Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verhüttung feinstkörniger staub- oder
schlammförmiger Fe- und/oder FeO-haltiger Reststoffe mit Gehalten an,
zumindest teilweise als Oxide, Zink, Blei, Alkalien und sonstigen Metallen sowie
Kohlenwasserstoffen in einem Schachtofen, wobei die Reststoffe zum Einsatz
im Schachtofen zu einer im Hinblick an die Art des Schachtofens und
gemeinsam zu verhüttende Fe-haltige Stoffe und deren Form und Abmessung
angepaßten Form agglomeriert und die zu verhüttenden Stoffe sowie separate
Brenn- und Zuschlagstoffe von oben chargiert werden.
Reststoffe fallen bei industriellen Prozessen, beispielsweise in der
Hüttenindustrie und insbesondere in der Eisenhüttenindustrie häufig als
Stäube, aber auch in Form von Schlämmen an. Diese Stäube fallen zum
Beispiel in vielfältigen Entstaubungsanlagen, beispielsweise in Elektro-,
Sackfiltern oder Gaswäschen in größeren Mengen an. Abhängig davon, welche
Prozeßabgase entstaubt werden müssen, haben diese Stäube sehr
unterschiedliche Zusammensetzungen. In der Eisenhüttenindustrie haben die
Stäube meist hohe Fe- und/oder FeO-Gehalte. Es können aber auch hohe
Zink-, Blei-, Alkali- und hohe Kohlenwasserstoffgehalte auftreten. Wegen dieser
Beimengungen und schädlichen Bestandteile können diese Stoffe mit den
herkömmlichen Prozessen häufig nicht oder zumindest nicht ohne Probleme
verarbeitet werden und müssen deshalb vielfach deponiert werden. Je nach
Provenienz befinden sich in den Reststoffen auch Chlor, Kohlenstoff und Reste
von Kohlenwasserstoffen. Diese letztgenannten Substanzen sind Reaktanden
für die Dioxinbildung, die insbesondere bei Temperaturen zwischen 200-
400°C eintritt, die bei der Abkühlung von Abgasen auf für Tuchfilteranlagen
geeignete Temperaturen typischerweise erreicht werden. Insbesondere in
Gegenwart von katalytisch wirkenden Substanzen wie Eisenoxiden oder Kupfer
kommt es dann zur Dioxinbildung. Dies stellt wegen der Umweltproblematik
eine sehr kostenträchtige Komplikation bei der Verarbeitung von
Hüttenreststoffen dar.
Es ist immer wieder versucht worden, die Reststoffe zum Beispiel bei der
Sintererzeugung, mitzuverarbeiten. Beim Einsatz von reststoffhaltigen Sintern
im Hochofen kommt es zu sehr schwerwiegenden Problemen. Der Grund
hierfür liegt beispielsweise in den hohen Zink- und Alkalianteilen der Reststoffe,
die bei den im Hochofen herrschenden Temperaturen verdampfen und in
höhergelegenen Bereichen des Hochofens an kälteren Anlagenteilen,
beispielsweise an der feuerfesten Ausmauerung, oder an absinkenden
Möllerstoffen kondensieren und so im Sinne einer Kreislaufbildung zu
erheblichen Anreicherungen führen. Die unerwünschten Folgen sind
Ansatzbildungen an den Wänden des Hochofens und ein chemischer Angriff
der feuerfesten Zustellung und die negative Beinflussung der Reduzierbarkeit
der mit solchen Kondensaten verunreinigten Möllerstoffe. Außerdem verstopfen
die Kondensate die für die Durchgasung und den Gasaustausch wichtigen
Poren und Durchgasungsräume. Da im Hochofen die Reduktion der Eisenoxide
im Wesentlichen bei Temperaturen unterhalb von 1000°C abläuft und die
Kondensatanreicherung in höhergelegenen Bereichen mit niedrigerem
Temperaturniveau stattfindet, werden diese Kondensate nicht verdampft und
die Reduktion wird stark behindert.
Im Stand der Technik sind Vorschläge für den Wiedereinsatz von Reststoffen
aus der Stahlindustrie in bekannten Erzeugungsaggregaten bekannt. So
beschreibt die DE 197 08 376 C1 die Verwendung eines Briketts aus
Abfallmaterialien als Zuschlagstoff für Schmelzöfen in einer Eisengießerei.
Dabei werden die agglomerierten Reststoffe als Zuschlagstoffe für
Schmelzöfen einer Eisengießerei verwendet, ohne eine Aussage über die
Reduktion von Oxidbestandteilen. Wenn Kohlenstoffträger bei der Brikettierung
erwähnt werden, so dienen diese als Brennstoff oder Aufkohlungsmittel.
