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Mit Polyharnstoff modifizierte Organopolysiloxane
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Mit anorganischen und organischen Materialien modifizierte Organopolysiloxane
sind an sich bekannt. So werden mit anorganischen Füllstoffen, wie z.B. Siliziumdioxyd-Aerogelen,
Diatomeenerde, Magnesiumoxid und/oder Eisenoxid vermischte Organopolysiloxane oder
Organopolysiloxangemische mit zusätzlichen Vernetzungsmitteln und Verarbeitungshilfsstoffen
in vielen Bereichen verwendet. Dazu zählt z.B. die Verwendung von sogenannten Ein-
oder Zweikomponentensystemen, die durch Einwirkung von Feuchtigkeit aushärten, wobei
die Härtung durch die Reaktion von OH-funktionellen Siloxanen mit Vernetzungs- und
Härtungskatalysatoren wie z.B.
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Alkylsilikaten oder Alkyltriacyloxysilanen sowie Wasser herbeigeführt
wird. Weitere bekannte Vernetzungssysteme beruhen auf der Reaktion von Si-H-haltigen
Siloxanen mit ungesättigten Verbindungen in Gegenwart katalytisch wirkender Metallverbindungen
oder der Vernetzung durch organische Peroxide.
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Die bereits erwähnten anorganischen und organischen Modifizierungsmittel
verleihen den damit entstehenden
Organopolysiloxan-Massen unterschiedliche
Eigenschaften.
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Zu den mit organischen Materialien, meist Polymeren, modifizierten
Organopolysiloxanen gehören z.B. Blockcopolymere, in denen Organopolysiloxanblöcke
mit organischen Polymerblöcken (z.B. Polyethern, Polyestern, Polycarbonaten) chemisch
verknüpft sind. Derartige Produkte sind z.B. in den Patentschriften US-PS 3.402.192,
US-PS 3.701.815 und US-PS 3.189.662 beschrieben. Diese Produkte werden in aufwendigen
Verfahren über mehrere Stufen hergestellt und haben zudem im allgemeinen schlechtere
physikalische Eigenschaften als mit anorganischen Füllstoffen modifizierte Organopolysiloxanmassen.
Weiterhin sind modifizierte Organopolysiloxanmassen bekannt geworden, die durch
radikalische Polymerisation ungesättigter organischer Monomerer in Organopolysiloxanen
oder durch Einbringen fein verteilter organischer Polymerer in Organopolysiloxan
entstehen. Dabei bilden sich zum Teil nur mit organischen Polymerpartikeln (z.B.
Polyolefin, Polystyrol) gefüllte Massen, zum Teil auch Produkte, in denen das organische
Polymer teilweise durch Pfropfung auf die organischen Reste mit dem Organopolysiloxan
verbunden ist. Derartige Massen und Verfahren zu ihrer Herstellung werden beispielsweise
in den Patentschriften US-PS 2 956 593 und US-PS 3 627 836 beschrieben.
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Die Eigenschaften dieser zuletzt genannten Produkte sind für eine
Reihe von Anwendungen jedoch noch unbe-
friedigend. Die zur Füllung
oder Propfung verwendeten Polymere entstehen aus polymerisierbaren Monomeren wie
z.B. Äthylen, Vinylchlorid oder 1,3-Butadien.
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Diese organischen Polymere haben in der Regel nur eine geringe Temperaturbeständigkeit,
was sich natürlich nachteilig auf die gefüllten Polysiloxanmassen auswirkt. Die
Dauerwärmebeständigkeit, durch die sich die Organosiloxane sonst auszeichnen, geht
hierbei verloren.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, verbesserte Organopolysiloxanmassen
zu schaffen, die aus wirtschaftlichen und technischen Gründen die folgenden Bedingungen
erfüllen: a.) Die Herstellung der Massen soll ohne großen technischapparativen Aufwand
und ohne lange Reaktionsdauer erfolgen können, beispielsweise in handelsüblichen
Rührgefäßen oder in Mischern.
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b.) Die hergestellten Massen sollen ohne Anwendung von Lösungsmitteln
fließfähig sein und eine ausreichend hohe Lagerstabilität besitzen. Nach erfolgter
Vulkanisation muß der Siliconkautschuk klebfrei sein.
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c.) Die neuen Massen sollen sich nach der Vulkanisation gegenüber
anderen organisch modifizierten Organopolysiloxanmassen durch verbesserte thermische
Eigenschaften wie Dauerwärmebelastbarkeit auszeichnen.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind mit Polyharnstoff modifizierte
Polysiloxane, welche dadurch gekennzeichnet sind, daß Polysiloxan und Polyharnstoff
als unterscheidbare phasen, gegebenenfalls teilweise mit chemischer und/oder physikalischer
Bindung aneinander vorliegen.
