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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Bindemittelsystem auf Epoxidharzbasis. Bei Epoxidharzen handelt es sich meist um zweikomponentige Werkstoffe, die durch exotherme Reaktion (insbesondere Polyaddition) zu einem duroplastischen Kunststoff erhärten. Man unterscheidet hier zwischen warm- und kalthärtenden Systemen, wobei die Erfindung bevorzugt bei kalthärtenden Systemen zum Einsatz kommt.
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Epoxidharze sind Kunstharze, die Epoxidgruppen tragen. Sie sind härtbare Harze (Reaktionsharze), die mit einem Härter und gegebenenfalls mit Zusatzstoffen zu einem duroplastischen Kunststoff umgesetzt werden können. Die Epoxidharze sind Polyether mit in der Regel zwei endständigen Epoxidgruppen. Die Härtungsmittel sind Reaktionspartner und bilden mit dem Harz den makromolekularen Kunststoff.
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Die durch Vernetzung erzeugten Duroplaste besitzen gute mechanische Eigenschaften sowie eine gute Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit. Sie gelten daher als hochwertige, aber auch teure Kunststoff. Sie werden u.a. als Reaktions- und Einbrennlacke, Klebstoffe, für Laminate, als Einbettmittel in der Metallographie und als Formmassen für Komponenten in der Elektrotechnik und Elektronik verwendet.
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Duroplaste, auch Duromere genannt, sind Kunststoffe, die nach ihrer Aushärtung nicht mehr verformt werden können. Duroplaste sind harte, glasartige Polymerwerkstoffe, die über chemische Hauptvalenzbindungen dreidimensional fest vernetzt sind. Die Vernetzung erfolgt beim Mischen von Vorprodukten mit Verzweigungsstellen und wird entweder bei Raumtemperatur mit Hilfe von Katalysatoren chemisch oder bei hohen Temperaturen thermisch aktiviert.
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Aus der
DE 296 23 574 U1 ist ein Harz/Füllstoffsystem zur Erzeugung von Beschichtungen und zur Herstellung von Kunststoffböden mit Natursteineffekt bekannt, die quasi als preiswerter Ersatz von Fußböden aus teuren Natursteinen wie Granit dienen sollen und somit für den Innenbereich von Gebäuden vorgesehen sind. Aus den genannten Gründen steht bei diesen Kunststoffböden der dekorative Effekt im Vordergrund. Für die Kunstharzmasse wird ein Zweikomponenten-Epoxidharz eingesetzt, welches als Füllstoff u.a. Siliziumdioxid oder Quarzpulver enthalten kann. Als Härterkomponente kann ein cycloaliphatisches Amin verwendet werden. In den Beispielen werden Kunstharzmassen angegeben, die ein Bisphenol-A/F-Epoxidharz und ein cycloaliphatisches Amin in einem Gewichts-Verhältnis von etwa 2:1 enthalten, sowie als mineralischen Füllstoff Basalt, Marmor oder Granitbruch in einem Gewichts-Verhältnis von Füllstoff zu Bisphenol-A/F-Epoxidharz von etwa 5,5:1. Das Gewichtsverhältnis von Härterkomponente zu Bisphenolharz-Komponente ist also vergleichsweise hoch und der Anteil der beiden Kunstharzkomponenten beträgt im Gemisch mit den Füllstoffen in etwa 15 %.
