-
Unabhängige Radaughängung für Kraftfahrzeuge
-
Die Erfindung bezieht sich auf eine unabhängige Radaufhängung für
Kraftfahrzeuge der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 genannten Art.
-
Radaufhängungen dieser Art sind seit langem bekannt (z. B. J. Reimpell,
Fahrwerktechnik 1, Vogel-Verlag, 1976, Seiten 136/137 und 139) und werden vorzugsweise
für angetriebene und nichtangetriebene Hinterachsen, also für nichtlenkbare Räder,
gelegentlich aber auch für angetriebene Vorderachsen, also für lenkbare Räder, eingesetzt.
-
Die kinematischen Eigenschaften solcher Radaufhängungen sind vom Fahrzeugkonstrukteur
nur in einem sehr beschränkten Umfang gestaltbar, weil ihm letztlich zur Beeinflussung
der Kinematik nur zwei Konstruktionsparameter zur Verfügung stehen, nämlich zum
einen die Länge des Längs- oder Schräglenkers und zum anderen der Winkel, unter
dem die Schwenkachse dieses Lenkers die Fahrzeuglängsachse schneidet.
-
So findet bei Einsatz eines Längslenkers beim Ein- und Ausfedern des
Fahrzeugrades beispielsweise eine Anderung von Spurweite und Vorspur nicht statt,
was der Konstrukteur auch bei Variation der Lenkerlänge nicht ändern kann, obgleich
eine bestimmte Vorspuränderung beim Ein- bzw.
-
Ausfedern für das Fahrverhalten des Fahrzeuges in vielen Fällen von
Vorteil ist. Bei Einsatz von Schräglenkern findet demgegenüber beim Ein-und Ausfedern
des Fahrzeugrades eine Änderung sowohl der Vorspur als auch der Spurweite statt.
Der Konstrukteur hat bei solchen Radaufhängungen
zwar größere Möglichkeiten
zur Beeinflussung der kinematischen Eigenschaften der Radaufhängung als bei Einsatz
von Längslenkern, da er durch Variation der Schräglenkerlänge und der Schwenkachse
z. B. den Kennlinienverlauf der Spurweiten- und Vorspuränderungen als Funktion des
Ein- und Ausfederns variieren kann, jedoch sind diese Einflußmöglichkeiten vergleichsweise
gering, da ihm hierfür nur diese beiden Lenkerparameter zur Verfügung stehen. Es
ist leicht erkennbar, daß für jede festgelegte Schwenkachse jeweils nur eine ganz
charakteristische Kennlinie für Vorspur- und Spurweitenänderung existiert.
-
Ausgehend von einer Radaufhängung der im Oberbegriff des Patentanspruchs
1 genannten Art liegt der Erfindung nun die Aufgabe zugrunde, diese unter Beibehaltung
ihrer wesentlichen Eigenschaften so auszugestalten, daß dem Konstrukteur für die
Festlegung der kinematischen Eigenschaften der Radaufhängung ein größerer Spielraum
zur Verfügung steht.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die kennzeichnenden Merkmale
des Patentanspruchs 1 gelöst. Der Schräg- oder Längslenker wird somit erfindungsgemäß
mittels eines Kreuzgelenkes, d. h. eines Gelenkes mit zwei starren Schwenkachsen,
am Fahrzeugaufbau angelenkt und mittels eines an ihm angelenkten querverlaufenden
Lenkerarmes beim Ein- und Ausfedern geführt. Kinematisch stellt diese Radaufhängung
eine Längslenker- oder Schräglenker-Achse dar, bei welcher die Ein- und Ausfederbewegung
des Rades durch den querverlaufenden Lenkerarm zusätzlich beeinflußt wird.
-
Dadurch ergibt sich für den Konstrukteur der wesentliche Vorteil,
daß ihm zur Festlegung der kinematischen Eigenschaften der Radaufhängung weitere
Variationsparameter zur Verfügung stehen; nunmehr kann er nicht nur die Länge des
Längs- bzw. Schräglenkers und die Lage der Lenker-Schwenkachse, sondern zusätzlich
auch die Ausrichtung sowie Länge des führenden Lenkerarms variieren.
-
Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung sind
in den Unteransprüchen angegeben.
-
Einen Lenker aus zwei voneinander unabhängigen Lenkerarmen zu bilden
und dabei einen ersten Lenkerarm mit seinem radseitigen Armende unmittelbar am Radträger
zu befestigen und einen zweiten Lenkerarm mit seinem radseitigen
Armende
in Nähe des Radträgers mittels eines sphärischen Gelenks am ersten Lenkerarm anzulenken,
ist an sich bekannt (DE-OS 23 55 588).
