DE4126981C1 - - Google Patents
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Description
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung von
beta-Oktogen mit einer polymodalen Korngrößenverteilung mit
einem mittleren Korndurchmesser von weniger als 50 µm in Treibmitteln.
Unter dem Begriff "Oktogen" versteht man bekanntermaßen das
1.3.5.7-Tetranitro-1.3.5.7-tetrazacylooctan oder auch Cyclo
tetramethylentetranitramin. Diese Verbindung ist auch unter der
Bezeichnung HMX (High Melting Explosive of His Majesty's Explosive)
bekannt. Von dieser Verbindung sind vier Kristallmodifikationen
bekannt, nämlich die orthorhombische alpha-Form, die
monokline beta-Form, die monokline gamma-Form und die hexagonal
kristallisierende delta-Form. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung
wird eine Verwendung der beta-Form beschrieben. Diese Form
ist die gebräuchliche Modifikation, deren Qualitätskontrolle in
der Military Specification MIL-H-45444 B (PA), Amendment 1,15,
July 1975, beschrieben wird. Hierbei werden die Reinheitsgrade A
und B unterschieden. Darüber hinaus erfolgt die Unterscheidung
der Korngrößen nach mehreren Klassen.
Beta-Oktogen wird bisher im Stand der Technik als alleiniger
Explosivstoff in passivierter Form, als Booster-Ladung, in Mischungen
mit TNT (Oktole) und anderen sowie als Explosivstoff in
Raketenfesttreibstoffen oder in Rohrwaffentreibmitteln verwendet.
Die bekannten Einsatzgebiete betreffen somit sowohl detonative
als auch explosive Umsetzungen oder Deflagrationen.
Unter "Deflagration" versteht man bekanntermaßen Reaktionen, die
wesentlich unterhalb der Schallgeschwindigkeit im Stoff ablaufen.
Die Reaktionen pflanzen sich durch die frei werdene Reaktionswärme
fort. Die Umsetzungsprodukte strömen dabei entgegengesetzt
zur Fortpflanzungsrichtung ab. Im Gegensatz dazu ist
bekanntermaßen die detonative Umsetzung eines Explosivstoffes
bei seiner Reaktion mit einer Stoßwelle gekoppelt.
Für den Einsatz eines Explosivstoffes als Rohrwaffentreibmittel,
insbesondere in Handfeuerwaffen, muß eine detonative Umsetzung
ausgeschlossen werden können:
Der Abbrand eines Treibladungspulvers ist ein Deflagiervorgang.
Als geeignete Meßgröße kann hierbei unter anderem die Bestimmung
der Abbrandgeschwindigkeit herangezogen werden. Die lineare
Brenngeschwindigkeit eines Treibmittels ist dabei die Geschwindigkeit,
mit der die chemische Umsetzung von der Anzündstelle
fortschreitet. Sie ist abhängig von Zusammensetzung, Druck, Temperatur,
dem physikalischen Zustand des Treibmittels und seiner
Form.
Der physikalische Zustand des Treibmittels in diesem Sinne umfaßt
insbesondere die Porosität, Verdichtung und die Korngröße
und Korngrößenverteilung der Komponenten. Beim Einsatz von beta-
Oktogen als Energieträger von Treibmitteln werden solche Ab
hängigkeiten in der Literatur beschrieben. Im Technical Memorandum
33-801 mit dem Titel "Nitramine Propellant Research" des Jet
Propulsion Laboratory, Pasadena CA, 15. Oktober 1976, wird die
Innenballistik von feinkörnigem beta-Oktogen untersucht. Über
die Abhängigkeit der linearen Brenngeschwindigkeit vom Mündungsdruck
wird berichtet (in deutscher Übersetzung):
"Die Verwendung einer feinen Korngröße sollte ein wirksamer
Schritt zur Verschiebung des Auftretens von Bruchpunkten,
"erkennbar an plötzlichem starkem Anstieg der Mündungsdrucke",
bei Nitramin-Treibmitteln sein. Jedoch erfordert
die tatsächliche Ausführung dieses Schrittes, daß Treibmittel
in ihrer Feinheit begrenzt sein müssen. Wenn das
Treibmittel nur 5 µm Oktogen enthält, erscheint der Bruchpunkt
nicht unterhalb von ca. 2400 bar. In der
Realität werden aber Chargen von Oktogen Größenverteilungen
aufweisen. Beispielsweise wird von einer Charge Oktogen mit
einem Hauptdurchmesser von 5 µm berichtet, daß diese Teilchen
vom Sub-Mikron-Bereich bis hinauf zu 50 µm enthielt,
sofern nicht sorgfältig gesiebt wurde. Eine derartige
Größenverteilung wird im Modell durch eine tetramodale Ver
teilung von ungleichen Mengen von 1 µm, 5 µm, 10 µm und 20
µm Oktogen erreicht.
