DE4230097A1 - Verfahren zur Herstellung von Polylactid-Formkörpern - Google Patents
Verfahren zur Herstellung von Polylactid-FormkörpernInfo
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Description
Poly-L-Lactid, Poly-D-Lactid sowie deren Copolymere sind bekannt.
Es sind biologisch abbaubare Polymere, bei deren Verrottung keine
naturfremden Abbauprodukte, sondern nur Biomasse sowie Kohlen
dioxid entstehen. Aufgrund dieses Verhaltens hat Polyactid ein
großes Potential, besonders im Verpackungsbereich.
Polyactide können außerdem vollständig aus nachwachsenden Roh
stoffen hergestellt werden: L-Lactid, D-Lactid, DL-Lactid oder
Mischungen davon werden aus Milchsäure erhalten und zu hochmole
kularen Produkten ringöffnend und unter Erhalt des asymmetrischen
Kohlenstoffatoms polymerisiert.
Die homopolymeren D- und L-Lactide weisen Schmelzpunkte um 1-5°C
auf, der Zug-E-Modul liegt bei Raumtemperatur bei 3500-4000
N/mm2, die Zugfestigkeit bei 60-70 N/mm2, wobei die Gewichtsmittel
der Molmassen 50 000 bis 200 000 g/Mol betragen. Die Glasüber
gangstemperatur liegt bei 50°C.
Allerdings weisen Polylactide für die Verarbeitung einen Nachteil
auf: Sie kristallisieren so langsam, daß speziell beim Spritz
gießen eine Kühlzeit bis zu mehreren Minuten erforderlich ist, um
teilkristalline Formkörper mit entsprechender Formbeständigkeit
oberhalb der Glasübergangstemperatur zu erhalten.
Polylactide können - wie die meisten Polymeren - durch eindimen
sionale Orientierung zugfester gemacht werden. (DE 16 42 112, DE
16 42 111, DE 14 92 427). Dabei werden Fasern extrudiert und bei
Temperaturen von 60 bis 150°C bis zum zehnfachen der ursprüng
lichen Länge verstreckt. Derartige Fasern werden gewöhnlich als
chirurgisches Nahtmaterial verwendet.
Es ist auch bekannt, extrudierte Profile (DE 39 39 363) bei 105 bis
160°C zu strecken. Auch die Herstellung von Schrauben, Stiften
und Rohren höherer Längsfestigkeit durch Verstrecken von Poly
lactiden ist beschrieben (EP 321176). Derart hergestellte Teile
werden als biologisch abbaubare Prothesenteile eingesetzt.
Anders als bei eindimensional verstreckten und belasteten Teilen
treten beim Herstellen mehrdimensional zu belastender Teile wie
Folien oder Hohlkörpern ernste Probleme dadurch auf, daß die
Festigkeit senkrecht zur Verstreckrichtung infolge der moleku
laren Orientierung leidet, so daß die Teile bei Belastung senk
recht zur Verstreckrichtung auseinanderbrechen oder aufspleißen.
Dieser Nachteil wird durch die erfindungsgemäße mehrdimensionale
Verstreckung in vorteilhafter Weise behoben.
Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Herstellung von
Formkörpern zu finden, das Polylactid-Formteile, Extrudate oder
Halbzeug herzustellen erlaubt mit einer Formbeständigkeit von
über 50°C.
Die Aufgabe der Erfindung wird dadurch gelöst, daß man die Masse
bei 180 bis 220°C aufschmilzt, die Schmelze gegebenenfalls unter
Formgebung auf 60 bis 150°C abkühlt und in diesem Temperatur
bereich dehnt oder reckt, wobei die Masse einer zwei- oder drei
dimensionalen Dehnströmung ausgesetzt wird und teilweise kristal
lisiert.
Dabei muß der Aufenthalt der Masse in den Temperaturbereichen für
Schmelzverformung und Dehnung nicht unmittelbar aufeinander
folgen. Es ist auch möglich, aus der Schmelze durch schnelles
Abkühlen auf z. B. unterhalb 40°C zunächst ein amorphes Material
herzustellen, dieses bei Raumtemperatur zwischenzulagern, sodann
mittels eines Ofens, Dampfbehandlung, Mikrowellenbehandlung oder
Infrarotbestrahlung auf erfindungsgemäße Temperaturen von 60 bis
140°C, z. B. innerhalb von 0,5 bis 2 Minuten zu erwärmen und
sodann unter endgültiger Formgebung zu dehnen.
