DE4239335C2 - Verwendung kleiner innerer Abmessungen zur Verlängerung der Zeitkonstanten, die durch Desorption verursacht werden - Google Patents

Verwendung kleiner innerer Abmessungen zur Verlängerung der Zeitkonstanten, die durch Desorption verursacht werden

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Description

Die Erfindung umfaßt vier Anwendungsbereiche:
  • 1. In der Gasmeßtechnik können Sensoren stabiler, reproduzierbarer, selektiver und empfindlicher gemacht werden.
  • 2. Aus der Zeit, die nötig ist um das Gasleitungssystem zu durchdringen, kann auf die Gaskonzentration geschlossen werden.
  • 3. Aus den am Gasmeßsystem gemessenen Zeitkonstanten kann auf die Zeitkonstan­ ten der molekularen Vorgänge geschlossen werden.
  • 4. Manche gasförmige Katalysatoren können praktisch gebunden werden.
In der Gassensorik benützt man manchmal die Adsorption von Gasteilchen an Ober­ flächen fester Körper zur Bestimmung von Gaskonzentration, -druck und/oder der Gassorte. Die Zustände der adsorbierten Gasteilchen lassen sich in zwei Gruppen ein­ teilen. Die Physisorption mit Bindungsenergien in der Größenordnung 1-10 meV und die Chemisorption mit Bindungsenergien in der Größenordnung 100 meV-1 eV. Aus diesen Zuständen werden Gasteilchen wieder desorbiert, mit einer Zeitkonstante die exponentiell mit der Bindungsenergie ansteigt τ∼. Für ein Verhältnis der Bindungsenergien von 1 zu 20 ergibt sich ein Verhältnis von e²⁰ ≈ 5·10⁸ für die da­ zugehörenden Zeitkonstanten. Bei Raumtemperatur sind typische Zeitkonstanten der Desorption von physisorbierten Zuständen 10-8 - 10-10 Sekunden, von chemisorbierten Zuständen Sekunden bis Tage.
Für die Gassensorik ergibt sich dadurch häufig das Problem einer langsamen Drift eines Signals, das auf einer Oberflächenreaktion beruht. Dies läßt sich wie folgt er­ klären. Eine Oberfläche, aus deren Zustand das Signal des Gasmeßsystems gewonnen wird, ist schon so lange einem konstanten Gasgemisch ausgesetzt, daß sich ein Gleich­ gewichtszustand zwischen Oberflächenbedeckung und den Gaskonzentrationen eingestellt hat. Wird nun ein zusätzliches Gas dem Gasgemisch in einer bestimmten Konzentration hinzugefügt, so können verschiedene Vorgänge und Reaktionen ablau­ fen. Dies können je nach Aktivierungsenergie schnelle oder langsame Reaktionen bzw. Vorgänge (z. B. langsame Desorption) sein. Obwohl die Konzentration des neuen Gases erhöht wurde und man also nur Adsorptionsvorgänge des neuen Gases erwartet, spielt die langsame Desorption eine Rolle. Um das Gleichgewicht zu erreichen ist es nämlich notwendig, daß chemisorbierte Zustände der Gase, die bereits vorher im System waren, desorbieren und so Plätze an der Oberfläche freigeben, an denen das neue Gas adsorbie­ ren kann. Aus den langsamen Reaktionen ergeben sich mehrere Probleme. Erstens wird ein Gleichgewichtszustand nur sehr langsam erreicht, so daß eine weitere Änderung der Gaskonzentrationen im allgemeinen auf einen Nichtgleichgewichtszustand trifft. Dies führt dazu, daß sowohl die Signalhöhe als auch die Änderung der Signalhöhe nicht nur von der derzeitigen Gaskonzentration, sondern auch von der Vorgeschichte und der Zeit seit der letzten Änderung abhängt. Zweitens erschwert die Langzeitdrift der Signale die Bestimmung einer langsamen Konzentrationsänderung erheblich.
Durch die im Anspruch 1 vorgeschlagene Geometrie lassen sich die ne­ gativen Auswirkungen der langsamen Desorption verhindern. Die Gaszuführung zum Sensor ist so dünn, daß ein von der Wandung der Gasführung desorbiertes Teilchen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit wieder auf eine Wand trifft und nicht auf ein Teilchen im Gasvolumen (Innendurchmesser der Zuführung ist kleiner als die mitt­ lere freie Weglänge der Teilchen im Gas). Auch die sensitiven Oberflächen des Sensors müssen so angeordnet sein, daß ein von diesen Oberflächen desorbierendes Teilchen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf eine Wand trifft und nicht mit einem anderen Gasteilchen zusammenstößt.
