DE3801574A1 - Verfahren und vorrichtung zum extrudieren, insbesondere strangpressen, von heissen kunststoffschmelzen - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Extrudieren, insbe­ sondere Strangpressen, von heißen Kunststoffschmelzen entlang einer Hauptströmungsrichtung aus einer Düse in eine gekühlte Gleitform, wobei Düse und Gleitform ein geschlossenes System bilden und die Schmelze in der Gleitform unter Druck zum Erstar­ ren gebracht wird. Weiterhin hat es die Erfindung mit einer Vor­ richtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens zu tun.

Beim Extrudieren, insbesondere Strangpressen, von Kunststoff­ schmelzen in geschlossenen Systemen entstehen in der Regel Extrudate mit isotropem Gefüge, wobei allenfalls eine meist unerwünschte Orientierung bestimmter Molekülketten, Füll- oder Verstärkungsstoff in der Extrusions- oder Hauptströmungs­ richtung feststellbar ist.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Extrusionsverfahren so abzuwandeln, daß Kunststoffprodukte mit gezielt orientierten Gefügebestandteilen und dementsprechenden Stoffeigenschaften herstellbar sind.

Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man die strömende Kunststoffschmelze im Bereich der Düse durch in den Strömungsweg eingesetzte Hindernisse aus der Hauptströmungs­ richtung ablenkt, den Bestandteilen der Schmelze hierdurch eine bestimmte Orientierung relativ zur Hauptströmungsrichtung er­ teilt und diese Orientierung anschließend in der Gleitform bleibend einfriert.

Eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens ist Gegenstand des Patentanspruchs 11.

Die nachstehende Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der Erfindung dient im Zusammenhang mit beiliegender Zeichnung der weiteren Erläuterung. Es zeigen:

Fig. 1 eine Kunststoff-Extrusionsvorrichtung mit druck­ loser Erstarrung der Kunststoffschmelze;

Fig. 2 eine Kunststoff-Extrusionsvorrichtung als ge­ schlossenes System, bei der die Kunststoffschmelze unter Druck erstarrt;

Fig. 3 bis 8 Schnittansichten verschiedener Vorrichtungen zur Erzeugung von Kunststoff-Formteilen mit anisotropem Gefüge und

Fig. 9 eine mikroskopische Ansicht eines erfindungsgemäß erzeugten, anisotropen Kunstoffgefüges.

Die Fig. 1 zeigt zur besseren Abgrenzung der Erfindung eine Kunststoff-Extrusionsvorrichtung mit beheizter Düse 1 und einer Kühl- und Kalibrierform 2, die im Abstand von der Extrusions- Öffnung der Düse 1 angeordnet ist und in welche die extrudierte Kunststoffschmelze 3 aus der Düse 1 eintritt, um dort zu einem kontinuierlich abgezogenen Kunststoff-Profil 4 zu erstarren. Die aus der Düse 1 austretende, heiße Kunststoffschmelze 3 erstarrt allmählich in der Form 2, wobei dort bei kontinuierlichem Abzug des Kunststoffprofils 4 ständig eine kegelförmige Erstarrungs­ zone 5 vorliegt, in welcher der das Profil bildende Kunststoff noch heiß und plastisch ist. Wegen des Abstandes zwischen Düse 1 und Form 2 tritt die Kunststoffschmelze drucklos in die Form 2 ein und erstarrt dort ebenfalls ohne Druck.

Die Fig. 2 zeigt eine andere Extrusionsvorrichtung, bei welcher zwischen einer Düse 6 und einer gekühlten Profil-Gleitform 7 kein freier Abstand vorliegt, sondern die Form 7 unter Zwischen­ schaltung einer Wärmedämmplatte 8 direkt an die Düse angeschlos­ sen ist. In diesem Falle tritt die Kunststoffschmelze aus der Düse 6 unter Druck in die Form 7 ein und erstarrt dort unter Druck, wobei sich in der Form wiederum die bereits im Zusammen­ hang mit Fig. 1 erwähnte, kegelförmige Erstarrungszone 5 aus­ bildet. Wie dargestellt, ist die Düse 6 unmittelbar einem be­ heizten Extruder 9 mit Schnecke 10 vorgeschaltet. Dem erfindungs­ gemäßen Verfahren, wie es nachstehend beschrieben wird, ist eine Extrusionsanordnung gemäß Fig. 2 zugrunde gelegt, bei welcher Düse und Form ein geschlossenes System bilden und die Schmelze in der Form unter Druck zum Erstarren gebracht wird.

