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Beschreibung
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Die Zahnkaries ist eine immer noch zunehmende Zivilisationskrankheit,
deren primäre Ursache die 8sErweichung des Zahns schmelzes durch Bildung eines erhöhten
Anteils an sAurelabilem Hydroxylapatit ist. Durch Fluoridionen können die Hydroxylgruppen
des Hydroxylapatits wieder durch Fluor ausgetauscht werden bzw. kann die Bildung
des Hydroxyiapatits zurückgedrängt werden. Da der Fluoroapatit säurestabil ist erfährt
der Zahnschmelz eine Härtung und besitzt damit erhöhte Kariesresistenz. Mit Nahrungsmitteln
und Getränken werden täglich ca. 0,2 - 0,5 mg Fluorid aufgenommen. Diese Mengen
reichen jedoch nicht aus, um kariostatisch wirksam zu sein. Die prophylaktische
Maßnahme zur Bekämpfung der Karies durch regelmäßige Zuführung von zusätzlichem
Fluorid wird daher als sinnvoll erachtet und hat sich auch als erfolgreich bei der
Bekämpfung der Karies erwiesen.
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Es bieten sich verschiedenste Möglichkeiten der Zuführung von Fluorid
an, deren Effektivität jedoch stark unterschiedlich ist. Der beste Schutz vor Karies
bei Kindern kann dadurch erreicht werden, wenn sowohl in der präals auch posteruptiven
Phase dem Zahnscluelz kontinuierlich Fluorid zugeführt wird, so daß der Zahn sich
stetig in einem Milieu oberhalb der zur Bildung von Fluoroapatit ausreichenden Fluoridkonzentration
befindet, von
der angenommen wird, daß sie bei 0,025 - 0,045 ppm
F im Plasma bzw. 0,006 - 0,011 ppm F im Speichel liegt. Dieser Zustand kann durch
regelmäßige Zuführung von ionogenes Fluor liefernden Verbindungen erzielt werden,
wobei durch Verkürzung der Applikationsintervalle zunehmend eine Kontinuität oberhalb
der physiologischen Normspiegel zu erreichen ist. Bei regelmäßiger lokaler Anwendung
von Fluorid (in Form von Pinselungen und Zahnpasten) sowie bei oraler Zufuhr schnellfreisetzender,
fluoridhaltiger Arzneiformen konnte eine Eindämmung der Zahnkaries um maximal 50%
erzielt werden. Die viel diskutierte, in einigen Ländern auch schon eingeführte
Trinkwasserfluoridierung, wird jedoch als wesentlich wirkungsvoller beurteilt und
weist eine Erfolgsguote von bis zu 60% auf. Da aber Fluor schon bei etwas größeren
Mengen andererseits auch toxisch ist, war es in der Bundesrepublik Deutschland bisher
aus gesetzlichen Gründen nicht möglich, das Trinkwasser allgemein zu fluorieren.
Ein ähnlich permanenter prophylaktischer Effekt kann zwar auch durch eine Speisesalzfluoridierung
erzielt werden, die aber auch umstritten ist und daher nicht generell durchgeführt
werden kann.
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Als Äquivalent zu einer solchen kontinuierlich erfolgenden additiven
Fluorzufuhr ist eine orale Darreichungsform mit verzögerter Fluoridfreisetzung besonders
geeignet, denn bei den üblichen Natriumfluorid-Gaben in Tablettenform tritt zwar
eine schnelle Resorption ein, doch sinkt der Fluoridspiegel im Blut und Speichel
auch wieder bald ab, da Natriumfluorid relativ schnell ausgeschieden wird. Durch
ein bekanntes Retardprodukt in Form von Matrixpellets, bei denen Natriumfluorid
in eine im Magen- und Darmtrakt nicht bzw. langsam oder nur teilweise löslichen
Substanz eingebettet ist, werden Konzentrationsspitzen in Gewebe und Körperflüssigkeiten,
wie sie nach Gabe der schnellfreisetzenden Natriumfluorid-Tabletten auftreten, wegen
der verzögerten Freisetzung verhindert, und der Fluoridspiegel bleibt auch länger
auf
höheren Werten {val. Büttner, Henschler und Patz, 9'Karies prophylaxe
durch Fluorid-Einnahme8' in Deut.Med. Wochenschrift 1973, S. 751 - 756). Zugleich
ist dadurch die Gefahr akUter Vergiftungen bei akzidentieller Aufnahme hoher Dosen
vermindert.
