-
Beschreibung
-
Die Erfindung betrifft Verfahren und Maßnahmen zur Auslösung der Kristallisation
von Schmelzen chemischer Substanzen. Dieser Vorgang wird gelegentlich auch "Abrufung"
genannt. Der technische Zweck einer solchen Abrufung ist die Frei- und Nutzbarmachung
des Energieinhalts solcher Schmelzen beim Phasenwechsel. Vorausgesetzt werden hier
die dem Fachmann bekannten Begriffe der latenten Wärme und der Enthalpie, wobei
der Begriff Enthalpie jeweils nur unter Vorbehalt angewendet wird.
-
Es ist bekannt, daß geschmolzene Kristalle, insbesondere Hydrate,
zur Unterkühlung neigen, d.h. daß die chemische Substanz auch noch unterhalb der
eigentlichen Schmelztemperatur oder der Übergangstemperatur im flüssigen Zustand
verbleibt. Es ist weiterhin bekannt, die von den Kristallen während des Schmelzens
- was im idealen Fall bei konstanter Temperatur erfolgt - aufgenommene Wärme zur
Speicherung von Energie zu verwenden (Verwendung der Schmelzenthalpie oder latenten
Wärme) Eine Schmelze kann nicht ohne weiteres bis zu einer beliebig niedrigen Temperatur
unterkühlen oder unterkühlt werden.
-
Es hängt meistens mehr oder weniger von Zufälligkeiten ab, bei welcher
Temperatur eine spontane Kristallisation eintritt. Jedoch ist bekannt, daß bei Einhaltung
gewisser Umstände, die vom Schmelzmaterial und seiner Zusammensetzung abhängen,
ein bestimmter- Temperaturbereich der Unterkuhlunj
eingehalten werden
kann. Innerhalb dieses Bereichs kann eine Kristallisation nur durch gezielte Maßnahmen,
zu denen die der Erfindung gehören, eingeleitet werden.
-
Im allgemeinen ist aber eine Unterkühlung unerwünscht.
-
Die wichtigsten Gründe, die für die Vermeidung einer Unterkühlung
sprechen, sind aus der Literatur hinreichend bekannt. Genannt seien nur die Stratifikation
und die undefinierte, vielfach von Zufälligkeiten abhängige Temperatur, bei der
eine unterkühlte Schmelze spontan auskristallisiert.
-
Dennoch ist bereits vorgeschlagen worden, Salzschmelzen für Heizzwecke
zu unterkühlen, wobei der Schmelzpunkt oberhalb der Zimmertemperatur, die mögliche
Unterkühlungstemperatur jedoch unterhalb der Zimmertemperatur liegt.
-
Solchen Vorschlägen liegen jedoch lediglich die dem Fachmann an sich
schon bekannten und der Literatur zu entnehmenden Daten zugrunde, z.B. daß der Schmelzpunkt
von 0 Natriumacetat-Trihydrat bei + 58 C liegt und eine Schmelze dieser Substanz
unter günstigen Umständen bis unter OOC unterkühlt werden kann. Ähnliches gilt für
viele andere Salze, insbesondere Hydrate, wie Natriumthiosulfat, Glaubersalz und
ähnliche.
-
Die technische und wirtschaftliche Verwendung der Unterkühlung ist
aber nicht dadurch gegeben, daß man - wie z.B.
-
in DE - OS 24 48 739 - lediglich Tabellenwerte angibt.
-
Maßgebend ist eine - dort fehlende - technische Anweisung, wie man
die aus der Grundlagenforschung her bekannten Gegebenheiten praktisch ausnutzen
kann.
-
Die Vorteile einer technisch beherrschten und technisch beherrschbaren
Unterkühlung sind unbestreitbar. Liegt die Schmelztemperatur oder die Übergangs
temperatur bei einer Temperatur, welche den Einsatz einer Wärmepumpe wirtschaftlich
sinnvoll macht, um warmes Brauchwasser im Haushalt oder heißes Wasser für eine Zentralheizung
zu 0 liefern, z.B. Glaubersalz 32 C oder Natriumacetat-Trihydrat 580C, und wird,
was technisch möglich ist, die Unterkühlung bis mindestens Zimmertemperatur oder
Kellertemperatur beherrscht, also rund bis 200C bzw. 120C, so wird für die Aufbewahrung
eines solchen Speichers keine Wärmeisolation benötigt, d.h. die gespeicherte Energie
kann verlustlos aufbewahrt werden.
