. Vorzugsweise ist zwischen dem auf
dem Träger montierten Dämpfungskörper und der Lichtbogen
strecke des zugehörigen Kontaktpaares eine elektrisch iso
lierende Abschirmung angeordnet. Beispielsweise kann die
Abschirmung als zylindrisches Hüllrohr ausgebildet sein.
Bei dem zugehörigen, bereits erwähnten Verfahren zur
Dimensionierung der für die Abfangvorrichtung verwendeten
Dämpfungskörper wird zur Berechnung des Bewegungsablaufes
eines vorgegebenen Mehrkörpersystems für jeweils einzelne
Teilkörper von Punktmassen mit je einem Freiheitsgrad
ausgegangen. Dabei können die einzelnen Teilkörper als
Punktmassen, die untereinander durch Kraftfunktionen
gekoppelt sind, behandelt werden oder aber als Punktmas
sen, die mit festem Abstand an Drehpunkte gebunden sind.
Mehrere an einem gemeinsamen Drehpunkt gebundene Punkt
massen haben bei diesem Verfahren nur einen gemeinsamen
Freiheitsgrad, nämlich den der Drehung um den gemeinsamen
Drehpunkt; durch diese Punkte wird somit ein drehbares
Bauteil beschrieben. Das gewünschte viskoelastische
Verhalten eines einzelnen Dämpfungskörpers wird in dem
Verfahren vorzugsweise durch eine dynamische Parallel
schaltung eines Feder-Koppelelementes und eines Dämpfungs-
Koppelelementes beschrieben.
Im Rahmen der Erfindung konnte in Simulationsrechnungen
gezeigt werden, daß die Masse der bei der Abfangvorrich
tung verwendeten Dämpfungskörper von beliebig kleinen Wer
ten bis etwa 20% der Masse der beweglichen Kontaktbrücken
gewählt werden kann, ehe störende Schwingungen beim Puf
ferstoß angeregt werden. Die erforderliche Dämpfungskon
stante und die Federkonstante haben dabei Toleranzbereiche
in der Größenordnung 1 : 5 bzw. 1 : 100, die im einzelnen
von der maximal zulässigen Relaxationszeit bei der Abfang
vorrichtung abhängen.
Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben
sich aus nachfolgender Figurenbeschreibung von Einzelbei
spielen anhand der Zeichnung. Es zeigen
Fig. 1 in Schnittdarstellung ein als Schütz realisiertes
Schaltgerät mit elektromagnetischem Antrieb,
Fig. 2 und 3 Ausschnitte aus Fig. 1 mit einer Abfangvorrich
tung und alternativen Realisierungen der Abschirmung
gegenüber der Schaltstrecke,
Fig. 4 und 5 eine alternative Realisierung der Abfangvor
richtung in zwei senkrecht zueinander stehenden An
sichten und zwei Funktionsstellungen,
Fig. 6 ein Rechenmodell für das Mehrkörpersystem der Fig.
2 und 3,
Fig. 7 das mit dem Dynamikprogramm für ein Rechenmodell
ähnlich Fig. 6 berechnete Prellen ohne Einfluß der
Abfangvorrichtung,
Fig. 8 den Einfluß der Abfangvorrichtung auf die Kontaktbe
wegung und die
Fig. 9 bis 12 die Abhängigkeit des Prellverhaltens der
Kontaktanordnung von der Masse des Dämpfungskörpers.
In Fig. 1 ist mit 1 das Gehäuse eines elektrischen Schüt
zes mit elektromagnetischem Antrieb, wie es in vielfachen
Ausbildungen in der Praxis für hohe Schaltspiele einge
setzt wird, bezeichnet. Ein solches Schütz dient bei
spielsweise zum Ein- und Ausschalten von Strömen von Moto
ren oder anderen Verbrauchern, wobei es sich als zweck
mäßig erwiesen hat, den Strom gleichzeitig an zwei Stellen
zu unterbrechen, so daß ein Schütz für jede Phase übli
cherweise eine Kontaktanordnung mit je zwei Kontaktpaaren
aufweist. Demzufolge hat ein dreiphasig ausgelegtes Schütz
drei parallele Schaltstrecken mit je zwei symmetrischen
Unterbrechungsstellen aus je zwei Kontaktpaaren, also ins
gesamt 12 Kontakte.
