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Kolben für Innenverbrennungsmotoren
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Die Erfindung bezieht sich auf Kolben, wie sie beispielsweise bei
Innenverbrennungsmotoren, Dampfmaschinen, Gas- und Luftmotoren, Pumpen, Kompressoren
oder ähnlichen Anlagen Verwendung finden.
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Der Kolben eines Innenverbrennungsmotors soll im Zylinder frei gleiten
können, aber mit einem derart geringen Spiel, daß die Verbrennungsprodukte nicht
zwischen Kolben und Zylinder gelangen können. Bei nahezu allen benutzten Innenverbrennungsmotoren
hat man das Problem dadurch gelöst, daß man in die Kolbenoberfläche Nuten eingebracht
und in diese Nuten Kolbenringe eingelegt hat. Diese Ringe sind derart ausgebildet,
daß sie auf die Zylinderwandung eine nach außen gerichtete elastische Kraft ausüben
und auf diese Weise eine Dichtung mit sehr geringer Reibung bilden. Der Kolben selbst
kann dabei mit Quermaßen hergestellt werden, bei denen sich zwischen
Kolben-
und Zylinderwandung ein gewisser Abstand ergibt, da diese Distanz durch einen oder
mehrere Kolbenringe abgedichtet wird.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Schaffung eines Kolbens,
der auch ohne Verwendung von Kolbenringen wirksam arbeitet, der also kostengünstiger
hergestellt werden kann und bei dem dennoch für eine gute, wenn nicht wirkungsvollere
Dichtung gesorgt ist. Hierzu ist ein Kolben für Innenverbrennungsmotoren, Kompressoren
o.dglO erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil der Kolbenmantelfläche
statt mit den üblichen Kolbenringen mit rechts- und linksgängigen, sich schneidenden
schraubenförmigen Kanälen (Schraubenkanälen) versehen ist.
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In der australischen Patentschrift 159 548 wird eine Anordnung beschrieben,
die den Fluß eines unter Druck stehenden fluiden Mediums verzögert und den Druck
des Mediums abbaut. Bei dieser Anordnung strömt das Medium durch rechts- und links
gängige, sich schneidende schraubenförmige Kanäle, die zwischen einem inneren Kern
und einer diesen Kern mit geringem Spiel umgebenden Umhüllung angeordnet sind. Es
hat sich nun herausgestellt, daß die Prinzipien, die der in der genannten Patentschrift
offenbarten Erfindung zugrund:liegen, auf die Konstruktion von Kolben angewendet
werden und dabei die vorstehend genannte Aufgabe erfüllen können.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung
sind Gegenstand weiterer Ansprüche.
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Die Erfindung sei nun anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels
in Verbindung mit der einzigen Figur der Zeichnung näher erläutert. Die Figur ist
die Seitenansicht eines zweiteiligen Kolbens gemäß der vorliegenden Erfindung; die
einzelnen Kolbenteile sind auseinandergerückt dargestellt.
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Die Ausführung der Figur enthält im einzelnen einen Kolben 10 und
einen Kolbenbolzenblock 11o Der Kolben ist aus einem Ublichen Kolbenmaterial gefertigt
und wäre im zusammengebauten Zustand mit dem Block über Schrauben mit versenkbarem
Kopf oder dgl. verbunden, die durch den Kolbenboden 12 geführt und in einem Loch
13 im Kolbenbolzenblock 11 verankert sind. Diese Schrauben sind der Übersicht halber
in der Figur weggelassen0 In der Nähe des Kolbenbodens sind drei gasverzögernde
Einschnitte angebracht; diese Einschnitte haben einen V-förmigen Querschnitt und
sind durch ebenfalls V-förmige Stege voneinander getrennt, Zweck und Funktion dieser
Einschnitte sind weiter unten beschrieben. Direkt unterhalb der gasverzögernden
Einschnitte 14 ist ein Ausschnitt mit rechteckigem Querschnitt (Nut) 15 ausgedreht,
eine ähnliche Nut (Nut 16) befindet sich nahe dem Boden des kurbelseitigen Kolbenendes.
