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Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1.
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Stand der Technik in der Sanierung von Altlasten ist zunächst einmal die Gleichwertigkeit von Dekontamination und Sicherung. Dabei kann unter Dekontamination einmal die Entfernung von Schadstoffen aus dem Boden selbst durch technische oder biologische Verfahren verstanden werden, oder aber die Entfernung von kontaminiertem Boden vom Grundstück, also die Schadstofffreimachung des Grundstückes, ohne letztendlich die rein rechtlich relevante Verwertung bzw. Entsorgung des schadstoffbelasteten Bodens zu betrachten.
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Bei der Sicherung verbleiben bewusst Schadstoffe im Boden, wobei das entscheidende Kriterium der Sicherung die langzeitliche Gewährleistung des Schutzes aller rechtlich geschützten Güter ist. Dazu gehört vor allem auch das durch das Wasserhaushaltsgesetz geschützte Gut Grundwasser.
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Die bisher zum Schutze des Grundwassers bzw. zu dessen Sanierung eingesetzten Verfahren lassen sich im Wesentlichen auf die folgenden reduzieren:
- • Langzeitmonitoring
- • Abpumpen und Behandeln verunreinigten Grundwassers über eine Grundwasserreinigungsanlage (pump and treat) im Abstrom des Schadens. Hierdurch werden letztlich freigesetzte Schadstoffe nur stromab wieder „eingefangen”.
- • Einkapselung des Schadstoffherdes
- • biologische oder chemische in-situ-Sanierungen
- • Entfernung des Schadstoffherdes
- • Immobilisierung von Schadstoffen
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Ergänzend wird zum Stand der Technik noch auf folgende Veröffentlichungen hingewiesen:
Die
DE 196 22 159 A1 offenbart ein passives Verfahren zur Sanierung von Grundwasserkontaminationen, bei welchem eine Kopplung von einer Dichtwand und ober- und unterstromiger Drainage zum Einsatz kommt, wobei die Dichtwand einen Durchlass aufweist. Zwar erfolgt mit dem bekannten Verfahren eine Beeinflussung der natürlichen Grundwasserströmungsverhältnisse, allerdings beschränkt sich diese Beeinflussung zum einen lediglich auf eine Umlenkung der Grundwasserströmung, und zum anderen auf die Beeinflussung der Grundwasserströmung in einem einzigen Grundwasserleiter.
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Die
DE 196 17 879 A1 offenbart ein aktives Verfahren zur Reinigung von kontaminiertem Grundwasser, wobei eine sogenannte „hydraulische Walze” durch Einsatz eines Brunnen-Filter-Systems zum Einsatz kommt. Dieses Brunnen-Filter-System dient zur Durchführung des Reinigungsverfahrens, welches demgemäß ein aktives Verfahren ist, bei dem der hydrostatische Druckgradient nur lokal unmittelbar in den kontaminierten Bodenbereichen geändert wird.
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Die
DE 40 04 711 A1 offenbart ein Verfahren zur Entfernung von Schadstoffen aus Untergrund-Formationen in kontaminierten Bodenbereichen. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein aktives Verfahren, bei dem im Umkreis der kontaminierten Bodenbereiche (Schadstoffbereiche) der hydrostatische Druck erhöht wird, und bei dem im Schadstoffbereich selber der hydrostatische Druck durch Schaffung einer hydraulischen Senke erniedrigt wird. Demgemäß handelt es sich hierbei um ein Verfahren, bei dem lediglich der hydrostatische Druckgradient im kontaminierten Bodenbereich sowie in dessen Umgebung modifiziert wird. Allerdings erstreckt sich diese Modifikation nicht auf mehrere, benachbarte Grundwasserleiter, die durch eine wasserstauende Trennschicht voneinander getrennt sind.
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Ähnlich verhält es sich beim Stand der Technik gemäß „Umwelt Band 22, 1992, Nr. 4”.
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Salomon, K. P., Müll und Abfall 3, 1985, offenbart verschiedene Verfahren zur Behandlung und Beseitigung von kontaminierten Bodenbereichen. Ausweislich der Seite 62, linke Spalte, vierter Absatz ist bekannt, im kontaminierten Bodenbereich (im eingeschlossenen Bodenkörper der Mülldeponie unmittelbar unter der Deponiesohle – siehe ) eine Drainung einzusetzen, um den Wasserspiegel im kontaminierten Bodenbereich dauernd abgesenkt zu halten, wodurch ein hydraulisches Gefälle in Richtung des kontaminierten Bodenbereiches erzeugt wird und die Müllsickerwässer keine Gelegenheit haben, nach außen, d. h. aus dem kontaminierten Bodenbereich heraus, zu strömen. Demnach handelt es sich hierbei um eine gezielte Modifikation der hydrostatischen Druckradienten nur unmittelbar im kontaminierten Bodenbereich und nicht auch in dessen Umgebung, insbesondere nicht in einem benachbarten, zweiten Grundwasserleiter.