Der Bruchpunkt der 20-µm-Teilchen tritt bei 280 bar,
der der 10-µm-Teilchen bei 420 bar und der
der 5-µm-Teilchen bei 1380 bar auf. Die Wirkungen
der 10-µm- und 20-µm-Teilchen sind größer als ihre geringe
Konzentration (insgesamt 17%) erwarten ließ, wegen
ihres tiefen Eindringens bei der Verbrennung auf der Ober
flächenstruktur des Treibmittels. Für eine glatte (kon
tinuierliche) Größenverteilung würde ein reales Treibmittel
einen verlängerten Übergang anstelle eines stufenartigen
Übergangs zeigen. Hieraus folgt, daß bei Befolgung entsprechender
Verfahren grobe Teilchen in den Partien auszusieben
sind, um feines Oktogen zu erhalten. Dies ist von größerer
Bedeutung bei inerten Bindemitteln enthaltenden Treibmitteln
als bei aktiven Bindemitteln enthaltenden Treibmitteln
wegen der Mäßigung der Verbrennung der Treibmittel durch
aktive Bindemittel."
Hiernach erscheint ein unerwünschter Sprung bei der Betrachtung
der Kurve der Bruchpunkte bereits bei einer Korngröße von 5 µm,
so daß hieraus ersichtlich ist, daß beta-Oktogen mit einer
derart geringen Korngröße für die Anwendung in Treibmitteln
ungeeignet ist. Nachdem sogar bei der tetramodalen Verteilung
ebenfalls derartige Bruchpunkte schon bei relativ niedrigen
Drucken auftauchen, erscheint die Verwendung von beta-Oktogen in
Rohrwaffentreibmitteln ausgeschlossen.
Die Herstellung von Teilchen mit einer eng begrenzten, praktisch
unimodalen Korngrößenverteilung ist außerordentlich aufwendig
und kann nur durch aufwendige Sieboperationen erreicht werden.
Aus dem Memorandum läßt sich zwar entnehmen, daß das Auftreten
der Bruchpunkte offenbar durch die Anwesenheit eines aktiven
Binders gemildert werden kann. Brauchbare Ergebnisse werden jedoch
auch hier nicht erhalten.
Aus den so gemessenen Kurven läßt sich anhand der Steigung der
Druckexponent ermitteln. Für Rohrwaffentreibmittel ist, wie oben
ausgeführt, ein allzu steiler Druckanstieg unerwünscht. Aus Untersuchungen
des Deutsch-Französischen Forschungsinstituts, St.
Louis, ist bekannt, daß bei Nitraminpulvern auf der Basis von
Hexogen gilt: Je feiner das Korn, umso niedriger der Druckexponent
der Abbrandgeschwindigkeit und die Abbrandgeschwindigkeit
selbst. Hierbei wird bei Korngrößen des Hexogens von 4 bis 15 µm
ein Druckexponent <1 erreicht. Trotz Verringerung des Druckanstiegsgradienten
sind jedoch die maximalen Drucke mit mehr als
6000 bar zu hoch (Bericht S-R 906/83, H. H. Licht, A. Baumann,
St. Louis, 13. 04. 1983, S. 11).
Aus der DE 36 14 173 C1 ist ein granuliertes beta-Oktogen mit
einer Korngröße von weniger als 50 µm bekannt, das mit Kunststoffen
umhüllt ist.
Aus der DE 38 04 397 C1 ist ein Verfahren zur Herstellung gepreßter
Sprengladungen bekannt. Zur Erzielung der gepreßten
Sprengladungen hoher Dichte und niedriger Empfindlichkeit wird
ein Explosivstoff mit bimodaler Körnung verwendet, wobei die
Grobkornfraktion eine mittlere Korngröße von 20 bis 80 µm und
die Feinfraktion eine mittlere Korngröße von 2 bis 10 µm aufweist
und das Gewichtsverhältnis der Grobkornfraktion zur Feinkornfraktion
3 bis 10 : 1 beträgt.