Von den beiden symmetrischen Unterbrechungsstellen der
Fig. 1 wird nachfolgend nur eine betrachtet: Es sind
jeweils Festkontakte 2 vorhanden, die mit ihren An
schlüssen 7 auf einem elektrisch isolierenden Teil als
Träger angebracht sind, so daß an beiden Seiten jeweils
Stromleitungen mechanisch anschließbar sind. Zugehörige
Bewegkontakte 4 sind an einer Brücke 3 aus elektrisch
leitendem Material angebracht, wobei die Brücke 3 mittels
eines verschiebbaren Haltebügels 5 mit Federelement 6
relativ zu einem Kontaktträger 10 beweglich ist und wo
durch ein federndes Nachgeben der Brücke 3 gegenüber dem
Kontaktträger 10 beim Schließen der Kontakte 4 und 2 er
möglicht wird.
Die Bewegung der Kontaktbrücke 3 mit den Kontakten 4 er
folgt über einen elektromagnetischen Antrieb, der in
bekannter Weise aus zwei elektrischen Spulen 8, die auf
den beiden Schenkeln eines Lochs 9 angeordnet sind und
einem zugehörigen Anker 12 besteht. Der Anker 12 ist über
ein Verbindungsstück 11, den isolierenden Kontaktträger 10
und die Feder 6 mit dem Haltebügel 5 für die Kontaktbrücke
3 verbunden. Ein ebenfalls elektrisch isolierend ausgebil
deter Deckel des Schützes ist in Fig. 1 mit 13 und eine
Bodenplatte mit 14 bezeichnet.
In Fig. 2 ist der rechte Teil der Kontaktanordnung mit
Festkontakt 2, Bewegkontakt 4 und Schaltbrücke 3 aus Fig.
1 übernommen. Die Montageplatte der Fig. 2 ist hier als
Träger für den Festkontakt 2 mit 21 bezeichnet. Auf dem
Träger 21 ist seitlich zur Bewegungsrichtung neben dem
Festkontakt 2 ein Abfänger 25 fest montiert. Der Abfänger
25 ist als zylindrischer Dämpfungskörper vorgegebener
Masse und Geometrie mit definiertem Flächenverhältnis
ausgebildet und bis zu einer vorgegebenen Tiefe in ein
Sackloch des Trägers 21 eingepaßt. Er besteht insbesondere
aus Silikongummi, welches hinreichende viskoelastische
Eigenschaften hat. Zwischen Abfänger 25 und Festkontakt 2
ist an geeigneter Stelle ein Schirm 26 aus elektrisch
isolierendem Material angeordnet, auf dem Erosionspartikel
der betriebsmäßig schaltenden Kontaktanordnung 2, 4 kon
densieren können und der somit einen elektrischen Kurz
schluß über den Dämpfungskörper 25 verhindert und außerdem
den Dämpfungskörper vor zu großer thermischer Belastung
durch den Schaltlichtbogen schützt.
In der Fig. 3 ist die Anordnung der Fig. 2 insofern
modifiziert, als daß hier auf der Montageplatte 21 als
Träger für den Festkontakt 2 mit einem darauffestmon
tierten Dämpfungskörper 25 entsprechend Fig. 2 speziell
ein isolierendes Hüllrohr 27 als Kondensationsschirm für
Erosionsprodukte und als Wärme-Schutzschild vorhanden ist.
Der Aufbau und die Geometrie des Dämpfungskörpers 25 sind
weitestgehend identisch.