-
Das Problem, mit dem sich die vorliegende Erfindung befaßt, ist jedoch
die bereits genannte Abrufung.
-
Zu diesen Maßnahmen gehört in erster Linie die "Impfung" mit entsprechenden
Kristallen. Darunter versteht man in bekannter Weise die Zufügung oder das Vorhandensein
von chemischen Substanzen in fester, kristalliner Form, wobei drei Gruppen von Kristallen,
bezogen auf die Kristallstruktur des Materials, verwendet und unterschieden werden:
1. identische oder isomorphe, 2. isotypische, 3. epitaxische.
-
Wenn eine chemische Substanz, insbesondere ein Salzhydrat wie z.B.
typischerweise Glaubersalz, reversibel als Energiespeicher verwendet werden soll,
so ist es üblich,
der Speichersubstanz isotypische oder epitaxische
Kristalle beizufügen, welche einen Schmelzpunkt haben, der über dem Schmelzpunkt
der Substanz liegt, ja sogar höher ist als die praktisch auftretende sog. "Uberladungstemperatur
- das ist die höchste Temperatur, welche beim Aufladen auftritt oder auftreten kann
-, so daß diese Kristalle stets im festen Zustand in der Schmelze vorhanden sind.
Die Gegenwart (Anwesenheit) von derartigen Kristallen bewirkt - wenn es funktioniert
-, daß eine Unterkühlung nicht auftritt, so daß die Schmelze bei absinkender Temperatur
auszukristallisieren beginnt, wenn der typische Schmelz- oder Übergangspunkt erreicht
wird.
-
Die Gegenwart derartiger Kristalle hat aber auch den Sinn, daß Kristalle
bestimmter Struktur gebildet werden, da viele Schmelzen an sich Kristalle unterschiedlicher
Struktur bilden können und nicht alle diese Strukturen die gewünschte Schmelzenthalpie
aufweisen oder aber andere technisch schädliche Eigenschaften haben.
-
Im Gegensatz zur üblichen Ansicht, daß Unterkuhlungen vermieden werden
sollen, ist aber auch der Gedanke - aber nicht mehr als der Gedanke - einer bewußten
oder gewollten Unterkühlung - wie gesagt - bekannt. Es ist nur offensichtlich, daß
in einem solchen Fall die üblicherweise verwendeten oben genannten Kristalle nicht
ohne weiteres angewendet werden können, denn diese sollen ja gerade die Unterkühlung
vermeiden.
-
Will man jedoch die Unterkühlung ausnutzen, so bedeutet dies aber,
daß der Schmelze erst zum gewünschten Zeitpunkt des Kristallisationsbeginns der
Impfkristall (oder mehrere) zugegeben werden kann, darf oder muß.
-
Nimmt man dazu isotypische oder epitaxische Kristalle, dann ist eine
solche Schmelze normalerweise nur einmal verwendbar, weil eine nochmalige Unterkühlung
durch die Anwesenheit dieser Kristalle -verhindert wird.
-
Will man den Schmelz-Kristallisationszyklus praktisch beliebig häufig
als Latentwärmespeicher benutzen, so bietet sich zunächst nur an, die unterkühlte
Schmelze mit identischen Kristallen zu impfen. Diese Maßnahme ist technisch unbefriedigend.
-
Überraschenderweise ist es erfindungsgemäß möglich, trotz der Anwesenheit
von isotypischen oder epitaxischen Kristallen eine Unterkühlung der Schmelze zu
erzielen und deren Vorteile auszunutzen.
-
Die vorliegende Erfindung geht von der Tatsache aus, daß zur Bildung
eines Kristalls - z.B. eines lonenkristalls wie NaCl - Energie frei wird, wenn der
Kristall durch Annäherung der Bestandteile - z.B. der Ionen aus "unendlicher" Entfernung
- gebildet wird. Die Bildung der Kristalle, insbesondere die spontane Bildung des
ersten oder der ersten Kristalls bzw. Kristalle wird um so eher möglich, je tiefer
die Temperatur ist, d.h. je kleiner die Beweglichkeit, d.h. die statistische kinetische
Energie der Bestandteile ist.
-
Bei einer Unterkühlung liegt somit die Erscheinung vor, daß die ungeordnete
Bewegung der Bestandteile noch zu groß ist, um ein Zusammenfinden der Bestandteile
zu ermöglichen.