Dies läßt sich wie folgt erklären. Das System sei im Ultrahochvakuum hergestellt und die Oberflächen ohne jede Bedeckung. Dann wird ein Gas A eingelassen. Dieses trifft auf die Wand der Gaszuführung, chemisorbiert dort und bleibt so haften. Weitere Teilchen von Gas A treffen auf bereits an den Wänden chemisorbierte Teilchen des Gases A und bleiben dort haften. Diese Adsorption ist jedoch für fast alle Gase eine Physisorption, so daß die Teilchen aus diesen Zuständen schnell wieder desorbieren. Dieser Vorgang wiederholt sich für ein Teilchen so oft, bis es auf einen leeren Platz an der Oberfläche trifft, an dem es chemisorbieren kann. Auf diese Art und Weise wächst eine Monolage chemisorbierter Teilchen des Gases A entlang der Gaszuführung nach innen und erreicht schließlich den Sensor mit den sensitiven Oberflächen können nachgewiesen werden.
Auf der chemisorbierten Monolage in der Gaszuführung sind die Teilchen des Gases A physisorbiert. Die Anzahl dieser physisorbierten Teilchen befindet sich im Gleich­ gewicht mit der Konzentration des Gases A im Volumen vor der Gaszuführung. Die Zeit, die ein adsorbiertes Teilchen braucht um die Gaszuführung zu verlassen, hängt ab von der Desorptionszeit, dem Abstand des Teilchens vom Eingang der Gasleitung sowie dem Innendurchmesser der Gasleitung. Da die Winkelverteilung bei der Desorp­ tion dem Kosinusgesetz folgt, ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Teilchen, das von einer Wand desorbiert und an der gegenüberliegenden adsorbiert wird, dem Eingang näher kommt, genau so groß wie die, daß es sich weiter entfernt. Um die Gasleitung zu verlassen, muß also die Differenz zwischen Vorwärts- und Rückwärtsbewegung so groß werden wie die ursprüngliche Entfernung vom Eingang. Daher wächst die An­ zahl, der zum Verlassen der Gasleitung benötigten Desorptions-/Adsorptionsvorgänge, quadratisch mit dem ursprünglichen Abstand vom Eingang.
Ist die Länge der Gasleitung um einen Faktor 1000 größer als die mittlere in ei­ nem Desorptions-/Adsorptionsvorgang entlang der Gasleitungsrichtung zurückgelegten Strecke, so benötigt man im Mittel 10⁶ Desorptionen bis ein Teilchen von dieser Stelle den Eingang erreicht hat. Handelt es sich bei den adsorbierten Zuständen immer um physisorbierte Zustände mit einer Desorptionszeitkonstante von 10-8 Sekunden, so er­ gibt sich für das Verlassen der Gasleitung eine benötigte Zeit von ca. 10-2 Sekunden. Für chemisorbierte Zustände mit einer Desorptionszeitkonstante von einer Minute er­ gibt sich analog eine Zeit von ca. 2 Jahren zum Verlassen der Gasleitung. Für einen Gassensor mit einer solchen Gaszuführung ergibt sich daraus, daß die Vorgänge, die auf Physisorption beruhen, benutzt werden können um auf Gaskonzentrationen und Gassorten zu schließen. Und dies für die meisten Anwendungen hinreichend schnell, während die Vorgänge, bei denen die Desorption aus chemisorbierten Zuständen eine Rolle spielt, so langsam werden, daß sie nicht mehr stören. Jedoch lassen sich frühere Ergebnisse von Eichmessungen der Sensoren für verschiedene Gase und Gemische, bei denen sich der Sensor in einem großen Gasbehälter befunden hat, nicht ohne weiteres auf diesen Aufbau übertragen. Insbesondere welchem Gas solch ein Gasmeßsystem als erstes ausgesetzt wird, prägt die Sensoreigenschaften. Ein chemisorbierendes Gas füllt das Gasmeßsystem schnell, verläßt es aber praktisch nie mehr. Den zusätzlichen Parameter der unterschiedlichen Vorbehandlung kann man auch für mehrere Senso­ ren auf einem Chip nutzen, wenn man die Gaszuführungen erst geschlossen hält und in verschiedenen Atmosphären öffnet. Dies kann man durch externes Zuhalten, mi­ kromechanische Ventile oder am einfachsten durch sogenannte "fusible links", die ein Einmalventil darstellen, erreichen. Sie bestehen aus einer dünnen Metallschicht, die den Eingang der Gaszuführung abschließt und durch einen elektrischen Strom erhitzt und verdampft werden kann.