In den beiden Ausführungsbeispielen der Fig. 2 und 3
ist der als zylindrischer, in axialer Richtung beanspruch
ter Puffer 25 ausgebildete Dämpfungskörper auf dem Träger
21 jeweils so montiert, daß beim Schließvorgang der Kon
takte ein puffernder Stoß zwischen der bewegten Kontakt
brücke 3 und dem Puffer 25 jeweils in einer solchen Phase
der Bewegung erfolgt, in welcher der Kontaktabstand nur
noch einen Bruchteil des vollen Kontaktabstandes im ge
öffneten Zustand von Festkontakt 2 und Bewegkontakt 4 be
trägt. Bei Schützen mit einem Kontaktabstand von üblicher
weise ca. 10 mm hat sich dabei ein Abstand von 1 mm als
besonders geeignet erwiesen. Damit wird ein Auftreffen des
Bewegkontaktes auf den Festkontakt mit verminderter Ge
schwindigkeit bewirkt. Durch geeignete Dimensionierung des
Puffers 25 kann das unerwünschte Prellen weitestgehend
ausgeschlossen werden.
In den Fig. 4 und 5 ist eine weitere Ausführungsform
einer erfindungsgemäßen Abfangvorrichtung dargestellt.
Hier ist der Abfänger als eine auf zwei Stegen 29 liegende
Brücke 28 ausgebildet. Die Fig. 4 und 5 zeigen die An
ordnung in zwei senkrecht zueinander stehenden Ansichten
bei geöffneten Kontakten. Der Abstand der Kontaktbrücke 3
von der zu ihr senkrecht angeordneten Brücke 28 der Ab
fangvorrichtung ist wie bei der vorhergehenden Anordnung
der Fig. 2 und 3 so bemessen, daß der puffernde Stoß
beim Schließen der Kontakte in einer Phase der Bewegung
erfolgt, in welcher der Kontaktabstand noch etwa 10 bis
20% des vollen Kontaktabstandes im geöffneten Zustand
beträgt. In den beiden Ansichten der Fig. 4a und 5a
ist der geschlossene Zustand der Anordnung von Fig. 4
dargestellt. Die als Dämpfungskörper dienende Brücke 28
ist hier als ein über die beiden Stege 29 gelegter und an
beiden Enden umgebogener Stab ausgeführt, der an seinen
Enden am Träger 21 befestigt ist. Sie kann aber auch
gemeinsam mit den Stegen 29 aus einem einzigen visko
elastischen Teil ausgeführt werden, wobei das Profil der
Brücke wesentlich die Steifigkeit und die Dämpfungscharak
teristik der Abfangvorrichtung beeinflussen.
In der Ausführung einer Brücke lassen sich wesentlich
nachgiebigere Dämpfungskörper realisieren. Zu deren Her
stellung sind dann auch härtere, gefüllte Kunststoffe
geeignet.
In eingehenden Untersuchungen wurde unter Ansatz eines
Rechenmodells die Wirkung eines Dämpfungskörpers gemäß den
Fig. 2 und 3 ermittelt. Die dynamische Modellierung
hierzu ist in Fig. 6 dargestellt. Dabei wird davon
ausgegangen, daß ein Schaltgerät mit einer Vielzahl von
einzelnen Bauteilen ein Vielkörpersystem darstellt. Von
der Vielzahl der Elemente beim Schütz gemäß Fig. 1 wird
in den Fig. 2 und 3 auf ein vereinfachtes Mehrkörper
system mit nur fünf Massen übergegangen.
Zur Berechnung des Bewegungsablaufes eines solchen Mehr
körpersystems werden die einzelnen Teilkörper i als Punkt
massen mi mit jeweils einem Freiheitsgrad behandelt. Das
zugehörige Rechenmodell speziell für die Anordnungen
der Fig. 2 und 3 ist in Fig. 6 zusammengestellt: Eine
elektromagnetische Kraft K wirkt in negativer x-Richtung
auf die Kontaktbrücke 3 mit der Masse m3. Dieser Kraft K
entspricht im vollständigen Schütz-Modell der Fig. 1 die
vom Federbügel 5 auf die Kontaktbrücke 3 übertragene
Kraft. Der Dämpfungskörper 25 wird hier durch die sehr
kleine Masse m25 dargestellt, und die Kontakte 2 bzw. 4
durch die Massen m2 bzw. m4 sowie der Träger 21 durch die
Masse m21.
