DE19845420C2 - Interzelluläre Ausbreitung rekombinanter DNA - Google Patents
Interzelluläre Ausbreitung rekombinanter DNAInfo
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- C12N2710/16622—New viral proteins or individual genes, new structural or functional aspects of known viral proteins or genes
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft einen Vektor, welcher eine für ein Transport
protein kodierende Nukleinsäuresequenz und mindestens eine zu transportierende
Nukleinsäuresequenz enthält, wobei der Vektor zur Expression des Transport
proteins in einer Wirtszelle befähigt ist, und das Transportprotein mindestens
eine Bindungsstelle für den Vektor aufweist und zum interzellulären Transport
des Vektors befähigt ist. Ferner betrifft die Erfindung die Verwendung dieses
Vektors zur Steigerung der Transfektionseffizienz von Nukleinsäuresequenzen.
Bei der vorliegenden Erfindung handelt es sich insbesondere um ein neuartiges
System, das vorzugsweise die beiden Nukleinsäure-spezifischen biologischen
Funktionen "Replikation (Vermehrung)" und "interzellulärer Transport (Aus
breitung)" auf neuartige Weise kombiniert. Dadurch entsteht ein System, das
genetische Information auf virusähnliche Weise in Zellen, Gewebe und Organis
men einschleusen und daraus weitertragen kann.
Das Einschleusen rekombinanter Nukleinsäuresequenzen in Wirtszellen, Zell
verbände, Gewebe und Organismen zur Veränderung ihres genetischen Materials
ist eine der grundlegenden Techniken der Gentechnologie. Die durch die einge
schleusten Nukleinsäuresequenzen genetisch veränderten Wirtszellen können
dann z. B. durch Expression dieser eingeschleusten Nukleinsäuresequenzen
wirtszellenfremde Proteine produzieren. In der Gentherapie können z. B. durch
Expression wirtsfremder Nukleinsäuresequenzen in einer Wirtszelle RNA-Molekü
le oder Proteine mit therapeutischer Wirkung hergestellt werden. Da jedoch
durch die bekannten Verfahren zum Einschleusen von Vektoren in Zielgewebe
oder Zielkulturen, insbesondere in vivo, stets nur einige Zellen eines Zielgewebes
von den Vektoren erreicht werden können, ist die Wirksamkeit therapeutischer
DNA und der durch Expression entstehenden Genprodukte im allgemeinen auf
Zellen mit eingeschleustem Vektor beschränkt. Dies kann zum Verlust der
therapeutischen oder biologischen Wirksamkeit führen.
Um neben diesen wenigen Zellen mit eingeschleuster Vektor-DNA auch benach
barte Zellen eines Zielgewebes oder -organismus mit dem Vektor zu erreichen,
wäre eine infektionsartige Ausbreitung des Vektors von einer Zelle zu ihren
Nachbarzellen von Vorteil. Bekannte Methoden greifen jedoch nicht auf die
Ebene eines derartigen Zell-Zell-Transports expressionsfähiger DNA bzw. replizie
render Systeme zurück, sondern lediglich auf den interzellulären Transport von
Proteinen als Genprodukt.
Erst ein neuerer Ansatz benutzt sogenannte Fusionsproteine mit dem HSV-VP22-
Protein, welche den interzellulären Proteintransport des Fusionsproteins ver
mitteln. Allerdings werden auf diese Weise nur die durch Expression entstehen
den Genprodukte, nicht jedoch die eigentlichen rekombinanten Nukleinsäurese
quenzen übertragen. Ein interzellulärer DNA-Transport nach dem hier beschriebe
nen Weg ist demnach im Stand der Technik nicht bekannt.
WO 97/05265 A1 betrifft den Transport von Proteinen und Verfahren zum
Liefern von Proteinen zu Zielpopulationen von Zellen. WO 98/32866 A1 betrifft
Verbesserungen, Änderungen und Entwicklungen hinsichtlich eines solchen
Transports von Proteinen, intrazellulären Transport und Anwendungen von
diesen.