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Die verbesserten Organopolysiloxanmassen gemäß der vorliegenden Erfindung
sind also Polyharnstoff-gefüllte Organopolysiloxan-Mischungen, die aus den beiden
folgenden Phasen zusammengesetzt sind: (i) einer zusammenhängenden Phase einerorganopolysiloxan-Flüssigkeit
und (ii) einer nicht zusammenhängenden Phase aus fein verteilten Teilchen eines
Polyharnstoff-Polymers, das in üblicher Weise durch Reaktion der entsprechenden
Partner in Gegenwart der Organopolysiloxanflüssigkeit erhalten wurde (die Polyharnstoff-Herstellung
erfolgt gemäß Verfahren wie z.B. in Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie
XIV/2, 1963, Seite 165 ff beschrieben).
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Die mit Polyharnstoff gefüllten Organopolysiloxan-Massen der vorliegenden
Erfindung werden hergestellt, indem man Di- oder Polyisocyanate mit Wasser oder
Di- oder Polyaminen oder einer Mischung daraus unter intensivem Vermischen mit einer
Organopolysiloxan-Flüssigkeit gegebenenfalls unter Verwendung eines Katalysators
und eines Reaktionspartners zum Kettenabbruch zur Reaktion bringt.
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Die Polymervmischung besteht zu 5 bis 75 Gew.-%, vorzugsweise 30 bis
45 Gew.-% aus Polyharnstoff (bezogen aus die Gesamtmischung).
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Die für den erfindungsgemäßen Einsatz bevorzugten Organopolysiloxan-Flüssigkeiten
sind durch die folgende allgemeine Formel gekennzeichnet:
R steht für einen gegebenenfalls substituierten Alkyl-, Alkenyl- oder Halogenalkylrest
mit bis zu 10 C-Atomen, R1 für Wasserstoff, einen gegebenenfalls substituierten
Alkyl-, Alkenyl-, Aryl- oder Halogenalkylrest mit bis zu 10 C-Atomen; x ist Hydroxyl-,
Vinyl- oder Methyl-; n = 2 bis 1000, vorzugsweise 50 bis 300; m = O bis 50, vorzugsweise
0 bis 10.
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Gemische aus verschiedenen Polysiloxanen können ebenfalls verwendet
werden.
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Als Di- oder Polyisocyanate werden für die erfindungsgemäße Verwendung
solche der allgemeinen Formel OCN-R2-NCO
benutzt, wobei R2 für einen
gegebenenfalls auch mit Isocyanatgruppen substituierten Alkyl- oder Arylrest mit
vorzugsweise bis zu 24 C-Atomen steht.
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Für diese erfindungsgemäß einzusetzende Ausgangskomponente kommen
aliphatische, cycloaliphatische, araliphatische, aromatische und heterocyclische
Polyisocyanate in Betracht, wie sie z.B. von W. Siefgen in Justus Liebigs Annalen
der Chemie, 562 auf den Seiten 75 bis 136 beschrieben werden, beispielsweise Ethylendiisocyanat,
1,4-Tetramethylendiisocyanat, 1,6-Hexanmethylendiisocyanat, Cyclobutan-1,3-diisocyanat,
Cyclohexan-1,3- und -1,4-diisocyanat sowie beliebige Gemische dieser Isomeren, 1-Isocyanato-3,3,5-trimethyl-5-iso-cyanatomethyl-cyclohexan
(DAS 1.202.785), 2,4- und 2,6-Hexahydrotoluylendiisocyanat, Gemische aus diesen
Isomeren, 2,4'- und 4,4'-dicyclohexylmethandiisocyanat, 1,3- und 1,4-Phenylendiisocyanat,
2,4- und 2,6-Toluylendiisocyanat und beliebige Gemische aus den Isomeren, Diphenylmethan-2,4'-
und -4,4'-diisocyanat, Polyphenyl-polymethylen-polyisocyanate, wie sie durch Anilin-Formaldehyl-Kondensation
und anschließende Phosgenierung erhalten werden (GB-PS 874.430 und 848.671), perchlorierte
Arylpolyisocyanate (DAS 1.157.601), Allophanat- und Isocyanuratgruppen aufweisende
Polyisocyanate (EGB-PS 994.890, D-PS 1.022.789, DOS 1.929.034), Biuretgruppen aufweisende
Polyisocyanate (D-PS 1.101.394) und andere, mindestens zwei Isocyanatgruppen im
Molekül aufweisende Monomere und Polymere.