-
Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Radaufhängung, bei der
die Führung des Rades ausschließlich mittels eines am Fahrzeugaufbau schwenkbar
angelenkten Längs- oder Schräglenkers erfolgt, sondern um eine Doppel-Querlenkerachse,
bei der die Radführung mittels eines unteren und eines oberen dreieckförmigen Lenkers
erfolgt, die am Radträger mittels sphärischer Gelenke angelenkt sind.
-
Grundsätzlich bekannt ist es auch, bei Radaufhängungen für Kraftfahrzeuge
Kreuzgelenke einzusetzen (z. B. DE-OS 20 35 307). Auch diese bekannte Radaufhängung
ist mit einer Radaufhängung gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 nicht vergleichbar;
auch bei dieser Radaufhängung wird die Radführung mittels zweier übereinander angeordneter
Querlenker durchgeführt, wobei die Anlenkung des unteren Querlenkers am Radträger
mittels eines Kreuzgelenkes vorgenommen wird.
-
Anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispieles
wird die Erfindung nachstehend näher erläutert.
-
In der Zeichnung zeigen in schematischer Darstellung Fig. 1 eine Radaufhängung
für Kraftfahrzeuge gemäß der Erfindung in einer Draufsicht, Fig. 2 eine Ansicht
dieser Radaufhängung in Richtung des Pfeiles II, Fig. 3 eine Ansicht dieser Radaufhängung
in Richtung des Pfeiles III und Fig. 4 eine Ansicht dieser Radaufhängung in Richtung
des Pfeiles IV.
-
Die schwenkbare Anlenkung des Fahrzeugrades 1 am nur schematisch dargestellten
Fahrzeugaufbau 3 erfolgt über einen Lenker 2 , der aus zwei voneinander
unabhängigen
Lenkerarmen 21 und 22 besteht. Weitere Radführungsglieder sind nicht erforderlich.
Für die Fahrzeugabfederung erforderliche Federvorrichtungen, z. B. Schraubenfedern
oder Blattfedern, sowie Schwingungs-Dämpfungsvorrichtungen, z. B. Teleskopstoßdämpfer,
sind nicht weiterdargestellt, da sie für die Funktionsweise und das Verständnis
der Erfindung nicht erforderlich sind.
-
Ein erster Lenkerarm 21 erstreckt sich im wesentlichen in Fahrzeuglängsrichtung.
Er ist mit seinem radseitigen Armende unmittelbar starr am nicht weiter bezifferten
Radträger befestigt. Am Fahrzeugaufbau ist er mittels eines Kreuz- oder Kardangelenks
5, d. h. mittels eines Gelenks mit zwei Drehachsen 51 und 52, angelenkt. Die eine
Schwenkachse 51 verläuft - ähnlich wie bei üblichen Schräglenkern - schräg zur Fahrzeuglängsrichtung
und zumindest annähernd horizontal. Abweichend vom dargestellten Ausführungsbeispiel
könnte sie jedoch auch - ähnlich wie bei üblichen Längslenkern -quer zur Fahrzeuglängsrichtung
verlaufen.
-
Beim dargestellten Ausführungsbeispiel verläuft die zweite Schwenkachse
senkrecht zur ersten Schwenkachse 51, wobei sich beide Schwenkachsen schneiden.
Abweichend davon ist es aber auch möglich - falls der Konstrukteur zusätzliche Möglichkeiten
zur Beeinflussung der kinematischen Eigenschaften der Radaufhängung benötigt -,
daß die beiden Schwenkachsen sich unter einem von 900 abweichenden Winkel schneiden
und in verschiedenen Ebenen liegen, d. h. im Abstand zueinander versetzt angeordnet
sind.
-
Ein zweiter Lenkerarm 22 erstreckt sich zumindest annähernd quer zur
Fahrzeuglängsrichtung Y und ist mittels eines sphärischen Gelenkes 42, d. h. eines
Gelenkes das kugelige Bewegungen zuläßt, am Fahrzeugaufbau 3 angelenkt. Sein radseitiges
Armende ist in Nähe des Radträgers ebenfalls mittels einesMsphärischen Gelenkes
41 am ersten Lenkerarm 21 angelenkt.