Gemäß der DE 36 07 804 A1 ist ein Verfahren zur Herstellung von
Sprengladungen bekannt, wobei eine Gießform mit einer viskosen
Masse aus einem Hochbrisanz-Sprengstoff und einem flüssigen Bindemittel
gefüllt wird. Anschließend wird die Masse oder der
Hochbrisanz-Sprengstoffanteil derselben durch Schläge auf die
Gießform kurzzeitig einwirkenden Masse-Trägheitskräften ausgesetzt,
um die Masse bzw. deren Hochbrisanz-Sprengstoffanteil in
der Gießform in Schlagrichtung zu verdichten. Das Bindemittel
wird anschließend verfestigt und gegebenenfalls der an Hochbrisanz-
Sprengstoff abgereicherte Überstand als verlorener Kopf
entfernt.
Aus der GB-PS 10 93 544 sind Explosivstoff-Zusammensetzungen
bekannt, die im wesentlichen aus einer einheitlichen Mischung
von kristallinem Cyclomethylentrinitramin und/oder Cyclotetramethylentetranitramin
in Mengen von bis zu 85% und einer durchschnittlichen
Teilchengröße von weniger als 200 µm bestehen.
Darüber hinaus enthalten diese Zusammensetzungen hochviskose
lösliche Nitrocellulose in einer Menge von 0,5 bis 15% und
einen spezifizierten Phosphatester oder Carboxylatester in einer
Menge von 10 bis 34,5%.
Aus US-C 39 59 042 ist die Verwendung von beta-Oktogen (HMX) in
Treibmitteln bekannt, das in eine Lösung eines inaktiven Binders
eingebracht wird.
Die DE 27 53 555 C1 beschreibt unter anderem die Verwendung von
beta-Oktogen in Verbindung mit hohen Anteilen an aktiven Bindern,
die begleitet sind von hohen Anteilen an inaktiven Bindern
und Füllstoffen. Angaben über die Korngröße oder die Korngrößenverteilung
des eingesetzten beta-Oktogens werden nicht offenbart.
Die DE 36 17 408 C1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von
feinkörnigem beta-Oktogen.
Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung bestand in der Suche nach
einem Oktogen mit geeigneter Kornform, Korngröße und Korngrößenverteilung
zur Verhinderung der Sprünge in den Kurven der
linearen Brenngeschwindigkeit gegen den Druck. Darüber hinaus
sollte der Druckexponent der Abbrandgeschwindigkeit <1 betragen.
Weiterhin bestand die Aufgabe der vorliegenden Erfindung in
einer Verringerung des Druckanstiegsgradienten und des maximalen
Drucks im Patronenlager gegenüber dem Stand der Technik.
Die vorstehend genannte Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung
von beta-Oktogen mit einer polymodalen Korngrößenverteilung mit
einem mittleren Korndurchmesser von weniger als 50 µm in Treibmitteln
aus Explosivstoffen, inerten und aktiven Bindemitteln.
Polymodale Korngrößenverteilung im Sinne der vorliegenden Erfindung
bedeutet ein Korngrößenspektrum, wie es insbesondere durch
eine Gauß-Verteilungskurve dargestellt werden kann. Die Herstellung
von besonders feinkörnigem beta-Oktogen ist aus der DE 36 17 408 C1
bekannt. Hiernach wird eine Lösung von beta-Oktogen in
einem gamma-Lacton im Temperaturbereich zwischen 5 und 15°C mit
Toluol behandelt, wobei die gewünschten feinen und sehr feinen
beta-Oktogenkristalle in hoher Reinheit ausfallen. Zur Verhinderung
des Kornwachstums kann das sehr feine beta-Oktogen nach
seiner Abtrennung aus dem Toluol in Wasser aufgeschlämmt und bei
Temperaturen zwischen 30 und 60°C mit der Lösung, Suspension
oder Emulsion eines Polymeren unter Rühren versetzt werden. Dabei
findet eine Umhüllung mit dem Polymeren statt.