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Allerdings hat es sich gezeigt, daß dieses Retardmaterial mit Natriumfluorid-Einbettung
in höhere Alkohole, z .B.
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Stearylalkohol oder Cetylstearylalkohol bzw. in Wachse, in der Praxis
doch nicht die gesetzten Hoffnungen optimal erfüllen konnte. Insbesondere zeigte
es sich, daß bei längerer Lagerung der Matrixpellets die ursprünglich eingestellten
Freisetzungsraten deutlich abnahmen, da bei der Lagerung doch eine Veränderung des
Matrixmaterials eintritt, z.B. durch Rekristallisierung oder dergleichen. Aufgabe
der Erfindung ist es daher ein verbessertes orales Natriumfluorid-Retardprodukt
bereitzustellen, das schnell einen gewünschtenFluoridionen-Spiegel im Blut und Speichel
erreichen läßt und dieser dann über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten
bleibt.
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Es wurde nun gefunden, daß es mit einer oralen Dosierungseinheit,
die Mischungen von unterschiedlich schnell Natriumfluorid abgebenden Pellets enthält,
gelingt, eine gleichmäßige Natriumfluorid-Resorption über einen Zeitraum von 8 bis
10 Stunden zur Sicherstellung des gewünschten erhöhten Fluoridspiegels im Blut und
Speichel zu erreichen Bei diesen Pellets ist das Natriumfluorid auf einen neutralen
Kern als Dünnschicht aufgebracht. Bei einem wesentlichen Teil dieser Pellets befindet
sich über dieser Natriumfluoridschicht dann noch eine in Wasser unlösliche Lackschicht
auf Basis eines Miscl1polymerisats aus Acrylsäure, thylacrylat, Methacrylat und
Trimethylammonium-methacrylat, das im Handel als EUDRAGIT S bzw. SR (Firma Röhm
AG, Darmstadt) erhältlich ist.
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Zur Herstellung dieser Pellets werden ca. 0,5 - 1 mm große Kügelchen
aus neutralem Material, wie Saccharose oder Stärke, die als Placebo-Pellets bekannt
sind, verwendet. Diese werden zunächst mit einer Natriumfluoridschicht versehen,
indem man in einer Wirbelbett-Dragiervorrichtung das Natriumfluorid in Form einer
wässrigen oder alkoholisch wässrigen Lösung, die ein Bindemittel, z.B. Hydroxypropylmethylcellulose
oder dergleichen enthält, aufsprüht Nach dem Abtrocknen der in gewünschter Menge
aufgebrachten Natriumfluoridschicht wird dann ein dünner Lacküberzug durch das Aufsprühen
einer Lösung des Ammoniumgruppen enthaltenden Polyacrylatmaterials in einem flüchtigen
organischen Lösungsmittel, wie Isopropanol-aceton-Gemisch, aufgebracht. Vorzugsweise
enthält diese Lösung etwas Weichmacher; z.B. Phthalsäurebutylester und auch noch
eine geringe Menge feines Talkumpulver.
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Nach dem Abtrocknen werden diese mit der Lackschicht über zogenen
Natriumfluorid-Pellets (Retarddosis) mit nicht lackierten Natriumfluorid-Pellets
(Initialdosis) im Mengenverhältnis von 5 : 1 bis 7 : 1 gemischt und diese Mischung
dann in einer Menge, die einer Applikationsdosis von 0,5 bis 3 mg Natriumfluorid
entspricht, in Hartgelatine-Kapseln abgefüllt. Für Kinder von 3 bis 7 Jahren wird
eine Dosierung von 0,5 bis 1 mg Natriumfluorid empfohlen.
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Es hat sich gezeigt, daß mit einer solchen Kapsel, bei der etwa 15%
der Gesamtdosis an Natriumfluorid in spontan freisetzender Form enthalten sein soll,
der gewünschte initiale Fluoridspiegel im Serum und im Speichel bald erreicht wird,
der dann über einen längeren Zeitraum bis zu 10 - 12 Stunden im wesentlichen in
der gewünschten Höhe aufrechterhalten bleibt.
