-
Verfahren zur Herstellung von Streptamin Die vorliegende Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Streptamin, bei dem man die aus der Umsetzung
von cis-Benzoltrioxid mit Hydrazin erhaltene Epoxy-hydrazin-verbindung mit Phthalsäureanhydrid
zur Azindionverbindung umgesetzt, den Epoxidring mit einer Sauerstoffsäure öffnet,
durch Alkalilauge oder Hydrazin die Phthalsäure abspaltet und anschließend katalytisch
zum Streptamin reduziert.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich durch das folgende Formelschema
veranschaulichen:
Cis-Benzoltrioxid (1) wird mit Hydrazin zu dem UberbrUckten 1:1-Addukt
der Formel (2) und dieses mit Phthalsäureanhydrid zu dem Azindion (3) umgesetzt.
Anschließend wird mit einer Sauerstoffsäure der Epoxidring geöffnet und die erhaltene
Azindionverbindung (4) im Alkalischen zur Hydrazinverbindung (5) verseift und daraus
durch katalytische Reduktion das Streptamin hergestellt.
-
Im allgemeinen geht man so vor, daß man das cis-Benzoltrioxid mit
Hydrazin in äquimolaren oder überschUssigen, bevorzugt in 2- bis 4-molaren Mengen,
unter Erwärmen und in wäßrigem Medium umsetzt. Als Lösungsmittel können neben Wasser
auch niedere Alkohole, wie Methanol oder Methanol, oder Wasser-Alkohol-Gemische
verwendet werden. Zweckmäßig wird die Umsetzung innerhalb eines Temperaturbereiches
von Raumtemperatur bis zu 1000cm bevorzugt bei Temperaturen von 30 bis 600C, durchgeführt.
-
In einer besonders zweckmäßigen AusSUhrungsSorm wird das cis-Benzoltrioxid
in wäßriger Lösung mit 0,2- bis 2-molarer Hydrazinlösung in 2,5- bis 3,5-molarem
Überschuß bei 45 bis 550C umgesetzt. In einem Zeitraum von 10 bis 100 Minuten wird
dabei nur ein Teil des cis-Benzoltrioxids, etwa 30 bis 50 a, umgesetzt, aber dafür
werden Nebenreaktionen vermieden und es wird eine sehr reine Verbindung der Formel
(2) erhalten. Das nicht umgesetzte cis-Benzoltrioxid kann durch Ausschütteln beispielsweise
mit Methylenchlorid oder Chloroform leicht zurückgewonnen und wieder verwendet werden,
ohne daß eine besondere Reinigung erforderlich ist.
-
Die Epoxi-hydrazin-verbindung (2) bildet farblose Kristalle die bei
2350C unter Zersetzung schmelzen. Ihr Tetraacetyl-Derivat bildet Kristalle vom Schmelzpunkt
von 179,5 bis 181,50C.
-
Die Epoxi-hydrazin-verbindung (2), die für die weitere Umsetzung nicht
besonders gereinigt zu werden braucht, wird mit Phthalsäureanhydrid zweckmäßigerweise
in 1- bis 1,5-molarer
Menge in wässrigem oder alkoholischem, insbesondere
methanolischen, Medium bei erhöhteren Temperaturen, bevorzugt 10 bis ° 70 C, zu
dem schwerlöslichen Azindion der Formel (3) umgesetzt.
-
Anschließend wird der Epoxidring des Azindions der Formel (3) vorteilhaft
in gesättigter wässriger Lösung durch Erhitzen in Gegenwart von katalytischen Mengen
einer Sauerstoffsäure stereospezifisch zum Tetrol der Formel (4) mit scyllo-Konfiguration
geöffnet. Die Verseifungsreaktion wird in der Regel bei höheren Temperaturen bis
zum Siedepunkt des Wassers in an sich üblicher Weise durchgeführt. Gegebenenfalls
kann die Reaktion vorteilhaft in einem geschlossenen System unter Druck bei Temperaturen
° von 120 bis zu 200 C durchgeführt werden.
-
Als Sauerstoffsäuren kommen anorganische und organische Sauerstoffsäuren,
wie Schwefelsäure, Perchlorsäure, Phosphorsäure, Essigsäure oder Phthalsäure in
Betracht.
-
Die bevorzugte Sauerstoffsäure ist die Phthalsäure, die gegebenenfalls
in Form von Phthalsäureanhydrid verwendet wird. Da sich (4) direkt aus (2) bei Verwendung
einer entsprechend größeren Menge Phthalsäureanhydrid und Reaktion unter Druck erhalten
läßt.
-
Im alkalischen Medium wird anschließend bei der Verbindung (4) der
Azindionring geöffnet und die Hydrazinverbindung (5) freigesetzt.