Zwischen den Nuten 15 und 16 erstrecken sich rechts- und linksgängige, sich schneidende
schraubenförmige Kanäle (Schraubenkanäle) 17 und 18, die in die Mantelfläche des
Kolbens eingeschnitten sind.
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Tiefe und Größe der genannten verschiedenen Kanäle hängen von der
Kolbengröße und vom Zweck äb, dem der Kolben dienen soll.
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Aus der folgenden Darstellung wird hervorgehen, daß der Kolben keinen
Gebrauch von Kolbenringen macht.
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Die experimentellen Arbeiten in Verbindung mit der vorliegenden Erfindung
wurden an einem Mark-10-Villiers-Motor durchgeführt, der im Jahre 1952 hergestellt
und 1959 von einem Mülldepot geholt wurde. Dieser Motor war ursprünglich mit einem
mit herkömmlichen Kolbenringen versehenen Kolben ausgerüstet und hatte folgende
Kenndaten: Bohrung: 50 mm totaler Kolbenhub: 98 cm3 Pferdestärke: 1 bei 2000 U.p.m.
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1,3 bei 3000 U.p.m.
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Kühlsystem: Luftkühlung Magneto-Villier-Schwungrad
Die
Maschine wurde auseinandergenommen und der Kolben entfernt. Ein neuer Kolben, ähnlich
der in der Figur dargestellten Ausführung, wurde hergestellt; er hatte die folgenden
Daten: (1) Die gasverzögernden Einschnitte 14 hatten eine V-Form, waren 0,051 cm
(0,020 inches) tief und waren durch ebenfalls V-förmige Stege - jeder dieser Stege
hatte eine scharfe Scheitelkante - voneinander getrennt.
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(2) Die Nut 15 war 0,4 cm (5/32 inches) von der Kante des Kolbenbodens
entfernt angebracht und hatte eine Breite von 0,076 cm (0,030 inches) und eine Tiefe
von 0,051 cm (0,020 inches).
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(3) Die Schraubenkanäle hatten eine Ganghöhe von 0,24 cm (3/32 inches)
und eine Tiefe von 0,038 cm (0,015 inches). Jeder Kanal hatte die Form eines Whitworth-Gewindes.
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(4) Die umlaufende Nut 16 hatte von der Kante des kurbelseitigen
Kolbenendes eine Entfernung von 0,32 cm (1/8 inches) und war 0,076 cm (0,030 inches)'
breit und 0,051 cm (0,020 inches) tief, (5) Die Schraubenkanäle begannen und endeten
bei den Nuten 15 und 16.
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Der Motor wurde etwa 60 Std. lang mit dem vorstehend beschriebenen
Kolben betrieben und am Ende dieses Zeitraums mit einem Dynamometer vermessen. Es
ergaben sich folgende Werte: 3400 UPM 1,40 PS 3000 " 1,35 2800 li 1,29 II
2500
UPM 1,22 PS 1800 II 0,83 1500 li 0,64 Der Zusammenstellung läßt sich entnehmen,
daß die abgegebenen PS-Werte trotz des Alters und des Zustands des Motors etwas
größer waren als die Nominalwerte. Während des 60-Std.-Betriebs war der Ölverbrauch
des Motors vernachlässigbar gering.
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Nach den Dynamometermessungen wurde die Maschine auseinandergenommen
und die folgende Information festgehalten: (1) Durchmesser der Bohrung: 5,0876 cm
(2,003 inches) (2) Kolbendurcbuesser: 5,0789 cm (1,9995 inches) Die vorstehend beschriebene
Anordnung arbeitet vermutlich folgendermaßen (auf die Richtigkeit der nun folgenden
Deutung darf man sich allerdings nicht voll verlassen). Ist der Kolben in Tätigkeit,
so wird Schmieröl aus dem Kurbelgehäuse von der Nut 16 eingefangen und gelangt in
die Schraubenkanäle 17, 18 und von dort in die Nut 15. Während der Verdichtungstakte
streben die durch die Verbrennung im Zylinderkopf erzeugten, komprimierten Gase
danach, längs der Einschnitte 14 und der Nut 15 zu entweichen. Diejenigen Gase,
die tatsächlich entweichen, werden auf einem Weg längs der Schraubenkanäle 17, 18
geführt. Damit aber die Gase längs dieser Kanäle strömen können, müssen sie das
in den Kanälen enthaltene Öl verdrängen.
