DE4307593C1 - Fadenstrukturkörper - Google Patents
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf Fadenstrukturkörper,
enthaltend wenigstens eine Metallegierung mit Formge
dächtnis (SMA), insbesondere einen Nickel-Titan-Le
gierungsdraht.
Die auch im deutschen Sprachgebrauch unter Shape-Me
mory-Alloy bekannten und mit den Großbuchstaben SMA
abgekürzten Formgedächtnis-Metallegierungen, finden
seit ihrer Einfühlung in die Technik zu Beginn der
60iger Jahre einen stark wachsenden und breiter wer
denden Markt. Als Halbzeug sind solche Metallegierun
gen insbesondere in Drahtform mit unterschiedlichsten
Querschnitten und Durchmessern in mannigfaltiger An
wendung. SMA-Legierungen, von denen als bekannteste
hier die Nickeltitanlegierung erwähnt sei, haben neue
Einsatzmöglichkeiten insbesondere in der Medizintech
nik erschlossen und finden beispielsweise auch bei
der Fertigung von Rohrverbindern und Werkzeugen ein
neues Einsatzfeld bis hin zu Brillenfassungen in der
optischen Industrie.
Die JP 4-121 135 beschreibt eine Angelschnur aus
SMA-Draht, deren "Formgedächtnis" so gewählt ist, daß
sie nur im Wasser flexible Eigenschaften zeigt, wäh
rend sie in der Luft einen steifen Draht bildet, so
daß nach Auswurf der Angelschnur diese bis zum Ein
tauchpunkt in das Gewässer für den Angelvorgang unbe
weglich bleibt. Als Bespannungsdraht für einen Ten
nisschläger wird SMA-Draht in der JP 2-41 426 be
schrieben und es ist auch bekannt, SMA-Drähte im Ab
stand und parallel zueinanderliegend in eine oder
mehrere Schichten einer Epoxidharzplatte einzubetten
oder die Einzeldrahtstruktur des Materials wie auch
flächenförmige Gebilde mit einer elastischen Oberflä
chenschicht zu umhüllen.
Die Formgedächtniseigenschaften von SMA Konstruk
tionswerkstoffen zeigen sich als dreidimensionale
Effekte bei Wärmezufuhr oder Abfuhr, wobei sich die
einzelnen Legierungen durch definiert vorgegebene
bzw. vorgebbare Temperaturfenster kennzeichnen. Es
gibt SMA-Werkstoffe mit reversiblen Verformungsmecha
nismen und solche, deren Phasenübergang von einem
Formzustand in den anderen nur in einer Richtung ef
fektiv ist. Die bekannten Legierungsgruppen zeigen,
daß die jeweils absoluten Größen der Verformungsef
fekte, d. h. die damit verbundenden stabilen Arbeits
werte, wie sie sich aus dem mit der Verformung ver
bundenen Biege- oder Torsionsmoment ergeben, bei dem
nur in einer Richtung möglichen Phasenübergang meist
doppelt so groß sind, wie bei Legierungen mit rever
siblem Phasenübergang. Bei der vorstehend beispiels
weise genannten Nickeltitanlegierung handelt es sich
um ein SMA-Material mit besonders großen Stellkräften
beim Phasenübergang. Als Koeffizient für die Stell
kraft wird hier εmax mit 8% für den Einwegeffekt und
εmax = 4% für den Zweiwegeffekt, also die reversible
Phasenveränderung angegeben.
Um eine vollständige Effektausbildung auch bei großer
Wiederholbarkeit der Formübergänge gewährleisten zu
können, kann jedoch bei der NiTi-Legierungsgruppe nur
mit ε = 3% und ε = 5% als sog. stabile Arbeitswerte
gerechnet werden.
Da der mit der Formänderung beim Phasenübergang zu
erreichende Biegeradius beispielsweise eines Drahtes
dessen Durchmesser direkt proportional, dem Wert ε
jedoch umgekehrt proportional ist, beschränkt eine
geringe Effektgröße den möglichen Biegeradius. Ein
gewünschter geringer Biegeradius ist somit zwangsläu
fig verbunden mit nur schwach erreichbaren Verfor
mungskräften, während umgekehrt wünschenswert starke
Verformungskräfte zu unerwünscht großen Biegeradien
führen.
