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Keimfreies und keimfrei verpacktes Verbandmittel mit Metallfolien
als Wunddecke. Der Verband einer Wunde besteht meist aus drei Schichten, dem Befestigungsmittel
(Binde, Heftpflaster usw.), dem Polster (Mull, Watte oder Zellstoff usw.) und der
Wunddecke. Von einer guten Wunddecke wird verlangt, daß sie die Wunde vor Verunreinigung
und Infektion von außen her schützt, daß sie sowohl Austrocknung wie Sekretstauung
in der Wunde verhindert, daß sie sich leicht und schmerzlos der Wundfläche unverschieblich
anschmiegt und sich ebenso leicht wieder schmerzlos entfernen läßt, daß sie vom
Wundfleisch nicht durchwachsen' wird, daß sie ungiftig ist und durch die Wundsekrete
nicht zu schädlichen Massen zersetzt wird und daß sie leicht keimfrei zu machen
'und zu erhalten, leicht so transportierbar, anwendbar und zu beschaffen ist.
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Bisher war der gebräuchlichste Verbandstoff keimfrei gemachtes Baumwollmullgewebe,
das in diesem Zustande oder mit desinfizierenden Körpern, wie jodoform oder essigsaurer
Tonerde usw. imprägniert, als Wunddecke benutzt wurde. Dieser Verbandstoff war auf
der Wunde mehr oder weniger verschieblich
und seine Beweglichkeit
brachte es mit sich, daß er aus der Umgebung Bakterien in die '\Vttnde hineinfegte.
Somit schützte er nicht immer sicher die Wunde vor Verunreinigung von außen, auch
wenn er selbst keimfrei auf die Wunde gelegt wurde. Der Körper hat in seinem Bestreben,
eine Wunde zti heilen, ein bestimmtes Maß an Wärine und Feuchtigkeit der Wunde.
Die Be(lingtnigeii für die Wärine sind durch die Ki;rperteiiiperatttr ini allgemeinen
und die Temperatur des Gliedes im besonderen Begehen und brauchen in unserem Klima
mir selten künstlich geändert zu werden. Anders steht e; finit dein Feticlitigkeilsgritcl
der Wunde. Eine Austrocknung der Wunde ist für die sich entwickelnden F# leiscliwär-r_clien
ebenso verderl:-lich wie eine Anschoppung von Wundsekret.
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un saugt der Verbandmull frisch aufgelegt gierig die 'Vundsekrete
auf und trocknet die Wunde aus. Hat er sich aber vollgesogen, so gerinnt der eiweißhaltige
Wundsaft. verklebt die Maschen des Gewebes und bildet jetzt ein Hindernis für den
Abfluß des nachströmenden Wundsaftes. Dieser zersetzt sich in der Wunde, reizt diese
und bewirkt neben Fiebererscheinungen eine lokale Wundentzünching. Wenn der Arzt
solchen Verband nicht schnell entfernt oder aus äußeren Gründen (auf dem Lande,
ini Kriege) entfernen kann, steht er nicht nur vor Trümmern einer Wundheilung, sondern
er kann beobachten, claß sich der Entzündungsprozeß nach oben fortpflanzt.
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Kommt es aber nicht zu einer Sekretverhaltung zwischen Wundfläche
und Wunddecke, liegt das Mullgewebe den Fleischwaren glatt an, dann ist die Ablösung
des Verbandes, die von Zeit zu Zeit nötig ist, dein Verletzten recht schmerzhaft.
Das Wundfleisch ist teils niit den Fäden verklebt, teils sind die Fleischwarzen
in die Maschen hineingewucliert und die Wunddecke läßt sich mir finit Verletzungen
der Fleischwarzen entfernen, und kleine Blutaustritte, die wieder die Wunde reizen,
sind die Regel.
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Den Fehlern des 'Mulls stehen als gute Seiten mir gegenüber, daß er
ungiftig ist, sich unter dein Einfluß der Wundausscheidungen nicht zersetzt, und
daß er verhältnismäßig leicht keimfrei zu machen ist.