Selbstreduzierende Agglomerate mit Gehalten an festen Kohlenstoffträgern
werden nicht beschrieben. Es werden auch keine Angaben zum Betrieb der
Schmelzöfen, beispielsweise zur Frage des Sauerstoffzusatzes gemacht. In der
DE 197 12 042 C1 wird ein Agglomerat zur Verwendung als
Hochofeneinsatzstoff vorgeschlagen. Auch hier werden außer dem Hinweis auf
den Einsatz im Hochofen keinerlei Angaben zum Betrieb des
Verhüttungsverfahrens gemacht, beispielsweise zum Temperaturprofil oder zur
Sauerstoffzugabe oder zur Frage der Selbstreduzierbarkeit des Agglomerats. In
der Druckschrift "Sauerstoff in Schachtöfen" der Messer Griesheim GmbH
werden ganz allgemein die Betriebsbedingungen beim Sauerstoffzusatz in
Schachtöfen und der Einfluß des Sauerstoffzusatzes auf die Betriebsparameter
beschrieben. Es werden beispielsweise Sauerstoffzusätze bis zu 5% erwähnt.
Auf diese Druckschrift wird später im Zusammenhang mit der Diskussion
üblicher O2-Zusatzarten noch näher eingegangen. In der Druckschrift DE 195
36 932 A1 wird ein Verfahren zum Schmelzen von Materialien in einem
koksbeheizten Kupolofen beschrieben. Dabei handelt es sich um den Betrieb
eines Kupolofens als Schmelzaggregat. Es sind keinerlei Angaben zum
Verfahren der Verhüttung von Reststoffen und dazu, wie die Metalloxide
reduziert werden, zu finden. Es wird zwar beansprucht, bis zu 100% Sauerstoff
im "Sauerstoff-Luft-Verbrennungsgemisch" zu haben, wobei aber keinerlei
Angaben über das Temperaturprofil eines derart betriebenen Kupolofens
gemacht werden.
Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, das eingangs
beschriebene Verfahren so weiterzuentwickeln, daß die Anreicherung an Zink,
Blei und Alkalien vermieden wird und die Voraussetzungen für eine
weitgehende direkte Reduktion der Metalloxide und für das Einschmelzen der
Metalle gegeben sind. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß der
Schachtofen mit Heißwind und einer kombinierten O2-Injektion/O2-
Anreicherung des Windes mit sehr hohen O2-Zusätzen betrieben wird, die
Reststoffagglomerate Gehalte an festen C-Trägern aufweisen, das Wärmeprofil
im Schachtofen derart eingestellt wird, daß der Bereich mit Temperaturen
größer 1000°C, in dem die direkte Reduktion erfolgt, ausgedehnt wird und die
Verweilzeit der zu verhüttenden Stoffe in der Zone der direkten Reduktion
mindestens 20 Minuten beträgt, und daß die Reststoffagglomerate eine Form
und Abmessung aufweisen, die an die der gemeinsam zu verhüttenden Fe-
haltigen Stoffe angepaßt ist.
Wegen des Gegenstromprinzips von oben chargierter Schachtöfen ist es beim
Einsatz normaler metalloxidhaltiger zu verhüttender Stoffe sehr schwierig, die
Reduktion auf Temperatuerbereiche von über 1000°C zu beschränken. Einen
Ansatz zur Lösung dieses Problems sieht die Erfindung darin, daß für die
Reduktion notwendiger Kohlenstoff mit in das metalloxidhaltige Agglomerat
eingebunden wird. Dieses Verfahren wird in der US 4 239 530 von Goksel für
Feinerz beziehungsweise für Erzkonzentratagglomerate mit Gehalten an festen
Kohlenstoffen beschrieben. Dabei ist die Reduktion dann nicht mehr in erster
Linie von den CO-Gehalten im aufsteigenden Prozeßgas abhängig, da die
reduzierenden Bedingungen bei Temperaturen über 1000°C durch die
Bestandteile an festen Kohlenstoffen im "quasi selbstreduzierenden"
Agglomerat dargestellt werden. Damit ist aber auch die Möglichkeit sehr stark
eingeschränkt, gemeinsam mit den agglomerierten Reststoffen auch andere
metalloxidhaltige Stoffe zu verhütten, wenn diese metalloxidhaltigen Stoffe
nicht im vorbeschriebenen Sinne selbstreduzierend sind.