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Oftmals scheiterte die Wiedernutzung von kontaminierten Flächen mit hohen Schadstoffmengen und hohem Gefährdungspotential für das Grundwasser an äußeren Zwängen:
- • eine vollständige Entfernung des Schadstoffherdes ist zu teuer
- • eine vollständige Entfernung des Schadstoffherdes führt zur Mobilisierung der Schadstoffe durch die Baumaßnahme oder den Eingriff in das hydraulische System Grundwasser und damit zum eigentlichen Schaden
- • in-situ-Sanierungen sind nicht kontrollierbar und nicht genehmigungsfähig
- • die Einkapselung bedingt hohe Monitoring- und Nachsorgekosten
- • Immobilisierungen von Schadstoffen sind nicht nachhaltig und dauerhaft und bedingen hohen Monitoringaufwand
- • pump-and-treat-Verfahren laufen sehr lange mit sehr hohen Betriebskosten, und können eine Verschleppung von Schadstoffen in benachbarte Grundwasserleiter nur unzureichend verhindern
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Bei Vorhandensein eines Schadstoffherdes im gesättigten oder ungesättigten Bereich des Untergrundes besteht die Gefahr, dass das Schutzgut Grundwasser dauerhaft, irreversibel und wesentlich verunreinigt wird. Die Mängel der bisher eingesetzten Ausführungen sind bereits oben beschrieben.
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Entscheidend ist, dass dauerhaft und nachhaltig verhindert wird, dass die Schadstoffe aus einem Schadstoffherd, also aus einer Altlast, wenn sie nicht entfernt werden können, den Grundwasserleiter im Abstrom der Altlast bzw. benachbarte Grundwasserstockwerke belasten, so dass ein weiterer und größerer Schaden entsteht.
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Dies war bisher nur mit erheblichem bautechnischem Aufwand und hohen Kosten möglich bzw., was in-situ-Maßnahmen angeht, nicht genehmigungsfähig, wenn eine Kontrollierbarkeit nicht gegeben war.
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Zur Lösung all dieser Probleme wird bei einer gegebenen Konstellation gemäß dem Oberbegriff des Anspruches 1 ein Verfahren gemäß dem Kennzeichen dieses Anspruchs vorgeschlagen, wobei eine bevorzugte Weiterentwicklung dieses Verfahrens in Anspruch 2 beschrieben ist.
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Zur Beschreibung der Lösung des technischen Problems sei zunächst nochmals auf die Ausgangssituation (1) verwiesen: Der Schadstoffaustrag aus dem Schadensherd erfolgt im Grundwasserleiter unter Vernachlässigung des Diffusionstermes maßgeblich durch Druckgradienten, die aus dem Schadensherd, und zwar
- • aufgrund eines hydraulischen Gefälles im Grundwasserleiter in Fließrichtung und
- • aufgrund unterschiedlicher hydrostatischer Drucklagen zwischen benachbarten Grundwasserleitern, die durch stauende Schichten voneinander getrennt sind, jedoch lokal kommunizieren können.
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Diese Druckgradienten bewirken Grundwasserströmungen in Richtung dieser Gradienten, verbunden mit dem Transport von Schadstofffrachten, welche eine Proportionalität zur Grundwasserfließgeschwindigkeit und damit zum Druckgradienten aufweisen.
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Die Lösung des Problems, nämlich des Austrages und der Verfrachtung von Schadstoffen wird dadurch erreicht, dass
- • entweder die Druckgradienten im Untergrund dergestalt beeinflusst werden, dass die aus dem Schadenszentrum gerichteten Druckgradienten verringert werden und dadurch weniger Schadstoffe ausgetragen oder verfrachtet werden (2), oder dass
- • die Druckgradienten im Untergrund derart beeinflusst werden, dass die Druckgradienten zum Schadensherd gerichtet sind und damit keine Schadstoffe mehr ausgetragen oder verfrachtet werden können (3).
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Diese gezielten Beeinflussungen des oder der Grundwasserleiter können durch folgende Maßnahmen oder Kombinationen aus den folgenden Maßnahmen erreicht werden:
- • Vom Kontaminationsherd wird zu einem System niedrigeren Druckes eine hydraulische Wegsamkeit (Drainage, Rohrleitung, Filterrohr etc.) geschaffen und damit durch ein passives System der Druck im Schadenszentrum erniedrigt.