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In der
DE 695 06 216 T3 werden Zweikomponenten-Reaktivharze aus einem Bisphenol-A-harz und einem cycloaliphatischen Polyamin als Härter-Komponente beschrieben, welche als Füllstoff u.a. Siliziumdioxidmehl enthalten können. Diese Zweikomponenten-Reaktivharze werden zur Herstellung von Fließenfußböden verwendet und sind somit ebenfalls für den Innen-Fußbodenbereich von Gebäuden vorgesehen. Diese Fließenfußböden sollen gegen die unterschiedlichsten Chemikalien beständig sein, wobei sehr verschiedene Chemikalien wie beispielsweise Säuren und Basen genannt werden, aber auch Alkohole und Kohlenwasserstoffe erwähnt werden. In dieser Druckschrift werden jedoch weder genaue Zusammensetzungen der Zweikomponenten-Reaktivharze angegeben, noch enthält diese spezifische Ausführungen über Untersuchungen zur Beständigkeit der Fliesen gegenüber Kohlenwasserstoffen, so dass die Schrift dem Fachmann keine konkrete Lehre dahingehend gibt, welche Komponenten in welchem Verhältnis zu mischen sind, um zu einem Reaktionsharzmörtel zu gelangen, welcher nach der Aushärtung in besonderem Masse Beständigkeit gegen Kohlenwasserstoffe und verwandte Flüssigkeiten zeigt und welcher sich darüber hinaus für besonders belastete, insbesondere befahrbare Oberflächen eignet, die im Außenbereich den Witterungsverhältnissen ausgesetzt sind.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Bindemittelsystem der eingangs genannten Gattung zur Verfügung zu stellen, welches so modifiziert ist, dass es möglich wird, einer Zusammensetzung gemäß einem ursprünglich duroplastischen Epoxidharz mindestens teilweise thermoplastische Eigenschaften zu verleihen.
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Die Lösung dieser Aufgabe liefert ein Bindemittelsystem der eingangs genannten Gattung mit den kennzeichnenden Merkmalen des Hauptanspruchs.
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Der erfindungsgemäße Bindemittelsystem ist dadurch gekennzeichnet, dass es neben wenigstens einer Harz-Komponente A und wenigstens einer Härter-Komponente B als weitere Komponente C wenigstens ein Pflanzenöl umfasst, welches Anteile der Harz-Komponente A im Gemisch ersetzt.
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Das vorgenannte Pflanzenöl dient erfindungsgemäß dazu, eine Epoxidharz-Zusammensetzung zu modifizieren, indem ein Anteil der Harzkomponente durch ein Pflanzenöl ersetzt wird, welches entweder reaktiv in den Aushärteprozess eingebunden wird, oder als nichtreaktiver Bestandteil im Gemisch verbleibt und dort dem eigentlich duroplastischen Epoxidharz thermoplastische Eigenschaften verleiht. Es wird also durch diese Modifizierung ein thermoplastischer Werkstoff geschaffen, der sich in einem bestimmten Temperaturbereich verformen lässt. Dieser Vorgang ist bei einem Thermoplasten reversibel, das heißt, er kann durch Abkühlung und Wiedererwärmung bis in einen formbaren Bereich im Prinzip beliebig oft wiederholt werden, solange nicht durch Überhitzung die so genannte thermische Zersetzung des Materials einsetzt. Darin unterscheidet sich ein Thermoplast von den Duroplasten und Elastomeren.
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Die Erfindung modifiziert durch Zugabe des Pflanzenöls die Eigenschaften des duroplastischen Epoxidharzes und verleiht ihm thermoplastische Eigenschaften bei annähernd gleichbleibenden Druck- und Biegezugfestigkeiten. Diese Mischung kann z.B. als Bindemittel für eine Oberflächenbeschichtung auf Asphalt eingesetzt werden mit einer hohen Verschleißfestigkeit.
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Ein thermoplastisches Verhalten ist beispielsweise bei Oberflächenbeschichtungen auf ebenfalls thermoplastischen Werkstoffen vorteilhaft. Diese Anwendung spielt insbesondere im Straßenbau eine Rolle, wo Asphalt ein thermoplastischer Baustoff ist.
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Bisherige Beschichtungen auf Asphalt haben aufgrund ihrer thermoplastischen Eigenschaften geringere Abriebfestigkeiten und eine durch die Verkehrsbelastung entsprechend kurze Lebensdauer. Ein Duroplast wäre hier grundsätzlich gut geeignet, da es eine höhere Festigkeit aufweist. Der Einsatz eines Duroplasten auf einem Asphalt ist jedoch nicht möglich, da der Asphalt bei temperaturbedingter Erweichung bzw. Erhärtung Spannungen gegenüber dem sich anders verhaltenden Duroplast aufbauen würde. Es kommt dann zu Ablösungen der Beschichtung. Das Problem wurde bisher durch Zugabe von flexibilisierenden Additiven gelöst. Diese Flexibilisierung bei einem Duroplast ist jedoch dauerhaft und nicht temperaturabhängig, was zwar zu einem günstigeren Spannungsverhalten gegenüber dem Untergrund führt, jedoch die Belastbarkeit, insbesondere die Abriebfestigkeit, beeinträchtigt.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung umfasst die Harz-Komponente A wenigstens ein Epoxidharz auf Bisphenol-Basis und/oder die Härter-Komponente B umfasst wenigstens einen Härter auf Basis eines Amins.