Ziel der Erfindung ist es, wie eingangs bereits angedeutet, die Bestandteile der Kunststoffschmelze im Bereich der Düse 6 mit Bezug auf die Hauptströmungsrichtung 11 in bestimmter Weise zu orientieren und diese Orientierung im Bereich der Erstarrungszone 5 allmählich einzufrieren, so daß sich ein Kunststoffprofil 4 mit anisotropem Gefüge seiner Bestandteile ergibt.

Vorrichtungen, mit deren Hilfe derartige Anisotropien an Kunststoffprodukten erzeugt werden können, sind beispielhaft und schematisch in Fig. 3 bis 8 dargestellt, wobei einander entsprechende Teile in Fig. 2 bis 8 mit den gleichen Bezugs­ zeichen versehen sind.

Bei der Vorrichtung nach Fig. 3 ist die Innenwand der Düse 6 unregelmäßig gestaltet, so daß Vorsprünge 12 radial in das Düseninnere abstehen. Stattdessen und/oder außerdem können Umlenkteile 13 in die Düsenwand eingesetzt sein, ebenfalls im wesentlichen radial in das Düseninnere vorstehend oder der Strömungsweg der Kunststoffschmelze kann sonstige Querschnitts­ veränderungen aller Art aufweisen. Die Vorsprünge 12 und Umlenk­ teile 13 sowie gegebenenfalls andere Querschnittsveränderungen bilden in den Strömungsweg der Kunststoffschmelze 3 eingesetzte Hindernisse, welche diese Schmelze beim Durchströmen der Düse 6 aus der Hauptströmungsrichtung 11 ablenken und hierdurch den Bestandteilen der Schmelze eine bestimmte Orientierung relativ zur Hauptströmungsrichtung erteilen. Diese Orientierung wird an­ schließend in der Gleitform 7 (im Erstarrungsbereich 5) bleibend eingefroren, so daß ein stranggepreßter Kunststoff-Formteil 4 mit vorzugsweise anisotropem Gefüge seiner Bestandteile und dem­ entsprechend anisotropen, d. h. richtungsunabhängigen Stoffei­ genschaften entsteht.

Mit Hilfe der in Fig. 3 prinzipiell dargestellten Vorrichtung lassen sich nicht nur die eigentlichen Bestandteile der Kunststoffschmelze, also Molekülketten, in bestimmter Weise orientieren, sondern insbesondere auch in der Kunststoff­ schmelze enthaltene, vor allem faserförmige Füll- und Ver­ stärkungsstoffe, wie beispielsweise Glas-, Kohlenstoff-, Metall-, Mineral-, Aramidfasern und dergleichen, aber auch mineralische Hohlkörper, insbesondere Glashohlkugeln, Wollastonit-, Graphit-, Molybdändisulfit- und Pigmentpartikel.

Ein in Fig. 3 mit 14 bezeichnetes Hindernis weist zusätzlich einen engen Kanal 15 auf, der parallel und quer zur Haupt­ strömungsrichtung 11 gerichtet sein kann, und welcher ebenfalls der willkürlichen Orientierung der Bestandteile der Kunststoff­ schmelze im Bereich der Düse 6 dient. Ein weiteres Hindernis 16 ragt über die eigentliche Düsenöffnung ein Stück in den Erstarrungsbereich 5 hinein.

Die in der den Werkzeugeinlauf bildenden Düse 6 angeordneten Hindernisse 12, 13, 14 und 16 können fest oder verstellbar angeordnet sein, so daß sich bestimmte Orientierungen der Be­ standteile der Kunststoffschmelze einstellen lassen. Die ge­ nannten Hindernisse könnten auch, z. B. mit Hilfe hydraulischer Antriebsmittel, zyklisch pulsierend angeordnet sein, so daß sich periodisch abwechselnde Orientierungsmuster mit Bezug auf die Hauptströmungsrichtung 11 im fertiggestellten Kunststoff­ produkt 4 ergeben.