Unter dem Wärmeprofil eines Schachtofens versteht man die
Temperaturverteilung im Schacht oberhalb der Düsenebene. Die Temperatur
ist in der und unmittelbar über der Düsenebene am höchsten, da hier die
Verbrennung der Brennstoffe erfolgt, was zu einer entsprechenden Erhöhung
der Temperaturen führt, da die in den Ofen eingedüsten Gase, überwiegend
Luft (Wind) und bei Sauerstoffzugaben auch Sauerstoff sowie die bei der
Verbrennung der Brennstoffe gebildeten Verbrennungsgase im Schachtofen
nach oben steigen und dabei die von oben kalt chargierten Einsatzstoffe
während des Absinkens zunehmend erwärmen, wobei die Gase entsprechend
abkühlen. Dadurch nimmt das Temperaturniveau mit steigendem Abstand über
der Düsenebene ab, um am oberen Schachtende (Gicht) ein Minimum zu
erreichen. Bei Sauerstoffzugabe wird das Temperaturniveau in Höhe der und
unmittelbar über der Düsenebene angehoben, während mit zunehmendem
Abstand oberhalb der Düsenebene das Temperaturniveau erniedrigt wird, da
mit zunehmenden Sauerstoffzusätzen der als Wärmeträger dienende Anteil des
inerten Stickstoffs entsprechend abnimmt.
Die Reduktion der Oxidbestandteile der zu verhüttenden Einsatzstoffe erfolgt
einmal über CO, das durch Reduktion mit C des bei der Verbrennung
gebildeten CO2 nach der sogenannten Boudouard-Reaktion gebildet wird.
Diese Reduktion wird indirekte Reduktion genannt und erfolgt bei
Temperaturen unter etwa 1050°C, also in deutlich oberhalb der Düsenebene
liegenden Bereichen des Ofenschachtes.
Ein anderer Reduktionsvorgang läuft direkt über Kohlenstoff ab und wird direkte
Reduktion genannt. Die direkte Reduktion erfolgt nur bei Temperaturen über
1050°C. Bei konventionell betriebenen Schachtöfen ist der Anteil an indirekter
Reduktion der bei weitem überwiegende. Erfindungsgemäß wird das
Wärmeprofil des Ofens so eingestellt, daß die sich in Höhe der Düsenebene
bildende Verbrennungszone mit Temperaturen bis zu 2500°C und unmittelbar
darüber die Schmelzzone des Eisens und darüber die Zone für die direkte
Reduktion verändert werden. Durch entsprechenden Sauerstoffzusatz läßt sich
die Höhe des Schachtbereiches, in dem Temperaturen über 1000° bzw.
1050°C herrschen, entsprechend ausweiten. Dies hat zur Folge, daß die
absinkenden Einsatzstoffe entsprechend länger zum Passieren dieser
Temperaturzone benötigen. Hiermit ist es möglich, die Verweilzeit der zu
verhüttenden und noch nicht reduzierten Einsatzstoffe so zu beeinflussen, daß
die Verweilzeit in der Temperaturzone über 1000° bzw. 1050°C mindestens 20
Minuten beträgt.
Im Stand der Technik sind Betriebsweisen von Schachtöfen bekannt, in denen
dem Heißwind Sauerstoff zugesetzt wird. Dabei sind Sauerstoffeinblasraten,
d. h. O2-Zusätze bezogen auf 100% Heißwind, von 5% üblich. Siehe hierzu den
Sonderdruck "Sauerstoff in Schachtöfen" der Messer Griesheim GmbH, die auf
der Ausstellung Metec in Düsseldorf am 09. Juni 1999 für die Öffentlichkeit zur
Verfügung stand. Im Lehrbuch "Gußeisen" von Prof. Neumann, Expert-Verlag,
1999 werden für Kupolöfen O2-Zusätze bis zu 5% genannt. Im "Cupola
Handbook" 1999 wird von D. Saha in Chapter 14-1 (Oxygen-Enrichment)
berichtet, daß in Kupolöfen O2 Anreicherungsgrade, d. h. O2-Gehalt im
angereicherten Wind, bis 26% allgemein praktiziert werden. Das bedeutet, daß
nach dem Zusammenhang O2 im Wind (21%), 7% O2-Zugabe, bezogen auf die
insgesamt in den Ofen eingedüste Gasmenge
7% O2-Zusatz gefahren werden. Bei der "Second International Cupola
Conference" der "American Foundrymen's Society" am 7. bis 9. Oktober 1998
hat D. Saha berichtet, daß in bestimmten Fällen O2-Anreichungsgrade von 30%
gefahren werden. Das entspricht O2-Zusätzen von 13%. Die letztgenannten O2-
Einblasraten im Stand der Technik sind als hoch zu betrachten. Die vorliegende
Erfindung schlägt sehr hohe Sauerstoffeinblasraten vor. Sehr hoch sind
Sauerstoffzusätze über 13%, was beispielsweise bei einem O2-Zusatz von 20%
zu einem O2-Anreicherungsgrad im insgesamt in den Ofen eingedüsten
Gasvolumen von
führt.
