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Einrichtung zur Erhaltung der aufrechten Schwimmlage von Schiffen.
Es sind verschiedene Anordnungen bekannt geworden, die die Erhaltung der aufrechten
Schwimmlage von Schiffen gegenüber kippenden Kräften, z. B. gegen seitlichen Wind,
bewirken sollen. Dabei werden"die aufrichtenden. Kräfte z. B. durch Verschieben
von Ausgleichsgewichten (Ballast) oder auch durch Verdrehen von ruder- oder flossenartigen
Organen erzeugt, und die Bewegung dieser Massen oder Organe wird durch Pendel gesteuert,
die so im Schiff angebracht sind, daß sie dessen Neigungen möglichst wenig mitmachen.
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Die Steuerung der Massen usw. durch die Pendel erfolgt auf zwei- verschiedene
Weisen. Bei dem ersten Verfahren (vgl. z. B. Deutsche Patentschrift 66537) werden
die Ausgleichsmassen oder Ruder durch das Pendel vermittels einer Hilfskraft so
bewegt, daß die von ihnen auf das Schiff ausgeübten Kräfte mit- dem relativen Ausschlag
des Pendels zu-und abnehmen. Das aufrichtende Moment ist dann also in jedem Augenblick
dem momentanen Ausschlag des Schiffes proportional.
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Bei dem zweiten Verfahren (vgl. z. B. schweizerische Patentschrift
42430) wird durch den Ausschlag des Pendels ein Servomotor in Gang gesetzt, der
die Ausgleichsmassen so lange nach der ausgehobenen Schiffsseite hin verschiebt,
bis das Schiff und dadurch auch das Pendel wieder in die Mittellage gelangt. Das
erzeugte Moment nimmt also hier. so lange beständig zu, wie das Schiff nach derselben
Seite geneigt ist.
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Die beiden bekannten Verfahren haben jedoch einen großen Nachteil,
der ihre Wirksamkeit beeinträchtigt und ihre Anwendbarkeit beschränkt. Sie haben
nämlich die Wirkung, daß etwa entstehende schwingende Bewegungen des Schiffes um
seine Mittellage (Roll- oder Schlingerbewegungen) nicht nur nicht gedämpft, sondern
noch verstärkt oder geradezu neu erzeugt werden.
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Wenn ein gerade schwimmendes Schiff ohne besondere Einrichtung (Fig.
xa) plötzlich ein längere Zeit anhaltendes -kippendes Moment erfährt, z. B. durch
einen Winddruck W, so neigt es -sich in Richtung dieses Momentes. Die Geschwindigkeit
dieses Neigens nimmt so lange zu, wie das Moment von W größer ist als das aufrichtende
Moment der Stabilität Q # h # cp (Fig: zb), wobei 'Q das Deplacement,
h die metazentrische- Höhe und cp den Ausschlag (eigentlich sin cp, mit Rücksicht
auf den kleinen Winkel cp selbst gesetzt) bedeutet. .
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Für einen gewissen Ausschlag cpo wird das Moment der Windkraft M
- Q # h # cpo. Dies ist die neue Gleichgewichtslage. Infolge der lebendigen
Kraft schwingt das Schiff jedoch über cpo hinaus, schwingt dann zurück usw. Ohne
den Einfluß der Dämpfung durch das den Schiffsrumpf umgebende Wasser würde das Schiff
zwischen der senkrechten Lage und der Neigung 2 cpo mit der Schwingungsdauer
hin und her schwingen. (Z = polares Trägheitsmoment des Schiffes'.) ,In Wirklichkeit
kommt
es infolge der - genannten Dämpfung allmählich in der Lage cpo zur Ruhe.