Da durch die vorstehend genannte Eigenschaft die Ein
satzmöglichkeit der hier interessierenden Konstruk
tionswerkstoffe eingeschränkt wird, liegt der
Erfindung die Aufgabe zugrunde, Fadenstruktur
körper der gattungsgemäßen Art dahingehend zu verbes
sern, daß bei einem maximal möglichen Arbeitsvermö
gen, d. h. Torsions- bzw. Biegemoment dennoch die er
reichbaren Biegeradien bzw. Torsionswinkel erheblich
verringert werden können.
Die Lösung dieser Aufgabe wird durch die im kenn
zeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale
erfindungsgemäß erreicht.
Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen die
ser Aufgabenlösung sind in den Unteransprüchen ange
geben.
Dadurch, daß für einen gegebenen Anwendungsfall er
forderliche Verformungskräfte nicht mehr durch die
Dicke des SMA-Materials bei einer gegebenen Legie
rungsgruppe definiert werden müssen, sondern vielmehr
anstelle der Platten- oder Einzeldrahtstärke der Sum
mendurchmesser einer Vielzahl von zusammengefaßten
dünnen Fäden tritt, läßt sich bei gleichbleibenden
Verformungskräften der Biegeradius minimieren, was
entsprechend auch für das Torsionsmoment eines
Drahtes oder dgl. gilt, da für die Drahtdicke nunmehr
nur der Wert der Dicke des Einzeldrahtes des Summen
strukturkörpers tritt.
Für das Biegemoment Mb ist beispielsweise bekannt,
daß es das Produkt aus der Nutzspannung des SMA-Mate
rials σN und dem Widerstandsmoment W bei kreisförmi
gem Drahtquerschnitt ist. Es ergibt sich also die
Formel:
Mb = σN · N
mit W = π · d3/32 und
σN = 100 N/mm2
mit W = π · d3/32 und
σN = 100 N/mm2
Der Durchmesser d des SMA-Drahtes bestimmt jedoch
nicht nur das aufbringbare Biegemoment, sondern geht
wie vorstehend erwähnt, in den erreichbaren Biege
radius R nach der Formel ein:
R = d/2 · ε
Die erfindungsgemäße Lösung bietet somit
bei kleinem d entsprechend kleine Biegeradien, da der
Durchmesser d für jeden einzelnen Faden des zusammen
gefaßten gesamten Fadenstrukturkörpers gilt. Damit
können mit der vorliegenden Erfindung gegenläufige
Effekte bei regelmäßigen und auch unregelmäßigen Fa
denstrukturen aus SMA-Material erreicht werden, wobei
die dünnen Drähte systematisch miteinander verbunden,
vernetzt, verwirkt, verschweißt, vergossen oder an
derweitig verbunden werden, so daß sich die mit den
Phasenübergängen ergebenden Kraftaufbringungen gegen
seitig abstützen.
Es können Fäden bzw. dünne Drähte unterschiedlicher
SMA-Metallegierungsgruppen aber auch unterschiedlich
ster Durchmesser und Querschnitte in ein und demsel
ben Fadenstrukturkörper Anwendung finden, wobei es
auch denkbar ist, solche Strukturkörper aus Gemischen
von Einzelfäden und Stapelfasern aufzubauen. Die Ein
zelfäden müssen hierbei oder können zumindest teilwei
se nicht ausschließlich aus SMA-Material bestehen,
sondern beispielsweise auch aus den Fadenstrukturkör
per zu einer integralen Einheit zusammenfassenden
biegsamen Kunststoffäden und dgl. mehr.