Entsprechend dem aus der Fachliteratur bekannten Voigt-
Kelvin-Modell wird seine Viskoelastizität durch die
parallel wirkenden Koppelglieder der Dämpfung D (25, 21)
und der Feder F (25, 21) festgelegt. Der Pufferstoß H (3,
25) zwischen den Massen m3 der Kontaktbrücke 3 und m25 des
Dämpfungskörpers 25 wirkt parallel zum Kontaktstoß H (4, 2)
zwischen der Bewegkontaktmasse m4 und der Festkontaktmas
se m2. Der Festkontakt mit der Masse m2 ist dabei, bezogen
auf die Kraftflußrichtung, parallel zum Dämpfungskörper 25
auf dem gemeinsamen Träger 21 mit der Masse m21 angeord
net. Die viskoelastischen Eigenschaften der Kontaktbrücke
3, des Festkontaktes 2 und des Trägers 21 werden ebenfalls
durch jeweils ein Paar von parallel wirkender Feder und
Dämpfung mit an die Materialeigenschaften angepaßten Zah
lenwerten beschrieben.
Mit einem geeigneten Programm zur Berechnung dynamischer
ebener Systeme gekoppelter Massenpunkte (DEKOMA) läßt sich
der vollständige dynamische Bewegungsablauf für das in
Fig. 6 dargestellte vereinfachte 5-Massen-Modell mit der
Abfangmasse m25 berechnen. In gleicher Weise kann ein
solches Rechenprogramm für das komplette Schütz mit
entsprechend mehr Massen mit und ohne Abfangvorrichtung
angewandt werden: Der Vergleich der Fig. 7 und 8 zeigt
den Einfluß des Dämpfungskörpers 25 auf das mit dem
Dynamikprogramm DEKOMA berechnete Prellen der Kontakte
für ein umfangreicheres 13-Massenmodell mit 32 Koppel
elementen, entsprechend dem in Fig. 1 dargestellten Auf
bau des Schützes, mit und ohne die in den Fig. 2 und 3
enthaltene Abfangvorrichtung. In beiden Figuren ist die
Kontaktöffnung in Millimetern als Funktion der Schaltzeit
in Millisekunden dargestellt.
In Fig. 7 ist kein durch einen Dämpfungskörper 25 be
wirkter Abfängerstoß wirksam. Es ergibt sich im Anschluß
an das erste Schließen der Kontakte, üblicherweise im
Zeitabstand von 50 ms nach dem Einschalten des Magnetan
triebes, ein Prellvorgang mit zunächst hohen Kontaktöff
nungswerten, der erst nach ca. 80 ms abklingt. Infolge der
Mitwirkung vieler dynamisch miteinander verkoppelter
Teilmassen am Bewegungsablauf zeigen die Prellöffnungen 50
ein sehr kompliziertes Frequenzspektrum.
Bei Fig. 8 ist der Abfänger 25 wirksam und optimal ge
dämpft; es ergibt sich eine ideale Schaltbewegung, wobei
die Kontakte praktisch prellfrei schließen. Dabei ist die
Schließzeit gegenüber Fig. 7 um etwa 3 ms verzögert.
