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Die Erfindung betrifft eine ballistische Schutzkleidung
gemäß dem Oberbegriff
des vorliegenden Patentanspruchs 1.
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Zahlreiche Berufsgruppen, wie Polizeibeamte,
Grenzschutzbeamte oder Soldaten, aber auch herausgestellte Persönlichkeiten
des öffentlichen
Lebens, sehen sich heutzutage einem erhöhten Gefahrenpotenzial wegen
möglicher
lebensbedrohlicher Angriffe mittels ballistischer Geschosse, wie
beispielsweise Kugeln, Schrot oder Granatsplittern, oder mittels
Hieb- und Stichwaffen ausgesetzt. Seit längerem werden daher spezielle
Kleidungsstücke, beispielsweise
Schutzwesten, entwickelt, die den Träger vor derartigen Gefahren
möglichst
wirksam schützen
sollen. Bei der Weiterentwicklung der ballistischen Schutzkleidung
steht nicht nur die Erfüllung der
Prüfkriterien
in der jeweiligen Schutzklasse im Vordergrund, sondern man ist gleichermaßen bestrebt,
den jeweils geforderten Schutz bei einem Minimum an Gewicht und
einer möglichst
großen
Flexibilität
der Schutzkleidung zu erreichen. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt,
dass die Trageakzeptanz von Schusswesten bei zu hohem Gewicht bzw.
zu starrer und steifer Form der Kleidung rasch abnimmt, was letztlich
dazu führt,
dass beispielsweise Schutzwesten weniger häufig getragen werden, als es
die Gefahrensituation erfordert. Für bestimmte Anwendungsbereiche
ist es außerdem
wünschenswert, dass
die Schutzkleidung unsichtbar unter der normalen Kleidung getragen
werden kann, so dass hier besonders hohe Anforderungen an die Flexibilität der Schutzausrüstung gestellt
werden.
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Moderne ballistische Schutzkleidung
weist meist eine oder mehrere ballistische Einlagen auf, die jeweils
mehrere Lagen eines geschosshemmenden fasrigen Flächenmaterials
umfassen. Das geschosshemmende Flächenmaterial ist üblicherweise
ein Gewebe aus Garnen, die aus synthetischen Hochleitungsfasern,
wie beispielsweise einem aromatischem Polyamid, das auch kurz als
Aramid bezeichnet wird, gesponnen werden. Es sind auch mehrschichtige
Schutzaufbauten bekannt, die als sog. Fasergelege bezeichnet werden,
bei denen die Fasern in der einzelnen Schicht nicht verwoben, sondern
parallel zueinander gelegt sind. Jede Lage besteht dann aus zwei
oder mehr Schichten dieses Geleges, die um 90° zueinander gedreht sind.
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Aufgabe der ballistischen Einlage
einer Schutzkleidung ist es, die kinetische Energie des auftreffenden
Projektils in Verformungsenergie des Projektils und der Schutzkleidung
zu verwandeln und den Auftreffimpuls flächig zu verteilen. Zusätzlich soll die
ballistische Einlage bereits einen gewissen Schutz vor Angriffen
mit Hieb- und Stichwaffen bieten. Es können jedoch auch zusätzlich zu
der ballistischen Einlage weitere speziell für die Stichschutz optimierte
Einlagen vorgesehen sein.
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Aufgrund der höheren Flexibilität wurden
früher
die ballistischen Einlagen, insbesondere im Weichschutz also sog.
lose Pakete ausgebildet, bei denen mehrere Lagen eines geschosshemmenden Flächenmaterials
im wesentlichen lose übereinander lagen
und höchstens
durch eine mittige oder seitliche Kreuzversteppung an einer oder
einigen wenigen Stellen untereinander fixiert wurden. Bei einer
solchen Anordnung ist ein ausreichender ballistischer Schutz nur
durch eine große
Zahl von einzelnen, übereinanderliegenden
Lagen des geschosshemmenden Flächenmaterials
erreichbar. Aufgrund des resultierenden hohen Gewichts war der Tragekomfort derartiger
Schutzkleidung eingeschränkt.