Ein anderes Verfahren zur Herstellung des sehr feinen beta-Oktogenkornes
besteht in der Zerkleinerung eines handelsüblichen
Produktes, wie es gemäß MIL-H-45444 B klassifiziert ist. Dabei
reichen die Korngrößen von etwa 45 µm bis zu einigen hundert µm.
Die Zerkleinerung der Kristalle durch Mahlen stößt jedoch auf
große Schwierigkeiten, da beta-Oktogen äußerst reib- und stoßempfindlich
ist. Dieser Vorgang kann daher nur unter besonderen
Sicherheitsvorkehrungen in entsprechenden Vorrichtungen durchgeführt
werden.
Ein weiteres Verfahren zur Herstellung eines besonderen feinkörnigen
beta-Oktogens besteht in der Abtrennung der gewünschten
Kornfraktionen. Das Ausgangsprodukt kann dabei aus normaler Produktion
oder aus der zuvor beschriebenen Zerkleinerungsreaktion
kommen. Die Abtrennungsmethoden an sich sind bekannt. Vorteil
ist bei einer Körnung gemäß der vorliegenden Erfindung der Einsatz
von Hydrozyklonen. Es ist selbstverständlich, daß eine besonders
feine Körnung nur einen Bruchteil der eingesetzten Masse
ausmacht, wodurch sich das Verfahren an sich verteuert. Der besondere
Vorteil der direkten Herstellung von feiner Körnung besteht
darin, daß die Kristalle aus der Kristallisation im Vergleich
zu denen aus dem Zerkleinerungsverfahren intakt sind.
Beim Einsatz eines derartigen beta-Oktogens in Treibmitteln für
Handfeuerwaffen wurde nun überraschenderweise gefunden, daß
- - Sprünge in der Kurve der linearen Brenngeschwindigkeit gegen den Druck bis in hohe Druckbereiche von mehreren 1000 bar nicht auftreten,
- - mit abnehmender mittlerer Korngröße trotz wachsender Oberfläche der Druckanstiegsgradient der Treibmittelumsetzung deutlich abnimmt und
- - im Gegensatz zu den Abhängigkeiten des pmax-Wertes von der Korngröße des Hexogens bei der Verwendung von beta-Oktogen mit abnehmender Korngröße der Maximaldruck überraschenderweise abnimmt.
Bevorzugtes aktives Bindemittel im Sinne der vorliegenden Erfindung
ist Polynitrophenylen. Für den Fall, daß weniger temperaturempfindliche
Treibmittel nicht von Nachteil sind, kann
jedoch auch Nitrocellulose als aktives Bindemittel eingesetzt
werden.
Eine bevorzugte Verwendung von beta-Oktogen gemäß der vorliegenden
Erfindung besteht darin, dieses in Treibmitteln einzusetzen,
die Hexogen, Guanidinnitrat, Hexanitrodiphenylamin, Dipikrylsulfon,
Hexanitrostilben und/oder Tetranitrodibenzo-1,3a-4,6a-
tetraazapentalen als weitere Explosivstoffe enthalten.
Erfindungsgemäße Treibmittel enthalten neben aktiven auch inaktive
Bindemittel. Hierunter sind insbesondere solche auf
Kunststoffbasis zu verstehen. Da mit dem Einsatz von Bindemitteln
neben der Herabsetzung der Detonationsempfindlichkeit
auch eine Verfestigung des Kristallpulvers einhergeht, sind gute
Klebeeigenschaften sowie eine gute Formbeständigkeit im Temperaturbereich
von -40°C bis +70°C erwünscht. Die Bindemittel
sollten darüber hinaus halogenfrei sein und wenig feste Verbrennungsprodukte
ergeben.
Bevorzugte Bindemittel sind solche auf der Basis von Polyurethanen,
Polymethylacrylaten, Polyvinylacetaten, Silikon und Polyvinylalkoholen,
insbesondere teilweise oder vollständig acetalisierte
Polyvinylalkohole mit C₁- bis C₅-Aldehyden, die an
sich im Handel erhältlich sind. Besondere Bedeutung kommt hier
dem Polyvinylbutyral-Harz zu, das im Handel erhältlich ist. Die
Art
und Menge der Bindemittel richtet sich nach dem gewünschten
Anwendungszweck, insbesondere zur Steuerung der Innenballistik
nach der Formgebung. Vorzugsweise beträgt die Menge an aktivem
und inertem Binder jeweils unabhängig von einander 5 bis 15 Gew.-%,
bezogen auf das Treibmittel.