In den Diagrammen der Fig. 9 bis 12 ist die Abhängig
keit des Prellverhaltens der Kontakte von der Masse m25
des Dämpfungskörpers nach dem Modell von Fig. 6 ange
geben. Als gemeinsame Parameter wurden der Praxis ent
sprechende Werte, insbesondere für die Federkonstante F
F (25,21) = 1670 N/m, für die Dämpfungskonstante D (25,21)
= 43,3 Ns/m und für die Masse einer Kontaktbrücke m3 =
13,3 g gewählt. Bei hinreichend kleiner Masse m25, unter
halb mindestens 2 g, wie in den Fig. 11 und 12, schlie
ßen die Kontakte prellfrei. Oberhalb dieses Bereiches
prellen die Kontakte mit einem Frequenzgemisch, das im
vereinfachten 5-Massen Modell durch die Überlagerung der
Biegeschwingungen der mit den Kontakten 4 verbundenen
Kontaktbrücke 3 und der Schwingung dieses Bauteiles als
ganzes entsteht.
Mit weiteren Simulationsrechnungen unter Ansatz des
für ein Komplettschütz erweiteren Rechenmodells wurde
nachgewiesen, daß die Masse der Dämpfungskörper von
beliebig kleinen Werten bis zu etwa 20% der Masse der
beweglichen Kontaktbrücken gewählt werden kann, ehe
störende Schwingungen beim Pufferstoß angeregt werden. Die
erforderliche Dämpfungskonstante und die Federkonstante
haben dabei Toleranzbereiche von der Größenordnung 1 : 5
bzw. 1 : 100, die im einzelnen von der maximal zulässigen
Relaxationszeit der Abfänger abhängen.
Aus den mit dem Rechenverfahren zum Punktmassenmodell
berechneten zulässigen Bereichen für die Masse m25, die
Dämpfungskonstante D (25, 21) und die Federkonstante F
(25, 21) des Dämpfungskörpers 25 können Dämpfungsmate
rialien auf ihre Verwendbarkeit geprüft, und die Abmessun
gen des aus einem ausgewählten Material zu fertigenden
Dämpfungskörpers ermittelt werden. Hierzu werden im fol
genden die Parameter des Dämpfungskörpers 25 im Rechen
modell
- - Effektiv bewegte Masse: m=m25
- - Dämpfungskonstante: D=D (25, 21)
- - Federkonstante: F=F (25, 21)
und die Materialkonstanten eines auszuwählenden Materials
für den Dämpfungskörper
- - Dichte: ϕ
- - Relaxationsmodul: Er
- - Relaxationszeit: τ
zur Dimensionierung des Dämpfungskörpers 25 in der Aus
führung als zylinderförmiger Bolzen mit der Länge LB und
dem Durchmesser DB benutzt.
Gibt man beispielsweise für ein auf seine Eignung als
Dämpfungskörper zu prüfendes Material die drei Material
konstanten ϕ, Er und τ vor, sowie eine aus der Modell
rechnung ermittelte, geeignete Dämpfungskonstante D und
eine an die Konstruktion des Schützes angepaßte Länge LB
des Dämpfungskörpers, so kann man nach der Definition des
bekannten Voigt-Kelvin-Modells die zugehörigen Werte für
die Masse m und den Durchmesser DB des Dämpfungskörpers
25, sowie die resultierende Federkonstante F berechnen.
Für letztere ist, wie durch Modellrechnungen nach dem
Punktmassenmodell gezeigt werden konnte, ein besonders
großer Wertebereich zulässig.
Das Voigt-Kelvin-Modell für viskoelastisches Verhalten be
schreibt die zeitabhängige reversible Dehnung bzw. Stau
chung εr eines Körpers.
εr = (σo/Er)·(1-exp(-t/τ)) (1)
durch die Parallelschaltung einer Federkonstanten F und
einer Dämpfungskonstanten D an der Masse m, wie sie in
Fig. 6 insbesondere durch die Struktur des Modells inner
halb des gestrichelt gezeichneten Rechtecks dargestellt
ist. Dabei ist
σo = (F·Δx+D·dΔx/dt)/Q (2)
die von der Deformation Δx und der Deformationsgeschwin
digkeit dΔx/dt abhängige Normalspannung; Q ist der Quer
schnitt des durch diese Normalspannung belasteten Körpers.
Der Relaxationsmodul des Voigt-Kelvin-Modells ist
Er = F·LB/Q = (4/π)·F·LB/DB², (3)
und die Relaxationszeit
τ = D/F. (4).