-
Die Abspaltung der Phthalsäure ist leicht durchführbar und wird in
an sich üblicher Weise in 1- bis 6-molarer wässriger Alkalilauge, bevorzugt Natronlauge
oder Kalilauge, bei Temperaturen von 50 bis 1000C durchgeführt. In der Regel wird
das Reaktions--gemisch mit 5 bis 7 Mol Alkali, berechnet auf die Ausgangsverbindung
(4), versetzt. Gegebenenfalls ist Arbeiten unter Stickstoff und Ausschluß des Sauerstoffs
der Luft zweckmäßig. Die Abspaltung der Phthalsäure kann auch durch Verwendung von
Hydrazin als Base erfolgen.
-
Der Endpunkt der Verseifung kann in einfacher Weise NMR-spektroskopisch
bestimmt werden.
-
Die Hydrogenolyse der Stickstoff-Stickstoff-Bindung der Verbindung
(5) liefert das Streptamin. Diese katalytische Reduktion wird in Gegenwart von Raney-Nickel
oder von Edelmetall-Katalysatoren, insbesondere Platin, in der Regel bei Raumtemperaturen
oder erhöhten Temperaturen bis zu 500 C mit Wasserstoff unter Normaldruck oder erhöhtem
Druck bis zu 100 atm durchgeführt.
-
Die Verbindung (5) braucht nach Abspaltung der Phthalsäure als Reinsubstanz
nicht isoliert zu werden, sondern es kann das alkalihaltige Reaktionsgemisch direkt
verwendet werden.
-
Das erhaltene Streptamin wird vorteilhaft als schwerlösliches Salz,
z.B. als Sulfat, gefällt und gegebenenfalls als acylierte Verbindung, bevorzugt
als Acetylderivat, die im allgemeinen leichter isolierbar und besser kristallisierbar
sind, aufgearbeitet.
-
Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird ein wenig aufwendiger Weg,
ohne daß die Zwischenprodukte isoliert zu werden brauchen, zur Herstellung von Streptamin
in hohen Ausbeuten geschaffen.
-
Insbesondere ist es überraschend und nicht vorhersehbar, daß unter
einfachen Bedingungen das Azindion (3) in hoher Ausbeute und in großer Reinheit,
ohne daß Nebenreaktionen ablaufen, hergestellt werden kann. Der Azindionring erweist
sich als hervorragende und überlegene Schutzgruppe, so daß an der Verbindung weitere
Umsetzungen vorgenommen werden können. Die Anwesenheit dieser Schutzgruppe ist verantwortlich,
daß eine stereospezifische Ringöffnung des Epoxids zur Streptaminkonfiguration eintritt.
-
Das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Streptamin oder
das daraus herstellbare Streptidin ist ein Antibiotikabaustein und kann beispielsweise
für die Synthese von Dihydrostreptomycin, wie sie von S. Umezawa et al in J. Amer.
Chem.
-
Soc. 96, 920/21 (1974) beschrieben wird, verwendet werden.
-
Es kann auch beispielsweise den Nährmedien von Mikroorganismen, die
antibiotische Verbindungen aufbauen, zugesetzt werden, wie es beispielsweise in
dem Buch Structures and Syntheses of Aminoglycoside Antibiotics von S. Umezawa in
Advances in Carbohydrate Chemistry and Biochemistry Vol 30, S. 111 ff.
-
(1974) Academic Press oder von W. Thomas Shier et al in Proceedings
of the National Academy of Science 63, 198-204 (1969) beschrieben wird.
-
Beispiel 1 DL-1,2-Anhydro-4,6-biimino-4,6-didesoxi-myo-inosìt (2)
2.52 g (20 mmol) cis-Benzoltrioxid werden bei 500C mit 60 ml 1 molare Hydrazinlösung
innerhalb von 35 Min. umgesetzt, man ° kühlt rasch auf 0 C ab und extrahiert 7 mal
mit je 60 ml eiskaltem Chloroform um nichtumgesetztes cis-Benzoltrioxid zu entfernen.
Anschließend engt man die Lösung unter vermindertem Druck unterhalb 30 0C bis zur
Trockne ein, zum Schluß im Diffusionspumpenvakuum. Der teilweise kristalline RÜckstand
wird in wenig absolutem Methanol gelöst bzw. suspendiert und bei tiefer Temperatur
(ca. -200C) der Kristallisation überlassen.
-
Es wird abgesaugt, mit wenig eiskaltem Methanol nachgewaschen und
unter vermindertem Druck getrocknet. Es wird aus Methanol umkristallisiert. Man
isoliert 2.50 g (79 %) farblose Kristalle, Schmelzpunkt ca. 2350C. In der Mutterlauge
sind noch 17 % Produkt von ausreichender Reinheit für die Umsetzung mit Phthalsäureanhydrid.