Nach der Erfindung ist es möglich, biologisch abbaubare Folien,
Hohlkörper, Becher oder Schäume aus Polylactid herzustellen, die
oberhalb deren Glaserweichungstemperatur wärmeformbeständig sind
und in allen Richtungen hohe Festigkeit aufweisen.
Zur Herstellung von Folien stehen grundsätzlich zwei Möglich
keiten der Verarbeitung zur Verfügung:
Die Masse wird bei 190-210°C durch eine Breitschlitzdüse extru
diert. Die extrudierte Folie wird über eine auf 30 bis 40°C
geheizte Kühlwalze (chill roll) geleitet, wobei man eine amorphe
Folie erhält. Diese Folie wird auf einer weiteren Walze auf
70-130°C erwärmt und dabei von der nachfolgenden Abziehwalze mit
der zwei- bis zehnfachen Geschwindigkeit verglichen zur Extru
sionsgeschwindigkeit abgezogen.
Simultan zum Abziehen in Längsrichtung greifen Klammern die Folie
seitlich und verstrecken das Material um das zwei- bis fünffache.
Dabei wird die Temperatur im Bereich von 70 bis 150°C mit Hilfe
eines Warmluftvorhangs oder einer Infrarotheizung gehalten. Es
folgt eine weitere Kühlwalze und danach die Aufwicklung.
Die so erhaltene biaxial verstreckte Folie zeigt keinerlei
Neigung, senkrecht zur Längsrichtung auf zuspleißen.
Für höhere Produktionsgeschwindigkeiten bietet sich das gleich
zeitige Längsverstrecken und Aufblasen einer Schlauchfolie an.
Dabei wird eine Polylactid-Schlauchfolie extrudiert und die Folie
beim Abziehen nahe dem Blaswerkzeug stark abgekühlt, wobei die
Folie amorph bleibt. Dazu ist es vorteilhaft, die Folie durch ein
mit Wasser gekühltes Rohr zu führen. Damit wird auch ein zu
frühes und damit nachteiliges Aufblasen unter dem Blasdruck
vermieden. In einer weiteren folgenden Zone wird der kalte
Schlauch hoher Wandstärke auf 70 bis 150°C aufgeheizt, wobei er
unter dem Einfluß des statischen Blasdrucks aufgeblasen wird.
Über die Abzugsgeschwindigkeit wird das Längsreckverhältnis ein
gestellt. Der aufgeblasene und längsgereckte Schlauch wird durch
ein Klemmgatter gezogen und dabei zusammengelegt und danach wie
üblich aufgewickelt.
Hohlkörper aus Polylactid werden gemäß der Erfindung vorzugsweise
über das Streckblasverfahren hergestellt. Dazu werden mittels
einer Spritzgießmaschine bei einer Massetemperatur von 180 bis
220°C und einer Werkzeugtemperatur unterhalb von 40°C amorphe
Vorformlinge hergestellt. Diese werden anschließend (vorzugsweise
durch Infrarotbestrahlung) auf 90 bis 130°C erwärmt und sodann
unter Verstreckung des Materials in eine Form geblasen.
Entsprechend kann Polylactid auch durch Tiefziehen zu Bechern
verarbeitet werden. Man extrudiert eine amorphe Folie durch
Abschrecken des Extrudats auf unterhalb von 40°C. Zum Tiefziehen
wird die Folie in einer üblichen Tiefziehvorrichtung auf 80 bis
120°C erhitzt und dann mittels eines Tiefziehwerkzeuges verformt.
Dabei ist darauf zu achten, daß alle Teile der amorphen Folie um
mindestens das zweifache in allen Dimensionen verstreckt werden.
Es ist auch möglich, die amorphe Folie durch Vakuumtiefziehen in
die Kavität der Tiefziehform hineinzuziehen. Durch die Kombina
tion von Unterdruck und Tiefziehstempel ist ein hohes Verstreck
verhältnis besonders leicht zu erzielen.