Neben den oben genannten Bestandteilen können die mit Hilfe der
Erfindung erhältlichen Treibmittel auch an sich im Stand der
Technik bekannte Weichmacher, Gleitmittel und/oder Stabilisatoren
enthalten.
Derartige Treibmittel können in loser oder verpreßter Form eingesetzt
werden. Erfindungsgemäß werden bevorzugt Treibmittel in
verpreßter Form eingesetzt.
Die Menge von beta-Oktogen in Treibmitteln aus Explosivstoffen,
inerten und aktiven Bindemitteln ist nicht kritisch.
beta-Oktogen kann im Sinne der vorliegenden Erfindung ohne weitere
Nachbehandlung in den oben bezeichneten Treibmitteln verwendet
werden. Eine besondere Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung besteht jedoch darin, die Kristalle von beta-Oktogen
vor dem Einsatz in den genannten Treibmitteln mit thermoplatischen
Polymeren zu umhüllen.
Obwohl gemäß der vorliegenden Erfindung beta-Oktogen mit einer
mittleren Korngröße von weniger als 50 µm eingesetzt werden
soll, ist es besonders bevorzugt, daß wenigstens 95% des beta-Oktogens
eine mittlere Korngröße von weniger als 100 µm
aufweisen.
Die Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele und Vergleichsbeispiele
näher erläutert.
Ein Treibmittel, hergestellt nach Beispiel 8 (Beispiel Nr. 1)
der DE 27 53 555 C1, bestehend aus den dort genannten Mengen
α-Oktogen als Energieträger, inertem und aktivem Bindemittel,
wurde der Anteil des Energieträgers teilweise durch beta-Oktogen
der mittleren Korngröße von 23 µm ersetzt. Das Treibmittel wurde
zu Patronen verarbeitet. Es wurden gegenüber dem Vergleichsbeispiel
weder die Explosionswärme des Treibmittels noch seine Masse
oder das Anzündsystem der Patrone verändert. Die Beschußergebnisse
wurden mit einem Gasdruckmesser ermittelt. Die Treibladungspulvermasse
betrug jeweils 1,61 g. Die nachfolgende Tabelle
I gibt die erhaltenen Daten wieder.
Trotz Anstiegs des beta-Oktogen-Anteils ist bei Vergleich der
Beispiele 1 bis 4 mit dem Vergleichsbeispiel kein signifikanter
Unterschied der Innenballistik zu verzeichnen.
Die nachfolgende Tabelle II gibt das Korngrößenspektrum des
beta-Oktogens mit einer mittleren Korngröße von 23 µm wieder.
Korngrößenverteilung beta-Oktogen, mittlere Korngröße 23 µm | |
< 10 µm | |
6,5 Gew.-% | |
10 - 20 µm | 46,5 Gew.-% |
20 - 30 µm | 27,0 Gew.-% |
30 - 40 µm | 10,0 Gew.-% |
40 - 50 µm | 4,0 Gew.-% |
50 - 60 µm | 2,5 Gew.-% |
60 - 80 µm | 3,5 Gew.-% |
100 Gew.-% |
Ein Treibmittel analog Beispielen 1 bis 4, das ausschließlich
beta-Oktogen als Energieträger sowie inertes und aktives Bindemittel
enthielt, wurde zu Patronen verarbeitet. Die Zusammensetzung
der Treibmittel aus Beispiel 5 und 6 war identisch
bis auf den Unterschied der Oktogen-Korngrößen von 23 bzw. 9 µm.
Letzteres hat eine analoge Korngrößenverteilung wie das Oktogen
mit einer mittleren Korngröße von 23 µm. Die Herstellung der
Patronen, ihrer Treibmittelmassen, Abmessungen und die Anzündsysteme
war identisch.
Untersucht wurden die Druck/Zeit-Kurven beim Anzünden und Abbrand
der Patronen in einer ballistischen Bombe, deren Innengeometrie
ähnlich der des Patronenlagers im Waffensystem ist.
Die nachfolgende Tabelle III gibt die erhaltenen Daten wieder.
Die Ergebnisse sind Mittelwerte aus 10 Schuß.
