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Die Erfindung betrifft eine Rakete
oder dergleichen Flugkörper,
nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Insbesondere ist sie
auf Luft-Boden- oder Luft-Wasser-Flugkörper anwendbar, die mit Überschallgeschwindigkeit
fliegen.
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Wenn Raketen bzw. Flugkörper auf
sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden müssen, sind
sie bekanntlich mit Beschleunigungs-Schuberzeugerstufen von hohem
Gewicht ausgestattet, die während
des Abbrennens verbraucht werden und so eine beträchtliche
Verlagerung des Schwerpunktes verursachen. So wird zur Optimierung
des Volumens eines Flugkörpers
oft ein Pulver-Beschleunigungssatz in der Kammer des Schuberzeugers
der Flugphasenantriebsstufe angeordnet, beispielsweise ein Stau-Strahltriebwerk.
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Wenn der in Mach ausgedrückte Bereich,
innerhalb dessen der Flugkörper
fliegen soll, sich von niedrigen Unterschallgeschwindigkeiten bis
zu hohen Überschallgeschwindigkeiten
erstreckt, tritt eine starke Verlagerung des Zentrums der aerodynamischen Kräfte auf.
Aus diesen zwei Gründen
ergibt sich, daß die
aerodynamische Stabilität
eines solchen Flugkörpers
nur schwer erzielt werden kann.
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Derartige Raketen oder Flugkörper müssen aber
aerodynamisch stabil sein, insbesondere in den ungesteuerten Flugphasen;
in den gesteuerten Flugphasen müssen
sie beherrschbar sein, was bedeutet, daß nur geringe Möglichkeiten
des Auftretens einer Instabilität
bestehen dürfen.
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Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten
wurde bereits vorgeschlagen, die aerodynamische Konfiguration des
Tragwerks eines Flugkörpers
zu verändern,
um das aerodynamische Zentrum in Abhängigkeit von der Verlagerung
des Schwerpunktes und der Fluggeschwindigkeit zu verlagern. Aus
der
EP 0 013 096 A1 ist
bereits ein Flugkörper
mit am Rumpf fest angebrachten Flügeln bekannt, an denen bewegliche Flügel angelenkt
sind. Die bewglichen Flügel
werden mittels einer Antriebseinrichtung in verschiedene Stellungen
eingestellt, insbesondere eine zur Längsachse parallele Stellung
oder eine zur Längsachse senkrechte
Stellung. Aus der
GB 1 597 098 ist
ein Flugkörper
mit zwei Paaren von am Rumpf angelenkten Flügeln bekannt, die auch aneinander
angelenkt sind und in eine ausgefahrene Stellung bewegt werden können. Ferner
ist aus der
DE 35 23
769 A1 ein Flugkörper
bekannt, dessen am Rumpf fest angebrachte Flügel einen Schlitz bilden, worin
ein beweglicher Flügel
aufgenommen ist, der aus einer zum Rumpf parallelen, eingefahrenen
Stellung in eine ausgefahrene Stellung beweglich ist, in der er
zur Rückseite
des Rumpfes geneigt ist.
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Um in einem Trägerflugzeug oder einem Abschußcontainer
mitgeführt
werden zu können,
muß der
Flugkörper
eine möglichst
geringe Größe aufweisen,
insbesondere in Querrichtung.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei
einer Rakete der genannten Art eine Veränderung der aerodynamischen
Konfiguration zu ermöglichen, durch
welche das aerodynamische Zentrum in Abhängigkeit von der Verlagerung
des Schwerpunk tes und der Fluggeschwindigkeit verlagert werden kann, wobei
aber die Spannweite vor dem Abschuß möglichst gering sein soll.
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Die Rakete oder der Flugkörper nach
der Erfindung besitzt am Rumpf befestigte Flügel und bewegliche Flügel, die
an diesen festen Flügeln
angelenkt und an eine Antriebsvorrichtung angeschlossen sind, die
geeignet ist, die Orientierung der beweglichen Flügel relativ
zur Längsachse
des Flugkörpers durch
Drehung bezüglich
der festen Flügel
zu verändern.
