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Verfahren und Vorrichtung zur Messung von Ionenaktivitäten bzw. Ionenkonzentrationen
mittels lonensensitiver Messketten Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Messung von Ionenaktiväten bzw. Ionenkonzentrationen mittels ionensensitiver
Messketten. Sie bezieht sich insbesondere auf Massnahmen zur Verringerung von Messfehlern
durch veränderliche Temperaturen der zu messenden Lösungen.
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Es sind ionensensitive Elektroden bekannt, die zur Gruppe derMembranelektroden
gehören. Solche Elektroden bestehen aus einem hohlen Schaft aus nicht metallischem
Material, der am unteren Ende durch eine Membran hermetisch verschlossen ist. Im
HohlrawL des Schaftes befindet sich eine Innenlösung und eine Ableitelektrode. Die
Innenlösung steht in Kontakt mit der inneren Oberfläche der Membran, während deren
äussere Oberfläche mit der zu messenden I,ösung in Berührung kommt. An den einzelnen
Grenzflochen, das heisst an der Grenzfläche ?Äbleitelek trode / Innenlösung", der
Grenzfläche "innere Membranoberfläche
/ Innenlösung" und an der
Grenzfläche "äussere Membranoberfläche / Messlösung" kommt es nun zur Ausbildung
von galvanischen Spannungen, die auch als Einzelpotentiale £ bezeichnet werden.
Auch bei den bekannten Bezugselektroden kommt es an der Grenzfläche Ableitelektrode
/ Innenlösung" zur Ausbildung eines Einzelpotentials.
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Das Potential E einer aus einer ionensensitiven Messelektrode und
einer Bezugselektrode bestehenden Messkette setzt sich aus der arithmetischen Summe
der verschiedenen Einzelpotentiale zusammen. Das Messkettenpotential E ist temperaturabhängig.
Diese Temperaturabhängigkeit gehorcht der Nernst-Gleichung [1]: E = Eo + (RT/nF)
. ln a1 [1] E In Gleichung (1) ist / das Messkettenpotential, E0 das für die lonenaktivität
a. = 1 gemessene Standardpotential und der Klammerausdruck der sogenannte Nernst-Faktor.
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Er enthält die Gaskonstante R, die absolute Temperatur T, die Wertigkeit
n des den Messvorgang bestimmenden Ions i und die Faraday-Konstante.
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Wird auf halblogarithmisch geteiltem Koordinatenpapier die Abhängigkeit
des Messkettenpotentials von der Ionenaktivität a für zwei verschiedene Temperaturen
T und 1 1 T 2 aufgetragen, erhält man ein Diagramm, le es später anhand von Fig.
7 erläutert werden wira. aus dem Diagramm
wird ersichtlich, dass
die beiden, für die Temperatur T1 und T2 erhaltenen Isothermen sich in einem Punkt,
dem sogenannten Isothermenschnittpunkt S, schneiden.
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Werden nun mit einer solchen Messkette Messungen in zwei verschiedenen
Bereichen der Ionenaktivität a. vorgenommen, so zeigt es sich, dass eine Aenderung
der Temperatur zwischen T1 und T2 unterschiedliche Aenderungen des Messkettenpotentials
bewirkt.
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Liegt Aa'. symmetrisch zum Isothermenschnittpunkt 5, so resultiert
eine Aenderung £' des Messkettenpotentials.
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Liegt dagegen #ai" weitab vom Isothermenschnittpunkt , so ergibt sich
eine wesentlich grössere Aenderung E" des Messkettenpotentials. Eine jede Aenderung
# durch schwankende Probentemperatur zwischen T1 und T2 täuscht aber eine Aenderung
von a. vor. Nur wenn a. mit dem 1 1 Koordinatenwert aiso des Isothermenschnittpunktes
übereinstimmt, entfällt der messwertverfälschende Einfluss von Temperaturänderungen.
Der Messfehler kann jedoch in tragbaren Grenzen gehalten werden, wenn es gelingt,
ai in die Mitte des zu messenden Bereiches der Ionen-150 aktivität ai zu legen.
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Eine Lösung für einen spezifischen Anwendungsfall ist beispielsweise
durch die Veröffentlichung "T.S. Light, Industrial Analysis and Control, Nat. Bureau
of Standards Publ. No. 314, Seite 362, Washingron, D.C. l969
bekannt
geworden. Darin wird fur eine fluoridsensitive Elektrode mit einer Membran aus Lanthanfluorid
die Fluoridionenaktivität aF der Innenlösung der Messelektrode in die Mitte der
Fluoridaktivitäts-Bandbreite #aF- der zu messenden Lösung gelegt. Dieses Vorgehen
wurde dadurch möglich, dass die innere Ableitelektrode der Messelektrode auf der
Basis Silber / Silberchlorid aufgebaut ist und ein konstantes Einzelpotential durch
Wahl einer bestimmten Chloridionenaktivität annimmt. Bei der fluoridsensitiven Elektrode
spricht somit die innere Oberfläche der Membran auf andere Ionen an als die Ableitelektrode.