-
Eine Kristallbildung kann nun auf verschiedene Art erzwungen werden.
Eine dieser Möglichkeiten ist, daß eine unterkühlte Schmelze bei absinkende Temperatur
"irgendwann" auskristallisiert. Die Anführungsstriche beim Wort irgendwann weisen
darauf hin, daß der Beginn der Kristallisation völlig unbestimmt ist und von nicht
rekonstruierbaren Faktoren, Zuständen und Bedingungen abhängt.
-
Eine andere Möglichkeit ist die Impfung durch Kristalle, wobei zu
beachten ist, daß die unkontrollierte spontane Kristallisation eigentlich auch eine
Impfung ist, nämlich mit irgendeiner Kristallstruktur des Materials des Gefäßes,
in welchem sich die Schmelze befindet oder der Materialien, welche sich in der Schmelze
befinden, beispielsweise Wärmeaustauscher. Selbst Stoffe, welche als "Verunreinigungen"
bezeichnet werden, sind in den meisten Fällen kristallin, wenn auch eventuell nur
im molekularen Bereich.
-
Es gehört zum Stand der Technik, der Schmelze Kristalle beizugeben,
welche jede Unterkühlung mit ihren bekannten angeblichen Nachteilen vermeiden sollen.
-
Zwischen diesen beiden extremen Möglichkeiten liegt eine dritte, welche
Gegenstand der Erfindung ist.
-
Zur Erläuterung des dem Hauptanspruch zugrunde liegenden Gedankens
muß auf die Systematik der Kristallstruktur hingewiesen werden, welche in der Fachwelt
keineswegs einheitlich ist.
-
So werden z.B. 7 Systeme aufgestellt (gemeint ist hiermit z.B. Tetragonal
oder Hexagonal usw.). Weiterhin werden 32 Klassen aufgestellt
(zip.
Trigonal-bipyramidale Klasse oder Rhombischbiphenoidische Klasse). Hinzu kommt die
Ableitung von 230 Raumgruppen. Wenn man nun bedenkt, daß die mehr als eine Million
bekannten chemischen Substanzen fast alle (wenn nicht tatsächlich alle) kristallin
sind, bei organischen Substanzen zwar unter Umständen nur im mikroskopischen Bereich,
so ist es nicht möglich, im Rahmen dieser Beschreibung alle chemisch-technischen
Möglichkeiten darzustellen.
-
Daher kann hier nur ein die Erfindung charakterisierendes Beispiel
genannt werden.
-
Natriumacetat hat je nach dem Wassergehalt einen Schmelzpunkt zwischen
etwa 500C und 70 C. Die Schmelze kann unterkühlt werden und zwar nach dem Stand
der Technik in bekannter Weise bis mindestens OOC. Es ist verständlich, daß durch
Zugabe von Kristallen die Abrufung bei einer bestimmten Temperatur erfolgen kann.
Bei der bisher üblichen Technik zur Vermeidung der Unterkühlung werden Kristalle
verwendet, die eben diese Unterkühlung vermeiden.
-
Im anderen Extremfall bleibt die Schmelze bis zu einer tiefen Temperatur
erhalten und kristallisiert erst aus, wenn in dem ganzen Schmelzsystem, zu dem auch
das Gefäß, Wärmeaustauscher und zufällige Verunreinigungen gehören, eine Impfkristallstruktur
vorhanden ist, welche die erste Kristallbildung auslöst und damit die Kettenreaktion
der gesamten Kristallisation der Schme#lze einleitet. Der idealste Impfkristall
ist selbstverstänlich der identische Kristall der Schmelze. Es gibt aber auch Kristalle,
die
noch in einem gewissen Bereich unterhalb der Schmelztemperatur
keine Kristallbildung herbeiführen, z.B. durch Maßnahmen, die zum Stand der Technik
gehören, wie beispielsweise OS und ähnliche.
-
Im Falle von Natriumacetat kann z.B. Glimmer in der unterkühlten
Schmelze vorhanden sein, ohne daß bei Zimmertemperatur eine Kristallbildung erfolgt.
Wird jedoch der kristalline Glimmer abgekühlt bis auf etwa OOC, so tritt Kristallisation
auf und die ganze Schmelze gibt ihren Wärmeinhalt bei 500 bis 700C ab. Der Prozeß
ist reversibel, das heißt, daß die auskristallisierte Masse wieder geschmolzen werden
kann und trotz der Anwesenheit von Glimmer in genannter Weise unterkühlt.