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Bei moderneren ballistischen Schutzwesten ist
die ballistische Einlage daher in zwei Pakete unterteilt. Das vom
Körper
abgewandte, also nach außen
gerichtete Paket, auf das ein Projektil zunächst auftritt, wird dabei in
herkömmlicher
Weise als loses Paket ausgebildet. Das darunter liegende, zum Körper gerichtete
Paket wird im wesentlichen über
die gesamte Fläche
durch Steppnähte
karo- oder rautenförmig
versteppt. Durch die Versteppung erhöht sich die Leistungsfähigkeit
der Fasern des geschosshemmenden Flächenmaterials, da die kinetische
Energie des auftreffenden Projektils effektiver in Verformungsenergie
durch Projektildeformation umgewandelt werden kann. Daher werden
bei gleichem ballistischen Schutz weniger Lagen des geschosshemmenden
Flächenmaterials
benötigt,
so dass sich das Flächengewicht
der ballistischen Einlage insgesamt verringert. Aufgrund des verringerten
Gesamtgewichts ist einerseits der Tragekomfort derartiger Schutzwesten
erhöht.
Anderer seits wird durch die Versteppung der einzelnen Lagen die
Flexibilität
des Pakets verringert, was vom Träger wiederum als unangenehm
empfunden werden kann. Als besonderen Nachteil hat sich aber die
sog. Knotenbildung an den Kreuzungspunkten der Steppnähte erwiesen.
An diesen Stellen tritt eine punktuelle Verhärtung des Lagenpakets auf,
was lokal die Durchschussgefahr erhöht, weil sich die Fasern in
diesem Bereich beim Auftreffen eines Projektils nicht mehr ausreichend dehnen
können.
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Der Erfindung liegt daher das technische Problem
zugrunde, eine verbesserte ballistische Schutzkleidung bereitzustellen,
die gegenüber
der bekannten Schutzkleidung eine Gewichtsreduktion bei gleichzeitiger
Erhöhung
der Flexibilität
der Schutzkleidung erlaubt.
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Gelöst wird dieses technische Problem
dadurch, dass man das Paket aus mehreren Lagen eines geschosshemmenden
Flächenmaterials
in der Fläche
im wesentlichen knotenfrei versteppt.
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Gegenstand der Erfindung ist demnach
eine ballistische Schutzkleidung mit wenigstens einer ballistischen
Einlage, die mehrere Lagen eines geschosshemmenden fasrigen Flächenmaterials
umfasst, wobei die Lagen durch im wesentlichen über die gesamte Fläche der
Einlage verlaufende Steppnähte
zu einem Paket miteinander verbunden sind, wobei die ballistische
Schutzkleidung dadurch gekennzeichnet ist, dass die Steppnähte im wesentlichen
knotenfrei angeordnet sind.
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Im Vergleich zu herkömmlicher
ballistischer Schutzkleidung, die eine Karo- oder Rautenversteppung
aufweist, besitzt die erfindungsgemäße ballistische Schutzkleidung
eine erhebliche größere Flexibilität. Da jedoch
die Versteppung bei der erfindungsgemäßen Schutzkleidung aber ebenfalls
im wesentlichen über
die gesamten Fläche
des Lagenpaketes erfolgt, ist die geschosshindernde Leistungsfähigkeit mindestens
ebenso hoch wie bei Karo- oder Rautenversteppung. Als besonderer
Vorteil erweist sich, dass bei der von der Erfindung vorgeschlagenen
Versteppung eine Knotenbildung vermieden wird, so dass auf der gesamten
Fläche
der ballistischen Einlage sind keine sicherheitskritischen Schwachpunkte mit
erhöhter
Durchschussgefahr mehr vorhanden sind.
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Im wesentlichen knotenfrei bedeutet
im vorliegenden Zusammenhang, dass keine Punkte vorhanden sind,
an denen gemeinsame senkrecht zur Fläche der Einlage verlaufende
Durchstiche einer Naht und einer dazu querverlaufenden Naht vorliegen,
d.h. die Durchstiche von sich kreuzenden Nähten liegen an verschiedenen
Stellen der Fläche.
Einzelne, beispielsweise am Rand des Flächenmaterials liegende Knoten
sind im Sinne der vorliegenden Erfindung unkritisch, jedoch verlaufen
die Steppnähte bevorzugt
völlig
knotenfrei.
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Besonders bevorzugt sind die Steppnähte auch
im wesentlichen kreuzungsfrei angeordnet, d.h. unabhängig von
der Lage der Durchstiche wird man die Steppnähte vorteilhaft so führen, dass
sich auch die parallel zur Fläche
verlaufenden Nähte
bzw. Nahtabschnitte nicht kreuzen.