Damit erhält man aus den fünf vorgegebenen Größen ϕ, Er,
τ, D und LB zunächst die Federkonstante
F = D/τ. (5)
Mit Einführung des Formfaktors
s = LB/DB², (6)
der sich nach Gleichung (3) zu
s = (π/4)·Er/F (7)
ergibt, erhält man die Masse m = ϕ·LB·Q = ϕ·LB·(π/4)·DB²
des zylindrischen Dämpfungsbolzens 25 gemäß Fig. 2 bzw.
Fig. 3 zu
m = (π/4)·LB²/s, (8)
oder m = ϕ·LB²·D/(Er·π). (9).
Der zulässige Maximalwert für die Masse m25 des Dämpfungs
körpers 25 liegt bei dem in den Fig. 9 bis 12 gezeig
ten Beispiel zum Rechenmodell von Fig. 6 zwischen den für
die Fig. 10 und 11 gewählten Massenwerten, d. h.
zwischen 2 und 4 g. Liegt die mit G1 (9) berechnete Masse
m unterhalb dieses zulässigen Maximalwertes, dann sind die
in dieser Gleichung enthaltenen Material- und Konstruk
tionsdaten für die Abfangvorrichtung geeignet.
Schließlich erhält man mit G1 (6) den Durchmesser des
Dämpfungskörpers zu
oder mit G1′n (5) und (7) zu
Für eine Ausführung der Abfangvorrichtung nach den Fig. 4
und 5 ist im Rechenmodell der Dämpfungskörper 25 durch
die Brücke 29 zu ersetzen. Die Materialkonstanten der
Brücke können in an sich bekannter Weise auf die effektiv
im Modell für den zylinderförmigen und in seiner axialen
Richtung belasteten Dämpfungskörper umgerechnet werden, so
daß das Rechenmodell mit den angepaßten Dämpfungs- und
Federkonstanten, im übrigen aber unverändert angewandt
werden kann.
Aus den mit dem dynamischen Modell berechneten Parameter
werten lassen sich also insbesondere auch konstruktive
Daten einschließlich der geforderten Werkstoffeigenschaf
ten für die Abfangvorrichtung ermitteln. Somit ist nunmehr
erstmalig die Möglichkeit gegeben, als Dämpfungskörper
beispielsweise kleine Silikongummi-Bolzen definiert so zu
positionieren, daß ihre mechanischen, elektrischen und
thermischen Eigenschaften ein Prellen wirksam verhindern.
Insgesamt kann durch die beschriebenen Maßnahmen die
Lebensdauer von Schützen verlängert werden.
Claims (14)
1. Schaltgerät, insbesondere Luftschütz für den Nieder
spannungsbereich, mit einer Kontaktanordnung aus wenig
stens einem Festkontakt auf einem Träger und wenigstens
einem Bewegkontakt, vorzugsweise je zwei Kontakte an einer
Schaltbrücke, und mit einem zugehörigen elektromagneti
schen Antrieb mit bewegbarem Anker sowie mit einer die
Geschwindigkeit des Bewegkontaktes abbremsenden Abfang
vorrichtung zur Verminderung des Kontaktprellens,
gekennzeichnet durch die Kombination fol
gender Merkmale:
- - die Abfangvorrichtung ist vom angezogenen Anker (12) des elektromagnetischen Antriebs 8 bis 12 über Feder glieder (6) teilentkoppelt,
- - die Abfangvorrichtung besteht aus mindestens einem der Kontaktbewegung parallel geschalteten Dämpfungskörper (25, 28) mit vorgegebener innerer Reibung,
- - der Dämpfungskörper (25, 28) ist auf dem Träger (21) für den Festkontakt (2) seitlich zur Bewegungsrichtung neben der Kontaktanordnung (2) montiert.