-
Dieses erfindungsgemäße Verfahren funktioniert besonders wirkungsvoll,
wenn die Schmelze nach bekannten Verfahren, die nicht Gegenstand der Erfindung sind,
in einen quasistabilen Zustand gebracht wird, welcher eine starke Unterkühlung zuläßt.
-
Zweckmäßigerweise verwendet man für den auslösenden festen Stoff,
der natürlich in der Schmelze nicht löslich ist, Kristalle, die demselben System
wie die Schmelze angehören.
-
So gehören sowohl Natriumacetat als auch Glimmer dem monoklinen System
an.
-
Wegen der sehr großen Vielfalt der chemischen Verbindungen und der
Kristallraumgruppen kann hier nur dieses Beispiel angeführt werden, doch sei noch
darauf hingewiesen, daß
als praktische Latentwärmespeichermaterialien
auch Natriumthiosulfat und Glaubersalz gegenwärtig im Vordergrund des Interesses
stehen, wobei sich die Erfindung nicht auf diese Materialien beschränkt.
-
Zur technischen Durchführung der Erfindung sei gesagt: Zur Aufladung
des Speichers, d.h. dem Schmelzen der Kristalle, kann jede beliebige Wärmequelle
verwendet werden, wobei sich vorzugsweise in der Schmelze Wärmeaustauscher in bekannter
Form befinden. Als Wärmequelle können z.B. Sonnenkollektoren benutzt werden oder
die Abwärme von irgendwelchen technischen oder industriellen Verfahren, wie die
Abwärme von Kraftwerken. Auch das abfließende Brauchwasser im Haushalt oder in der
Industrie kann verwendet werden, wobei die notwendige Temperatur erhöhung zum Schmelzen
des Kristallspeichers durch zusätzliche elektrische Heizung oder durch Einsatz einer
Wärmepumpe erzielt wird.
-
Bei der Aufladung muß selbstverständlich die Temperatur oberhalb der
Schmelztemperatur liegen, sie darf aber nicht die Schmelztemperatur des erfindungsgemäß
in der Schmelze befindlichen Auslösekristalls erreichen, da dieser stets im festen
Zustand verbleiben muß.
-
Die Anbringung der erfindungsgemäßen Auslösekristalle kann auf viele
Arten vorgenommen werden. Entscheidend ist lediglich, daß die Abkühlung des Kristalls
bis zu der Temperatur, welche die "Abrufung" einleitet, von außen vorgenommen werden
kann, d.h. daß der Speicherbehälter nicht geöffnet zu werden braucht. So kann z.B.
ein Peltierelement oder
eine Peltierbatterie durch die Wand des
Behälters geführt werden, wobei an der inneren sogenannten "Lötstelle" der Auslösekristall
befestigt ist. Aber auch jede andere Form der Abkühlung ist möglich, wie in den
Ansprüchen dargestellt.
-
Die Bedeutung der Erfindung soll an einem Beispiel erläutert werden.
Natriumthiosulfat, welches einen Schmelz-0 punkt, genauer gesagt: Übergangspunkt,
von etwa 48,5 C hat, kann bei entsprechender Präparierung, die hier als 0 Stand
der Technik vorausgesetzt wird, bis weit unter o C als Schmelze abgekühlt werden.
Wird die Schmelzenergie durch Sonnenkollektoren aufgebracht, so kann die gespeicherte
latente Wärme bei Zimmer- oder auch Kellertemperatur ohne Isolation und ohne Energieverlust
beliebig lange aufbewahrt werden. Wird nun der erfindungsgemäße Auslösekristall,
der sich im Innern der Schmelze befindet, durch die bereits genannten Maßnahmen
von außen, d.h. ohne Öffnung des Speichers abgekühlt, so wird die Kristallisation
eingeleitet und der Speicher gibt die gesamte latente Wärme bei einer Temperatur
von ca. 48 0c ab, womit Brauchwasser aufgeheizt werden kann. Extrem ausgedrückt
heißt das, daß die im Sommer gewonnene Sonnenenergie im Winter zur Verfügung steht.
Da gemäß der Erfindung der Speicher nicht geöffnet zu werden braucht, tritt auch
keine mögliche Verschmutzung und auch keine Änderung des Wasseranteils der Schmelze
ein. Es werden also Faktoren, welche die Eigenschaften des Speichers ungünstig verändern
könnten, vermieden.