Es ist bekannt, Polylactid-Schmelzen in einem Extruder mit fluo
rierten Schäummitteln wie Difluormethan, 1,1-Difluorethan oder
1,1,1,3,3-Pentafluorbutan zu versetzen und die Schmelze nach
Durchgang durch Düsen zu entspannen und dabei auf zuschäumen
(Chemical Abstracts 116 (26): 257043 w). Durch die beim Expan
dieren des Treibmittels verursachte rasche Abkühlung wird ein
amorpher Polylactid-Schaum erhalten.
Erfindungsgemäß biologisch abbaubare Schäume hoher Festigkeit und
Wärmeformbeständigkeit aus Polylactid werden dagegen hergestellt,
indem Polylactid, das Keimbildner wie Talkum enthält, in bekann
ter Weise mit Treibmittel versetzt und bei 80 bis 140°C, vorzugs
weise um 100°C aufgeschäumt wird. Man kann in eine Polylactid-
Schmelze Treibmittel wie n-Butan, n-Pentan, Cyclopentan, Aceton,
Ameisensäuremethylester oder Mischungen davon unter dem entspre
chend hohen Dampfdruck einpressen und mit der Schmelze vermi
schen. Die mit dem Treibmittel beladene Schmelze wir unter die
Erweichungstemperatur unter Gegendruck abgeschreckt und man
erhält ein treibmittelhaltiges, amorphes Granulat, das beim
Erwärmen von 80-140°C unter Verdampfen des Treibmittels expan
diert und dabei in erwünschter Weise teilweise kristallisiert.
Das Erwärmen kann dabei durch eine entsprechend geheizte Form
geschehen, z. B. durch Wasserdampf, in diesem Falle auf ca. 100°C.
Dabei tritt noch keine wesentliche Hydrolyse des Polylactids ein,
falls das Schäumen auf eine Dauer von unter 5 Minuten begrenzt
bleibt. Polare Treibmittel wie Ameisensäuremethylester oder
Aceton müssen mit unpolaren wie n-Pentan vermischt werden, um
eine vorzeitige Kristallisation der Polylactide unter dem Einfluß
polarer Treibmittel möglichst zu vermeiden.
Nach einem anderen Verfahren suspendiert man feines amorphes
Polylactid-Granulat mit Abmessungen von ca. 1 mm, das ebenfalls
Keimbildner enthält, in Wasser und preßt das Treibmittel bis zu
Drucken von 100 bar über eine Zeit von bis zu 10 h auf, wobei die
Temperatur weniger als 50°C beträgt. Danach wird wie oben
beschrieben entspannt und bei erhöhten Temperaturen unter
dehnungsinduzierter Kristallisation geschäumt.
Es ist auch möglich, in das amorphe Polylactid-Granulat bei Raum
temperatur ein flüssiges Treibmittel oder Treibmittelgemisch ein
dringen zu lassen, dieses dann abzudekantieren und das Granulat
anschließend bei erhöhten Temperaturen zu schäumen.
In den nachstehenden Beispielen wird ein Poly-L-Lactid mit einer
inhärenten Viskosität von 1,68 eingesetzt, gemessen als 0,51%-ige
Lösung in Chloroform bei 25°C. Die amorphe Dichte des Materials,
gemessen an einem abgeschreckten Spritzgießteil, Formtemperatur
30°C, beträgt 1,248 g/cm3.
Der kristalline Anteil bei 25°C wird nach der Gleichung
bestimmt, wobei ρa die amorphe Dichte, ρ die gemessene Dichte und
ρc die kristalline Dichte bedeutet. ρc beträgt 1,290 g/cm3 und
ρa = 1,248 g/cm3. Ein Maß für die Kristallinität ist auch der
Flächenanteil Fc/(Fc+Fa) der kristallinen Röntgenreflexe Fc im
Verhältnis zur Summe der Flächen aus kristallinen Reflexen Fc und
dem amorphen Halo Fa.
Das eingangs charakterisierte Poly-L-Lactid wird in einem Extru
der unter Argon aufgeschmolzen und durch eine Breitschlitzdüse zu
einer 100 µm starken Folie extrudiert. Vom Einzug her betragen
die Temperaturen der vier Heizzonen 210, 200, 200 und 190°C.