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Besonders bevorzugt verlaufen die
Steppnähte
bzw. benachbarte Abschnitte der Steppnähte im wesentlichen parallel
zueinander. Die einzelnen Lagen des geschosshemmenden Flächenmaterials können von
mehreren separaten Steppnähten
durchzogen sein, die gesamte Versteppung kann aber auch mit einer
einzigen kontinuierlichen Naht durchgeführt werden. Die einzelnen Nähte können beispielsweise
als im wesentlichen parallel zum Außenumfang der ballistischen
Einlage umlaufende Nähte ausgebildet
sein. Je nach Einsatzzweck kann die Versteppung aber beispielsweise
auch durch geradlinige Nähte
erfolgen.
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Der laterale Abstand zwischen benachbarten Steppnähten oder
benachbarten Abschnitten der Steppnähte beträgt vorteilhaften 1 bis 5 cm,
vorzugsweise 2 bis 4 cm und besonders bevorzugt etwa 3 cm. Der optimale
laterale Abstand der Steppnähte hängt insbesondere
davon ab, für
welches Projektil die Schutzweste optimiert werden soll. Beispielsweise
erweist sich ein Abstand von etwa 3 cm für das Projektil 9 mm Luger,
wie es im westeuropäischen Raum
häufig
zu Prüfzwecken
herangezogen wird, als besonders optimal. Bei anderen Projektilen,
wie z.B. bei dem im osteuropä ischen
Raum verbreiteten Projektil 7,62 mm Tokarev wird vorzugsweise ein
anderer Abstand gewählt,
da die Querschnittsbelastung durch den geringeren Projektildurchmesser
wesentlich höher
ist.
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Eine weitere Optimierung der ballistischen Eigenschaften
kann durch Wahl der geeigneten Stichlänge, d.h. des Abstandes zwischen
aufeinanderfolgenden vertikalen Stichen der Steppnähte realisiert
werden. Besonders bevorzugt beträgt
der Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Stichen 1 – 10 mm,
vorzugsweise etwa 2 – 6
mm. Empirisch stellt man fest, dass die optimale Stichlänge auch
von dem gewählten
lateralen Abstand zwischen den Steppnähten abhängt. Der Fachmann kann die
für den
jeweiligen Anwendungszweck optimierten Parameter aber leicht empirisch
ermitteln.
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Vorzugsweise ist das geschosshemmende Flächenmaterial
ein Gewebe eines Garns aus Aramidfasern, ultrahochmolekularen Polyethylenfasern oder
isotrop kristallinen Polymerfasern. Geeignete Aramidfasern sind
beispielsweise die von der Firma Dupont unter dem Markennamen KEVLAR® vertriebenen
aromatischen Polyamide. Ultrahochmolekulare Polyethylenfasern werden
beispielsweise von der Firma DSM unter dem Markennamen DYNEEMA® und
von der Firma Honeywell unter dem Markennamen SPECTRA® vertrieben.
Isotrop kristalline Polymerfasern, z.B. Poly(pphenylene-2,6-benzobisoxazol)
werden unter dem Markennamen ZYLON® von der
Firma Toyobo vertrieben. Das Flächenmaterial kann
aber auch ein nicht gewebtes Fasergelege aus diesen Materialien
sein.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der
Erfindung ist auf der körperabgewandten
Seite der ballistischen Einlage über
dem wie oben beschrieben versteppten Paket in ein loses Paket aus mehreren
Lagen eines geschosshemmenden Flächenmaterials
angeordnet, wobei die Lagen des losen Pakets nicht flächig miteinander
vernäht
oder versteppt sind. Das lose Paket kann an einer oder einigen wenigen
Stellen mit dem versteppten Paket vernäht sein.
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Vorzugsweise ist die ballistische
Einlage in einer Hülle
angeordnet, beispielsweise in einer Gewebehülle oder eine Kunststoffhülle, die
umlaufend vernäht,
oder, beispielsweise im Fall eines Gewebes aus synthetischen Materialien
verschweißt
sein kann. Da die Fasern des geschosshemmenden Flächenmaterials
teilweise feuchtigkeitsempfindlich sind, wird man vorzugsweise eine
Hülle aus
einem wasserdichten oder wasserabweisenden Material verwenden.
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Obwohl die ballistische Einlage bereits
einen gewissen Schutz gegen Hieb- und Stichwaffen bietet, kann auf
der körperzugewandten,
vorzugsweise aber auf der körperabgewandten
Seite der ballistischen Einlage eine Stichschutzeinlage angeordnet
sein. Die Stichschutzeinlage kann zusammen mit der ballistischen
Einlage in der Hülle
angeordnet sein, sie kann aber auch als abnehmbare Stichschutzeinlage außen an der
Schutzkleidung befestigt sein.