Die festen Flügel
sind wenigstens teilweise hohl und weisen einen Öffnungsschlitz entlang ihrer
vom Rumpf abgewandten Kante auf. Ferner ist jeder bewegliche Flügel innerhalb
eines festen Flügels
angeordnet und kann unter der Wirkung der Antriebsvorrichtung aus
einer eingezogenen Stellung, in welcher er zumindest größtenteils,
vorzugsweise vollständig innerhalb
des entsprechenden festen Flügels
aufgenommen ist, in wenigstens eine ausgefahrene Stellung gelangen,
in welcher sein größter Teil
aus dem entsprechenden festen Flügel
herausragt, indem er durch den Öffnungsschlitz
austritt. Gemäß der Erfindung
ist jeder bewegliche Flügel
durch die Antriebsvorrichtung wahlweise in eine erste, zur Rückseite des
Rumpfes geneigte Stellung oder eine zweite, nach vorn geneigte Stellung
einstellbar.
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Nachdem der Flugkörper mit eingefahrenen beweglichen
Flügeln
abgefeuert wurde, kann während
der darauffolgenden Beschleunigungsphase auf die Antriebsvorrichtung
eingewirkt werden, damit sie die beweglichen Flügel beispielsweise in die erste, nach
hinten geneigte ausgefahrene Stellung bringt, wodurch das globale
aerodynamische Schubzentrum im Flugkörper nach hinten verlagert
wird und diesem eine große
Stabilität
verliehen wird. In der anschließenden
Flugphase werden die beweglichen Flügel unter der Einwirkung der
Antriebsvorrichtung so verlagert, daß sie beispielsweise aus der
ersten, nach hinten geneigten ausgefahrenen Stellung in die zweite,
nach vorne geneigte ausgefahrene Stellung gelangen, wodurch das
Schubzentrum nach vorn verlagert und der statische Randbereich reduziert
wird. Auf diese Weise erlangt der Flugkörper eine große Manövrierfähigkeit,
was am Ende der Flugbahn sehr wichtig ist.
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Für
jede der beiden Stellungen der beweglichen Flügel sind Verriegelungsmittel
vorgesehen. Diese Verriegelungsmittel zur Feststellung in der nach
hinten geneigten ersten Stellung müssen lösbar sein, damit die Flügel in die
zweite, nach vorn geneigte Stellung gelangen können. Ferner können für jede der
beiden Stellungen Einrichtungen zur Bedämpfung der Flügel vorgesehen
sein.
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Vorzugsweise weist die Antriebsvorrichtung zweistufige
pyrotechnische Arbeitszylinder auf, die jeweils einem beweglichen
Flügel
zugeordnet sind. Beispielsweise ist jeder Arbeitszylinder doppelt
wirksam und zwei Gasgeneratoren zugeordnet, wobei einer der Gasgeneratoren
imstande ist, den Kolben in einer ersten Richtung zu bewegen, während der
andere Gasgenerator den Kolben in der anderen Richtung bewegt.
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Vorzugsweise liegt jede Anlenkung
eines beweglichen Flügels
an einem festen Flügel
in der Nähe eines
Längsendes
des beweglichen Flügels,
vorzugsweise am hinteren Ende. Auf diese Weise wird jeder bewegliche
Flügel
bezüglich
des entsprechenden festen Flügels
in einer Weise ausgefahren, die der Klinge eines Taschenmessers
bezüglich
des Messergriffs entspricht. Folglich kann die Spannweite der festen
Flügel
sehr gering sein, ebenso wie die des Flugkörpers, wenn die beweglichen
Flügel
in eingezogener Stellung sind. Während
der Mitführung
in einem Flugzeug können
die beweglichen Flügel
des Tragwerks in die festen Flügel
desselben Tragwerks eingezogen werden. Die Verminderung der Spannweite
des Tragwerks, solange der Flugkörper
nicht abgefeuert ist, ermöglicht
die Anordnung des Flugkörpers
unter Flugzeugen in einer Konfiguration, die einen geringen Luftwiderstand
verursacht und eine starre Struktur bildet. Der Flugkörper kann
auch in einem Container von geringer Abmessung untergebracht werden.
Im Fluge kann ferner eine minimale tragende Oberfläche ausgesetzt
werden, um jegliche Kollisionsgefahr für das Flugzeug zu vermeiden,
welches den Flugkörper
abfeuert.
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Um eine hohe Tragfähigkeit
zu erreichen und den beweglichen Flügeln die gewünschte Länge geben
zu können,
ist es vorteilhaft, wenn die Abmessung der festen Flügel parallel
zur Achse des Flugkörpers
(Längsrichtung)
sehr viel größer ist
als die Spannweite der festen Flügel.