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Weiterhin ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung bevorzugt das Pflanzenöl gemäß Komponente C ein Rizinusöl. Ein solches Rizinusöl enthält einen verhältnismäßig großen Anteil an Triricinolein (Tri-Ricinolsäure-Glycerinester) und erlaubt die Herstellung einer Vielfalt unterschiedlichster Verbindungen durch zahlreiche chemische Reaktionsmöglichkeiten. Umsetzungen setzen an unterschiedlichen Stellen des Ricinolsäureesters (Seitenkette des Triricinoleins) an. Dabei wird an der cis-Doppelbindung zwischen C9 und C10 beispielsweise mittels Oxidation, Polymerisation, Addition, Epoxidierung oder Hydrierung angesetzt.
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Die vorgenannten Eigenschaften von Rizinusöl und anderer ähnlich zusammengesetzter Pflanzenöle werden bereits in anderen technischen Produkten genutzt. Allerdings funktioniert das Pflanzenöl hier entweder als natürliches Polyol in Reaktion mit einem Isocyanat (beispielsweise in Polyurethanen) oder als Weichmacher in anderen Kunststoffen wie z.B. in PVC. Eine Kombination mit einem Zwei-Komponenten-Epoxidharz ist hingegen aus dem Stand der Technik nicht bekannt. Bei den Harzen kommen sowohl unverdünnte als auch reaktivverdünnte Epoxidharze zum Einsatz. Diese werden üblicherweise mit einem Polyamin ausgehärtet, aber es können auch Härter auf Basis eines Adduktes, Mannichbase oder Polyamidoamin verwendet werden.
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Weiterbildungen der Erfindung sehen vor, dass das Pflanzenöl reaktiv eingebunden wird oder als nicht reaktiver Bestandteil im System verbleibt. Es ist aber auch möglich, dass das Pflanzenöl nicht reaktiv im System eingebettet ist und durch die umschließenden Moleküle der Epoxidharz/Härter-Matrix vor Hydrolyse geschützt wird. Genauso ist es erfindungsgemäß, dass das Pflanzenöl nicht reaktiv im System eingebettet ist und aufgrund der Molekülgröße als nicht flüchtiger Bestandteil im System verbleibt.
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Weiterhin wird gemäß einer Weiterbildung der Erfindung bevorzugt ein Anteil von bis zu 40 % der Harz-Komponente A durch das Pflanzenöl gemäß Komponente C ersetzt. Bei der Berechnung der Reaktion wird bevorzugt nur der Anteil des Epoxidharzes zur Bestimmung der Härterzugabe berücksichtigt. Bedingt durch die Substitution eines beträchtlichen Harzanteils ist der Gefahrstoffanteil im Gesamtsystem deutlich verringert, was zu einer Verbesserung bezüglich der Gefahrstoffeinordnung führt. Weiterhin liegt das Pflanzenöl preislich bei beispielsweise nur etwa 50 % des Harzes, was das System sehr wirtschaftlich macht.
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Weiterhin kann gemäß einer Weiterbildung der Erfindung die Härter-Komponente B bevorzugt ein Polyamin, ein Addukt, eine Mannichbase oder ein Polyamidoamin umfassen.
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Weiterhin ist gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung das Epoxidharz ein unverdünntes oder ein reaktivverdünntes Epoxidharz.