Somit liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, Vektoren zur
Verfügung zu stellen, welche in einem Zellverband, Gewebe oder Organismus
den interzellulären Transport von Nukleinsäuresequenzen ermöglichen, so daß
diese Nukleinsäuresequenzen in möglichst viele Zellen eines Zielgewebes oder
einer Zielkultur eingeschleust und gegebenfalls zur Expression gebracht werden
können. Durch dieses Konzept "Artifizieller Viren" soll die biologische und
gegebenfalls klinische Wirksamkeit der Expression dieser spezifischen Nuklein
säuresequenzen erheblich gesteigert werden.
Diese Aufgabe wird durch die in den Patentansprüchen gekennzeichneten
Gegenstände der vorliegenden Erfindung gelöst.
Ein erster erfindungsgemäßer Gegenstand betrifft einen Vektor, welcher eine für
ein Transportprotein kodierende Nukleinsäuresequenz und mindestens eine zu
transportierende Nukleinsäuresequenz enthält, wobei der Vektor zur Expression
des Transportproteins in einer Wirtszelle befähigt ist, und das Transportprotein
mindestens eine Bindungsstelle für den Vektor aufweist und zum interzellulären
Transport des Vektors befähigt ist.
Unter Vektoren werden dabei Nukleinsäureelemente verstanden, die zur Ein
schleusung von fremden Nukleinsäuresequenzen in eine Zielzelle benutzt werden
können. Beispielsweise kann es sich um selbständig replizierende DNA-Einheiten,
wie Plasmide, Virus-Genome oder künstlich hergestellte Mikrochromosomen der
Hefe, handeln, wobei Plasmide besonders bevorzugt sind. Als Beispiele können
Plasmidvektoren, pBR322, Lambda-Vektoren, Cosmide usw. genannt werden.
Vektoren enthalten mindestens einen Replikationsursprung, ein oder mehrere
Stellen zur Insertion der zu übertragenden Nukleinsäuresequenz, Gene bzw.
Nukleinsäuresequenzen zur Erkennung oder Selektionierung, wie Antibiotikaresi
stenzgene, und gegebenenfalls Systeme zur Unterscheidung von Vektoren mit
ursprünglicher und rekombinater Nukleinsäuresequenz. Vektoren können ferner
weitere regulatorische Elemente, wie Promotoren, Enhancer, Terminatorsequen
zen, usw. enthalten.
Transportproteine im Sinne der vorliegenden Erfindung dienen dazu, an sie
gebundene Nukleinsäuren, beispielsweise der erfindungsgemäße Vektor, aus
einer Zelle heraus bzw. in eine Zelle hinein zu transportieren. Es kann sich bei
ihnen dabei auch um Fusionsproteine handeln. Fusionsproteine sind solche
Proteine, welche durch Expression von Fusionsgenen entstanden sind. Sie
können z. B. durch Verknüpfung des kodierenden Gens mit dem ersten Struktur
gens eines Operons, um die Expressionsrate des gewünschten Produkts wesent
lich zu erhöhen oder durch Verknüpfung mit Signalpeptiden entstehen. Erfin
dungsgemäß ist das Transportprotein vorzugsweise ein Fusionsprotein, in wel
chem das eigentliche Transportprotein mit einem Protein, welches zu Anbinden
an den Vektor befähigt ist, verknüpft ist.
Durch Anlagerung des Transportproteins an die Bindungsstelle für das Transport
protein auf dem Vektor bildet sich ein Komplex aus Transportprotein und Vektor,
welcher zur interzellulären Transport/Mobilität befähigt ist.
"Nukleinsäuresequenzen" können Abfolgen natürlicher, halbsynthetischer,
synthetischer oder modifizierter Nukleinsäuremoleküle aus Desoxyribonukleinsäu
re (DNA) und/oder Ribonukleotiden und/oder modifizierten Nukleotiden sein.
Bevorzugt handelt es sich bei der zu transportierenden Nukleinsäuresequenz um
rekombinate DNA.