2. Schaltgerät nach Anspruch 1, dadurch ge
kennzeichnet, daß der Dämpfungskörper (25,
28) auf dem Träger (21) so montiert ist, daß beim Schließ
vorgang der Kontaktanordnung ein puffernder Stoß zwischen
Bewegkontakt (4), vorzugsweise bewegter Schaltbrücke (3),
und Dämpfungskörper (25, 28) in einer solchen Phase der
Bewegung erfolgt, in der der Kontaktabstand einen Bruch
teil des vollen Kontaktabstandes im geöffneten Zustand der
Kontaktanordnung (2, 4) beträgt, vorzugsweise im Bereich
von etwa 1 mm, wodurch ein Auftreffen des Bewegkontaktes
(4) auf dem Festkontakt (2) mit verminderter Geschwindig
keit bewirkt wird.
3. Schaltgerät nach Anspruch 1, dadurch ge
kennzeichnet, daß der Dämpfungskörper (25,
28) aus einem viskoelastisch wirkenden Material besteht
und mit dem Träger (21) für den Festkontakt (2) verbunden
ist.
4. Schaltgerät nach Anspruch 3, dadurch ge
kennzeichnet, daß der Dämpfungskörper ein
zylindrischer, in axialer Richtung beanspruchter Puffer
(25) ist.
5. Schaltgerät nach Anspruch 3, dadurch ge
kennzeichnet, daß der Dämpfungskörper eine
Brücke (28) ist.
6. Schaltgerät nach Anspruch 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß das viskoelastisch wir
kende Material des Dämpfungskörpers (25, 28) Silikongummi
ist.
7. Schaltgerät nach Anspruch 5, dadurch ge
kennzeichnet, daß das viskoelastisch wirken
de Material des Dämpfungskörpers (25, 28) ein gefüllter
Kunststoff ist.
8. Schaltgerät nach Anspruch 3, dadurch ge
kennzeichnet, daß zwischen dem auf dem Trä
ger (21) montierten Dämpfungskörper (25, 28) und der
Kontaktanordnung (2, 4) eine elektrisch isolierende
Abschirmung (26) angeordnet ist.
9. Schaltgerät nach Anspruch 8, dadurch ge
kennzeichnet, daß die Abschirmung (26) als
zylindrisches Hüllrohr (27) um den Dämpfungskörper (25)
ausgebildet ist.
10. Schaltgerät nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
wobei jedem Kontaktpaar ein eigener Dämpfungskörper
zugeordnet ist, dadurch gekenn
zeichnet, daß das Schaltgerät als dreiphasig
ausgelegtes Schütz mit beweglichen Kontaktbrücken, welche
jeweils eine Stromphase an zwei Stellen schalten, sechs
Dämpfungskörper (25) enthält.
11. Verfahren zur Dimensionierung der bei einem Schalt
gerät gemäß Anspruch 1 oder einem der Ansprüche 2 bis 10
für die Abfangvorrichtung verwendeten Dämpfungskörper
unter Ansatz eines Rechenmodells für das vom Schaltgerät
repräsentierte Mehrkörpersystem, dadurch ge
kennzeichnet, daß zur Berechnung des Bewe
gungsablaufs des Mehrkörpersystems für jeweils einzelne
Teilkörper (i) von Punktmassen (mi) mit je einem Frei
heitsgrad ausgegangen wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch ge
kennzeichnet, daß die einzelnen Teilkörper
(i) als Punktmassen (mi), die untereinander durch
Kraftfunktionen verkoppelt sind, behandelt werden.
13. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch ge
kennzeichnet, daß einzelne Teilkörper
(i) als Punktmassen (mi), die mit festem Abstand an
Drehpunkte gebunden sind, behandelt werden.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 oder 12, da
durch gekennzeichnet, daß das ge
wünschte viskoelastische Verhalten eines einzelnen
Dämpfungskörpers durch eine dynamische Parallelschaltung
eines Federelementes und eines Dämpfungs-Koppelelementes
(sog. Voigt-Kelvin-Modell) beschrieben wird.
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