Bei der in Fig. 4 schematisch dargestellten Vorrichtung ist außer Hindernissen 14 und 16 noch eine Scheibe 17 in die Düse 6 eingeschaltet, die zwei Strömungskanäle 18 aufweist, und von der ein weiteres Hindernis 19 absteht. Die Scheibe 17 kann fest oder rotierend an der Düse 6 angeordnet sein. Die Rotation kann dabei auch taktweise oder hin- und hergehend erfolgen.

Bei der Vorrichtung nach Fig. 5 ist im Inneren der Düse 6 fest oder durch Antriebsmittel kontinuierlich oder intermit­ tierend drehbar eine Hülse 21 angeordnet, von welcher Hinder­ nisse 22 im wesentlichen radial nach einwärts abstehen.

Bei den Ausführungsformen nach Fig. 6 und 7 ragt ein z. B. von der Wärmeplatte 8 gehaltener Dorn 23 aus dem Bereich der Düse 6 bis in den Erstarrungsbereich 5 der Form 7. Der Dorn 23 ist wiederum mit Hindernissen 24 besetzt und kann zu­ sätzlich auch eine z. B. von schraubenförmigen Rinnen 25 ge­ bildete Struktur 25 im Bereich der Düse 6 aufweisen. Durch das Einbringen der Hindernisse 24 unmittelbar in den Erstarrungs­ bereich 5 des Kunststoffprofils 4 lassen sich besonders ausge­ prägte Orientierungen oder Verwirbelungen der Bestandteile der Kunststoffschmelze erzielen und bleibend einfrieren.

Entsprechendes gilt für Fig. 7, in welcher der Dorn 23 Kanäle 26 aufweist, die von der Kunststoffschmelze durchströmt sind.

Bei der Vorrichtung nach Fig. 8 weist die Düse 6 seitlich ein­ geführte Hilfsdüsen 27, 28 auf, die senkrecht, schräg zur oder in Hauptströmungsrichtung 11 orientiert sein können. Die Hilfs­ düse 27 ist bei der dargestellten Ausführungsform in die Wärme­ dämmplatte 8 eingesetzt. Diese Hilfsdüsen stehen mit Extrudern oder anderen Einbringvorrichtungen in Verbindung. Mit ihrer Hilfe können zusätzliche Bestandteile in die Kunststoffschmelze eingebracht werden, insbesondere Füll- und/oder Verstärkungs­ stoffe oder weitere Kunststoffkomponenten, gegebenenfalls mit den gleichen oder anderen Füll- oder Verstärkungsstoffen.

Für das beschriebene Verfahren zur Herstellung anisotroper Kunststoffprodukte eignen sich Schmelzen aus reinen oder modi­ fizierten, thermoplastischen, duroplastischen oder elastomeren Kunststoffen. Wie dargestellt und beschrieben können den Bestand­ teilen der Kunststoffschmelze Orientierungen in einer oder in mehreren Vorzugsrichtungen erteilt werden. Oft ist es auch er­ wünscht, den Bestandteilen der Kunststoffschmelze, insbesondere Füll- und Verstärkungsstoffen eine regellose Orientierung, bei­ spielsweise durch Verwirbelung, zu erteilen, um ganz bewußt ei­ nen isotropen Kunststoffkörper mit überall gleichen Werkstoff­ eigenschaften herzustellen. Auch dies läßt sich erfindungsgemäß mit Hilfe der beschriebenen Hindernisse erreichen, wenn diese so ausgebildet und angeordnet sind, daß die Kunststoffschmelze vor ihrer Erstarrung gleichmäßig durcheinander gemischt und verwir­ belt wird.

Wie aus Fig. 3 bis 7 hervorgeht, ist es durch entsprechende Anordnung und Ausbildung der Hindernisse auch möglich, die gewünschte Orientierung der Bestandteile der Kunststoffschmel­ ze nur in einem bestimmten Querschnittsbereich der Schmelze hervorzurufen.

Schließlich kann die in der beschriebenen Weise erzeugte Kunst­ stoffschmelze mit ihren willkürlich orientierten Bestandteilen auch an vorkonfektionierte Körper anextrudiert werden.