In weiteren bevorzugten Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung enthält
der erfindungsgemäße Vektor ferner einen Replikationsursprung (ori) zur Replika
tion in eukaryontischen Wirtszellen und/oder einen Replikationsursprung (ori) zur
Replikation in prokaryontischen Wirtszellen. Durch die Replikation des Vektors
kann eine weitere Steigerung der Transfektionseffizienz erreicht werden.
In einer bevorzugten Ausführungsform ist der erfindungsgemäße Vektor zur
Expression eines Genprodukts, für welches die zu transportierende bzw. trans
portierte Nukleinsäuresequenz kodiert, befähigt.
Ferner kann gemäß einer anderen Ausführungsform der erfindungsgemäße
Vektor auch zur stabilen Integration der zu transportierenden Nukleinsäurese
quenz in das genetische Material der Wirtszelle befähigt sein.
Das anfängliche Einschleusen des Vektors in die Wirtszellen einer Zielkultur oder
eines Zielgewebes kann sowohl in vivo als auch in vitro erfolgen. Es können
dazu die im Stand der Technik bekannten Verfahren angewandt werden. Als
Beispiele können dabei der direkte Gentransfer des Vektors mittels Polyethylen
glykol, Elektroporation oder Partikelbeschuß der Wirtszellen genannt werden.
Die vorliegende Erfindung betrifft ferner die Verwendung des erfindungsgemäßen
Vektors zur Steigerung der Transfektionseffizienz von Nukleinsäuresequenzen.
Der erfindungsgemäße Vektor wird mit den im Stand der Technik bekannten
Verfahren zunächst in einige Zellen einer Zielkultur oder eines Zielgewebes
eingeschleust. Dort wird dann die Expression der für das Transportprotein
kodierenden Nukleinsäuresequenz bewirkt. Durch Anlagerung des entstandenen
Transportproteins an den Vektor wird der interzellulärer Transport des Vektors
in benachbarte Wirtszellen ausgelöst. Dadurch ergibt sich als erster Vorteil des
erfindungsgemäßen Vektors eine gleichmäßigere Verteilung der eingeschleusten
Nukleinsäuresequenzen im Zielgewebe oder in der Zielkultur. Bevorzugt findet
aber in den Wirtszellen ferner eine Replikation des Vektors statt. Der vervielfäl
tigte Vektor wird dann vom Transportprotein in eine Vielzahl von benachbarten
Zellen der Zielkultur oder des Zielgewebes transportiert. Im Idealfall können so
alle Zellen einer Zielkultur oder eines Zielgewebes mit dem Vektor "infiziert" und
genetisch verändert werden. Entweder ist mit dieser Veränderung des geneti
schen Materials der Wirtszelle schon die gewünschte Wirkung erreicht, oder die
eigentliche Wirkung der eingeschleusten Nukleinsäuresequenz erfordert eine
gegebenfalls kontinuierliche Expression der eingeschleusten Nukleinsäuresequenz
und damit die Produktion transgener Proteine.
Durch das neuartige System zur "infektiösen" Ausbreitung von fremden Nu
kleinsäuresequenzen in Zellkulturen, Zellverbänden und Geweben unter Verwen
dung des erfindungsgemäßen Vektors kann durch den interzellulären Transport
des Vektors eine gleichmäßige Verteilung eines Vektors in einer Zielkultur oder
einem Zielgewebe erreicht werden. Durch Ausstattung des Vektors mit einer
Replikationsfunktion kann durch Transport und Replikation der dem Vektor
zugrundeliegenden Nukleinsäuresequenzen und gegebenenfalls deren kontinuierli
cher Expression der intrazelluläre Spiegel der gewünschten Genprodukte erheb
lich gesteigert werden. Durch die Verwendung des erfindungsgemäßen Vektors
kann die Transfektionseffizienz und gegebenfalls die Expressionsstärke einer
eingeschleusten Nukleinsäuresequenz erheblich gesteigert werden.