Das Beschußergebnis macht deutlich, daß trotz gleichen Energieinhaltes
der Druckanstiegsgradient bei Verwendung einer mittleren
beta-Oktogen-Korngröße von 9 µm deutlich unter demjenigen
für 23 µm liegt.
Die gleichen Treibmittel, wie in den Beispielen 5 und 6 beschrieben,
wurden zu Zylindern mit den Abmessungen ca. 4,5×4,2 mm
verpreßt. Diese wurden in einer ballistischen Bombe bei einer
Ladedichte von 290 kg/m³ mit Zündpille T 15 und einer Beiladung
von 4 · 10⁻⁴ kg Nitrocellulose (13,2% Stickstoff) angezündet.
Die nachfolgende Tabelle IV gibt die erhaltenen Daten wieder.
Bei den Beispielen 7 und 8 wird deutlich, daß trotz Vergrößerung
der Oberfläche des feinen Oktogenkornes von 9 µm im Vergleich zu
einem Korn von 23 µm der maximale Druck im Temperaturband sich
nicht unterscheidet und der Druckanstiegsgradient mit feinem
β-Oktogen niedriger liegt.
Entsprechend Beispielen 5 und 6 wurde ein Treibmittel mit
gleichem Anteil Energieträger, der hier jedoch aus beta-Oktogen
mit einer mittleren Korngröße von 6 µm bestand, inerten und aktiven
Bindemitteln in der gleichen Zusammensetzung gemischt und
aus dieser Mischung nach gleichem Verfahren Patronen mit identischem
Anzündsystem hergestellt.
Die Ergebnisse von 30 Schuß im gleichen Gasdruckmesser wie er
für die Beispiele 1 bis 4 und das Vergleichsbeispiel verwendet
wurde, mit einer Treibladungspulvermasse von 1,64 g sind in der
folgenden Tabelle V wiedergegeben, die die gemittelten Ergebnisse
enthält:
Max. Druck (bar) | |
2570 | |
Standard Abw. (bar) | 556 |
Schußzeit (milli-s) | 7,2 |
Geschoßgeschwindigkeit (m/s) | 766 |
Der Vergleich mit den Ergebnissen der Beispiele 1 bis 4 und des
Vergleichsbeispiels zeigt eine drastische Abnahme der linearen
Brenngeschwindigkeit und des max. Druckes.
Neben dem überwiegenden Einfluß durch das feinkörnige β-Oktogen
mit einer mittleren Korngröße von 6 µm haben auch dazu beigetragen
die Reduzierung der Explosionswärme von 3996 auf 3541 J/g
sowie die Reduzierung der Porosität der festen Treibladungspulverkörper.
Der Vergleich der Porositätsunterschiede zeigt bei
sonst gleicher Zusammensetzung des Treibmittels und gleichen
Herstell- und Beschußbedingungen eine Druckerniedrigung um ca.
500 bar.
Claims (6)
1. Verwendung von β-Oktogen mit einer polymodalen Korngrößenverteilung
und einer mittleren Korngröße von weniger als 50 µm,
wobei wenigstens 95 Gew.-% eine Korngröße von weniger als 100 µm
aufweisen, in Treibmitteln aus Explosivstoffen, inerten und
aktiven Bindemitteln.
2. Verwendung von β-Oktogen nach Anspruch 1 in Treibmitteln,
die Hexogen, Guanidinnitrat, Hexanitrodiphenylamin, Dipikrylsulfon,
Hexanitrostilben und/oder Tetranitrodibenzo-1,3a-4,6a-
tetraazapentalen als Explosivstoffe enthalten.
3. Verwendung von β-Oktogen nach Ansprüchen 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, daß als inerte Bindemittel Polyurethane, Polymethacrylate,
Polyvinylacetate, Silikone und Polyvinylalkohole,
insbesondere teilweise oder vollständig acetalisierte Polyvinylalkohole
mit C₁-C₅-Aldehyden, eingesetzt werden.
4. Verwendung von β-Oktogen nach Ansprüchen 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, daß als aktives Bindemittel Polynitrophenylen
eingesetzt wird.
5. Verwendung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß die Treibmittel in verpreßter Form
eingesetzt werden.
6. Verwendung von β-Oktogen nach einem oder mehreren der Patentansprüche
1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Kristalle
von β-Oktogen mit thermoplastischen Polymeren umhüllt sind.
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