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Bevorzugt werden in der Regel die technisch leicht zugänglichen Polyisocyanate,
z.B. das 2,4- und 2,6-Toluylendiisocyanat sowie beliebige Gemische dieser Isomeren
("TDI"), Polyphenyl-polymethylen-polyisocyanate ("rohes MDI") und "modifizierte
Polyisocyanate", die Urethangruppen, Harnstoffgruppen, Allophanatgruppen, Biuretgruppen,
Isocyanatgruppen oder Carbodiimidgruppen aufweisen.
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Als Di- oder Polyamine werden für die erfindungsgemäße Verwendung
solche der allgemeinen Formel
benutzt, wobei R3 für H, eine Alkyl-, Aryl- oder Aralkylgruppe mit bis zu C-Atome
steht.
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4 R ist ein zweiwertiger Alkyl-, Aryl- oder Aralkylrest, eine Polyalkylenpolyamingruppe
oder eine Ether- oder Polyethergruppe.
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Beispiele für die einzusetzenden Di- oder Polyamine sind: 1,2-Diaminoethan,
1 , 2-Diaminopropan, 1,3-Diaminopropan, 1 , 4-Diaminobutan, 1,6-Diaminohexan, Trethylentetraamin,
Tetraethylenpentamin, Pentaethylenhexamin, Dipropylentriamin, Tripropylentetramin,
1,3- und 1,4-Diaminocyclohexan, Bis-(3-aminopropyl)-amin, 4,4'-Diaminodicyclohexylmethan,
4,4'-Diamino-3,3'-dimethyldicyclohexylmethan, 1,2-, 1,3- und 1,4-Diaminobenzol,
2,4-und 2,6-Diaminotoluol, 4,4'-Diaminodiphenylmethan und Piperazin.
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Weiterhin können die Polyharnstoffe durch Reaktion des Isocyanats
mit Wasser hergestellt werden. Für diese Reaktion ist bei Raumtemperatur ein Katalysator
erforderlich. Hierfür eignen sich Katalysatoren, die üblicherweise Isocyanat-Additionen
beschleunigen wie Pyridin, Methylpyridin, N,N' -Dimethylpiperazin, N,N-Dimethylbenzylamin,
N , N-Dimethyl-aminocyclohexan, Eisen- (111)-chlorid, Zinkchlorid, Zinn- (11)-chlorid,
Zinnisooctoat, Dibutylzinndilaurat (DE-PS 1.105.607) und Molybdänglycolat (DE-PS
1.028.773). Als besonders geeignet hat sich das 1,4-Diazabicyclo-(2,2,2)-octan erwiesen
(FR-PS 1.195.990).
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Als Reaktionspartner zum Kettenabbruch sind Substanzen geeignet, die
pro Molekül mit einer Isocyanatgruppe langsam abreagieren. Diese Stoffe werden eingesetzt,
um ein gewünschtes mittleres Molekulargewicht des Polyharnstoffs einzustellen. Hierfür
sind einwertige Alkohole und sekundäre Amine geeignet. Besonders vorteilhaft ist
die Verwendung von Polyätherolen mit Molekulargewichten von bis zu 10.000.
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Die erfindungsgemäßen Massen werden vorteilhaft hergestellt, indem
man das Polysiloxan mit dem Wasser und/ oder dem Di- oder Polyamin, gegebenenfalls
dem Katalysator und dem Reaktionspartner zum Kettenabbruch innig vermischt und in
die gerührte Mischung bei Temperaturen zwischen 100C und 800C das Di- oder Polyisocyanat
langsam zudosiert Dabei ergibt sich überraschenderweise eine stabile Dispersion
von Polyharn-
stoffteilchen in einer Polysiloxanmatrix. Das bei
der Reaktion entstehende C02 wird gegebenenfalls unter Vakuum aus der Masse entfernt.
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Die Viskosität des Systems steigt während der Reaktion beträchtlich
an und ist abhängig von der Anfangsviskosität der verwendeten Siloxankomponente,
vom Füllgrad durch den erzeugten Polyharnstoff und vom Verteilungsgrad der geschlossenen
Phase (vgl. z.B.
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P. Sherman, Research (London) 8, 396 (1955).
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Bei Füllgraden von bis zu 45 % Polyharnstoff entstehen nach dem beschriebenen
Verfahren fließfähige, weiße, meist nicht transparente Massen mit mittlerer bis
hoher Viskosität. Beim Einsatz von hydroxylendblockierten Siliconen als Siloxankomponente
können diese Massen mit vielen der üblichen Katalysatoren, die für die Silanolkondensation
geeignet sind, zu einem Siliconkautschuk gehärtet werden.