Je größer man den Innendurchmesser der Gaszuführung macht, um so mehr wird dieser Effekt abgeschwächt und die Wechselwirkung eines desorbierenden Teilchens mit dem Gasvolumen in der Gaszuführung verstärkt. Ist die Wahrscheinlichkeit eines de­ sorbierenden Teilchens eine andere Wand ohne vorherigen Zusammenstoß mit einem Gasteilchen zu erreichen gleich Null, so verschwindet dieser Effekt, aber bereits lange vorher überwiegt die Desorption ins Gasvolumen.
Direkt vor den sensitiven Oberflächen muß sich, wie schon erwähnt, ebenfalls eine Oberfläche befinden, da falls sich ein Gasvolumen vor den sensitiven Oberflächen be­ findet, eine Desorption ins Gasvolumen erfolgt. Die Gaskonzentrationen in diesem Gasvolumen sind jedoch nach relativ kurzer Zeit dieselben wie vor dem Gasleitungs­ system. Dieser Ausgleich geschieht schnell durch Physisorption/Desorptions-Transportvorgänge in der Gaszuführung.
Um die zweite Anwendungsmöglichkeit zu beschreiben, wird vorher noch kurz auf den Stand der Technik eingegangen. Aus der Vakuumtechnik ist folgendes bekannt: Sind zwei Rezipienten mit einer dünnen Gasleitung verbunden und man erhöht den Druck in einem Rezipienten, so tritt eine Druckerhöhung im anderen Rezipienten erst nach einer gewissen Verzögerungszeit auf. Dies wird dadurch erklärt, daß sich erst an den Rohrwänden durch Adsorption eine Gleichgewichtsbedeckung einstellt und erst dann eine stationäre Strömung. Diese Verzögerungszeit ist abhängig von der Teilchenkonzentration.
Die zweite Anwendungsmöglichkeit benutzt diesen Effekt um in der Gassensorik eine Gaskonzentration zubestimmen. Das Gasmeßsystem besteht aus einem dünnen Rohr mit einem Sensor am geschlossenen Ende und entweder einem zweiten Sensor näher zum Eingang des Rohres oder einem Ventil, das nachdem es offen war wieder geschlossen worden ist. Wird jetzt ein zusätzliches Gas eingelassen oder das Ventil geöffnet, nach­ dem ein zusätzliches Gas in das Volumen vor dem Gasmeßsystem ein gelassen worden ist, so strömt dieses Gas auch in das Rohr und die Gasteilchen treffen auf die inneren Oberflächen des Rohres. Dort können sie auf das Material des Rohres treffen oder auf adsorbierte Teilchen der Gase, die bereits vorher anwesend waren, oder auch auf Teilchen der selben Sorte. Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit adsorbieren die neuen Teilchen an mindestens einer dieser drei Möglichkeiten. Bis so viele neue Teilchen an der Oberfläche adsorbiert sind, daß gleich viele Teilchen pro Zeit- und Flächeneinheit desorbieren wie dort auftreffen, also die Gleichgewichtsbedeckung erreicht ist, stellt die Oberfläche eine Senke für die neuen Teilchen dar. Dies führt dazu, daß eine Haut mit der Gleichgewichtsbedeckung, die bis zu einer Monolage sein kann, nach innen wächst. Die Geschwindigkeit der Front dieser "Haut" ist proportional zur Wandstoßzahl, die wiederum proportional zur Teilchenkonzentration ist. Damit ist die Differenz zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die Front den ersten Sensor passiert oder das Ventil geöffnet wird, und dem Zeitpunkt, da die Front den zweiten Sensor erreicht, ein Maß für die Teilchenkonzentration.