Die Fig. 9 zeigt ein mikroskopisches Querschnittsbild eines erfindungsgemäß gewonnenen Kunststoffkörpers aus Polyamid mit anisotrop orientierten Glasfasern, wobei die anisotrope Orien­ tierung durch die im Zusammenhang mit Fig. 3 bis 7 beschrie­ benen Hindernisse erreicht wurde.

Claims (17)

1. Verfahren zum Extrudieren, insbesondere Strangpressen, von heißen Kunststoffschmelzen entlang einer Hauptströmungsrich­ tung aus einer Düse in eine gekühlte Gleitform, wobei Düse und Gleitform ein geschlossenes System bilden, und die Schmel­ ze in der Gleitform unter Druck zum Erstarren gebracht wird, dadurch gekennzeichnet, daß man die strömende Kunststoffschmelze im Bereich der Düse durch in den Strömungsweg eingesetzte Hin­ dernisse aus der Hauptströmungsrichtung ablenkt, den Bestand­ teilen der Schmelze hierdurch eine bestimmte Orientierung rela­ tiv zur Hauptströmungsrichtung erteilt, und diese Orientierung anschließend in der Gleitform bleibend einfriert.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Moleküle der Kunststoffschmelze selbst orientiert und die erzielte Orientierung einfriert.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man eine Kunststoffschmelze mit einem Gehalt an Füll- und/oder Verstärkungsstoffen extrudiert und die erzielte Orientierung dieser Stoffe bleibend einfriert.

4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Kunststoffschmelze als Füll- und/oder Verstärkungsstoffe Glas-, Aramid-, Cellulosefasern und/oder Glaskugeln, Wollastonit, Glimmer, Kreide enthält.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­ zeichnet, daß Schmelzen aus reinen oder modifizierten, thermoplastischen, duroplastischen oder elastomeren Kunst­ stoffen eingesetzt werden.

6. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man den Bestandteilen der Kunststoff­ schmelze eine Orientierung in einer oder in mehreren Vor­ zugsrichtungen erteilt.

7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man den Bestandteilen der Kunststoff­ schmelze eine örtlich variierende Orientierung erteilt.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge­ kennzeichnet, daß man den Bestandteilen der Kunststoffschmelze eine regellose Orientierung erteilt.

9. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß man den Bestandteilen der Kunststoff­ schmelze eine Orientierung nur in einem bestimmten Quer­ schnittsbereich der Schmelze erteilt.

10. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kunststoffschmelze mit den orien­ tierten Bestandteilen an vorkonfektionierte Körper anextru­ diert wird.

11. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 10 mit einer einen Werkzeugeinlauf bildenden Düse und mit einer ein Werkzeug bildenden Gleitform, die unmittelbar an die Düse angeschlossen ist, dadurch gekenn­ zeichnet, daß im Innern der Düse (6) und im Strömungsweg der Kunststoffschmelze (3) Hindernisse (12, 13, 14, 16, 18, 19, 22, 24, 26, 27, 28) angeordnet sind, welche die Schmelze aus ihrer Hauptströmungsrichtung (11) ablenken.

12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Hindernisse (13, 14, 16) im Längs- und/oder Querschnitts­ bereich der Düse (6) regelmäßig oder unregelmäßig angeordnet sind.

13. Vorrichtung nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Hindernisse (13, 17, 18, 19, 21, 22) verstellbar ange­ ordnet sind.

14. Vorrichtung nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Hindernisse (13, 17, 21) durch Antriebsmittel (insbe­ sondere periodisch) verstellbar sind.

15. Vorrichtung nach Anspruch 13, gekennzeichnet durch im Düsen­ innern rotierende Hindernisse (17, 21).

16. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß sich ein mit Hindernissen (24, 26) besetzter Dorn (23) aus der Düse (6) in die Gleitform (7) hinein erstreckt.

17. Vorrichtung nach Anspruch 11, gekennzeichnet durch wenigstens eine in die Düse (6) einmündende Hilfsdüse (27, 28) zum orientierten Einleiten von Bestandteilen, insbesondere von Füll- und/oder Verstärkungsstoffen in die Kunststoffschmelze (3).