Werden die Gichtgase nach Verlassen des Schachtofens schnell abgekühlt,
also beispielsweise einer Naßwäsche unterzogen, so hat dies den Vorteil, daß
die Voraussetzungen für die Dioxinbildung wesentlich reduziert werden. Dies
liegt bei Anwendung einer Naßwäsche einmal daran, daß die
feinststaubförmigen katalytisch wirkenden Metalloxide und beispielsweise
metallisches Kupfer und zu erheblichen Anteilen auch der Dioxin-Reaktand
Chlor ausgewaschen wird, und zum anderen daran, daß durch das schnelle
Durchfahren der Temperaturspanne von 400°C bis 200°C auch die bevorzugte
Bildungstemperatur von Dioxin von etwa 300°C durch die kurze Verweilzeit
thermodynamisch unwirksam gestellt wird.
Es hat sich herausgestellt, daß das Verfahren insbesondere in Schachtöfen
erfolgreich angewendet werden kann, wenn die Aufkohlungshöhe, also der
Abstand zwischen Düsenebene und Boden mindestens 20% der Höhe des
gesamten Koksbettes, also der metallurgischen Höhe beträgt.
Besonders vorteilhaft ist es, wenn den agglomerierten Reststoffen bis zu 20%
feinkörnige C-Träger zugegeben werden, so daß die vorbeschriebenen
Bedingungen für die selbstreduzierende Eigenschaft der Agglomerate bei
Temperaturen über 1000°C sicher gewährleistet sind und die Aufenthaltsdauer
der Charge in der Reduktionszone oberhalb 1000°C mindestens 20 Min.
beträgt. Weiter vorteilhaft ist auch die Zugabe von als Binder wirkenden
Stoffen, um die mechanische Festigkeit der Agglomerate zu erhöhen. Die
Einstellung einer Agglomeratbasizität von größer 1 beeinflußt vorteilhaft die
Zusammensetzung und Qualität der bei der Verhütung von Reststoffen
anfallenden Schlacken.
Da die selbstreduzierende Eigenschaft der Agglomerate sehr stark durch die
Erfordernis von Temperaturen über 1000°C bestimmt wird, hat die
Wärmeleitfähigkeit und damit auch die Zeit, in der die Wärme innerhalb des
Agglomerates zu übertragen ist, einen entscheidenden Einfluß. Daher ist es
besonders vorteilhaft, wenn das Agglomerat keine zu großen Schichtstärken,
sondern wie vorgeschlagen Schichtstärken von 25 bis 60 mm, vorzugsweise 45
mm aufweist. Klein dimensionierte Agglomerate wie Pellets oder Sinter führen
oft zu der Schwierigkeit, daß sich diese Stückgröße sehr ungünstig zu anderen,
möglicherweise gemeinsam zu verhüttenden eisenhaltigen Reststoffen verhält.
Sollen zum Beispiel gemeinsam mit den Reststoffagglomeraten auch Schrott,
Bären oder Ansätze oder auch Eisenschwamm, beispielsweise heißbrikettierter
Eisenschwamm verhüttet werden, führt die sehr unterschiedliche Stückgröße
der verschiedenen zu verhüttenden Stoffe zu Schwierigkeiten beim Aufbau
einer durchgasungsfähigen Möllersäule im Schachtofen. Hierbei erweist es sich
als sehr vorteilhaft, wenn die Reststoffagglomerate in Form von Pflastersteinen
dargestellt werden. Damit ist einerseits eine größenmäßige Anpassung der
Reststoffagglomerate zu den gemeinsam zu verhüttenden Fe-Trägern
gegeben und zum anderen ist der Zugang der heißen Gase zur
Wärmeübertragung beziehungsweise auch der Zugang von Reduktionsgasen
mit kurzen Wärmeübertragungs- beziehungsweise Diffusionswegen vorteilhaft
gelöst.
Die Möglichkeit, das Verhältnis der Sauerstoffmengen, die direkt über
Überschalllanzen in den Schachtofen eingebracht werden, zu den
Sauerstoffmengen, die dem Ofenwind zugemischt werden, zwischen 100% und
0% zu variieren, erleichtert die Einstellung eines erforderlichen Temperatur-
oder Wärmeprofils im Schachtofen und das Einblasen sehr hoher O2-Mengen in
vorteilhafter Weise.
Die Zumischung von festen Brennstoffen zu den Reststoffagglomeraten hat
neben der Einstellung der Selbstreduzierbarkeit auch den Vorteil, daß Teile des
sehr teuren herkömmlichen Schachtofenbrennstoffs Koks in entsprechendem
Maße durch billigere Kohlenstoffträger wie Koksgrus, Petrolkoks oder Anthrazit
substituiert werden können.
Auf diese Weise ist es durch die entsprechende Einstellung des Gehaltes an
festen Kohlenstoffträgern in den Reststoffagglomeraten möglich, den CO-
Gehalt der Gichtgase und damit deren Brennwert entsprechend anzuheben.