Die dritte Anwendung benützt den Effekt der Verlängerung der Zeitkonstanten des Gasmeßsystems in der anderen logischen Schlußrichtung. Setzt man ein derartiges Gasmeßsystem, das sich in einem gut definierten, bekannten Zustand befindet, einem Gas aus und entfernt das Gas dann wieder, so kann man aus der Zeitkonstanten des Sensorsignals auf die Zeitkonstanten der molekularen Vorgänge schließen. Den mathe­ matischen Zusammenhang für spezielle Geometrien erhält man am einfachsten durch Eichmessungen mit Gasen deren molekulare Desorptionszeitkonstanten bekannt sind oder auf andere Weise gemessen werden.
Die vierte Anwendungsmöglichkeit ist die Benutzung der vorgeschlagenen Behälter um gasförmige Katalysatoren praktisch zu binden. Der noch "saubere" Behälter wird dem gasförmigen Katalysator ausgesetzt, so daß eine Monolage des Katalysators auf den Oberflächen des Behälters chemisorbiert. Dann kann der Behälter in eine Atmosphäre aus den Gasen, die reagieren sollen, gebracht werden. Wichtig ist, daß der Kataly­ sator im chemisorbierten Zustand seine katalytische Eigenschaft besitzt und daß die Desorptionszeiten der Reaktionsprodukte klein sind gegenüber der Desorptionszeit des Katalysators. Um möglichst große Reaktionsraten zu erreichen, erscheinen hier poröse Festkörper mit ihrer großen inneren Oberfläche und den vielen Ein- und Ausgängen besonders geeignet.

Claims (12)

1. Gassensor, der das Gas aufgrund von Wechselwirkungen des Gases mit Festkörper­ oberflächen analysiert und einen Hohlraum aufweist, in dem Adsorptions-/De­ sorptionsvorgänge stattfinden, oder Gasbehälter, in dem Adsorptions-/Desorptionsvorgänge stattfinden, oder Gasleitungselement, in dem Adsorptions-/Desorptionsvorgänge stattfinden, wobei eine innere Abmessung in mindestens einer Richtung quer zur Gasleitungs­ richtung im Bereich der mittleren freien Weglänge der Gasteilchen liegt und des­ sen Abmessung in Gasleitungsrichtung ein Vielfaches davon ist.
2. Gassensor oder Gasbehälter oder Gasleitungselement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine aufgrund der Adsorptions-/Desorptionsvorgänge auftre­ tende Verzögerungszeit meßbar ist.
3. Gassensor oder Gasbehälter oder Gasleitungselement nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß aus der Verzögerungszeit Gaskonzentrationen bestimmbar sind.
4. Gassensor oder Gasbehälter oder Gasleitungselement nach Anspruch 1 bis 3, da­ durch gekennzeichnet, daß der Raum, in dem die Adsorptions-/Desorptionsvor­ gänge stattfinden, ein Rohr ist.
5. Gassensor oder Gasbehälter oder Gasleitungselement nach Anspruch 1 bis 3, da­ durch gekennzeichnet, daß der Raum, in dem die Adsorptions-/Desorptionsvor­ gänge stattfinden, durch zwei im wesentlichen parallele Platten gebildet ist.
6. Gassensor oder Gasbehälter oder Gasleitungselement nach Anspruch 1 bis 3, da­ durch gekennzeichnet, daß der Raum, in dem die Adsorptions-/Desorptionsvor­ gänge stattfinden, ein poröser Festkörper ist.
7. Gassensor nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß er zwei Gassensor­ elemente aufweist.
8. Gassensor nach Anspruch 1 bis 7 dadurch gekennzeichnet, daß die Gaszufuhr schaltbar ist.
9. Gassensor nach Anspruch 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß er mit einem Gas vorbehandelt ist.
10. Verwendung von Gassensoren nach Anspruch 1 bis 9 in einem Sensorsystem, bei dem die inneren Abmessungen der Hohlräume in Gasleitungsrichtung und/oder quer zur Gasleitungsrichtung unterschiedlich sind.
11. Verwendung Gasbehälters oder Gasleitungselementes nach Anspruch 1 oder 4 bis 9 zur Aufnahme eines gasförmigen Katalysators, der darin praktisch gebunden ist.
12. Verwendung eines Gassensors nach Anspruch 1 bis 9 zur Bestimmung von mikro­ skopischen Zeitkonstanten für die Desorption eines Gasteilchens aus am Sensor gemessenen Zeiten.
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