Beispielsweise beträgt das
Verhältnis
Länge/Spannweite
der festen Flügel etwa
5 bis 10. Unter diesen Bedingungen kann das Verhältnis Länge/Breite der beweglichen
Flügel
die Größenordnung
von 4 bis 8 aufweisen.
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Einzelheiten einer Ausführungsform
der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung und aus
der Zeichnung, auf die Bezug genommen wird. In der Zeichnung zeigen:
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1 eine äußere Perspektivansicht
eines Flugkörper;
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2 eine
Teilansicht des in 1 gezeigten
Flugkörpers
im vergrößerten Axialschnitt,
wobei ein Flügel,
der eine variable Orientierung annehmen kann, in eingezogener Stellung
gezeigt ist;
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3 eine
Teilansicht in Richtung des Pfeiles III in 2;
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4 und 5 Schnittansichten analog
der 2, wobei die hintere
und die vordere ausgefahrene Stellung gezeigt sind, die der bewegliche
Flügel annehmen
kann;
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6 eine
Schnittansicht eines beweglichen Flügels entlang Linie VI-VI in 4;
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7 eine
schematische Darstellung einer Ausführungsform einer Antriebsvorrichtung
für einen beweglichen
Flügel,
mit einer zugeordneten Vorrichtung zur Verriegelung in der nach
hinten geneigten Stellung; und
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8 eine
schematische Draufsicht in Richtung des Pfeiles VIII in 7 auf die Verriegelungsvorrichtung.
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Der in 1 perspektivisch
gezeigte Flugkörper 1,
der in den 2, 4 und 5 im Teilschnitt dargestellt ist, weist
einen gestreckten Rumpf 2 mit der Längsachse X-X auf. An der Rückseite
des Rumpfes sind aerodynamische Leitwerkflügel 3 angeordnet. Dieser
Flugkörper 1 wird
durch ein Staustrahltriebwerk angetrieben, dessen Verbrennungskammer 4 in 2 lediglich skizziert ist
und über
am Umfang angeordnete Rohre 5, die an der Außenseite
des Rumpfes 2 abstehen, mit Verbrennungsluft versorgt wird.
An diesen Rohren 5 sind feste Flügel 6 vorgesehen,
die dünn
ausgebildet und radial gerichtet sind und sich über den mittleren Teil des
Rumpfes 2 erstrecken, wenngleich sie etwas nach hinten
verlagert sind.
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Parallel zur Achse X-X des Rumpfes 2 weisen
die radialen Flügel
eine Länge
L auf, die ein Mehrfaches (vorzugsweise das 5- bis 10-fache) der Spannweite
e beträgt.
Sie sind überdies
teilweise hohl, um eine Aufnahme 7 (siehe auch 3) bereitzustellen, die
mit der Außenseite über einen
Schlitz 8 in der Außenkante 9 der
festen Flügel 6 in
Verbindung ist; dieser Schlitz 8 ist vorzugsweise geradlinig und
verläuft
parallel zur Achse X-X.
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Im Inneren jedes festen Flügels 6 und
in der entsprechenden Aufnahme 7 ist ein dünner beweglicher
Flügel 10 aufgenommen,
der um eine Achse 11 angelenkt ist, welche senkrecht zur
Achse X-X steht und am rückwärtigen Ende
des beweglichen Flügels 10 angeordnet
ist. Jeder bewegliche Flügel 10 weist eine
Länge 1
auf, die sehr viel größer als
seine Breite d ist, beispielsweise das 4- bis 8-fache beträgt. Eine ebenfalls
in dem festen Flügel
aufgenommene, jeweils zugeordnete Antriebsvorrichtung 12 kann
jeden beweglichen Flügel 10 um
seine Achse 11 verschwenken. Jede Antriebsvorrichtung 12,
die mit den anderen in nicht gezeigter Weise gekoppelt ist, bildet beispielsweise
einen Arbeitszylinder, dessen Stange 13 an der mit 14 bezeichneten
Stelle am beweglichen Flügel 10 angelenkt
ist.
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In eingezogener Stellung kann jeder
bewegliche Flügel 10 ganz
(wie in 2 gezeigt) oder
wenigstens zum größten Teil
in dem entsprechenden festen Flügel 6 aufgenommen
werden. Diese eingezogene Stellung, die in 2 gezeigt ist, entspricht der Staustellung
und auch der Stellung, mit welcher der Flugkörper 1 abgefeuert
wird.