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Die erfindungsgemäße ballistische Schutzkleidung
kann für
unterschiedlichste Kleidungsstücke konfektioniert
werden. Besonders bevorzugt ist die erfindungsgemäße Schutzkleidung
aber als Schutzweste ausgebildet.
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Die Erfindung wird im vorliegenden
unter Bezugnahme auf ein in den beigefügten Zeichnungen dargestelltes
Ausführungsbeispiel
näher erläutert.
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In den Zeichnungen zeigen:
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1 eine
Aufsicht auf eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen ballistischen Schutzbekleidung
mit einem aufgerissenen Bereich, der den Lagenaufbau verdeutlicht;
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2 einen
Schnitt entlang der Linie II-II der 1;
und
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3 eine
Aufsicht auf das versteppte Lagenpaket der Schutzbekleidung der 1.
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In 1 ist
eine bevorzugte Ausführungsform
der erfindungsgemäßen ballistischen
Schutzkleidung dargestellt, die in diesem Fall als Vorderteil 10 einer
Schutzweste ausgebildet ist. Das Vorderteil 10 weist einen
Halsausschnitt und zwei seitliche Armausschnitte 12,13 auf.
Zwischen den Ausschnitten ist jeweils ein Schulterfortsatz 14,15 ausgebildet.
Das (in der Darstellung der 1 nicht
dargestellte) Rückenteil
weist eine entsprechende Form auf und kann mit dem Vorderteil über (nicht
dargestellte) Klettverschlüsse
lösbar
verbunden sein. Vorderteil und Rückenteil
können
aber auch fest miteinander verbunden sein. Das Vorderteil weist
eine flächige ballistische
Einlage 16 auf, die aus drei Paketen 17,18,19 besteht,
die in einer Gewebehülle
eingenäht
sind.
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Der Aufbau der Einlage 16 wird
insbesondere aus der Darstellung der 2 deutlich,
die einen Schnitt entlang der Linie II-II der 1 zeigt.
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Das erste, nach außen, also
vom Körper
des Trägers
abgewandte Paket 17 besteht aus mehreren, ca. 10 μm dicken
Titanfolien 21, die als Stichschutzeinlage dienen. Darunter
liegt ein sog. loses ballistisches Paket 18, das, aus mehreren
Lagen 22 eines geschosshemmenden Aramidgewebes besteht,
wobei die einzelnen Lagen lediglich mittig durch eine Kreuznaht
miteinander verbunden sind. Darunter schließt sich ein verstepptes Paket 19 aus
mehreren Lagen 23 eines Aramidgewebes an, das, wie insbesondere
auch in der Aufsicht der 3 erkennbar,
in der gesamten Fläche
versteppt ist. Die Steppnähte 24 verlaufen
im wesentlichen parallel zueinander und kreuzen sich nicht, so dass
insbesondere keine Knotenpunkte entstehen, wie dies bei den karo-
oder rautenförmigen
Versteppungen der bekannten ballistischen Schutzpakete der Fall
ist. An den vertikalen Durchstichen 25 der Steppnähte 24 wird
lediglich ein Faden durch das Lagenpaket 19 geführt, so
dass die einzelnen Fasern des geschosshemmenden Gewebes noch eine
ausreichende Dehnungsfähigkeit
besitzen, um einen Durchschlag eines genau an dieser Stelle auftreffenden
Projektils zu verhindern. Auf der körperzugewandten Seite des Pakets 19 kann
außerdem
eine (hier nicht dargestellte) Polsterung vorgesehen sein, welche
die Verletzungsgefahr beim Auftreffen eines Projektils weiter reduziert.
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In 3 ist
ein typischer kreuzungsfreier Verlauf der Steppnähte 24 dargestellt,
der sich im wesentlichen am Außenumfang
des Pakets 19 orientiert. Anstelle des darge stellten Verlaufs
können
aber auch andere kreuzungsfreien Steppnahtverläufe realisiert werden. Der
laterale Abstand zwischen benachbarten Steppnähten muss nicht konstant sein. Durch
die geeignete Orientierung des Nahtverlaufs und lokale Variation
des Abstandes benachbarter Nähte
kann die örtliche
Flexibilität
des versteppten ballistischen Paketes beispielsweise an die anatomischen
Gegebenheiten angepasst werden, um so den Tragekomfort weiter zu
erhöhen.