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So erfahren beide Medien auf ihrem Weg längs der Kanäle eine Wechselwirkung
und Umlenkung, und zwar an jedem Schnittpunkt der beiden Schraubenkanäle. In der
Folge werden die Strömungen verlangsamt und abgebaut, Auf diese Weise wird das Entweichen
des Gases längs des Kolbens verzögert und ist, wenn man die Anordnung richtig bemißt,
der Kolbentakt schon dann vollendet, bevor noch das in der Nut 16 enthaltene Öl
verdrängt
wird. Insgesamt ergibt sich damit eine wirksame Dichtung,
die den Gasaustritt entlang dem Kolben unterbindet.
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Die Schraubenkanäle verhindern auf ähnliche Weise den Übertritt von
Öl aus dem Kurbelgehäuse in die Verbrennungskammer.
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Die Schraubenkanäle sorgen dafür, daß der Kolben während seiner Bewegung
geschmiert wird, und die Bindung des Öls in diesen Kanälen stellt eine funktionsfähige
Kolbendichtung dar. Ohne das Öl würden die Schraubenkanäle lediglich den Gasfluß
verzögern, sie würden erst dann die Funktion einer Dichtung übernehmen, wenn wenigstens
der untere Teil des kurbelseitigen Kolbenendes Öl von einer Spritz- oder Zwangskühlung
aufnimmt.
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Der obere umlaufende Einschnitt oder Kanal (Nut 15) bildet einen Sammelbehälter
für fließfähige Verdrängungsmedien, sei es entweichende Gase, die Verbrennungsprodukte
oder Schmiermittel. Die Nut am unteren Kolbenende bildet ein Schmiermittelreservoir
und stellt sicher, daß sich das Schmiermittel in den Schraubenkanälen gleichmäßig
verteilt.
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Es hat sich herausgestellt, daß eine Reihe von Einschnitten, die durch
einen oder mehrere Stege mit einem V-förmigen Querschnitt und einer scharfen Scheitelkante
voneinander getrennt sind, dazu beiträgt, ein Entweichen von Gasen aus der Verbrennungskammer
zu verhindern. Wenn nämlich der die Einschnitte enthaltende Kolbenteil dem Zylinder
im kalten Zustand genau einpaßt, werden die Stegkanten aufgrund der thermischen
Ausdehnung des Kolbenbodens - er ist der heißeste Teil des Kolbens - im Betrieb
des Motors gegen die Zylinderwand gepreßt und passen sich den vorgegebenen Bedingungen
an. Es ist unwahrscheinlich, daß sich die scharfen Stegkanten festfressen, ein von
der thermischen Ausdehnung herrührender Verschleiß oder Abrieb tritt nicht auf,
und zwischen dem bodennahen Kolbenteil und der Zylinderwandung wird nur ein höchst
geringes Spiel herrschen.
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Die Erfindung ist nicht auf das dargestellte Ausführungsbeispiel beschränkt.
So kann der vorgeschlagene Kolben statt aus zwei Teilen genau so gut auch aus einem
einzigen Teil oder mehreren Teilen bestehen, wenn nur die wesentlichsten Konstruktionsmerkmale
die gleichen bleiben. Abgesehen davon kann ein erfindungsgemäßer Kolben außer bei
Innenverbrennungsmotoren beispielsweise auch bei Luftkompressoren oder allgemein
in Anlagen eingesetzt werden, bei denen die- flußverzögernde und -abbauende - Wirkung
der gegensinnig gewendelten Schraubenkanäle auf der Kolbenmantelfläche in Verbindung
mit einer Spritz-oder Zwangsschmierung des kurbelseitigen Kolbenendes ausreicht,
um einen Abdichteffekt zu erzielen und damit den Gasaustritt längs des Kolbens zu
unterbinden.