Die vorliegende Erfindung kann in vielen Gebieten beispielsweise in der molekula
ren Medizin, Molekularbiologie, Immunologie und Zellbiologie, bei in vivo-Anwen
dungen der Entwicklungsbiologie und in der Veterinärmedizin angewendet
werden.
Die Figuren zeigen:
Fig. 1 zeigt schematisch ein Vektorplasmid einer bevorzugten Ausführungsform
der vorliegenden Erfindung.
Fig. 2 zeigt in (A) eine schematische Darstellung des in Beispiel 1 verwendeten
Vektors und in (B) die schematische Struktur-Funktionsbeziehung dieses Vektors.
Zur DNA-Replikation in Säugerzellen beispielsweise mit Hilfe des SV40 ori wird
das SV40 T-Ag benötigt, welches grundsätzlich plasmidkodiert sein kann, hier
jedoch zunächst aus Sicherheitsgründen nicht plasmidkodiert, sondern durch die
verwendeten Zellinien in trans bereit gestellt wird.
Das nachfolgende Beispiel dient zur näheren Erläuterung der vorliegenden Erfin
dung.
Als Grundgerüst des erfindungsgemäßen Plasmidvektors diente eine Variation
des pBR322 (pEGFP-C1 der Firma CLONTECH). Als Transportprotein wurde das
Fusionsprotein HSV VP22/GFP/tetRepressor verwendet, wobei der Indikator GFP zur
Ausführung der vorliegenden Erfindung nicht notwendig ist und als das "zu
transportierende Protein" verwendet wird und der tetRepressor-Abschnitt des Fu
sionsproteins als Bindungsstelle für den Nukleinsäureabschnitt tetOperator des
Vektors verwendet wird. Als Promotor diente der h-CMV Promotor. Der Plasmid
vektor enthielt den Replikationsursprung SV40/T-Ag zur DNA-Replikation des
Vektors in eukaryontischen Zellen mit Hilfe des SV40/T-Ag. SV40T-Ag muß
jedoch nicht plasmidkodiert vorliegen, sondern kann auch in den verwendeten
Zellinien in trans bereitgestellt werden. Der Plasmidvektor wurde ex vivo in
einige der Wirtszellen, bei denen es sich um Säugerzellen (293T, COS) handelte,
eingeschleust, z. B. mit Lipofektion, Elektroporation oder Calciumphosphat-
Kopräzipitation.
Sämtliche, im Beispiel zur Anwendung kommenden Methoden für die Herstellung
der erforderlichen Genkonstrukte entsprechen Standardverfahren molekularbiolo
gischen Arbeitens (vgl. Ausubel, F., Brent, R., Kingston, R. E., Moore, D. D.,
Seidmann, J. G., Smith, J. A. und Struhl, K. in Current Protocols in Molecular
Biology, Greene Publishing, 1987-1998).
Claims (6)
1. Vektor, enthaltend eine Nukleinsäuresequenz, welche für ein Transport
protein kodiert, und mindestens eine zu transportierende Nukleinsäurese
quenz, wobei der Vektor zur Expression des Transportproteins in einer
Wirtszelle befähigt ist, und das Transportprotein mindestens eine Bin
dungsstelle für den Vektor aufweist und zum interzellulären Transport des
Vektors befähigt ist.
2. Vektor nach Anspruch 1, ferner enthaltend einen Replikationsursprung
(ori) zur Replikation in eukaryontischen Wirtszellen.
3. Vektor nach Anspruch 1 oder 2, ferner enthaltend einen Replikations
ursprung (ori) zur Replikation in prokaryontischen Wirtszellen.
4. Vektor nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Vektor zur
Expression eines von der zu transportierenden Nukleinsäuresequenz
kodierten Genprodukts befähigt ist.
5. Vektor nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei der Vektor zur stabilen
Integration der zu transportierenden Nukleinsäuresequenz in das geneti
sche Material der Wirtszelle befähigt ist.
6. Verwendung des Vektor nach einem der Ansprüche 1 bis 5 zur Steigerung
der Transfektionseffizienz von Nukleinsäuresequenzen.
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