-
Beim Ein- und Aus federn des Fahrzeugrades 1 wird der erste Lenkerarm
21 ähnlich einem üblichen Schräglenker um die erste Schwenkachse 51 des Kreuzgelenkes
5 verschwenkt. Während bei einem konventionellen Schräglenker die Ein- und Ausfederbewegung
des Fahrzeugrades 1 jedoch durch die Lage der mit der Schwenkachse 51 vergleichbaren
Schräglenker-Schwenkachse, d. h. durch deren Neigung gegen die Fahrbahnebene und
die Fahrzeuglängsrichtung
, starr festgelegt ist, wodurch sich
ein ganz bestimmter Kennlinienverlauf für Spurweiten- und Vorspuränderung als Funktion
des Ein- und Ausfederns ergibt, kann sie bei der erfindungsgemäßen Radaufhängung
durch Wahl der Länge des zweiten Lenkerarms 22 sowie durch Wahl der Lage der beiden
sphärischen Gelenke 41 und 42 mit großer Variationsbreite den jeweiligen Erfordernissen
in einfacher Weise angepaßt werden; wie leicht zu erkennen ist führt das radseitige
sphärische Gelenk 41 beim Ein-und Aus federn des Fahrzeugrades 1 nämlich eine kreisbogenförmige
Bewegung mit dem aufbauseitigen sphärischen Gelenk 42 als Mittelpunkt durch. Eine
entsprechende kreisbogenförmige Bewegung führt somit auch der Radträger des Fahrzeugrades
1 durch, wozu der erste Lenkerarm 21 entsprechende Schwenkbewegungen um die in den
Figuren 2 und 3 gekennzeichnete zweite Schwenkachse 52 durchführt.
-
Für die Einleitung der auf das Fahrzeugrad 1 einwirkenden Kräfte ergibt
sich eine klare Verteilung auf die beiden Lenkerarme 21 und 22. Die am Fahrzeugrad
1 angreifenden Seitenkräfte werden vom Querlenker 22 übertragen, lediglich das dabei
entstehende Moment wird über die Gelenkzapfen des Kreuzgelenkes 5 abgestützt.
-
Im dargestellten Ausführungsbeispiel wird die erste Schwenkachse 51
durch nicht weiter bezifferte Gelenkzapfen des Kreuzgelenkes gebildet, welche in
einer am Fahrzeugaufbau 3 befestigten Gelenkgabel 53 gelagert sind.
-
Die zweite Schwenkachse 52 wird demgegenüber durch ebenfalls nicht
bezifferte Gelenkzapfen gebildet, welche in einer am ersten Lenkerarm 21 befestigten
Gelenkgabel 54 gelagert sind. Eine ähnliche Variationsbreite der kinematischen Eigenschaften
läßt sich jedoch auch erzielen, wenn - aus welchen Gründen auch immer - die Gelenkzapfen
der ersten Schwenkachse 51 am ersten Lenkerarm 21 und die Gelenkzapfen der zweiten
Schwenkachse 52 am Fahrzeugaufbau 3 gelagert werden müssen. Obgleich die erfindungsgemäße
Radaufhängung bezüglich der Festlegung der Kinematik erheblich mehr Möglichkeiten
bietet als vergleichbare Radaufhängungen, ist der Raumbedarf für die aufbauseitige
Anlenkung des Kreuzgelenkes erheblich geringer als der Platzbedarf für die aufbauseitige
Anlenkung eines über zwei im Abstand zueinander liegende Lager angelenkten Schräglenkers.
-
Die beim Ein- und Ausfedern des Fahrzeugrades 1 auftretenden Sturz-,
Vorspur- und Spurweitenänderungen, d. h. die Kinematik der Radaufhängung, hängen
von der Läge der beiden Lenkerarme 21 und 22, von der räumlichen Lage der sphärischen
Gelenke 41 und 42, von der Stellung der beiden Lenkerarme in Konstruktionslage und
von der Ausrichtung der ersten Schwenkachse 51, d. h. von deren Neigung P gegen
die Fahrzeugquerrichtung X und deren Neigung g gegen die Horizon->ale bzw. gegen
die Fahrbahnebene, ab. Die konstruktiv festgelegten Winkel r und g sind in den Figuren
1 und 2 dargestellt.
-
Beim Ein- und Ausfedern vollführt der erste Lenkerarm 21 somit einerseits
Schwenkbewegungen um die erste Schwenkachse 51 und andererseits Schwenkbewegungen
um die zweite Schwenkachse 52. Die beim Schwenken um die erste Schwenkachse 51 auftretenden
Winkeländerungen sind in Fig. 3 mit dem Winkel oC angedeutet. In entsprechender
Weise sind die beim Schwenken um die zweite Schwenkachse 52 stattfindenden Winkeländerungen
in Fig.
-
4 mit dem Winkel / angedeutet.
-
Die erfindungsgemäße Radaufhängung ist anhand einer nichtangetriebenen
Hinterachse erläutert worden. Sie ist darauf nicht beschränkt. Sie kann mit den
gleichen Vorteilen auch bei angetriebenen Hinterachsen und bei angetriebenen oder
nichtangetriebenen Vorderachsen, d. h. in Verbindung mit gelenkten Rädern Anwendung
finden. Bei der Radführung von lenkbaren Rädern wird das radseitige Ende des ersten
Lenkerarmes 21 dann jedoch nicht starr am Radträger befestigt, sondern unter Einsatz
eines Lenkzapfens, der einerseits eine Schwenkbewegung des Rades um die Lenkachse
zuläßt, ansonsten aber eine starre Verbindung darstellt.