Weiter ist es möglich, aus flächenförmigen Faser
strukturkörpern Gebilde zu formen, die im Querschnitt
als Hohlkörper ausgebildet sind, oder in flächiger
Formgebung beliebige dreidimensionale Strukturen auf
weisen. Mit dünnen, miteinander verflochtenen oder
nach Art eines Seiles verdrallten SMA-Drähten beste
hende Endlosgebilde zeichnen sich durch besonders
kleine Biegeradien vorteilhaft aus. Auch ist es vor
teilhaft, sowohl seilförmige als auch flächige Faden
strukturkörper der erfindungsgemäßen Art durch geeig
nete nachgiebige Oberflächenbeschichtungen vor nach
teiligen chemischen und/oder physikalischen äußeren
Einflüssen zu schützen. Die vorstehend genannten Vor
teile gelten nicht nur gleichermaßen für SMA-Stäbe
wie SMA-Platten, sondern auch für teppichartige Ge
flechte oder Gewirke aus SMA-Fasern und schließlich
auch für Wirrfaservliese aus diesem Material oder
Materialgemischen.
Wesentlich für derartige Faserstrukturaufbauten ist,
daß die Verbindung der einzelnen Fasern, dünnen Dräh
te oder dgl. miteinander derart erfolgt, daß bei ih
ren formändernden Phasenübergängen die auftretenden
Verformungskräfte sich gegenseitig abstützend aufad
dieren, wobei die Summe der Kraftwirkungen nicht un
bedingt der Summe der Einzelkräfte entsprechen muß
oder kann.
In vorteilhafter Weise werden mit den erfindungsgemäß
ausgebildeten Fadenstrukturkörpern hohe Biegemomente
und große Torsionsmomente bei gleichzeitig geringen
Biegeradien bzw. Drehwinkeln erreicht. Die Herstel
lung solcher Fadenstrukturkörper beispielsweise in
Seilform aber auch als Wirrfaservlies oder dgl. mehr
ist einfach und erfordert keinen höheren Aufwand, als
er im Stand der Technik bei der beispielsweise ge
nannten Seilherstellung, Faservliesausbildung und
dgl. mehr üblich ist. Vorteilhaft ist hierbei der
Rückgriff auf solche bewährten konventionellen Her
stellungstechniken. Da die vorgebbaren Verformungs
kräfte nicht hin bis zu ihren maximal erreichbaren
Werten ausgenutzt werden müssen, sondern hier auf
durchschnittliche ε-Werte eingestellt werden können,
erhöht sich in vorteilhafter Weise auch die Lebens
dauer solcher SMA-Fadenstrukturgebilde.
Soll beispielsweise ein Biegemoment von 1 Nm erreicht
werden, so ergibt sich wegen der Beziehung Mb = σN · W
ein minimal erforderlicher Durchmesser für die Faser
von 4,67 mm mit dem wiederum ein minimaler Biegeradi
us bei einer Vorgabe von ε = 4% von 58,4 mm erreicht
werden kann. Wird hingegen ein Seilgeflecht, das aus
vier Drähten besteht, wovon zwei einen Durchmesser
von 0,3 mm und zwei einen Durchmesser von 3,65 mm
aufweisen, eingesetzt, so kann bei einem sich erge
benden Gesamtdurchmesser von 7,3 mm das vorstehend
genannte Biegemoment von 1 Nm erreicht werden, bei
einer Verringerung des Biegeradius auf 45,6 mm.
Die Erfindung soll nachfolgend noch kurz
anhand der beiliegenden Zeichnungen näher erläutert
werden, die nur beispielsweise Ausführungsformen in
schematischer Wiedergabe darstellen. Es bedeutet:
Fig. 1 den Querschnitt durch ein mit einer Schutz
hülle versehenes Seil aus 4 Einzeldrähten;
Fig. 2 die Draufsicht auf einen Ausschnitt eines
Rohrgeflechts als Fadenstrukturkörper mit Schutzhülle
und
Fig. 3 eine Darstellung gemäß Fig. 2, wobei hier
der Rohrkörper aus einem Faservlies ausgeformt ist.