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Ist das Schiff nun mit einer Einrichtung nach dem ersten der beiden
obengenannten Verfahren ausgerüstet, durch das dem Ausschlag proportionale aufrichtende
Momente-erzeugt werden, z. B. durch Verschiebung eines Gewichtes G um die dem Ausschlag
cp proportionale Strecke x = a # cp (Fig. xc), so - ist das bei dem
Ausschlag cp entstehende aufrichtende Moment
Der Einfluß der auf das Schiff ist also ganz derselbe, als ob die metazentriscre
Höhe auf das
-fache vergrößert worden wäre. Ihre Wirkung ist demnach folgende Die dauernde Neigung
durch die Windkraft W wird kleiner als bei dem Schiff ohne besondere Einrichtung.
Die Rollschwingungen um diese Mittellage werden aber durch die Einrichtung nicht
gedämpft; die Schwingungsverhältnisse werden vielmehr dadurch wesentlich ungünstiger,
daß die Schwingungsdauer :jetzt 2a),
negativ" weil Um 2c) beträgt, also kleiner geworden ist. Wenn G @ a so groß
gemacht wird, daß auch bei starkem Winddruck- W nur kleine dauernde Neigungen entstehen
können, müssen demnach gleichzeitig sehr schnelle und unangenehme Rollbewegungen
auftreten.
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Ist das Schiff dagegen mit einer Einrichtung verseren nach dem zweiten
bekannten Verfahren, bei der das aufrichtende Moment so lange beständig zunimmt,
wie der Ausschhg des Schiffes andauert, so ist die Mittellage des Schiffes im Beharrungszustande
bei jeder Windkraft W senkrecht, da das aufrichtende Moment so lange vergrößert
oder verkleinert wird, bis das Schiff wieder gerade liegt. Gegenüber des größten
Ausschlages cpl, in dem die Rieh-fang dauernd in derselben Richtung wirkenden Kräften
ist diese Einrichtung also theoretisch vollkommen. Für Rollschwingungen liegen die
Verhältnisse aber noch ungünstiger als bei der -ersten Anordnung. Das Schiff (Fig.
das bisher- ruhig gelegen hat, möge z. B. durch periodisch auftretende Wellen anfangen,
in der Pfeilrichtung zu rollen. Sobald das Schiff merklich aus der Mittellage ausgeschlagen
hat, beginnt der Apparat, das Gewicht G nach der angehobenen Seite hin zu bewegen.
In dem Augenblick der Rollbewegung sich umkehrt (Fig, ab), ist das Gewicht G beispielsweise
um x1 aus der Mittellage verschoben. Die während die-er Zeit von G auf das Schiff
übertragene Arbeit ist e Ai-JGxdcp; 0 die 'Mittellage Betrag cp diese Arbeit ist
weil das Moment der Schwerkraft von G der Bewegung entgegenwirkt. den Betrag A1
wird also die Energie. der Rollbewegung vermindert. Während - des Zurückschwingens
von cpl bis zur Mittellage (Fig. nimmt die Verschiebung von G weiter zu bis auf
x2; die während dieser Bewegung von G geleistete Arbeit ist x2, o A2- f Gxdcp. xm
i -Die Arbeit A2 ist positiv, da Kraft und Bewegung die gleiche Richtung haben,
und der absolute Wert von A2 ist größer als der von Ai, weil x während, der ersten
Bewegung immer kleiner, dagegen während der zweiten immer größer als xi ist. In
dem Moment des Durchgangs des Schiffes durch ist also die Schwingungsenergie der
Rollbewegung um den A2-Ai größer als beim Schiff ohne besondere Einrichtung. - Die
Schwingung ist demnach nicht nur nicht vermindert, sondern sogar verstärkt worden.
Dasselbe ergibt sich für jede weitere Phase der Schwingung von Mittellage bis Mittellage.