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Trotz längerer Lagerung tritt keine Veränderung der Freisqtzungsraten
ein. Wenn anstelle des erfindungsgemäß verwendeten Lacküberzugs in Form des Polyacrylatmaterials
ein
Überzug aus Athylcellulose aufgebracht war, wurden die vorteilhaften
Ergebnisse der gleichmäßigen Abgabe über den gewünschten Zeitraum nicht mehr mit
Sicherheit erreicht. Auch neigen diese Pellets trotz guter Abtrocknung zum Verkleben,
was die Abfüllung in die Kapseln erschwerte bzw. dann die Resorption des Natriumfluorids
im Magen- und Darmtrakt stört.
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Beispiel Herstellung von Natriumfluorid-Retardkapseln mit 2,2 mg Natriumfluorid
je Dosierungseinheit a) Zur Herstellung der Natriumfluorid-Pellets wurden 100 kg
Placebo-Pellets, die in üblicher Weise hergestellt worden sind und aus 79,9% Saccharose,
20,0 Maisstärke und 0,1% Stearinsäure bestanden, in einer Wirbelbett-Dragiervorrichtung
mit einer Lösung, die durch Auflösen von 1,60 kg Natriumfluorid und 0,80 kg Hydroxypropyl-methylcellulose
in 45 kg Wasser (entmineralisiert) erhalten worden war, besprüht. Hierbei soll in
der Vorrichtung eine Zulufttemperatur von 750C eingehalten werden Nachdem die Lösung
aufgesprüht worden ist, werden die Pellets bei abgeschalteter Heizung weitere 15
Minuten getrocknet und gleichzeitig auf ca. 350C abgekühlt. Die so hergestellten
Pellets wiesen einen durchschnittlichen Gehalt von 1,33% Natriumfluorid auf.
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b) Zur Herstellung der Natriumfluorid-Retardpellets werden in der
Wirbelbett-Dragiervorrichtung 100 kg der nach a) hergestellten Natriumfluorid-Pellets
mit einer Lacklösung besprüht, die man durch Auflösen von 3,12 kg eines Mischpolymerisats
von Acrylsäure- und Methacrylsäureestern, das Ammoniumgruppen enthält (EUDRAGIT
RS 100 der Firma Röhm AG), in einem Lösungsmittelgemisch aus 16,74 kg Isopropanol
und 11,28 kg Aceton hergestellt hatte, und in die noch 0,32 kg Phthalsäure-dibutylester
und 1,54 kg Talkum (mikronisiert) eingerührt worden war. Die Zulufttemperatur der
Vorrichtung
betrug hierbei 450C.
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Nach Beendigung der Lackierung wurden die Pellets noch 5 Minuten nachgetrocknet
und abgekühlt.
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c) Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Dosierungseinheiten werden
25 kg der nach a) erhaltenen Natriumfluorid-Pellets (Initialdosis) mit 147 kg der
nach b) erhaltenen lackierten Natriumfluorid-Pellets (Retarddosis) gemischt und
diese Pelletmischung auf einer Kapselfüllmaschine in 1 Million Hartgelatine-Kapseln
der Größe 3 abgefüllt. Bei einer Füllung der Kapseln mit ca. 25 mg initial wirksamen
Natriumfluorid-Pellets und ca. 148 mg Natriumfluorid-Retardpellets enthält die Dosierungseinheit
insgesamt 2,2 mg Natriumfluorid 130,0 t; Saccharose 0,2 " Stearinsäure 32,5 " Maisstärke
1,1 11 Hydroxymethylcellulose 4,4 " Acrylatpolymer (Eudragit) 0,5 1I Phthalsäurebutylester
2,1 " Talkum Bei oraler Applikation dieser Kapseln werden ca. 15% des Natriumfluoridgehalts
schnell resorbiert, während ca. 85% des Natriumfluorids verzögert erst im Darm langsam
freigesetzt werden, wo-durch ein erhöhter Fluorspiegel in Serum und Speichel über
8 - 10 Stunden erreicht wird.