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Dagegen ist es nicht immer leicht, ihn keimfrei zu erhalten, auch
ist er an sich schon -ziemlich voluminös und bedarf, wenn er auf die Wunde gebracht
werden soll, eines gewissen Apparates, wie Wasser, Seife und Desinfektionsmittel
für die Hände des Arztes und die ärztlichen Instrumente und ein Desinfektionsmittel
für die Umgebung der Wunde, Dinge, die durchaus nicht immer vorhanden sind. Die
Mängel cles 'Mulls waren die Veranlassung zu '"ersuchen mit anderen Stoffen. Gemäß
der Erfindung ist festgestellt worden, @laß die Folien des Aluminiums und besonders
des Zinns finit einem möglichst niedrigen ' bzw. kleinen Bleigehalt sich als Wunddecken
überraschend gut bewährten. Sie schmiegten sich den Wundrändern eng an und «-aren
unverschieblich; sie schützten die Wunde vor Austrocknung, wurden nicht mit Wund-Sekreten
durchtränkt, und wenn sich unter ihnen Wundsekret staute, so platzten sie, ließen
die Sekrete in das Polster abfließen und schlossen sich ventilartig wieder auf der
Wundfläche. Sie ließen sich schmerzlos der Wunde anfügen, und es gelingt leicht,
alle Winkel und Buchten einer zerklüfteten Wundfläche damit ohne Schmerzen, auch
an einpj Endlichen Körperteilen auszutapezieren. Ebenso schmerzlos war stets der
Verbandwechsel, denn ein Durchwachsen der Folie von Fleischwarzen ist ausgeschlossen.
Wenn kleine Bröckel der Folie beim Ablösen des Verbandes in der Wunde zurückgeblieben
waren, so ließen sich diese jederzeit durch Spülungen mit abgekochtem Wasser entfernen,
wenn dieses nötig schien. Die Fleisch-; Warzen unter der Folie hatten jenen schönen
! samtartigen Schimmer, der anzeigt, daß der Körper seine Heilkraft mit dem denkbar
geringsten Kraftaufwand frei entfalten konnte, und dementsprechend wurde die Heilungs-(lauer
abgekürzt und die Narbenbildung verringert. Durch die Anwendung der neuen Wunddecke
hat der von Kranken gefürchtete ' Verbandwechsel seine Schrecken verloren. Die Vorzüge
der Zinnfolie vor dein 'Mull als 'Wunddecke ließen sich weiter ausführen, besonders
bei Drainage, Überpflanzungen usw. Hier ist nötig, auf die Behandlung der Folien
einzugehen. Besonders das Zinn, weniger das Aluminium, ist ein chemisch ungemein
träges Metall. Für den klinischen Bedarf oder für die Erfordernisse des Sprechzimmers
läßt es sich leicht in nicht nietallisehen Desinfizientien so keimfrei machen, daß
ein aseptischer Verband gewährleistet werden kann.
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j Aber das Bestreben geht dahin, dieses Verbandmittel nicht nur den
Medizinalpersonen, sondern wenn möglich. jedermann als aseptische Wunddecke zugänglich
zu machen, die ohne jede Vorbereitung, wie Desinfektion der Hände oder Instrumente
oder der Umgebung der Wunde oder der Wunde selbst aufgelegt werden kann.
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Um dieses zu erreichen, mußte die Verpackung steril und die Folie
so geschnitten ' sein, daß die nicht desinfizierte Hand mit dem Abschnitt der Folie,
die als Wunddecke dienen soll, gar nicht in Berührung kommt,
wenn
sie benutzt wird. Schließlich mußte die Verpackung handlich und so kompendiös sein,
daß sie jederzeit in einer Brieftasche mitgeführt werden kann.
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Zu diesem Zweck wurde die Form des Briefumschlages aus gutem Pergamentpapier
als äußere Schutzhülle gewählt. Diese wurde durch Formalindämpfe, die 8 Tage eingewirkt
hatten, desinfiziert, die Öffnung des Umschlages wird gut zugeklebt.