Die extrudierte Folie wird auf 25°C abgekühlt (Kühlwalze) und
mittels einer zweiten Walze auf 100°C erwärmt. Die Abzugsge
schwindigkeit der dritten Walze beträgt das 5,5-fache der
Geschwindigkeit der Kühlwalze. Mit beweglichen Klammern wird die
Folie senkrecht zur Extrusionsrichtung um das 2,8-fache ver
streckt. Ihr kristalliner Anteil beträgt danach 48%. Die amorphe
Folie weist bei 25°C eine Zugfestigkeit von 65 N/mm2 auf. Die
erfindungsgemäß biaxial gerechte Folie weist in Extrusionsrich
tung 260 N/mm2 und senkrecht dazu 205 N/mm2 Zugfestigkeit auf.
Das eingangs charakterisierte Poly-L-Lactid wird mit einer Masse
temperatur von 200°C unter Argon in eine auf 30°C gekühlte Form
gespritzt und so amorphe Vorformlinge mit einem Innendurchmesser
von 20 mm, einer Länge von 120 mm sowie einer Wandstärke von 2,5
mm mit halbkugelförmigem Boden und einem Bund am offenen Ende
erhalten. Die Vorformlinge wurden über einen Infrarotstrahler auf
100°C erhitzt in eine Flaschenform überführt, die Form geschlos
sen, der Vorformling mittels Preßluft aufgeblasen und nach 40
Sekunden die Form geöffnet und eine entsprechende Flasche ent
formt.
Je nach Reckverhältnis betrug der kristalline Anteil des Poly-
L-Lactids am Bund 4%, am Bauch 60% und am Boden 21%. Die
Flasche konnte mit 90°C heißem Wasser gefüllt werden, ohne sich
zu verziehen.
Aus dem eingangs charakterisierten Poly-L-Lactid wurden unter
Argon bei 200°C Massetemperatur durch Breitschlitzextrusion
amorphe Platten mit 1,9 mm Dicke hergestellt. Die Platten wurden
zurecht geschnitten, mit einem Infrarotstrahler auf ca. 100°C
gebracht und danach in einer Becherform mittels Vakuum tiefge
zogen. Es wurden konische Becher mit einem oberen Durchmesser von
50 mm, Bodendurchmesser 37 mm und einer Mantellänge von 70 mm
hergestellt. Der kristalline Anteil betrug am offenen Rand 15%,
in der mittleren Höhe 31% und an der Bodenmitte 17%. Der Becher
konnte ohne Verzug mit 90°C heißem Wasser gefüllt werden.
5 kg Granulat des eingangs charakterisierten Poly-L-Lactids
werden mit 20 g Talkum "IT-Extra" bepudert, gemischt und danach
die Mischung in einem Extruder unter Argon bei 200°C aufge
schmolzen, die Schmelze über Knetelemente geschert, danach durch
Düsen extrudiert und die dabei erhaltenen Stränge in einem Was
serbad zu amorphem Material abgeschreckt. Der Düsendurchmesser
betrug 1,5 mm. Die Drehzahl des Abschlagmessers und die Abzugs
geschwindigkeit der sich anschließenden Granuliermaschine waren
so aufeinander abgestimmt, daß ein Granulat mit ca. 1 mm Durch
messer und ca. 1,5 mm Länge erhalten wurde.
Das Granulat wurde 2 h bei 40°C im Vakuum getrocknet. 100 g des
Granulats wurden bei 20°C mit einer Mischung aus 60 Vol-% Amei
sensäuremethylester und 40 Vol-% n-Pentan imprägniert, indem das
Granulat ca. 10 h in der Treibmittelmischung unter Rühren belas
sen wurde.
Sodann wurde das mit der Treibmittelmischung imprägnierte Poly-
L-Lactid-Granulat in eine quaderförmige Form mit 2 Liter Volumen
gefüllt. Die Form war mit je einem Ein- und Auslaßstutzen für
Dampf versehen. Nach Verschließen der Form wurde Dampf mit einer
Temperatur von 100°C durchgeleitet, wobei das Granulat auf
schäumte; nach 3 min Dampfdurchgang wurde die Dampf zufuhr unter
brochen und der entstandene Polylactid-Schaumblock entformt. Nach
Messungen der Dichte betrug der kristalline Anteil des Materials
ca. 30%. Der Schaum wurde bei 100°C nicht weich.
Claims (1)
- Verfahren zur Herstellung von Polylactid-Formkörpern durch mehr dimensionale dehnungsinduzierte Kristallisation, dadurch gekenn zeichnet, daß vorgeformtes amorphes Polylactid bei 60 bis 150°C unter mehrachsiger Dehnung verformt wird.
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