Die Querschnittdarstellung von Fig. 1 bezieht sich
auf das vorstehend angegebene Rechenbeispiel unter
Verwendung von 4 dünnen Drähten, wobei jeweils 2 un
terschiedliche Durchmesser aufweisen. Die 4 Drähte
sind nach Art eines Seiles miteinander verdrallt bzw.
verflochten, wobei der dünnere Draht 1a im Aus
führungsbeispiel einen Durchmesser von 1,3 mm auf
weist, während die beiden dickeren Drähte 1b den
Durchmesser 3,65 mm besitzen. Das aus den 4 Einzel
drähten 1a und 1b bestehende Seil ist mit einer
Schutzhülle 2 aus einem nachgiebigen Kunststoff
schlauch überzogen. Neben oder anstelle der form- und/oder
kraftschlüssigen Verdrillung oder anderwei
tigen Verkettung der Einzeldrähte 1a, 1b untereinan
der, können diese im Abstand zueinander miteinander
verschweißt sein oder bei ausschließlich miteinander
verdrillten Einzeldrähten wenigstens an ihren jewei
ligen Anfangs- und Endpunkten miteinander vergossen
sein.
Das in Fig. 2 gezeigte vernetzte SMA-Geflecht, wel
ches zu einem Rohrkörper zusammengefaßt ist, kann für
sich selbst tragend ausgebildet sein, oder aber wie
dargestellt, mit einem nachgiebigen Schlauchmaterial
umhüllt sein, oder wie nicht dargestellt, auf ein
tragendes Schlauchmaterial aufgebracht sein. Schließ
lich zeigt das Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 3 noch
einen rohrförmigen Hohlkörper, bei dem der eigentli
che Fadenstrukturkörper durch ein Wirrfaservlies ge
bildet ist, wobei auch hier die SMA-Wolle 4 entlang
der äußeren Umfangsfläche des Rohrkörpers mit einer
Schutzhülle 2 überzogen ist. Die ungeordnete Faser
struktur der SMA-Wolle ist in eine aushärtende ela
stische Schicht eingebettet, damit die beim Phasen
übergang auftretenden Verformungskräfte sich gegen
seitig abstützend verstärkt werden. Denkbar ist je
doch auch eine punktuelle Verschweißung der Legie
rungsfasern, wenn diese nur so getroffen wird, daß
damit der vorstehend genannte Zweck erreicht werden
kann. Für die Übertragung der Einzelbiegemomente der
Einzelfäden zu dem gewünschten Summeneffekt ist die
erforderliche Verkettung, Verschweißung oder sonstige
Verbindung der Einzelfäden unumgänglich.
Claims (14)
1. Fadenstrukturkörper, enthaltend wenigstens eine
Metallegierung mit Formgedächtnis (SMA), insbe
sondere einen Nickel-Titan-Legierungsdraht,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine Mehrzahl einzelner relativ dünner Fa
denstrukturen aus SMA-Material zu einem Summen
strukturkörper zusammengefaßt und so miteinander
kraftschlüssig verbunden sind, daß die bei ihrem
formändernden Phasenübergang auftretenden Ver
formungskräfte sich bei gegenseitiger Abstützung
aufaddieren.
2. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fadenstruktur
aus miteinander verdrallten dünnen Drähten be
steht.
3. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fadenstruktur
aus miteinander nach Art eines Seiles verfloch
tenen Fasern bzw. Drähten besteht.
4. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß die zu einer Einheit
zusammengefaßte geordnete Struktur aus Fäden mit
unterschiedlichen Durchmessern und/oder Längen
gebildet ist.
5. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fadenstruktur zu
einem im Querschnitt beliebigen Hohlkörper zu
sammengefügt ist.
6. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fadenstruktur zu
einem flächigen Körper zusammengefügt ist.
7. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden, Fasern
und/oder dünnen Drähte miteinander verflochten
sind.
8. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden, Fasern
und/oder dünnen Drähte miteinander verwebt sind.
9. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden, Fasern
und/oder dünnen Drähte gegenseitig wenigstens
teilverschweißt sind.
10. Fadenstrukturkörper nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fäden, Fasern
und/oder Drähte in Verbundmaterial eingebettet
sind.
11. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1 und 10,
dadurch gekennzeichnet, daß die Fasern und/oder
Drähte ein Wirrfaservlies bilden.
12. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß der Fadenstruktur
körper von einer Schutzhülle umgeben ist.
13. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß das die Fasern ein
bettende Verbundmaterial ein aushärtbares Ela
stomer ist.
14. Fadenstrukturkörper nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß der Fadenstruktur
körper aus unterschiedlichen Legierungen bzw.
SMA-Materialien zusammengefügt ist.
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