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Vorzugsweise wird das erfindungsgemäße Bindemittelsystem hergestellt aus einer Mischung von etwa 40 Gew.% – etwa 60 Gew.% der Harz-Komponente A, etwa 15 Gew.% – etwa 40 Gew.% der Härter-Komponente B und etwa 15 Gew.% bis etwa 35 Gew.% des Pflanzenöls gemäß Komponente C, besonders bevorzugt aus einer Mischung von etwa 45 Gew.% – etwa 55 Gew.% der Harz-Komponente A, etwa 20 Gew.% – etwa 30 Gew.% der Härter-Komponente B und etwa 15 Gew.% bis etwa 25 Gew.% des Pflanzenöls gemäß Komponente C.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist weiterhin die Verwendung eines Bindemittelsystems der zuvor beschriebenen Art als thermoplastischen Werkstoff für die Herstellung von Oberflächenbeschichtungen auf Oberflächen bestehend aus ebenfalls thermoplastischen Werkstoffen, oder auf thermisch beanspruchten starren Oberflächen.
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Beispielsweise kommt die Verwendung des erfindungsgemäßen Bindemittels als thermoplastischen Werkstoff für Oberflächenschichten, zur Beschichtung oder zur Reparatur von befahrbaren Verkehrsflächen in Betracht, insbesondere die Verwendung zur Beschichtung von Asphaltflächen.
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Die in den Unteransprüchen genannten Merkmale betreffen bevorzugte Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Aufgabenlösung. Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Detailbeschreibung.
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Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand eines Beispiels näher erläutert.
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Beispiel 1
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Es wurde eine beispielhafte Bindemittel-Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung hergestellt, wobei wie folgt vorgegangen wurde:
Es wurde eine Mischung aus drei Komponenten hergestellt, nämlich aus 52,6 Gew.% reaktivverdünntem niedrigviskosem Bisphenol-basiertem Epoxidharz mit einem Epoxi-Äquivalentgewicht zwischen 175 und 230 g/mol als erste Komponente A, 26,3 Gew.% eines Härters auf Polyaminbasis als zweite Komponente B, welcher ein H-Aktiv-Äquivalentgewicht zwischen 73 und 114 g/mol aufwies, sowie 21,1 % eines Rizinusöls FSG als dritte Komponente C.
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Diese Mischung wurde im Normklima (23 °C, 50 % rLF) 168 Stunden ausgehärtet, so dass die Vernetzung vollständig abgeschlossen war und aus diesem Material wurde ein Werkstück in Form einer Scheibe mit einem Durchmesser von 100 mm und einer Materialstärke von 8 mm hergestellt. Das erstellte Werkstück zeigte bei Raumtemperatur eine geringe Verformbarkeit und bei Lagerung bei 10 °C war es annähernd starr. Eine Erwärmung auf 25 °C führte zu einer Erhöhung der Flexibilität und das Werkstück konnte dann händisch verformt werden. Bei 35 °C war es so flexibel, dass die Verformung um 180 ° um die Geometrieachse möglich war. Nach dem Abkühlen wurden die Zyklen mehrfach wiederholt und eine thermoplastische Eigenschaft nachgewiesen, die reversibel ist.
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Eine Beschichtung aus dem gemäß der obigen Spezifikation hergestellten Werkstoff auf einer Testfläche aus Asphalt wurde hergestellt und diese Beschichtung wurde danach mehreren Frost-Tau-Wechsel-Zyklen unterworfen, wobei es zu keinen Ablösungen oder Blasenbildung kam.
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Das modifizierte Epoxidharzsystem gemäß der vorliegenden Erfindung ist ideal geeignet für die Verwendung auf Verkehrsflächen, da es seine besonderen Eigenschaften genau im benötigten Temperaturbereich zwischen etwa –15 °C und etwa +60 °C zeigt. Der Asphalt hat ein ähnliches Temperaturverhalten. Dadurch kommt es nicht zu Spannungen zwischen einem Untergrund aus Asphalt und einer auf diesem Untergrund mit dem erfindungsgemäßen Bindemittelsystem auf Epoxidharzbasis hergestellten Beschichtung.
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Das modifizierte Epoxidharz kann beispielsweise auch als Bindemittel für thermoplastische Reparaturmörtel eingesetzt werden. Solche Mörtel finden beispielsweise Verwendung bei einer partiellen Reparatur von Verkehrsflächen und sind den bisher eingesetzten Reparaturmörteln oder dem Kaltasphalt in Bezug auf die Haltbarkeit deutlich überlegen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 29623574 U1 [0005]
- DE 69506216 T3 [0006]