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Sobald der Flugkörper 1 abgefeuert
wurde und stark beschleunigt wird durch einen Pulver-Hilfsantrieb
(nicht dargestellt), der in der Verbrennungskammer 4 des
Staustrahltriebwerks aufgenommen ist, wirken die Antriebsvorrichtungen 12 gleichzeitig
auf die beweglichen Flügel 10 ein,
um sie um ihre jeweilige Achse 11 zu verschwenken und in
die nach hinten geneigte Stellung zu bewegen, die in 4 gezeigt ist. Durch eine
(nicht gezeigte) Bedämpfungseinrichtung
kann der beim Öffnen
der beweglichen Flügel
auftretende Stoß gedämpft werden; jeder
Flügel 10 kann
in der nach hinten geneigten Stellung durch eine lösbare Verriegelungseinrichtung 15 blockiert
werden.
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Wenn der Pulver-Beschleunigungshilsantrieb
aufgebraucht ist, wird das Staustrahltriebwerk gezündet, um
den Antrieb des Flugkörpers 1 in
der Flugphase zu gewährleisten.
Nach Lösung
der Verriegelungseinrichtung 15 bringen dann die Antriebsvorrichtungen 12 die
beweglichen Flügel 10 aus
der nach hinten geneigten Stellung, die in 4 gezeigt ist, in die nach vorne geneigte
Stellung, welche in 5 gezeigt
ist. In dieser Stellung sind die beweglichen Flügel 10 durch eine
Verriegelungseinrichtung 16 blockiert, die beispielsweise
an einem Sporn angebracht ist, welcher durch ein elastisches Glied plötzlich ausgefahren
wird, sobald der entsprechende Flügel 10 seine eingezogene
Stellung verläßt.
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Auf diese Weise kann also die Konfiguration des
Tragwerks des Flugkörpers 1 angepaßt werden an
die Flug- und Beschleunigungsbedingungen, die Lage des Schwerpunktes
und den Manövrierfähigkeitsbedarf.
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In 7 ist
schematisch ein Ausführungsbeispiel
einer Antriebsvorrichtung 12 gezeigt, welche einer lösbaren Verriegelungsvorrichtung 15 zugeordnet
ist. Diese ist in 8 in
Draufsicht gezeigt (Pfeil VIII).
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Jede Antriebsvorrichtung 12 ist
ein doppelt wirksamer Arbeitszylinder 17, dem zwei pyrotechnische
Gasgeneratoren 18 und 19 zugeordnet sind. Diese
Gasgeneratoren 18, 19 können der Gruppe von Arbeitszylindern 17 gemeinsam
sein, die jeweils einem beweglichen Flügel 10 zugeordnet
sind.
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Wenn der Gasgenerator 18 gezündet ist, treibt
er Gase in die Kammer 17A des Arbeitszylinders 17,
so daß der
Kolben 20 in derjenigen Richtung bewegt wird, in welcher
er über
seine Kolbenstange 13 und die Gelenkverbindung 14 den
Flügel 10 aus der
eingefahrenen Stellung (2)
in die nach hinten geneigte Stellung (4)
verschwenkt. In 7 sind die
verschiedenen Elemente in derjenigen Stellung gezeigt, welche sie
in der nach hinten geneigten Stellung einnehmen.
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In dieser Stellung ist der Flügel 10 durch
die Vorrichtung 15 verriegelt, die beispielsweise einen fest
mit dem Flügel 10 verbundenen
Haken 21, eine elastische Klammer 22, ein Löseorgan 23 und
einen Löse-Hilfszylinder 24 umfaßt.
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Der Gasgenerator 19 ist
mit dem Löse-Hilfszylinder 24 verbunden,
so daß bei
seiner Zündung die
von ihm erzeugten Gase den Kolben 25 des Zylinders beaufschlagen,
so daß der
Löse-Hilfszylinder 24 auf
das Löseorgan 23 einwirkt, um
die elastische Klammer 22 zu spreizen und den Flügel 10 zu
entriegeln. Nach dieser Entriegelung wird die der Kammer 17A gegenüberliegende
Kammer 17B des Arbeitszylinders 17 über den
Löse-Hilfszylinder 24 (Durchlaß 27)
mit Gas beaufschlagt, so daß der
Kolben 20 in derjenigen Richtung bewegt wird, in welcher
der bewegliche Flügel 10 aus
der nach hinten geneigten Stellung (4)
in die nach vorne geneigte Stellung (5)
gebracht wird.