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Als Vernetzungsmittel können die gleichen Substanzen verwendet werden,
die herkömmlicherweise zur Herstellung von Ein- oder Zweikomponentensystemen eingesetzt
werden. Dafür kommen beispielsweise Alkoxysiliziumverbindungen, Tetraalkoxysilane,
Acyloxysiliziumverbindungen und Alkylaminosilane in Frage. Die Herstellung der Ein-
oder Zweikomponentenmassen auf Basis der erfindungsgemäßen Polyharnstoff-Polysiloxan-Mischpolymeren
erfolgt durch Vermischung der Polyharnstoff-Polysiloxanmasse mit der Vernetzerkomponente
und gegebenenfalls den Füllstoffen und Weichmachern in einem handelsüblichen Mischer
oder Kneter.
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Die genannten Zusammensetzungen können außer Vernetzer und Härtungskatalysator
noch Füllstoffe und Weichmacher enthalten. Als Füllstoffe können beispielsweise
Quarzmehl, Kreide, Diatomeenerde, pyrogen in der Gasphase erzeugten SiO2 oder feinverteilte
Metalloxide dienen.
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Wie erwähnt können bei Erfordernis Weichmacher zugesetzt werden. Als
solche werden flüssige inerte Polydiorganosiloxane eingesetzt, z.B. Trimethylsilylendblockierte
Polydimethylsiloxane.
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Das zur Vulkanisation der Mischpolymeren erforderliche Wasser kann
durch Luftfeuchtigkeit oder durch direktes Einmischen den härtbaren Mischpolymerzusammensetzungen
beigefügt werden.
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Die vorliegende Erfindung soll anhand der folgenden Beispiele noch
näher erläutert werden (Teile bzw. %-Angaben beziehen sich soweit nichts anderes
vermerkt ist, auf Gewichtsteile bzw. Gew.-%).
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Beispiel 1 1000 Teile hydroxylendgestopptes Polydimethylsilioxan mit
einer Viskosität von 8500 mPa.s 59 Teile Wasser 1 Teil 1,4-Diazabicyclo-(2,2,2)-octan
55 Teile eines aus 50 % Propylenoxyd und 50 % Ethylenoxyd hergestellten Polyether,
der an einem Ende einer Butoxygruppe und am anderen Ende eine Hydroxylgruppe trägt
mit einem mittleren Molekulargewicht von 1900 werden bei Raumtemperatur mit einer
Ankerrührer vermischt. Anschließend dosiert man 568 Teile Toluylendiisocyanat zu.
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Nach dem Zudosieren wird die Mischung weitere 5 Stunden gerührt. Es
entsteht eine weiße Masse mit einer Viskosität von 50.000 mPa.s.
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Beispiel 2 100 Teile hydroxylendgestopptes Polydimethylsiloxan mit
einer Viskosität von 8500 mPa.s.
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14,2 Teile Piperazin werden mit einem Ankerrührer vermischt. In diese
Mischung dosiert man langsam 28,7 Teile Toluylendiisocyanat.
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Nach dem Zudosieren wird die Mischung eine weitere Stunde gerührt.
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Es entsteht eine weiße Masse mit einer Viskosität von 310.000 mPa.s,
die mit einem geeigneten Vernetzer zu einem festen, elastischen, klebfreien Körper
ausgehärtet werden kann.
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Beispiel 3 100 Teile hydroxylendgestopptes Polydimethylsiloxan mit
einer Viskosität von 8500 mPa.s.
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4,9 Teile Ethylendiamin 2,9 Teile Wasser 0,1 Teile 1,4-Diazabicyclo-(2,2,2)-octan
werden mit einem Ankerrührer bei Raumtemperatur gerührt.
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42,2 Teile Toluylendiisocyanat werden langsam in die Mischung gegeben.
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Nach beendeter Zugabe wird die Reaktionsmischung weitere 5 Stunden
gerührt.
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Die entstehende Masse hat eine Viskosität von 44.000 mPa. s.
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Beispiel 4 100 Teile hydroxylendgestopptes Polydimethylsiloxan mit
einer Viskosität von 8500 mPa.s.
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6,7 Teile ,2-Diaminopropan 3,26 Teile Wasser 0,1 Teile 1 ,4-Diazabicyclo-
(2,2,2) -octan werden mit einem Ankerrührer bei Raumtemperatur vermischt.
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42,26 Teile Toluylendiisocyanat werden langsam in die gerührte Mischung
gegeben.
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Nach beendeter Zugabe wird die Mischung weitere 5 Stunden gerührt.
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Die entstehende Masse hat eine Viskosität von 140.000 mPa.s.