Immer überwiegt die durch G der Schwingung zugeführte Leistung die abgeführte. Das-
Schiff befindet sich also infolge der Einrichtung geradezu in einem labilen Zustande;
eine durch irgendwelche Ursache entstandene Rollbewegung wird fortwährend verstärkt,
so daß die Ausschläge immer mehr zunehmen. Dieselbe Wirkung entsteht übrigens auch
bei dem ersten Verfahren, sobald die Verschiebung des Gewichts G hinter dem Ausschlag
des Schiffes etwas zurückbleibt. Bei der praktischen Ausführung wird das stets der
Fall sein, und beide Verfahren wirken Schwingungen erzeugend. Eine nach diesem Grundsatz
arbeitende Vorrichtung kann nur dann angewendet werden, wenn die Verschiebung des
Gewichts G äußerst langsam erfolgt, so daB die Differenz A2-Al, (d. h. die Vermehrung
der Schwingungsenergie) während einer halben Schwingung so gering wird, daB sie
schon bei kleinen Rollausschlägen durch die natürliche Dämpfung des Schiffes im
umgebenden.Wasser aufgezehrt wird. Aber auch dann erfolgt der Ausgleich von dauernd
in derselben Richtung wirkenden kippenden Kräften nur langsam, und der Apparat dann.
Schwankungen
in der Größe dieser Kräfte nicht mehr schnell genug
folgen. Außerdem werden nach wie vor die Rollschwingungen des Schiffes um ein gewisses
Maß verstärkt.
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Die Mängel der beschriebenen Vorrichtungen werden durch das vorliegende
neue Verfahren vermieden, indem hier die schwingenden Bewegungen, die. durch -die
bekannten Verfahren zur Erhaltung der aufrechten Mittellage erzeugt oder verstärkt
werden, durch eine besondere Vorrichtung abgedämpft werden. Dadurch wird erreicht,
daß die Einrichtung, die .die Kräfte zur Erhaltung der normalen Mittel-Lage erzeugt,
in der für ihren besonderen Zweck bestgeeigneten Weise ausgeführt werden kann, ohne
jede Rücksicht auf die Größe der schädlicten Nebenwirkung bezüglich der schwingenden
Bewegung, -die durch die neu hinzugefügte besondere Vorrichtung unschädlich gemacht
wird. Erst auf diese Weise wird es möglich, die Ausgleichsmassen fast beliebig schnell
zu verschieben und damit eine schnelle und dollständige Wiederherstellung der normalen
Mittel-Lage zu erzielen: Zur Unschädlichmachung der schwingenden Bewegungen können
die verschiedensten Vorrichtungen verwendet werden.
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Man kann z. B. eine Vorrichtung nach dem ersten oben besprochenen
Verfahren (Moment proportional dem Ausschlag des Schiffes) mit einem Schlickschen
Kreisel kombinieren. Dadurch, daß der Kreisel die Entstehung größerer Rollschwingungen
überhaupt verhindert, verliert das gegen dieses Verfahren bestehende Bedenken, daß
die Rollbewegungen zu schnell werden, seine Bedeutung. Man kann die Vorrichtung
so bauen, daß die scheinbare metazentrische Höhe sehr groß wird und dadurch die
Wirksamkeit gegen dauernde kippende Kräfte entsprechend erhöhen. Oder man verwendet
z. B. das zweite Verfahren (Moment zunehmend bis zur Rückkehr in .die normale Mittellage)
zusammen mit dem Kreisel oder einer anderen wirksamen Rolldämpfung: Durch eine genügend
kräftige Dämpfungsvorrichtung wird die Erzeugung- größerer Rollschwingungen und
damit- das Entstehen eines labilen Zustandes verhindert; man kann dabei die Verschiebung
des. Gewichts-G (Fug, za bis 2c) beliebig schnell vor sich gehen.lassen, ohne noch
gefährliche Nebenwirkungen fürchten zu müssen, wodurch eine viel schnellere und
anpassungsfähigere Ausgleichung der längere Zeit wirkenden Kräfte erzielt wird.