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Dieses Vorgehen ist jedoch in anderen Fällen unmöglich, beispielsweise
bei einer chloridsensitiven Elektrode. Hier enthält die Membran als messtechnisch
aktiven Bestandteil Silberchlorid. Das aus der Membran und der inneren Ableitung
gebildete System ist folglich symmetrisch, da auch die Ableitelektrode Silberchlorid
enthält. Eine Anpassung des Isothermenschnittpunktes S an die analytische Aufgabestellung
im Sinne eines Verschiebens von S auf der In a. - Achse ist hier nicht durch eine
Aenderung der Chloridionenaktivität aCl- der Innenlösung möglich.
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Gegenstand der Erfindung ist nun ein Verfahren zum Messen von Tonenaktivitäten
bzw. Ionenkonzentrationen auf Grundlage einer ionensensitiven Messkette unter Verwendung
einer
ionensensitiyen Elektrode mit flüssigem inneren Ableitsystem,
welches Verfahren sich dadurch auszeichnet, dass das innere Ableitsystem so gewählt
wird, dass die innere Oberfläche der Membran auf eine andere Ionenart anspricht
als die Ableitelektrode.
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Die Erfindung umfasst auch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens
und zeichnet sich aus durch eine ionensensitive Messelektrode, deren Ableitsystem
derart wählbar ist, dass der Isothermenschnittpunkt der Messkette über den gesamten
erfassten Bereich der Ionenaktivität aT bzw. der Ionenkonzentration c1 verschiebbar
ist.
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Anhand der Figuren werden den Gegenstand der Erfindung darstellende
Ableitsysteme näher beschrieben; Dabei zeigt Fig. 1 den prinzipiellen Aufbau einer
Messelektrode im Schnitt, Fig. 2 eine Messelektrode, in Messlösung eingetaucht,
Fig. 3 ein Diagramm des Potentialverlaufs in Funktion der Ionenaktivität.
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In Figur 1 ist eine Messelektrode mit ihren wichtigsten Teilen im
Schnitt gezeigt. Sie besteht aus einem hohlen Schaft 1, dessen unteres Ende durch
eine Membran 2 verschlossen ist. Der Hohlraum des Schaftes 1 ist mit einer Innenlösung
3 teilweise oder ganz gefüllt, in welche eine Ableitelektrode 4 eintaucht. Die Messelektrode
ist im Betrieb in die Messlösung 5 eingetaucht. Es bilden sich somit
folgende
Grenzflächen zwischen Flüssigkeiten und Elektrodenoberflächen aus: Grenzfläche 25
zwischen Messlösung 5 und äusserer Oberfläche der Membran 2, Grenzfläche 23 zwischen
Innenlösung 3 und innerer Oberfläche, sowie Grenzfläche 43 zwischen Innenlösung
3 und Oberfläche der Ableitelektrode 4. Figur 2 zeigt schematisch die in die Messlösung
5 getauchte Messelektrode 1 mit den an den Grenzflächen auftretenden Einzelpotentialen
£1, E2 und E3.
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Figur 3 zeigt eine Darstellung zweier Isothermen mit eingezeichneten
Bereichen von Messwertschwankungen.
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Wird beispielsweise angenommen, dass die Messlösung zwischen den Temperaturen
T1 und T2 schwankt, und dass die Ionenaktivität a3 in einem Bereich # a3 veränderlich
ist, so zeigt das Diagramm, dass die Potentialdifferenz ## davon abhängt, ob #a3
in der Nähe des Isothermenschnittpunktes liegt oder ausserhalb desselben. Wird ein
erstes #a3' symmetrisch zum Isothermenschnittpunkt gelegt, ergibt sich- wiederum
bei einem Temperaturintervall T2 - T1 - eine Potentialdifferenz t Liegt der Bereich
#a3 ausserhalb des Isothermenschnittpunktes S, beispielsweise beiAa'3, resultiert
eine wesentlich grössere Messwertänderung tE.
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Die den Gegenstand der Erfindung bildenden Ableitsysteme werden nun
näher beschrieben. Die Innenlösungen bes@
hen aus Redoxsystemen,
die an einer blanken Platinelektrode oder einer anderen Elektrode aus einem indifferenten
Metall definierte und zeitlich stabile Redoipotentiale ausbilden.
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Dabei ist von wesentlicher Bedeutung, dass das Redoxpotential durch
zusätzliche Massnahmen in möglichst weiten Grenzen verschoben werden kann. Die Notwendigkeit
einer solchen Verschiebung entsteht zusätzlich dadurch, dass das Silberchlorid der
inneren Ableitelektrode durch Redoxsysteme eines zu stark negativen Redozpotentials
zu metallischem Silber reduziert wird.