- • Einem bisher unbelasteten Bereich im Untergrund (entweder gleicher Grundwasserleiter oder benachbarter Grundwasserleiter) wird durch die Schaffung hydraulischer Wegsamkeiten durch ein passives System ein erhöhter Druck aufgeprägt und damit der Eintrag von belastetem Grundwasser oder Schadstoffen verhindert (4).
- • Einem bisher unbelasteten Bereich im Untergrund (entweder gleicher Grundwasserleiter oder benachbarter Grundwasserleiter) wird durch die gezielte, aktive Infiltration von Wasser ein erhöhter Druck aufgeprägt und damit der Eintrag von belastetem Grundwasser oder Schadstoffen verhindert (5).
- • Die oben genannten Maßnahmen können in ihrer technischen Ausführung und Wirkung dadurch optimiert werden, dass in den Untergrund hydraulische Barrieren in vertikaler Richtung (z. B. Dichtwände oder Spundwände in hängender oder stauend einbindender Ausführung etc.) oder horizontaler Richtung (z. B. mineralische Oberflächenabdichtungen, Kunststoffdichtungsbahnen, Kombinationsabdichtungen) eingebaut werden und damit das Nachströmen von Grundwasser und die Neubildung durch Niederschlag verhindert oder verringert wird (6).
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Mit den dargestellten Methoden kann die Verfrachtung von kontaminiertem Grundwasser und von Schadstoffen im Untergrund zuverlässig unterbunden und der Eintrag in benachbarte Grundwasserleiter verhindert werden.
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Neben der Sicherung von Verunreinigungen im Untergrund können die vorgeschlagenen Verfahren auch zur hydraulischen Sanierung von Grundwasserverunreinigungen im Sinne einer Rückführung bereits ausgetretener belasteter Grundwässer oder Schadstoffe in Richtung Schadensherd, verbunden mit dem Entzug von Schadstofffrachten aus dem Untergrund, eingesetzt werden.
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Nachstehend werden noch zwei Ausführungsbeispiele beschrieben:
- 1. Ausführungsbeispiel: Auf einem ehemaligen Industriestandort droht die Verschleppung von Schadstoffen und belastetem Grundwasser durch Fehlstellen im Stauer vom ersten in den zweiten Grundwasserleiter. Die Situation wird dadurch gesichert, dass im unbelasteten Zustrombereich durch den Einbau von über zwei Grundwasserstockwerke verfilterten Brunnen Wegsamkeiten zwischen beiden Grundwasserleitern geschaffen werden. Zusätzlich wird im Abstrom durch Schluckbrunnen sauberes Wasser, in den zweiten Grundwasserleiter infiltriert. Durch diese Maßnahmen erhöht sich der hydrostatische Druck im zweiten Grundwasserleiter derart, dass der Druckgradient vom zweiten in das erste Grundwasserstockwerk gerichtet ist und damit keine Schadstoffe und kein belastetes Grundwasser in das zweite Grundwasserstockwerk eingetragen werden kann.
- 2. Ausführungsbeispiel: Im Fall des Beispiels 1 wurden durch Fehlstellen im Stauer bereits Schadstoffe in das zweite Grundwasserstockwerk eingetragen. Zusätzlich zu den obenstehenden Maßnahmen wird daher im Bereich der Fehlstelle im Stauer (= Ort des Schadstoffeintrages) Grundwasser aus dem ersten Grundwasserstockwerk entnommen. Verstärkt wird die Maßnahme dadurch, dass dieser Bereich im ersten Grundwasserstockwerk mit einer in den Stauer einbindenden Spundwand umschlossen wird. Durch diese Maßnahmen stellt sich aufgrund der umgekehrten Druckgradienten eine ausgeprägte Strömung vom zweiten in den ersten Grundwasserleiter, verbunden mit einer ausgeprägten Rückführung von Schadstoffen und damit Sanierung des zweiten Grundwasserstockwerks ein.
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Die mit der Erfindung erzielten Vorteile liegen im Wesentlichen darin begründet, dass durch Unterbindung der Ausbreitungspfade für grundwassergängige Schadstoffe in Lösung oder in Phase die Altlast ohne teure Dekontaminationsmaßnahmen langzeitlich gesichert werden kann. Durch das System der Verringerung bzw. Umkehr der hydraulischen Gradienten vom Schadstoffherd weg zu ihm hin, wird eine Langzeitsicherung geschaffen. Dabei kann als willkommener Nebeneffekt die Selbstreinigungskraft durch biologischen und chemischen Abbau der Schadstoffe genutzt werden.