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Da die Kräfte, die die Erhaltung der.Mittellage bewirken, sich nach
anderen Gesetzen ändern müssen als die die schwingenden Bewegungen verhindernden
Kräfte, so werden beide im allgemeinen zur selben Zeit sowohl verschiedene Größe
als auch verschiedene Phase haben, in ihrer Wirkung auf das Schiff sich teilweise
addieren und teilweise einander entgegenwirken. Man kann daher eine wesentliche
Vereinfachung der Anlage und Verminderung ihres Gewichts erreichen, wenn man statt
der beiden einzelnen Kräfte eine einzige--erzeugt, die die Resultierende der beiden
ist. Wenn z. B. die Kräfte durch Verschieben von .Gewichten erzeugt werden sollen,
so braucht man nicht für jede der beiden Vorrichtungen besondere Gewichte anzuordnen,
sondern man kann sowohl das pendelnde Organ, das die Kräfte zur Erhaltung der Mittellage
steuert, als auch die besondere Vorrichtung zur Dämpfung der schwingenden Bewegungen
auf dieselben Gewichte einwirken lassen, so daß diese in einer Weise verschoben
werden, - daß die Ve°schiebung und damit die erzeugte Kraft die Resultierende der
beiden Einzelverschiebungen oder Kräfte ist. Es werden dann im ganzen weniger Gewichte
gebraucht, ebenso wie das Entstehen sich entgegenwirkender Kräfte; die den Schiffskörper
unnötig beanspruchen, vermieden wird.
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Eine derartige Anordnung ist beispielsweise in Fig. 3 und 4 im Aufriß
und Grundruß dargestellt. Als Steuervorrichtung zur Dämpfung der schwingenden Bewegungen
wird die Einrichtung nach Patent 302527, und zwar die Ausführungsform mit Kreisel,
verwendet.
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Auf der Drehachse des Kreiselrahmens x istder Arm 2 befestigt, an
dessen freiem Ende die Stange 3 angelenkt ist. Die Stange 3 wird in bekannter Weise
so -bewegt, daß sie für sich allein die Gewichte derart steuert, daß alle
Rollschwingungen gedämpft werden. Die Bewegung der Stange 3 wird auf das eine Ende
des Hebels 4 übertragen. Zur Steuerung der Bewegung zwecks Erhaltung der Mittellage
ist beispielsweise anstatt eines Pendels ein Gewicht 5 vorhanden, das auf einer
Rollbahn 6 hin und her rollen kann. Diese Anordnung hat gegenüber einem Pendel den
Vorzug, daß man bei sehr geringem Raumbedarf beliebig große Eigenschwingungsdauer
erzielen kann; wenn die Rollbahn gerade gemacht wird, würde die Schwingungsdauer
bekanntlich unendlich sein. Die Bewegung des Gewichts 5 wird durch die Stange 7
und die Traverse 8 auf das andere Ende des Hebels 4 übertragen. In einem Punkte
des Hebels 4 ist die Steuerstange g angelenkt, die die Verschiebung der Gewichte
in: bekannter Weise steuert.
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Mit dem Rollgewicht 5 wird zweckmäßig noch eine regelbare Dämpfungsvorrichtung
=o verbunden. Das Gewicht 5 ist nur zum- Ausgleich von längere Zeit andauernden
Kräften bestimmt, d. h. von Kräften, die mindestens wesentlich länger anhalten,
als eine halbe Rollschwingung des Schiffes dauert; denn Kräfte von kürzerer Dauer
rufen nur Rollschwingungen hervor und werden durch die Einrichtung zur
Dämpfung
der Schwingungen unschädlich gemacht. Es ist deshalb zweckmäßig, wenn das Gewicht
5 auf die Neigungen- des Schiffes nicht momentan, sondern mit einer gewissen, möglichst
regelbaren Verzögerung anspricht. Dies wird durch die Dämpfungsvorrichtung xo erreicht.
Sie hat außerdem den Vorteil, daß etwaige schädliche Massenwirkungen des Gewichts
5, die besonders bei größerer Eigenschwingungsdauer dieses Gewichts auftreten könnten,
verhindert werden.