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(Dieser Vorgang wird bekanntlich bei der photographischen Entwicklung
ausgenutzt.) Bei zu stark positiven Redoipotentialen besteht andererseits die Gefahr,
dass sich die über das Löslichkeitsprodukt des Silberchlorids in der Innenlösung
einstellende Aktivität von Chloridionen dadurch störend auswirkt, dass die Chloridionen
zu freiem Chlor oxydiert werden.
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Es ist an sich bekannt, dass chinoide Redoxsysteme eine starke pH
- Abhängigkeit ihres Redoxpotentials aufweisen. So wird beispielsweise Chinhydron,
eine Molekulverbindung von Chinon und Hydrochinon, zur pH - Messung ausgenutzt.
Der zu messenden Lösung wird eine kleine Menge Chinhydron zugesetzt und das sich
an einer blanken Platinelektrode ausbildende Redoxpotential weist eine eindeutige,
der Nernst-Gleichung gehorchende pH-Funktion
auf. Chinhydron weist
jedoch den Nachteil auf, däso es nur in schwach sauer eingestellten Lösungen Verwendung
finden kann. Bei pH - Werten über etwa 7 unterliegt es einer oxydativen Zersetzung
durch gelösten Sauerstoff. Frei von diesen Nachteilen ist dagegen Thymochinhydron,
eine Molekülverbindung aus Thymochinon und Thymohydrochinon. Das Thymochinhydron
kann über einen pH - Bereich von pH 2 bis 11 Verwendung finden und erlaubt durch
Wahl des pH - Wertes eine Anpassung des Redoxpotentials an die Eigenschaften der
gewählten Membran der ionensensitiven Elektrode.
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Zwischen dem sich an der Platinelektrode ausbildenden Einzelpotential
einer mit Thymochinhydron versetzten Lösung und dem pH - Wert besteht nach Ives
und Janz, Reference Electrodes, Academic Press, New York 1961, ein Zusammenhang
gemäss Gleichung 05] g = 57,7 pH + 359 (mV bei 180C) [2] Für den pH - Bereich von
pH 2 bis 10 ergibt dies Werte für g von +474 bis +936 mV.
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Auch das System Dichromat / Schwefelsäure bildet an einer Platin-
oder indifferenten Metallelektrode ein pH-abhängiges Einzelpotential aus. Nach Kalauch,
Pharmazie 9 (1954), 634, gelten die in nachstehender Tabelle 1 genannten Werte:
Tabelle
1 pH 0,85 1,7 2,8 4,9 6,1 f(mV) +1142 +910 + 825 +667 +565 Ausser den genannten
sind auch andere Redoxsysteme denkbar, die sich dadurch auszeichnen massen, dass
sie chemisch stabil sind und keine Reaktionshemmung bei der Ausbildung von Redoxpotentialen
an blanken indifferenten Metallelektroden aufweisen.
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Weiter wurde gefunden, dass sich bei Redoxsystemen mit £-Werten über
+800 mV bei der Verwendung von Platinelektroden eine zwar unsichtbar dünne, aber
die Messwerte verfälschende und unstabil machende Haut von Platinoxiden ausbildet.
Diese Störungen können dadurch ausgeschaltet werden, dass dem Redoxsystem ein Komplexbildner,
beispielsweise Aethylendiammintetraessigsäure zugesetzt wird. Der Komplexbildner
verhindert die Ausbildung von Platinoxidschichten und hält die Platinelektrode sauber.
Die Folge sind reproduzierbare und stabile Potentiale. Als Komplexbildner kommen
alle Substanzen in Frage, welche Ionen des 4- oder 6-wertigen Platins komplex binden.
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Weiter wurde gefunden, dass auch reaktionsgehemmte Redoxsysteme dann
Verwendung finden können, wenn an Stelle blanker Elektroden aus einem indifferenten
Metall solche mit aktivierter Oberfläche eingesetzt erden. Aktivierte Obeflcrichen
werden für den Fall des Platins dadurch
erhalten, dass das Platin
in zunächst bekannter Weise elektrolytisch mit einem fein verteilten, schwarzen
Ueberzug von Platin versehen wird. Eine solche platinierte Platinelektrode wird
in einer Flamme bis zur schwachen Rotglut erhitzt. Durch einen Sintervorgang entsteht
eine graue Schicht von metallischem Platin, welche zahlreiche aktive Zentren aufweist.
Dies ergibt sich dadurch zu erkennen, dass an einer solchen Elektrode auch reaktionsgehemmte
Redoxsysteme rasch reproduzierbare und stabile Potentiale ausbilden.
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Bei Goldelektroden, die ebenfalls als indifferente Metallelektroden
für die vorliegende Aufgabenstellung eingesetzt werden können, lässt sich eine Aktivierung
der Goldoberfläche durch Aetzen in heissem Königswasser erzielen. Der Aetzvorgang
wird so lange fortgesetzt, bis deutlich die Kristallstruktur des Goldes erkennbar
wird und somit die zunächst blanke Gold oberfläche lösend abgetragen wurde.