-
C6H1oN203 (158.2) Der. C 45.56 H 6.37 N 17.71 Gef. C 45.48 H 6.11
N 18.24 Beispiel 2 DL-3,5-Di-0-acetyl-4,6-(N,N'-diacetylbiimino)-1,2-anhydro-4,6-didesoxi-myo-inosit
0.79
g (5 mmol) DL-1,2-Anhydro-4,6-biimino-4,6-didesoxi-myoinosit werden in 5 ml Pyridin
und 5 ml Acetanhydrid gelöst, ° 4 Tage bei 20 C belassen und im Vakuum von überschüssigem
Reagenz befreit. Der RUckstand wird aus Methanol umkristallisiert. Man erhält 1,6
g (98 %) farblose Kristalle, Schmelzpunkt 179.5-181.50C.
-
C14H18N207 (326.3) Ber. C 51.53 H 5.56 N 8.59 Gef. C 51.79 H 5.50
N 8.72 Beispiel 3 DL-1,2-Anhydro-4,6-didesoxi-4,6-[N,N'-1',2',3',4'-tetrahydro-1',4'-dioxo)-phthalazino]
-myo-inosit (3) 1.58 g (10 mmol) DL-1,2-Anhydro-4,6-biimino-4,6-didesoxi-myoinosit
werden mit 1.63 g (11 mmol) feingepulvertem Phthalsäureanhydrid in 20 ml Wasser
bis zur vollständigen Umsetzung verrührt. Es wird noch kurzzeitig auf 500C erhitzt,
abgesaugt und zuerst mit Wasser, dann mit Methanol nachgewaschen. 2.80 g (97 %)
farblose Kristalle, Schmelzpunkt ca. 2850C (Zers.) C14H12N205 (288,3) Ber. C 58.33
H 4.20 N 9.72 Gef. C 58.00 H 4.64 N 10.04 IR (KBr): 3508, 3350 (OH), 3075, 3040
(CH) Abb., 1664, 1626, 1604 (C=O, C=C), 1475, 1433, 1396, 1302> 1244 (Epoxid),
1172, 1114, 1070, 1022, 951, 893, 869, 798, 766, 723, -1 700, 487, 378, 342 cm 1H-NMR
(D6-DMSO) : # = 1.75-2.25 (m, 4H), 4.73 (t, 1H), 5.2-5.8 (m, 3H), 6.14 (t, 1H),
6.44 (t, 1H).
-
Beispiel 4 1,3-Didesoxi-1,3-[N,N'-(1',2',3',4'-tetrahydro-1',4'-dioxo)-phthalazini
-s cyllo-inosit (4)
2.88 g (10 mmol) DL-1,2-Anhydro-4,6-didesoxi-4,6-[N,N'-(1',2',
3',4'-tetrahydro-1',4')-phthalazini -myo-inosit werden mit 0.3 -g Phthalsäureanhydrid
in 10 ml Wasser unter Druck 20 Stunden auf 1700C erhitzt, beim Erkalten kristallisiert
ein Hydrat des Phthalazins aus. Das Rohprodukt kann durch Rekristallisation aus
Wasser mit Aktivkohle gereinigt und durch Trocknen unter vermindertem Druck bei
1500C erhalten werden. Man gewinnt 3.00 g (98 %) farblose Kristalle, Schmelzpunkt
ca. 2970C (Zers.) C14H14N206 (306,3) Ber. C 54.90 H 4.61 N 9.15 Gef. C 54.86 H 4.75
N 9.25 IR (KBr): ca. 3300 (OH), 2920 (CH), 1629, 1605 Abb. (C=Q, C=C), 1476, 1400,
1362, 1305, 1229, 1127, 1058, 807, 732, 700, 376 cm 1H-NMR (D6-DMSO): t = 1.9-2.27
(m, 4 H), 5.3 (br. s), 6.04 (br. s).
-
Die gleiche Verbindung mit etwa gleicher Ausbeute kann erhalten werden,
wenn man unter gleichen Bedingungen 1,58 g (10 mmol) 4,6-Etimino-4,6-didesoxi-myo-inosit
(2) mit 1.78 g Phthalsäureanhydrid umsetzt.
-
Beispiel 5 Streptaminsulfat 3.06 g (10 mmol) Phthalazindion (4) werden
mit 10 ml 5-molarer Natronlauge 6 Stunden im Stickstoffstrom auf 1000C erhitzt.
Es wird anschließend mit Wasserstoff in Gegenwart von Raney-Nickel bei 200C/10 at
24 Stunden lang hydriert. Man saugt vom Katalysator ab, reinigt mit Aktivkohle,
säuert mit Schwefelsäure an und läßt nach Zusatz von Methanol kristallisieren. Es
wird abgesaugt, mit 50-prozentigem wäßrigen Methanol und anschließend mit reinem
Methanol
nachgewaschen. Man isoliert 1.93 g (70 ); zur Identifizierung wurde eine Probe nach
Literaturvorschrift ER.L.
-
Peck et al, J. Amer. Chem. Soc. 69, 776 (194i in Streptaminhexaacetat
überführt und im Schmelzverhalten, 1H-NMR-Spektrum und IR-Spektrum mit einer authentischen
Probe verglichen.