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Nach Öffnung des Umschlages wird der innere, auch aus Pergamentpapier
hergestellte Umschlag herausgenommen. Dieser ist besonders zugeschnitten und zeigt,
wenn man die ineinandergeschobenen Enden des Schlauches auseinanderzieht, eine-Zunze
der eingeschlossenen Metallfolie. An dieser Zunge wird die Folie aus dem Schlauch
herausgezogen und, ohne sie sonst mit den' Händen oder anderen Gegenständen in Berührung
zu bringen, auf die Verletzung gelegt, aber so, daß die Zunge nicht die Wunde berührt.
Ist die Wunde größer als die Folie, so werden mehrere Folien nebeneinander auf die
Wunde gelegt und der Abschluß der Wunde mit einer keimfreien Wunddecke ist vollendet.
Jetzt kann der übrige Verband, d. h. Polster und Fixierung folgen und die Wunde
ist vorläufig so versorgt, daß eine Schädigung des Verletzten durch eine Wunddecke
aus Mull ausgeschlossen ist, bis sachgemäße Wundversorgung geleistet werden kann.
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Die Sterilisierung des Schlauches aus Pergamentpapier und der Folie
geschieht z. B. derart, daß die Folie zuerst 7 Tage in 3prozentiger Karbollösung,
der Schlauch zuerst 7 Tage in Formalindämpfen desinfiziert wird.
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Aus diesen Mitteln werden die beiden mit Pinzetten herausgenommen,
der Schlauch mit der Folie beschickt und die Zunge umgebogen. Jetzt werden der offene
Schlauch mit der Folie 1 Stunde oder länger in strömendem Wasserdampf bei ioo° sterilisiert.
Aus diesem mit Pinzetten herausgenommen, wird der Schlauch durch Ineinanderschieben
seiner Enden geschlossen, getrocknet, in den vorher durch Formalindämpfe desinfizierten
Umschlag gesteckt und dieser fest zugeklebt. Die Folien werden in verschiedenen
Größen hergestellt, so daß allen Ansprüchen Genüge geleistet werden kann.
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Für die Bedürfnisse bei Beschäftigungen, wo erfahrungsgemäß häufiger
mehr oder weniger schwere Verletzungen vorkommen und ein geschultes Medizinalpersonal
nicht gleich zur Hand ist, sind Verbandpäckchen angebracht, welche die sofortige
Anlage eines sterilen Verbandes gestatten. Es ist daher zweckdienlich, die Folie
auf einem Polster durch Naht zu fixieren. Das Polster ist mit dem kurzen Ende einer
Mullbinde von etwa 5 m Länge so vernäht, daß die Binde das Polster um etwa
30 cm überragt.
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Das Polster besteht aus einer 16fachen Lage von Verbandmull. Das Ganze
ist geeignet zusammengefaltet und so verpackt, claß es gegen Nässe durch wasserdichten
Stoff geschützt ist. Die Sterilisation findet in der gleichen Weise, 1 Stunde in
strömendem Wasserdampf bei ioo°, statt.
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Die beiliegende Zeichnung veranschaulicht das neue Verbandmittel,
das gemäß Abb. i in einer äußeren Schutzhülle keimfrei aufbewahrt wird.
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Abb. a läßt den Inhalt der äußeren Schutzhülle, den die neuartige
Wunddecke enthaltenden, schlauchartig zusammengelegten Umschlag erkennen, aus dem
nach dem Freilegen der ineinandergeschobenen Enden die Metallfolie mittels der bloßliegenden
Zunge als Handhabe herausgezogen und auf die zu deckende Wunde gelegt werden kann.
Die als Handhabe dienende Zunge kann dabei in der Mitte des oberen Randes oder an
einer Ecke der Metallfolie vorgesehen sein.
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Abb. 3 zeigt das Anlegen der mittels der Zunge aus dem Umschlag herausgezogenen
Wunddecke bei einer Wunde am Unterarm.
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Abb. 4 zeigt im Schaubild ein geöffnetes Verbandpäckchen mit der am
Polster fixierten Folie.